Elisabeth von Samsonow (* 31. Juli 1956 in Neubeuern am Inn, Oberbayern) ist eine Künstlerin und Philosophin mit deutscher und österreichischer Staatsbürgerschaft. Sie lebt in Wien und Hadres/NÖ., wo sie mit Kollegen aus dem Kunst- und Kulturbereich 2020 auf vier Hektar Land das „Land der Göttinnen“ gegründet hat. Dieses „Land der Göttinnen“ ist ein eco-art-Projekt, das ökologischen und ökofeministischen Aktivismus mit künstlerischer Forschung verbindet.[1]
Während ihres Philosophie-Studiums an der Ludwig-Maximilians-Universität in München war sie Dauergast an der Akademie der bildenden Künste München, vor allem in den Klassen von Eduardo Paolozzi und Daniel Spoerri.1987 erhält sie den Förderpreis des Bayerischen Kulturministeriums für ihre Debutausstellung Vorstellungszauber beim AK 68 Künstlergemeinschaft Wasserburg/Inn als junge Künstlerin.[2] Von 1985 bis 1988 war sie Direktorin des Kleinzirkus Hieronimus.[3] und der Malschule in Tittmoning an der Salzach, wo sie als Stadträtin für Kultur, Umwelt und Soziales mehrere Ausstellungsprojekte im öffentlichen Raum durchgeführt hat („Ponlach. Die Quellen der Stadt Tittmoning“ und „Kunstgrenzbezirk Tittmoning/Ettenau“)[4][5] 1990 zog sie nach Wien, wo sie ab 1991 an der Universität Wien lehrt. Ihre frühen Forschungen waren der Philosophie der Renaissance, insbesondere deren okkulten, neuplatonischen, nicht-aristotelischen Formen, gewidmet. Mehrere Arbeiten und Übersetzungen befassen sich mit der Astronomie Johannes Keplers und der Gedächtnisphilosophie und Kosmologie Giordano Brunos. 1996 wurde sie auf den Lehrstuhl für Sakrale Kunst an der Akademie der bildenden Künste Wien berufen, der 2000 für das Fach Philosophische und Historische Anthropologie der Kunst umgewidmet wurde.[6] 2012/2013 lehrt sie als Gastprofessorin an der Fakultät Gestaltung, Bauhaus-Universität Weimar.[7] Sie war mit Eric Alliez Herausgeberin der vierbändigen Reihe TRANSART, die bei Turia und Kant in Wien erschienen ist. Diese Reihe bildet ein kritisches Vademecum zeitgenössischer Ästhetik. 2007 erscheint ihr einflussreicher Text „Anti Elektra. Totemismus und Schizogamie“ bei Diaphanes Verlag Berlin und Zürich, der 2015 auf französisch (bei Metis Presses in Genf) und 2019 auf englisch herauskommt (bei Minnesota University Press). Dieser Text ist das Komplement zu Gilles Deleuzes und Felix Guattaris „Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie“, der sich kritisch mit dem Elektra-Komplex auseinandersetzt. Samsonows These ist die, dass der Mutterhass des Mädchens erstens auf der Unmöglichkeit beruht, innerhalb einer patriarchalen Struktur die soziale Rolle der Mutter zu akzeptieren, und dass zweitens der angeblich konstitutive Bruch in der Mutter-Tochter-Beziehung den Kontakt zum symbolischen Mutter-Feld systematisch unterbinden hilft, was sich nicht zuletzt in der Unmöglichkeit zeitgenössischer Gesellschaften zeigt, mit der „Großen Mutter“ Erde eine konstruktive Beziehung aufzunehmen. Samsonows Idee ist die Transformation der Psychoanalyse in „Geopsychiatrie“, bzw. einer Herstellung eines direkten epistemischen Kontraktes zwischen den beiden Feldern.[8][9] Elisabeth von Samsonow hat sich auch mit dem Künstler Egon Schiele – Egon Schiele – Ich bin die Vielen (2010)[10] und Egon Schiele – Sanctus Franciscus Hystericus (2012)[11] beschäftigt und ihm zwei monographische Arbeiten gewidmet – auf der Grundlage ihrer Forschungen im Archiv des Wien Museums. Inspiriert hat sie dazu die Gleichheit der Initialen ES.
Ihre künstlerische Arbeit versteht sich als ästhetisch, gesellschaftlich und politisch wirksame ökofeministische Praxis, die mit unterschiedlichen Formaten und Medien Themen aufgreift wie die Mädchen-Position als revolutionäre Figur der post-patriarchalen Gesellschaft, die Interspezies-Beziehung als Identifikationsspiel, die Transplant-Identität als Erfindung der mit Lindenholz arbeitenden Bildhauerin Samsonow, das Screening von Gaia in Zeichnung und Malerei („Geo-Psyche“). In ihren Performances lässt sie oft ihre Skulpturen auftreten, die sie als „dädalische Automaten“ bezeichnet, die sich bewegen (weil sie Räder haben), sprechen können (weil sie besaitet sind) und denken können (weil sie elektrifiziert sind). In ihren jüngeren Performances evoziert sie die „Göttin“ als das verlorene Subjekt, das in das gesellschaftliche Kräftespiel wieder eingeführt werden muss.[12] Seit 2006 veranstaltet sie öffentliche Aktionen und Performances, techno-mediale Operationen mit Skulpturen („sprechende Statuen“) als Simulation von Mädchen-Phantasien, Prozessionen (Mary Magdalene’s Re-Immigration Office Jerusalem), Animationen von Elektra, Aquina, Ariadne und einer Statue von Gerburg Treusch-Dieter (mit Gerda Schorsch als Performerin), etwa unter anderem 2011 Hippo Hypno Schizo Marriage im Sigmund Freud Museum Berggasse Wien, 2018 im Lesehaus Ursula Krinzinger „Eternal Return“, „The Alien Ally. The Radical Totem of the Girl“ 2019 im Philadelphia Institute for the Arts und Penn Book Center Philadelphia USA, „Demeter returning“ 2020 für das Festival „Back to Athens“, „The Great Ultimate Matriarcho-Magical State Ritual. The Total Formula“ für die Viennaartweek 2020.[13]
Elisabeth von Samsonow ist Mitglied der GEDOK, war bis 2012 wissenschaftliches Beiratsmitglied von ITRAFO (Institut für transkulturelle Forschung, Universität Ulm), Stiftungskuratoriumsmitglied der Emanuel und Sofie Fohn-Stipendienstiftung, Redaktionsmitglied von Recherche – Zeitschrift für Wissenschaft, künstlerische Leiterin der Neubeurer Woche, Schloss Neubeuern. Sie moderierte die Philosophiesendung Studio Elektra auf Okto TV mit Matija Serdar.[14] Von 2019 bis 2022 leitet sie als wissenschaftliche Leiterin das Forschungsprojekt THE DISSIDENT GODDESSES‘ NETWORK, das an der Akademie der bildenden Künste angesiedelt ist (künstlerische Leitung Felicitas Thun-Hohenstein). Seit 2020 ist dieses Projekt auf dem „Land der Göttinnen“ im Pulkautal, NÖ, verankert.[15][16] Sie ist Trägerin des Großen Goldenen Ehrenzeichens des Landes Niederösterreich, das ihr 2017 von Landeshauptfrau Mikl-Leitner überreicht wurde.
Die Werke von Elisabeth von Samsonow sind u. a. in folgenden Sammlungen vertreten: Landessammlung Niederösterreich, Sammlung Stadt Traunstein, Sammlung Goetz München, Sammlung Bernhard Hainz Wien, Sammlung Belvedere Wien, Sammlung Stadt Wien, Sammlung Hanten-Schmidt, Köln und Wien.[17]
Personendaten | |
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NAME | Samsonow, Elisabeth von |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Philosophin und Bildhauerin |
GEBURTSDATUM | 31. Juli 1956 |
GEBURTSORT | Neubeuern am Inn, Oberbayern |