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Fritz Cremer (* 22. Oktober 1906 in Arnsberg; † 1. September 1993 in Berlin) war ein deutscher Bildhauer, Grafiker und Zeichner, später Vizepräsident der Akademie der Künste der DDR.

Fritz Cremer mit Jugendlichen, 1955
Fritz Cremer mit Jugendlichen, 1955

Familie


Cremer war Sohn des Polsterers und Dekorateurs Albert Cremer. Ein Jahr nach dem Tod des Vaters zog die Mutter Christine Cremer mit den Kindern Fritz und Emmy 1908 nach Rellinghausen. Im Jahr 1911 siedelte die Mutter nach Essen um, wo sie in zweiter Ehe einen Lehrer heiratete. Nachdem 1922 seine Mutter gestorben war, lebte Cremer in einer Bergarbeiterfamilie.[1]

Um 1930 wurde die österreichische Ausdruckstänzerin Hanna Berger Lebensgefährtin von Fritz Cremer. 1942 wurde Berger als Mitkämpferin der Gruppe von Kurt Schumacher/Rote Kapelle von der Gestapo verhaftet. 1944 konnte sie aus der Haft fliehen. Sie lebte bis zum Kriegsende illegal in der Steiermark.[2]

Im Jahr 1953 heiratete Cremer in Berlin die kurz zuvor geschiedene Malerin und Keramikerin Christa von Carnap (1921–2010), Tochter von Alfred von Carnap (1894–1965), Kaufmann in Berlin-Wilmersdorf, und dessen erster Ehefrau Susanne Schindler. Christa von Carnap war in erster Ehe mit dem Schöneberger Bildhauer Waldemar Grzimek verheiratet.[2]


Leben


Grabmal
Grabmal

Cremer absolvierte nach dem Gymnasium 1921–1925 eine Ausbildung zum Steinbildhauer bei Christian Meisen in Essen. Während seiner anschließenden Tätigkeit als Steinmetzgeselle führte er einige Skulpturen nach Modellen von Will Lammert aus und besuchte in dieser Zeit Plastikkurse der Folkwang-Schule in Essen. 1929 trat er der KPD bei und nahm ein Studium an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg bei Wilhelm Gerstel (1879–1963) auf, dessen Meisterschüler er von 1934 bis 1938 wurde. In dieser Zeit teilte Cremer sich ein Atelier mit Kurt Schumacher, er fertigte erste sozialkritische Radierungen. 1934 reiste er nach Paris. Während einer Reise nach London traf Cremer dort Bertolt Brecht und Helene Weigel, die ihm rieten, in Deutschland weiter zu arbeiten. Zwei Mal war er Gast der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom, einmal 1937/38 und ein zweites Mal 1942/43.[3] An der Preußischen Akademie der Künste führte Cremer nun selbst ein Meisteratelier. Er stand in engem Kontakt zur Widerstandsgruppe der Rote Kapelle um den Bildhauer Kurt Schumacher und den Schriftsteller Walter Küchenmeister.[2]

Von 1940 bis 1944 war er in der Wehrmacht als Flaksoldat in Eleusis und auf der Insel Kreta im Einsatz, danach geriet Cremer in jugoslawische Kriegsgefangenschaft.[2]

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland trat Cremer 1946 der SED bei. Beruflich wurde er zum Professor berufen und erhielt die Leitung der Bildhauerabteilung der Akademie für angewandte Kunst in Wien. 1950 siedelte er in die DDR über und übernahm eine Meisterklasse an der Akademie der Künste, deren Vizepräsident er 1974 bis 1983 war. In der Folgezeit unternahm Cremer Studienreisen in die Sowjetunion, nach China und Ägypten.[2]

Cremer unterzeichnete 1976 den Protestbrief gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR, zog seine Unterschrift aber nach wenigen Tagen zurück.

Im Jahr 1956 nahm Fritz Cremer zusammen mit seinem Schüler Gerhard Thieme die Totenmaske von Bertolt Brecht ab. In dessen Folge entstanden zahlreiche Zeichnungen, Lithografien und Büsten. 1988 wurde vor dem Berliner Ensemble das Brecht-Denkmal von Fritz Cremer eingeweiht.

Cremer starb 1993 in Berlin. Sein Berliner Ehrengrab befindet sich auf dem Friedhof Pankow III in Berlin-Pankow.[4]


Darstellung Cremers in der bildenden Kunst



Werk


Fritz Cremers künstlerisches Werk lässt sich in zwei unterschiedliche Themengruppen gliedern: Einerseits ein Werkkomplex von öffentlichen Denkmalsplastiken, andererseits sinnlich-intime Liebespaare und weibliche Akte.

Unter den Denkmalsplastiken nehmen die Mahnmale für die Konzentrationslager eine zentrale Rolle ein. Sie bezeugen die Auseinandersetzung des Bildhauers Fritz Cremer mit der gesellschaftlichen Aufgabe der Nachkriegszeit – dem Gedenken an die Opfer und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Im Mittelpunkt aller Mahnmale steht der Mensch. Cremer gelang die Verbildlichung tiefer menschlicher Gefühlszustände. In allgemeingültigen Archetypen konkretisieren sich Leid, Angst, Verzweiflung, aber auch Aufbegehren, Widerstand und Stärke. Die trauernde Mutter galt ihm ebenso als Ausdruck kriegsbedingter Erschütterung wie der stürzende Soldat.

Die Akte und Liebespaare bilden im Schaffen Fritz Cremers das thematische Pendant zu den politischen Auftragswerken, dienten ihm auch zur Beruhigung und Rückzug ins Private. In ihnen vereinen sich „herbe Züge und erotische Sinnlichkeit“, „Nähe und Zuneigung, Zärtlichkeit und Erfüllung“.[7]

Stilistisch ist er weder der Moderne noch dem Sozialistischen Realismus zuzuordnen. Ziel von Cremers künstlerischen Bemühungen war die Sichtbarmachung der „seelischen Verfassung“ des Dargestellten.[8] Aus diesem Grund bricht Cremer mit der idealisierenden Körperdarstellung, betont dagegen eher dessen Unregelmäßigkeiten.


Werksübersicht



Skulpturen und Büsten (Auswahl)


[9]

  • 1936: Relief Trauernde Frauen (Gestapo)
  • 1936–1937: Büste Selbstbildnis als sterbender Krieger
  • 1939: Figurengruppe Mütter
  • 1947: Freiheitskämpfer
  • 1946–1948: Mahnmal für die Opfer des Faschismus 1934–1945, Wien
  • 1949: Gedenkstein für das KZ Ebensee
  • 1950–1953: Denkmal für die NS-Opfer Knittelfeld (Österreich)
  • 1950: Aktfigur Große Eva
  • 1951: Sitzende Figur Mutter Erde für die Trauerhalle des Krematoriums Baumschulenweg (Berlin)
  • 1951–1952: plastischer Entwurf zum Marx-Engels-Denkmal, Berlin (nicht ausgeführt)
  • 1952–1958: Figurengruppe für das Buchenwalddenkmal
  • 1958: Aufbauhelferin und Aufbauhelfer in einer Grünanlage östlich vom Roten Rathaus
  • 1959: Schwimmerin[10]
  • 1960–1967: Denkmal für das KZ Mauthausen „O Deutschland, bleiche Mutter“
  • 1958–1965: Figurengruppe für die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Zeichnungen und Lithografien


[2]


Buchillustrationen



Ausstellungen


[13]

  • Karl Eulenstein, Ölbilder, Fritz Cremer, Plastik: Galerie Karl Buchholz: 42. Ausstellung vom 18. Nov. bis 9. Dez. 1939
  • 1951: Berlin, Kollektivausstellung in der Akademie der Künste
  • 1956: Berlin, Kollektivausstellung zum 50. Geburtstag in der Nationalgalerie
  • 1959: Kairo und Alexandria, Kollektivausstellungen
  • 1960: Schwerin, Greifswald, Stralsund, Demmin, Eisenach, Magdeburg
  • 1966: Budapest, Halle und Berlin
  • 1967: Kopenhagen, Erfurt und Rostock
  • 1968: Berlin
  • 1970: Oslo, Kopenhagen und Bonn
  • 1973: Budapest
  • 1976: Warschau
  • 1976: Berlin, Altes Museum
  • 1977: Sofia und Moskau
  • 1977: documenta 6, Kassel
  • 1980: Duisburg, Wilhelm Lehmbruck Museum
  • 1982: Bremen
  • 1984: Berlin, Pergamonmuseum
  • 1987: Stockholm
  • 1991: Arnsberg, Sauerland-Museum
  • 1996: Arnsberg
  • 2000: Schloss Oberhausen
  • 2007: Arnsberg
  • 2009: Frankfurt am Main und Leipzig, Galerie Schwind
  • 2010: Dresden, Galerie Beyer
  • 2011: Frankfurt am Main, Galerie Schwind

Auszeichnungen


[13]

Spendenmarke
Spendenmarke

Skulpturen in Berlin und Brandenburg


Fritz Cremer Plastik Sorgende Frau
Fritz Cremer Plastik Sorgende Frau

Eigene Veröffentlichungen und Ausstellungskataloge



Literatur über Cremer




Commons: Fritz Cremer – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise


  1. Fritz Cremer zum 80. Katalog zur Ausstellung im Haus am Lützowplatz, Berlin 1986.
  2. Diether Schmidt: Fritz Cremer – Leben, Werke, Schriften, Meinungen. VEB Verlag der Kunst, 1. Aufl. 1972.
  3. Jobst C. Knigge: Die Villa Massimo in Rom 1933–1943. Kampf um künstlerische Unabhängigkeit. Hrsg. Humboldt-Universität Berlin 2013.
  4. Ehrengrab für Prof. Fritz Cremer, auf kunst-im-oeffentlichen-raum-pankow.de, abgerufen am 15. Oktober 2019.
  5. Porträt Fritz Cremer | Dieter Goltzsche | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 26. September 2022.
  6. Startseite Bildindex - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 26. September 2022.
  7. Gerd Brüne in: Fritz Cremer – Plastiken und Zeichnungen – Retrospektive. Edition Galerie Schwind, Frankfurt am Main 2009.
  8. Gerd Brüne: Pathos und Sozialismus. Studien zum plastischen Werk Fritz Cremers (1906–1993). Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2005, S. 20.
  9. Für die meisten Skulpturen siehe: Chris Miller: Figure Sculpture of the 20th Century, Fritz Cremer – 1906–1993, auf ilovefiguresculpture.com, abgerufen am 29. März 2010.
  10. „Kunstraum Innenstadt – Skulpturensammlung der Waldsiedlung Bernau“, abgerufen am 28. Dezember 2018.
  11. Die Frau auf der Promenade. In: Märkische Oderzeitung / Frankfurter Stadtbote. 30. Juni 2008 (moz.de).
  12. Nanu. 1. Karl-Marx-Denkmal nach der Wende. In: B.Z..
  13. Dietmar Eisold: Lexikon Künstler in der DDR. Verlag neues leben, Berlin 2010.
Personendaten
NAME Cremer, Fritz
KURZBESCHREIBUNG deutscher Bildhauer
GEBURTSDATUM 22. Oktober 1906
GEBURTSORT Arnsberg
STERBEDATUM 1. September 1993
STERBEORT Berlin

На других языках


- [de] Fritz Cremer

[en] Fritz Cremer

Fritz Cremer (born October 22, 1906 Arnsberg, Westphalia – died September 1, 1993 Berlin) was a German sculptor.

[es] Fritz Cremer

Fritz Cremer fue un escultor y profesor alemán, nacido el 22 de octubre de 1906 en Arnsberg y fallecido el 1 de septiembre de 1993 en Berlín .

[fr] Fritz Cremer

Fritz Cremer, né le 22 octobre 1906 à Arnsberg et mort le 1er septembre 1993 à Berlin, est un sculpteur, graphiste et dessinateur allemand.

[it] Fritz Cremer

Fritz Cremer (Arnsberg, 22 ottobre 1906 – Berlino, 1º settembre 1993) è stato uno scultore e grafico tedesco.

[ru] Кремер, Фриц (скульптор)

Фриц Кре́мер (нем. Fritz Cremer; 22 октября 1906, Арнсберг, — 1 сентября 1993, Берлин) — немецкий скульптор , график и иллюстратор, профессор. Вице-президент Академии искусств ГДР (1974—1983). Антифашист, член движения Сопротивления в годы Второй мировой войны, член организации «Красная капелла». Академик Академии искусств ГДР (1951; член-корреспондент 1950). Герой труда ГДР (1976). Лауреат трёх Национальных премий ГДР (1952, 1958, 1972). Почетный член Академии художеств СССР (1967; лишен членства в 1974 году[6]).



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