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Paul Gurk (Pseudonym: Franz Grau; * 26. April 1880 in Frankfurt (Oder); † 12. August 1953 in Berlin) war ein deutscher Dramatiker, Erzähler und Romancier. Für seinen historischen Roman Thomas Münzer erhielt er 1921 den Kleist-Preis. Trotz seines umfangreichen Werkes von über 40 Dramen und 50 Romanen (25 veröffentlicht) gilt er als vergessener Schriftsteller.[1]

Gedenktafel am Haus Afrikanische Straße 144b, in Berlin-Wedding
Gedenktafel am Haus Afrikanische Straße 144b, in Berlin-Wedding

Leben


Berlin, Erstausgabe 1934.
Berlin, Erstausgabe 1934.

Paul Gurk war der Sohn eines Postkutschers aus Frankfurt (Oder). Nach dem frühen Tod seines Vaters wuchs er als Pflegekind bei einem Onkel in Berlin auf. Er besuchte die Volks- und Realschule, musste jedoch letztere vorzeitig abbrechen. Er wechselte in die sog. „Präparandenanstalt“ eines Lehrerseminars; diese Ausbildung brach er jedoch ebenfalls ab. Ab 1900 war er 24 Jahre lang, anfangs als Bürogehilfe und später als städtischer Beamter, in verschiedenen Ämtern des Berliner Magistrats beschäftigt und brachte es dabei bis zum Obersekretär des Standesamtes. Im Jahr 1924 bat er um eine vorzeitige Entlassung, um als freier Schriftsteller zu leben, doch wurde er erst 1934 pensioniert.

Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, Müllerstraße 72/73, Berlin-Mitte (Wedding), nur wenige hundert Meter von seiner letzten Wohnung in der Afrikanischen Straße 144b entfernt. Es war bis zum Jahr 2009 als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.


Werk


Erstausgabe, Berlin 1935
Erstausgabe, Berlin 1935

Gurk hatte erst 1912 mit dem Schreiben begonnen und 1921 überraschend den Kleist-Preis für sein Stück Thomas Münzer erhalten.[2] Thomas Mann verlieh ihm 1924 den Romanpreis der Kölnischen Zeitung.[3] Seine Tragödie Wallenstein und Ferdinand II. wurde 1927 noch erfolgreich aufgeführt. Doch schon kurz danach war er bereits so vergessen, dass er 1930 resigniert feststellte: „Ich bin heute genauso verschollen wie vor 1921.“

Sein schriftstellerisches Interesse galt dem Einzelnen in der Gesellschaft, oftmals in der großen Stadt. In seinem Großstadtroman Berlin (entstanden zwischen 1923 und 1925, aber erst 1934 gedruckt) erzählt Gurk die Geschichte des Buchtrödlers Eckenpenn, der seinen Bücherkarren im jüdischen Textilviertel an der Markgrafenstraße stehen hat und das pulsierende Leben um sich herum beobachtet.[4] In dem Roman Laubenkolonie Schwanensee (1936 entstanden und 1949 gedruckt) adaptiert er Metaphern seines Frankfurter Landsmannes Gottfried Benn mit parodistischer Brechung, indem er sie aufs Kleingartenmilieu überträgt. Sein Kiezroman Ein ganz gewöhnlicher Mensch spielt im Afrikanischen Viertel im Norden Berlins, dem letzten Wohnort Paul Gurks. Die autobiografische Projektionsfigur, der Witwer und Einzelgänger Gerhard Ulenhorst, vermittelt darin seine Sicht auf die Berliner Nachkriegssituation um 1950. Der Protagonist führt ein isoliertes Dasein als Nachtwächter und schreibt seine täglichen Beobachtungen im Großstadtkiez auf der Schreibmaschine nieder. Sein Stadtroman Feldstraße 23, der die Geschichte eines zerstörten Hinterhauses erzählt, ist Fragment geblieben.[5]

Für den Rest seines Lebens führte der eigenbrötlerische Autor eine kümmerliche Existenz als freier Schriftsteller. Während der Zeit des Nationalsozialismus geriet Gurk in Konflikt mit der Regierung; einige seiner Werke wurden verboten. Von 1943 bis 1945 hielt er sich in Nienstedt am Harz auf, danach wieder in Berlin. Zum Zeitpunkt seines Todes war Gurk bereits weitgehend vergessen. Versuche in den 1980ern, sein umfangreiches Werk für das Lesepublikum wiederzubeleben, waren letztlich wenig erfolgreich. Sein Nachlass umfasst eine große Zahl ungedruckter Romane und Theaterstücke und befindet sich teilweise im Archiv der Akademie der Künste in Berlin und im Literaturarchiv Marbach.[6]


Einordnung


Paul Gurks Grabstätte
Paul Gurks Grabstätte

Gurk, der neben der schriftstellerischen Arbeit auch malte und zeichnete, ist einer der großen Außenseiter der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts, dessen Werk keiner der literarischen Richtungen wie Expressionismus, Surrealismus oder Neue Sachlichkeit zugeordnet werden kann, da es sowohl irrationale, antibürgerliche als auch unpolitische, pessimistische und romantische Züge trägt. Noch 1952 werden seine Werke auf fünf Seiten in der Literaturgeschichte von Paul Fechter behandelt.

Der vormalige SPD-Landtagsabgeordnete und Science-Fiction-Spezialist Hans Frey untersuchte in seiner Literaturgeschichte Aufbruch in den Abgrund – Deutsche Science Fiction zwischen 1918–1945 unter anderem auch Paul Gurks Zukunftsroman Tuzub 37. Der Mythos von der grauen Menschheit oder von der Zahl 1 (1935).[7] Laut seiner Einschätzung ist „Tuzub 37 der literarisch höchstwertige SF-Roman, der während der NS-Zeit veröffentlicht wurde.“ Frey lobt an der Dystopie ihre „dezidiert ökologischen Töne“ und betont außerdem die „stilistischen Höhen“. Auch für den Vorgängerroman Berlin[8] von 1934 findet Hans Frey lobende Worte: „Gurks Roman Berlin ist Döblins Werk Berlin Alexanderplatz durchaus ebenbürtig.“[9]


Rezeption


Paul Gurk hat sich in seinem Roman Tresoreinbruch mit der Lebensgeschichte der Gebrüder Sass befasst, die bei ihm Albert und Otto Maas heißen. Auch der Krimi-Autor Horst Bosetzky erzählte die Geschichte der berühmt-berüchtigten Berliner Tresorknacker unter dem Titel Die Brüder Sass – geliebte Ganoven (2017) neu. Bosetzky bezog sich in seinem „biografischen Kriminalroman“ explizit auf Gurk und zitierte sogar einen zweiseitigen Dialog aus dessen Buch (S. 110–112).[10]


Werke



Literatur




Commons: Paul Gurk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Walther Killy (Hrsg.): Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache (Band 4), München 1989, S. 432–433.
  2. Julius Bab über Paul Gurk in: Die Weltbühne vom 29. Dezember 1921.
  3. Paul Gurk im Arco Verlag.
  4. Paul Gurk „Berlin“: Faszinierendes Porträt einer Metropole.
  5. Ursula Heukenkamp: Deutsche Erinnerung. Berliner Beiträge zur Prosa der Nachkriegsjahre (1945-1960), Erich Schmidt Verlag, Berlin 2000, S. 217 ff. ISBN 9783503049486.
  6. Kalliope-Verbund, Namensuche
  7. Tuzub 37 (Gesammelte Werke, Band II) im Arco Verlag.
  8. Berlin (Gesammelte Werke, Band I) im Arco Verlag.
  9. Hans Frey: Aufbruch in den Abgrund. Deutsche Science Fiction zwischen Demokratie und Diktatur. Von Weimar bis zum Ende der Nazidiktatur, 1918–1945. Memoranda, München/Berlin 2020. ISBN 978-3-948616-02-1
  10. Horst Bosetzky: Die Brüder Sass – geliebte Ganoven, Gmeiner Verlag, Meßkirch 2017, S. 71–72.
  11. Goya (Gesammelte Werke, Band III) im Arco Verlag.
Personendaten
NAME Gurk, Paul
ALTERNATIVNAMEN Grau, Franz (Pseudonym)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und Maler
GEBURTSDATUM 26. April 1880
GEBURTSORT Frankfurt (Oder)
STERBEDATUM 12. August 1953
STERBEORT Berlin



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