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Mieczysław Weinberg (auch Wajnberg und Moishei Vainberg[1]; * 8. Dezember 1919[2] in Warschau, Polen; † 26. Februar 1996 in Moskau, Russische Föderation) war ein sowjetischer Komponist polnischer Herkunft.


Leben


Weinberg kam als Sohn eines Musikers schon früh mit Musik in Berührung und begann bereits 1931, Klavier am Konservatorium der Musikakademie Warschau zu studieren. Beim deutschen Überfall auf Polen 1939 brach er sofort seine Studien ab und floh über Minsk und Taschkent nach Moskau, da er Jude war – seine Familie, die aus Kischinjow stammte, von wo aus sie 1903 nach Polen geflohen war, wurde ermordet. Weinberg wurde in der Sowjetunion Moisej Samulowitsch Wajnberg genannt.

Zunächst ließ Weinberg sich in Minsk nieder und studierte dort Komposition bei Wassili Solotarjow.[2] Wenige Tage, nachdem er 1941 seine Studien abgeschlossen hatte, musste er vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion fliehen und reiste nach Taschkent, wo er an der Oper arbeitete. Dort heiratete er 1942 Natalja Wowsi-Michoels, Tochter des Schauspielers und Regisseurs Solomon Michoels.[2] 1943 schickte Weinberg seine erste Sinfonie an Dmitri Schostakowitsch, der ihn daraufhin nach Moskau einlud. Noch im selben Jahr ließ sich Weinberg dort nieder und lebte bis zu seinem Tode in der russischen Hauptstadt als freischaffender Komponist. 1948 starb sein Schwiegervater Solomon Michoels bei einem angeblichen Autounfall, inszeniert von der Moskauer Geheimpolizei.[2][3] Im selben Jahr wurde Weinberg als einer „von den ‚kleinen Schostakowitschen‘“ wegen formalistischer Tendenzen gerügt.[2] 1953, kurz vor dem Tode Josef Stalins, wurde er – unter dem Vorwurf, die Errichtung einer jüdischen Republik auf der Krim propagiert zu haben – inhaftiert.[2] Sein lebenslanger Freund und Mentor Schostakowitsch setzte sich daraufhin mit einem für die Zeit sehr mutigen Brief für ihn ein, seine Freilassung erfolgte letztlich jedoch aufgrund von Stalins Tod.

Die Oper Die Passagierin gilt als Hauptwerk von Mieczysław Weinberg.[2] Es ist die Geschichte einer Auschwitz-Überlebenden, die „ihrer“ KZ-Aufseherin nach dem Krieg auf einem Ozeandampfer wiederbegegnet. Das 1968 fertiggestellte Werk des Komponisten wurde erstmals 2006 konzertant in Moskau uraufgeführt und erlebte 2010 – mit 42 Jahren Verspätung – seine szenische Weltpremiere als Oper bei den Bregenzer Festspielen.[4]

Neben seiner kompositorischen Tätigkeit trat Weinberg auch als Pianist auf. Er komponierte zudem eine große Anzahl von Filmmusiken, darunter zu Michail Kalatosows Die Kraniche ziehen (1957), Sergei Urussewskis Abschied von Gulsary (1968), Fjodor Chitruks Die Ferien des Bonifazius (1965) und Winnie Pooh (1969) sowie Alows & Naumows Teheran 43 (1981).


Stil


Bevor Weinberg ein Werk veröffentlichte, zeigte er es Schostakowitsch. Das galt auch umgekehrt.[5] Es ist auch bekannt, dass sie sich gegenseitig zum Komponieren animierten; so lieferten sie sich einen kleinen privaten Wettbewerb um Streichquartette. Die gegenseitige Wertschätzung hat klare Spuren in den Werken beider Komponisten hinterlassen: „Schostakowitsch zum Beispiel kann man nicht verstehen, wenn man Weinberg nicht kennt – und umgekehrt“, sagt die Pianistin Elisaveta Blumina.[6] Es wäre daher falsch, Weinberg als Schostakowitsch-Epigonen zu betrachten: So spielt z. B. das motorische Element bei ihm eine weniger bedeutende Rolle, wohingegen die melodische Komponente deutlich aufgewertet wird. Unverkennbar ist der Einfluss jüdischer Folklore, der sich aber anders als bei Schostakowitsch v. a. in charakteristischen Intervallschritten manifestiert. Die hohe strukturelle Bedeutung von Quarten und Quinten verweist dagegen eher auf Paul Hindemith. Allerdings ist teilweise auch ein Bezug seiner Musik zur Romantik zu erkennen; so zitiert er beispielsweise in seiner 21. Sinfonie „Kaddish“ das Thema der 1. Ballade in g-moll von Frédéric Chopin. Oft zeigt Weinbergs Musik einen eher gezügelten emotionalen Ausdruck, der manchmal beinahe klassizistisch anmutet. Weinbergs Werke sind meist großformatig angelegt; er konzentrierte sich auf Gattungen wie Symphonie und Sonate. Nach einigen recht modernen ersten Kompositionen (1. Streichquartett, 1. Klaviersonate) sind seine folgenden Werke (besonders um 1950) durch klare Tonalität gekennzeichnet. In späteren Werken weitet Weinberg das tonale Idiom beträchtlich aus und schreibt eine eher introvertierte, persönliche Musik. Viele seiner Werke setzen sich mit der Thematik des Krieges auseinander. Seine letzten Werke, besonders die Kammersinfonien, sind teilweise von ungewöhnlicher Heiterkeit erfüllt und kehren wieder zu eingängiger Melodik und klarer Tonalität zurück.


Name


Die Schreibweise seines Namens variiert teilweise, CD-Einspielungen seiner Werke sind teilweise in ein und demselben Katalog an zwei verschiedenen Stellen zu finden: Unter »Weinberg« und »Vainberg«. Das liegt daran, dass sein Name, der in der ursprünglichen Schreibweise (»Weinberg«, polnisch »Wajnberg«) jüdisch-deutschen Ursprungs ist, in Russland zu »Вайнберг« transkribiert wurde. Die englische Rücktranskription, die für die ersten CD-Aufnahmen gemacht wurde, lautet entsprechend »Vainberg« oder sogar »Vaynberg«. Inzwischen scheint sich für die Wiedergabe mit lateinischen Buchstaben die Schreibweise »Weinberg« durchzusetzen.[7]


Internationale Mieczysław-Weinberg-Gesellschaft


Im Jahr 2015 gründete der Geiger Linus Roth gemeinsam mit dem Dirigenten Thomas Sanderling eine »Internationale Mieczysław-Weinberg-Gesellschaft«. Die Gesellschaft will dazu beitragen, dass Weinbergs Werk vermehrt aufgeführt und einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird. Zur Ehrenpräsidentin berufen wurde Irina Schostakowitsch, die Witwe von Dmitri Schostakowitsch.[8]


Werke



Bühnenwerke



Sinfonien



Andere Orchesterwerke



Konzerte



Vokalmusik



Kammermusik



Klaviermusik



Filmmusik



Jüngere Einspielungen



Literatur



Siehe auch





Einzelnachweise


  1. Die richtige Schreibweise ist Mieczysław Wajnberg, siehe den Kommentar auf http://www.ruchmuzyczny.art.pl/index.php/wariacje/historyczne/1124-historie-niezbyt-prawdziwe/
  2. David Fanning: Mieczysław Weinberg. Auf der Suche nach Freiheit. Wolke, Hofheim 2010, ISBN 978-3-936000-90-0, S. 8, 27, 40, 68, 73, 96 ff., 10.
  3. Joshua Rubenstein: The Night of the Murdered Poets (Memento vom 17. Januar 2010 auf WebCite), abgerufen am 30. Juli 2018. In: The New Republic vom 25. August 1997
  4. Deutschlandradio Kultur vom 7. August 2010: Fulminante Opern-Entdeckung in Bregenz „Die Passagierin“ von Mieczyslaw Weinberg
  5. Per Skans: Mieczysław Weinberg – ein bescheidener Kollege. In: Schostakowitsch-Studien, Band 3, Berlin 2001, S. 309.
  6. Elisaveta Blumina: Jüdischen Melodien zu neuem Leben verhelfen (Memento vom 27. März 2019 im Internet Archive). In: Jüdische Rundschau vom 31. März 2017.
  7. Mieczyslaw Weinberg (Moishei Vainberg), abgerufen am 2. Oktober 2012.
  8. Schweizer Musikzeitung, Jg. 2015, Nr. 4
  9. Uraufführung Moskau; Szenische Uraufführung (Memento vom 5. Mai 2010 im Internet Archive) an den Bregenzer Festspielen 2010.
  10. http://www.peermusic-classical.de/en/werk_detail_en/werk/4383_madonna_und_der_soldat/
  11. http://www.sikorski.de/463/de/0/a/0/9002733/weinberg_mieczyslaw/werke.html#Oper
  12. http://www.sikorski.de/575/de/0/a/0/oper/1018260_lady_magnesia_oper_in_einem_akt.html
  13. https://www.sikorski.de/575/de/0/a/0/oper/1018259_das_portr_t_oper_in_3_akten_nach_der.html
  14. https://www.sikorski.de/575/de/0/a/0/oper/1000969_der_idiot_oper_in_4_akten_nach_dem_gleichnamigen.html
  15. Mieczyslaw Weinberg: Orchesterwerke Vol.2, jpc.de, abgerufen am 14. März 2016
  16. Accentus Music würdigt mit Gideon Kremer und dem Gewandhausorchester Mieczysław Weinberg -. 20. Januar 2021, abgerufen am 9. Februar 2021 (deutsch).
  17. Bayerischer Rundfunk: CD-Tipp 19.06.2019: Mieczyslaw Weinberg: Symphonien Nr. 2 & 21 | BR-Klassik. Abgerufen am 9. Februar 2021.
  18. Kathrin Christians - Feld / Weinberg / Theodorakis (CD) – jpc. Abgerufen am 9. Februar 2021.
  19. Bayerischer Rundfunk: CD - Mieczysłav Weinberg: Die Kammersymphonien | BR-Klassik. 17. Januar 2017, abgerufen am 9. Februar 2021.
  20. Challenge Records International: Solo Sonatas for Violin nos. 1 - 3 - Linus Roth. Abgerufen am 9. Februar 2021 (englisch).
Personendaten
NAME Weinberg, Mieczysław
ALTERNATIVNAMEN Vainberg, Moishei; Vaĭnberg, Mecheslav Samuilovich
KURZBESCHREIBUNG russischer Komponist polnischer Abstammung
GEBURTSDATUM 8. Dezember 1919
GEBURTSORT Warschau, Polen
STERBEDATUM 26. Februar 1996
STERBEORT Moskau, Russische Föderation

На других языках


- [de] Mieczysław Weinberg

[en] Mieczysław Weinberg

Mieczysław Weinberg (also Moisey or Moishe Vainberg, Moisey Samuilovich Vaynberg; Russian: Моисей Самуилович Вайнберг; Polish: Mojsze [Mieczysław] Wajnberg; 8 December 1919[note 1] – 26 February 1996) was a Polish composer who resided in the USSR. Ever since a revival concert series in the 2010 Bregenz Festival in Austria, his music has been increasingly described as "some of the most individual and compelling music of the twentieth century".[1] Weinberg's output was extensive, encompassing 26 symphonies, 17 string quartets, nearly 30 sonatas for various instruments, 7 operas, and numerous film scores.

[es] Mieczysław Weinberg

Mieczysław Weinberg (transcrito también Mieczyslaw Vainberg, Moisey Vainberg o Moisey Samuílovich Vaynberg; en ruso, Моисей Самуилович Вайнберг; Varsovia, Polonia, 8 de diciembre de 1919 - Moscú, Rusia, 26 de febrero de 1996) fue un compositor soviético, de origen judeopolaco. Perdió a la mayoría de su familia en el Holocausto. Desde 1939 vivió en la Unión Soviética y luego Rusia. Dejó una gran cantidad de trabajo que incluyó veintidós sinfonías y diecisiete cuartetos de cuerda.

[ru] Вайнберг, Моисей Самуилович

Моисе́й (Мечи́слав) Самуи́лович Ва́йнберг (в довоенных документах польск. Mojsze Wajnberg — Мо́йше Ва́йнберг[1]; 12 января[2][3] или 8 декабря[4] 1919, Варшава, Польская Республика — 26 февраля 1996, Москва, Россия) — советский композитор. Народный артист РСФСР (1980). Лауреат Государственной премии СССР (1990). Автор 26 симфоний (из них 4 камерные), 7 опер и других произведений практически во всех современных ему жанрах.



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