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Franciszek Julian Znamirowski (* 15. Januar 1894 in Stary Sącz, Österreich-Ungarn; † 19. September 1972 in Mississauga, Kanada) war ein Major der polnischen Streitkräfte und Maler. Im Konzentrationslager Gusen II schuf er insgesamt zehn Aquarelle, die lange Zeit als verschollen galten und in Fachkreisen für große Aufmerksamkeit sorgten. Bislang haben 16 Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Polen und den USA die Bilder zu Forschungszwecken herangezogen.[1]


Leben


Memorial Gusen
Memorial Gusen

Znamirowski wurde als Sohn einer polnischen, katholischen Familie geboren. Gegen 1910 nahm er ein Studium der Malkunst bei der Künstlerin Bronisława Rychter-Janowska in Krakau und Stary Sącz auf. Am 1. August 1914 meldete er sich freiwillig bei der Gemeinsamen Armee zum Kriegsdienst. Er wurde der polnischen Legion-West unter der Führung von Józef Piłsudski zugeteilt. Fünf Jahre später trat er am 9. November 1919 in die polnische Armee als Berufssoldat ein und diente dort unter Józef Haller. Am 22. November 1921 heiratete er Stanisława Halicka; ein Jahr später wurde Tochter Irena, 1926 der Sohn Witold geboren. Um 1930 arbeitete er im polnischen Verteidigungsministerium. Als Major der polnischen Armee kämpfte er im Zweiten Weltkrieg im besetzten Warschau gegen Nazideutschland. Am 4. September 1939 gehörte er als Befehlshaber eines Bataillons zur Verteidigung Warschau. Nach der deutschen Besetzung schuf er eine Widerstandsgruppe im Stadtkreis Warschau. Dort lebte er unter anderem unter dem Namen Julian Babecki und trat unter dem Decknamen Professor auf. Am 2. Juni 1943 verhaftete ihn die Geheime Staatspolizei Warschau und brachte ihn zunächst ins KZ Auschwitz. Von dort aus deportierte man ihn am 6. November 1943 in das Konzentrationslager nach Gusen. Dort zwang man ihn ab dem 2. Januar 1944, für das Regensburger Messerschmittwerk zu arbeiten. In den Jahren 1943 und 1944 produzierte man dort Bauteile für die Jagdflugzeuge der Luftwaffe. Er wurde dem Regensburger Facharbeiter Karl Seider unterstellt, der die Malerwerkstatt des Unternehmens beaufsichtigte. Znamirowski schrieb in seinen 1971 erschienenen Erinnerungen, dass Seider in dieser „unmenschlichen Umgebung Menschlichkeit“ bewies.[2] Znamirowski schuf in dieser Atmosphäre insgesamt zehn Aquarelle, welche insbesondere das Leben in der Baracke sowie im Lager zeigen, zu dem Seider keinen Zutritt hatte. Znamirowski schenkte ihm anlässlich seines Geburtstages die Aquarelle.[3]

Am 5. Mai 1945 wurde das KZ befreit; Znamirowski flog nach London zum Generalstab der polnischen Exilregierung. Im Juni 1946 führte ihn eine Reise in das DP-Lager in die Nähe von Linz. Das Ziel war, Geld der Exilregierung in die von der Roten Armee besetzten Gebiete zu transferieren. 1948 wurde er in Schottland zum Vorsitzenden des Kreises ehemaliger Soldaten der polnischen Heimatarmee gewählt. 1962 wanderte er nach Kanada aus. Seine Heimat Polen betrat er letztmals im Jahr 1961. Znamirowski reiste im Jahr 1964 nach Frankfurt am Main, um in den Auschwitzprozessen als Zeuge auszusagen.[4] 1971 veröffentlichte er in Kanada in einer kleinen Auflage in polnischer Sprache seine Erinnerungen.[5] Ein Jahr später starb er am 9. September 1972 in Mississauga in Kanada.

Znamirowski wurde in Polen mehrfach ausgezeichnet, er erhielt u. a. das Silberne Verdienstkreuz der Republik Polen.


Künstlerisches Werk


Bei der Auflösung eines Nachlasses erhielt der Regensburger Antiquar Reinhard Hanausch im Jahr 1997 ein Album mit zehn farbigen, kleinformatigen Aquarellen. Er erkannte den besonderen Wert der Arbeit und übergab die Kunstwerke der Staatlichen Bibliothek zur Aufbewahrung. Unter der Leitung von Mark Spoerer von der Universität Regensburg sowie Bernhard Lübbers von der Staatlichen Bibliothek Regensburg entstand ein Ausstellungsprojekt mit einer Buchpublikation.

Fachleute loben die Werke „über ihren künstlerischen Wert hinaus [als] eine einzigartige historische Quelle für den Lageralltag im Konzentrationslager Gusen“[6]. Sie ermöglichen bislang nicht gekannte Einblicke in den täglichen Arbeitsablauf des Lagers und geben Hinweise auf die besondere Beziehung zwischen Seider und Znamirowski.[7]

Exemplarisch seien hier drei Werke genannt:

Die Originale wurden am 6. Mai 2014 anlässlich einer Ausstellung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft in Berlin gezeigt. Die Kunsthistorikerin Michaela Haibl von der Technischen Universität Dortmund führte in die Ausstellung mit einem Vortrag ein.[9] Zuvor waren die Aquarelle in der Staatlichen Bibliothek in Regensburg ausgestellt.


Karl Seider


Seider wurde am 1. März 1907 als zweites Kind einer katholischen Familie in Vilshofen an der Donau geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Maler und arbeitete in den 1930er Jahren in verschiedenen Malerbetrieben in Regensburg. Im Dezember 1937 trat er in die NSDAP ein und arbeitete ab 10. Januar 1938 als Maler bei den Bayerischen Flugzeugwerken in Regensburg. Ende 1943 wurde er nach Gusen abkommandiert und leitete die Malerwerkstatt der inzwischen aus Kriegsgründen von Regensburg nach Österreich ausgelagerten Produktionsstätte. Nach dem Ende des Krieges wurde seine Mitgliedschaft in der NSDAP überprüft und er kam 1946 in den Genuss der Weihnachtsamnestie. Seider starb am 14. Februar 1960 in Regensburg.


Literatur





Einzelnachweise


  1. Aquarelle für den Vorarbeiter, Webseite von regensburg-digital.de, abgerufen am 3. Mai 2014.
  2. Franciszek Znamirowski – ein Leben zwischen Kampf und Kunst. Eine politische Biographie 1945–1956, Webseite von Roman Smolorz, abgerufen am 3. Mai 2014.
  3. Karl Seider – Biographie einer rechtschaffenen bayerischen Seele 1945–1956, Webseite von Roman Smolorz, abgerufen am 3. Mai 2014.
  4. 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess, Strafsache gegen Mulka u. a., 4 Ks 2/63, Landgericht Frankfurt am Main, 87. Verhandlungstag, 10. September 1964, Webseite des Fritz-Bauer-Instituts, abgerufen am 3. Mai 2014.
  5. Pamietamy (Memento vom 8. Mai 2014 im Internet Archive), Webseite der Gedenkstätte KZ Mauthausen, abgerufen am 3. Mai 2014.
  6. Überleben durch Kunst, Auszug aus Universität in Stadt und Region, Oktober 2012, (PDF), Webseite der Universität Regensburg, abgerufen am 3. Mai 2014.
  7. Überleben durch Kunst im Konzentrationslager Gusen, Bibliotheksforum Bayern 06(2012), Webseite des Bibliothekforums Bayern, (PDF), abgerufen am 3. Mai 2014.
  8. Scan eines Artikels in der Donaupost mit dem Aquarell „Gut gesinnt“ (Memento des Originals vom 8. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.staatliche-bibliothek-regensburg.de, Webseite der Staatlichen Bibliothek Regensburg, (PDF), abgerufen am 3. Mai 2014.
  9. Einladungsflyer zur Ausstellungseröffnung, Webseite der Stiftung EVZ, (PDF), abgerufen am 3. Mai 2014.
Personendaten
NAME Znamirowski, Franciszek
ALTERNATIVNAMEN Znamirowski, Franciszek Julian (vollständiger Name); Babecki, Julian (Deckname)
KURZBESCHREIBUNG Major der polnischen Armee und Maler
GEBURTSDATUM 15. Januar 1894
GEBURTSORT Stary Sącz
STERBEDATUM 19. September 1972
STERBEORT Mississauga, Kanada



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