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Heinrich Goertz (* 15. Mai 1911 in Duisburg; † 21. September 2006 in Bückeburg) war ein deutscher Bühnenbildner, Dramaturg, Maler, Journalist und Schriftsteller.


Leben



Studium und die Jahre bis 1945


Goertz stammte aus einer deutsch-niederländischen Familie vom Niederrhein. Sein Großvater mütterlicherseits war der in der Region bekannte Kirchenmaler Viktor Heinrich Moldrickx. Goertz’ eigener Berufswunsch war zunächst Reklamemaler. Ab 1930 studierte er an der Folkwangschule in Essen Freie Malerei bei Max Peiffer Watenphul. Als zweites Fach belegte Goertz Bühnenbild bei Hein Heckroth, den er später zu Erwin Piscator brachte. Nach dem Studium folgten erste Ausstellungen, u. a. in der Rheinischen Sezession Düsseldorf und zweimal bei den Berlinern Sezessionisten. Um 1932 betrieb er unter dem Namen Hinz Goertz-Moldrickx zusammen mit fünf weiteren Künstlern, unter ihnen die beiden Maler Heinrich Seepolt und Volkram Anton Scharf, ein Atelier in Duisburg, Lessingstraße 2. Die Stadt Duisburg erwarb damals eines der ersten Bilder. In dem Duisburger Atelier entwickelte sich auch eine enge Freundschaft mit dem expressionistischen Holzschneider und NS-Gegner Heinz Kiwitz. Eine von Goertz an Kiwitz geschriebene und in dessen Berliner Wohnung gefundene Postkarte brachte die Polizei auf Goertz’ Spuren, und er wurde kurzzeitig inhaftiert.[1]

Sein Aquarell auf die Zeit des Nationalsozialismus mit dem Titel Dumm und zufrieden wurde 1933 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt. Neben der Malerei schrieb und publizierte Goertz bereits seit 1932 auch Erzählungen und Kurzgeschichten in verschiedenen Feuilletons erschienen – darunter das Gedicht „Der Mensch“ in der November 1932-Ausgabe der Zeitschrift Der Querschnitt.

1942 veröffentlichte Goertz im Karl Heinz Henssel Verlag unter dem Titel Johannes Geisterseher seinen ersten Roman, der auch 70 eigene Zeichnungen enthielt. Es grenzt schon an ein Wunder, dass dieses Werk von den Nationalsozialisten nicht verboten wurde, da es entgegen dem nationalsozialistischen Menschenbild eine education sentimentale in düsterer Zeit schildert.

Heinrich Goertz musste erleben, dass seine frühen Bilder im Atelier eines Freundes in Berlin in der Passauer Straße neben dem Kaufhaus des Westens bei einem Bombenangriff verbrannten – nur zwei Arbeiten aus der damaligen Zeit konnten gerettet werden.


Die Arbeit am Theater 1943–1979


Die praktische Theaterarbeit begann 1943. Herbert Ihering machte Goertz mit Paul Verhoeven bekannt, der gerade Intendant des Theaters am Schiffbauerdamm geworden war. Er engagierte Goertz umgehend als Dramaturgen. 1944 wurden die Theater geschlossen. Goertz wurde dienstverpflichtet; parallel widersetzte er sich der einsetzenden Einziehung von Staatenlosen „deutscher Volkszugehörigkeit“ zur Waffen-SS durch fingierte Krankheiten, häufigen Wohnungswechsel und bis zum Kriegsende dann durch Verstecke auf dem Land.

Mit dem Ende der Zeit des Nationalsozialismus begann auch für Goertz ein neuer künstlerischer Anfang. Er wollte zum Theater. Wegen Brecht war er in den 1930er Jahren nach Berlin gekommen – nun war es soweit: Theater mit den Großen der ersten Stunde an den Ost-Berliner Bühnen: jetzt als Dramatiker, Bühnenbildner und Regisseur.

Erste Station war das Deutsche Theater (Berlin), wo am 22. September 1946 sein damals heiß umstrittenes Bühnenwerk Peter Kiewe[2] uraufgeführt wurde. Heinrich Goertz markierte mit diesem Drama den Neubeginn junger deutschsprachiger Bühnenliteratur nach dem Krieg.[3] Dieser Fakt ist in der Theaterliteratur dokumentiert und war u. a. 1990 auch Thema eines Seminars an der Berliner Humboldt-Universität.

Das Stück "Peter Kiewe" wirft anhand des Schicksals eines Deserteurs, der sein Leben retten kann, wenn er seine Kameraden eigenhändig erhängt, die Frage auf, ob man nach einer derart ungeheuerlichen Tat jemals wieder die menschliche Würde zurückgewinnen kann. Was Goertz in seinem Stück am individuellen Schicksal aufzeigte, war natürlich als Frage an die deutsche Befindlichkeit gerichtet, die nach der Zeit des Nationalsozialismus lieber schnell vergessen als aufarbeiten wollte. Das Stück war seiner Zeit voraus. Goertz in seiner damaligen Stellungnahme dazu: „..Den Auftretenden wird eine Haut nach der anderen abgezogen… und sie selbst sind von der schamlosen Lust beherrscht, sich charakterlich zu enthüllen.“ Das Anliegen des zornigen jungen Bühnenautors, die Demaskierung und Verdeutlichung von Tatbeständen und verborgenen Zusammenhängen im Geschehen, ist über all die Jahre auch immer sein Thema geblieben, dem er sich in den verschiedenen künstlerischen Disziplinen gewidmet hat.

Stationen seiner Theaterarbeit waren das Deutsche Theater, wo er 1947 unter der Intendanz von Wolfgang Langhoff die Bühnenbilder zu Ernst Tollers Stück "Pastor Hall" entwarf, die Ostberliner Volksbühne[4] und das Theater am Schiffbauerdamm,[5] wo sein Schauspiel „Das Leben kein Traum“ in der Regie von Fritz Wisten und mit der Musik von Paul Dessau uraufgeführt und nach nur fünf Aufführungen von der SED abgesetzt wurde,[6] außerdem die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Goertz' Ziel war immer zupackendes, kräftiges Theater mit der Absicht einer aufbauenden Gesellschaftskritik.

Nach dem Mauerbau 1961 arbeitete Goertz zunächst weiter an der Ostberliner Volksbühne, wohnte im Westteil, bis er 1963 vor die Alternative gestellt wurde, auch im Ostteil zu leben oder den Vertrag zu lösen. Goertz entschied sich für den Westen und damit für eine neue Herausforderung. Erwin Piscator holte ihn 1965 als Chefdramaturg an die Freie Volksbühne Berlin. Für Piscator war das Theater ein Parlament, das Publikum eine gesetzgebende Körperschaft. Es folgte bis zum Tod Piscators am 30. März 1966 eine intensive Zeit gemeinsamer Arbeit. Über den Menschen und das künstlerische Schaffen Piscators hat Goertz eine Monographie verfasst.[7] 1967 folgt Goertz dem Ruf des Hannoveraner Intendanten Franz Reichert als Chefdramaturg ans dortige Staatsschauspiel.


Arbeit als freier Schriftsteller, Journalist und Maler 1970–2006


1970 traf er dann die Entscheidung, sich nicht länger in der Theaterbürokratie aufzureiben. Nach 50 Inszenierungen an Theatern und weiteren 20 für die Unterhaltungsabteilung des ostdeutschen Fernsehfunks Berlin-Adlershof unternahm er wieder einen neuen Anfang als freier Schriftsteller, Maler und Journalist.[8]

Seit 1963 hatte Goertz wieder zu malen begonnen und stellte 1969 auf Einladung des Galeristen Konrad Jule Hammer 22 Werke im Haus am Lützowplatz in Berlin aus. In der Folge wurde sein breites künstlerisches Werk in zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen[9] vielfach präsentiert.

Goertz verfasste darüber hinaus nahezu 1.000 Beiträge für Zeitschriften und Zeitungen und veröffentlichte Erzählungen und Gedichte in Anthologien und im Rundfunk. Ferner verfasste er Hörspiele, Bühnenstücke, die beiden Romane Johannes Geisterseher und Lachen und Heulen sowie die Rowohlt-Monographien zu Erwin Piscator, Gustaf Gründgens, Hieronymus Bosch und Friedrich Dürrenmatt.

1983 erhielt er das Künstlerstipendium des Landes Niedersachsen.[10][11] Zu seinem 90. Geburtstag 2001 erschienen Würdigungen in in- und ausländischen Zeitungen.[8]

Goertz lebte zuletzt mit seiner Frau und Mitarbeiterin Angela Goertz in Auetal in der Nähe von Hannover.


Werke



Romane



Bühnenwerke und Uraufführungen



Rowohltmonographien



Hörspiele



Varia und Ausstellungskataloge


Darüber hinaus Mitarbeit über Jahrzehnte am (Berliner) Tagesspiegel, Rheinische Post, General-Anzeiger Bonn, Stuttgarter Zeitung, Hannoversche Allgemeine Zeitung, Wiener Zeitung u. a.


Ausstellungen in Auswahl


Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland sowie diverse öffentliche Ankäufe u. a.:


Theater (Regie)



Einzelnachweise


  1. http://www.duisburger-kuenstlerbund.de/DKB_60-Jahre-Geschichte_1923-83.pdf
  2. https://www.nd-archiv.de/artikel/781359.bpeter-kiewe-von-heinrich-goertz.html
  3. Vgl. Rühle, Günther: Theater in Deutschland 1945–1966. S. Fischer 2014, S. 403, 1232 und 1362.
  4. vgl. Komödiantisches Theater. Fritz Wisten und sein Ensemble. Hrsg. von Heinrich Goertz und Roman Weyl. Henschelverlag 1957, S. 133f.
  5. vgl. Funke, Christoph und Wolfgang Jansen: Theater am Schiffbauerdamm. Ch. Links Verlag 1992.
  6. Rühle, Günther: Theater in Deutschland 1945–1966, S. Fischer 2014, S. 387
  7. Erwin Piscator in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 1974. ISBN 9783499502217 (früher: ISBN 3499502216)
  8. Schriftsteller und Maler Heinrich Goertz wird 90. In: derStandard.at. 14. Mai 2001, abgerufen am 14. Dezember 2017.
  9. Heinrich Goertz. Erzählende Malerei. Hannover 1997 (Katalog der Werkausstellung im Kubus Hannover), veranstaltet vom Kulturamt der Landeshauptstadt Hannover
  10. http://www.literatur-niedersachsen.de/autoren/detailansicht/heinrich-goertz.html
  11. Wallstein Verlag: Literatur in Niedersachsen. Wallstein Verlag, 2000, ISBN 978-3-892-44443-5, S. 33 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. vgl. Denkler, Horst: Werkruinen, Lebenstrümmer: Literarische Spuren der 'verlorenen Generation des Dritten Reiches. Walter de Gruyter.2006, S. 46
  13. Werner Ross: Goertz, Heinrich: Lachen und Heulen. (PDF) In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 3. September 1982, S. 26, abgerufen am 7. Januar 2017.
  14. DNB 573241473
  15. DNB 575168382
  16. vgl. Rühle, Günther: Theater in Deutschland 1945–1966. S. Fischer 2014, S. 1232 und 1362
  17. Berlin: Verlag Bruno Henschel & Sohn, um 1950. 66 S. Textbuch (Als Manuskript gedruckt)
  18. vgl. Rühle, Günther: Theater in Deutschland 1945–1966. S. Fischer 2014, S. 387
  19. vgl. Rühle, Günther: Theater in Deutschland 1945–1966. S. Fischer 2014, S. 1419
  20. Heinrich Goertz: Erzählende Malerei. Hannover 1997 (Katalog der Werkausstellung im Kubus Hannover), veranstaltet vom Kulturamt der Landeshauptstadt Hannover, S. 7
  21. http://gso.gbv.de/DB=2.1/SET=5/TTL=11/SHW?FRST=20/PRS=HOL
  22. http://www.hoerdat.in-berlin.de/voll.php?a=Goertz&b=+Jack+the+ripper&c=WDR
  23. http://www.hoerdat.in-berlin.de/voll.php?a=Goertz&b=+Joachimstaler+35&c=SFB+%3F
  24. http://gso.gbv.de/DB=2.1/PPNSET?PPN=274858282
  25. http://gso.gbv.de/DB=2.1/SET=2/TTL=11/SHW?FRST=11/PRS=HOL
  26. http://www.peifferwatenphul.de/7_2_texte_02_%20goertz.html
  27. http://www.peifferwatenphul.de/6_1_bibliografie_en.html
  28. http://gso.gbv.de/DB=2.1/SET=5/TTL=41/SHW?FRST=43/PRS=HOL
  29. http://gso.gbv.de/DB=2.1/SET=5/TTL=43/PRS=HOL/SHW?FRST=44
  30. Archivlink (Memento des Originals vom 30. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de
  31. Retrospektive: Heinrich Goertz. Erzählende Malerei. Hannover 1997 (Katalog der Werkausstellung im Kubus Hannover), veranstaltet vom Kulturamt der Landeshauptstadt Hannover
  32. https://kxp.k10plus.de/DB=2.1/PPNSET?PPN=842819088
  33. http://www.shortnews.de/id/245154/heinrich-goertz-90-geburtstag
  34. Archivlink (Memento des Originals vom 29. Oktober 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.literarische-woche.de
Personendaten
NAME Goertz, Heinrich
ALTERNATIVNAMEN Goertz, Hinz
KURZBESCHREIBUNG deutscher Bühnenbilder, Dramaturg, Maler, Journalist und Schriftsteller
GEBURTSDATUM 15. Mai 1911
GEBURTSORT Duisburg
STERBEDATUM 21. September 2006
STERBEORT Bückeburg



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