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Christian Borngräber (* 4. April 1945 in Wernigerode; † 15. Oktober 1992 in Berlin) war ein deutscher Architekturhistoriker, Designkritiker und -theoretiker.


Leben


Borngräber wuchs in Berlin auf und war begeistert von den architektonischen Experimenten der Frontstadt des Kalten Krieges, sowohl von der Stalinallee im Osten, wie auch vom Hansa-Viertel der Interbau im Westen. Im Hansaviertel bezog er 1957 eine Wohnung mit seiner Mutter. Borngräber studierte 1965–1972 Architektur und Fotografie an der Technischen Universität Berlin und an der Fachhochschule Darmstadt. 1972/73 war er Grafik-Designer am Institut für Visuelle Kommunikation von Herbert W. Kapitzki in Berlin und u. a. an der Gestaltung der „Dauerausstellung 20. Jahrhundert“ im Historischen Museum Frankfurt beteiligt. Seit 1974 war Borngräber freiberuflicher Architekturhistoriker mit den Themenschwerpunkten Architektur in der Weimarer Republik und im Stalinismus, er schrieb Beiträge für Kataloge und war Mitorganisator bedeutender Ausstellungen. Ab 1977 war er Mitorganisator bedeutender Ausstellungen zu Architektur und Design. Als Sammler und Theoretiker befasste er sich zunächst mit dem Design der 1950er Jahre. Später übernahm er mehr und mehr einen aktiven Part und plädierte, unter anderem im Berliner Design-Handbuch, für risikoreiches zeitgenössisches Design. An die Stelle der Aufarbeitung der Geschichte der frühen Moderne trat nun verstärkt die Rolle als Kommentator und Anreger, die ihn bald zu einer zentralen Gestalt des Neuen deutschen Design werden ließ, für das sich Borngräber öffentlich und privat massiv einsetzte.

Zusammen mit dem US-amerikanischen Künstler und Grafiker Alan F. Sundberg schuf er unter dem Pseudonym P. G. Krille ironisch-dekonstruktive Konzeptkunstwerke mit designkritischem Bezug. Exemplarisch für Borngräbers ironische Konzeptkunstwerke ist das dekonstruktive Ready-made „Rasierter Perser“. Einem orientalisch-feinknüpftechnische Ornamentik imitierend billig bedruckten Polyesterfaden-Schlingenwaren-Läufer zog er, metaphorisch einen Fußgänger-Überweg persiflierend, in regelmäßigen Abständen die Fäden.[1] Einen besonderen Sinn für seine humorvoll geprägte angewandte Designkritik bewies die Jury des Rat für Formgebung, in dem sie 1988 den „Rasierten Perser“ mit einem Design Plus-Preis der Internationalen Konsumgütermesse „Ambiente“ der Messe Frankfurt auszeichnete, obwohl die künstlerisch-dekonstruktive Bearbeitung der Webware ja ganz bewusst ihre Konsumgütertauglichkeit, die von dieser Auszeichnung üblicherweise unterstrichen werden soll, nicht nur teilweise, sondern vollständig entzogen hatte.

Christian Borngräber publizierte in Deutschland wie im europäischen Ausland. Seine Beiträge zu Kultur- und Zeitgeschichte erschienen in Fachpublikationen in Paris wie in London, er nahm an interdisziplinären Forschungsprojekten zur Stadtentwicklung in Berlin nach 1945 teil und veranstaltete Seminare zur deutschen und sowjetischen Architektur in Mailand.

In Filmen, Büchern und Workshops wie der Berliner Designwerkstatt 1988 schuf er mit Designern, Künstlern, Architekten Foren für die Erprobung neuer gestalterischer Ideen, die den Mainstream jener Jahre in Frage stellten. Borngräbers „DesignBilanz“ (verfasst zusammen mit Volker Albus) zeichnet die Entstehung und Entwicklung des „Neuen deutschen Design“ nach. Das Buch erschien 1992 wenige Tage nach dem Tod Borngräbers.

Der Kunstkritiker Wolfgang Max Faust setzte Christian Borngräber in dem autobiographischen Bericht Dies alles gibt es also im Jahr 1993 ein literarisches Denkmal.[2] Die umfangreiche Bibliothek Borngräbers übernahm das Hamburgische Architektur Archiv. Ein Zimmer aus Borngräbers Kreuzberger Wohnung (mit eigenen Entwürfen und Stücken befreundeter Künstler und Designer) befindet sich im Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Die „Prototypen der Berliner Designwerkstatt 1988“ werden im Museum für Kunstgewerbe der Sammlung Preußischer Kulturbesitz in Berlin gezeigt.

Grab auf dem Friedhof Friedenau
Grab auf dem Friedhof Friedenau

Borngräber starb am 15. Oktober 1992. Er wurde auf dem Friedhof Friedenau beigesetzt. Sein Grab wird als Ehrengrab des Landes Berlin geführt.


Werke (Auswahl)



Bücher



Beiträge (Auswahl)



Filme



Literatur (Auswahl)



Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)





Einzelnachweise


  1. Borngräber präsentiert performativ „P. G. Krille“ und „Rasierter Perser“ in seiner Design-Mockumentary Aufbruch zum Durchbruch, Filmausschnitt
  2. Wolfgang Max Faust: Dies alles gibt es also. Alltag, Kunst, Aids. Ein autobiographischer Bericht. Hatje Cantz, Stuttgart 1993, S. 399–402.
  3. Borngräbers Artikel Zwischen Biederkeit und Schrippendale im Spiegel online Archiv online
  4. Grisebach Auktionskatalog 257, S. 385, Berlin 2016, pdf-Kopie auf der Internetseite des VDID
  5. Fernsehempfehlung in Der Spiegel 6/1986 online
  6. Videoclips aus „Aufbruch zum Durchbruch – Eine Schau zum Neuen Deutschen Design“ auf der Internetseite des Regisseurs Bob Rooyens online
  7. Tobias Hoffmann über Christian Borngräbers „Aufbruch zum Durchbruch“ als titelprägendes Dokument zur Ausstellung Schrill Bizarr Brachial. Das Neue Deutsche Design der 80er Jahre, Bröhan-Museum, Berlin, 2014, Katalog S. 72–74ff u. 162–167, Wienand Verlag, Köln 2014, ISBN 978-3-86832-244-6.
  8. „Die Subkultur ist reif fürs Museum“, Rezension und Abbildung des Borngräber-Zimmers im Rahmen der Ausstellung „Geniale Dilletanten“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburger Wochenblatt, Ausgabe St. Georg, vom 26. Januar 2016.
Personendaten
NAME Borngräber, Christian
KURZBESCHREIBUNG deutscher Architekturhistoriker und Designtheoretiker
GEBURTSDATUM 4. April 1945
GEBURTSORT Wernigerode
STERBEDATUM 15. Oktober 1992
STERBEORT Berlin



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