Nicola Pisano, auch Niccolò Pisano (* 1210/20 in Apulien[1]; † zwischen 1278 und 1284 vermutlich in Pisa[2]), war ein italienischer Bildhauer und Architekt. Er gab der italienischen Plastik einen neuen Aufschwung, der schließlich zu einer vollkommenen Blüte in der Renaissance führte.
Leben und Werk
Pisano wurde als Sohn eines Steinmetzen geboren. Pisano hat vermutlich in der süditalienischen Bildhauerwerkstatt, die mit der höfischen Kultur Friedrich II. in Verbindung stand, sein Handwerk gelernt, eventuell um den Kreis von Niccolò di Bartolommeo da Foggia, von dem u.a. die Kanzel für Ravello stammt.[1] Eine weitere Erklärung für seine Ausbildung besagt, dass er schon vorher in die Toskana zog und dort in einer Werkstatt sein Handwerk lernte. Seine Arbeiten zeigen den künstlerischen Einfluss dieser beiden Regionen.[3]
Vermutlich zog er um 1250 nach Pisa (was in seinem Namen festgehalten ist). Dort eröffnete er eine eigene Werkstatt, dessen erster belegter Auftrag die Anfertigung einer Kanzel für das Baptisterium in Pisa ist. Diese wurde 1259/60 vollendet[2] und war die erste bedeutende italienische Kanzel ihrer Art. Er soll auch gemeinsam mit seinem Sohn Giovanni ab 1260 das Äußere des Baptisteriums gestaltet haben.
Seine plastischen Hauptwerke sind allerdings die Marmorkanzeln im Baptisterium zu Pisa mit sechseckigem Grundriss und im Dom zu Siena (1265–1268) mit oktogonalem Grundriss, deren Brüstungen mit figurenreichen Reliefs aus dem Neuen Testament versehen sind.
Ein weiteres bedeutendes Werk von Pisano ist die Gestaltung des Grabmonuments des heiligen Dominikus in Bologna: der Arca di San Domenico um 1264. Das letzte gesicherte Werk seiner Werkstatt ist der Marmorbrunnen (Fontana Maggiore) in Perugia (1277–1280), der ebenfalls mit Reliefs und Statuetten ausgestattet wurde, die die Monatszyklen sowie die sieben freien Künste zum Thema haben.[2]
Mitarbeiter und Schüler seiner Werkstatt waren u.a. Arnolfo di Cambio, Fra Guglielmo Agnelli, Lapo, Donato di Ricevuto, sowie Pisanos Sohn Giovanni, der an dem Bau der Kanzeln sowie dem Brunnen in Perugia mitwirkte. Nach Niccolòs Tod schuf er bedeutende Werke und wurde Dombaumeister von Siena.
Der nach 1270 gefertigte Brunnen in Pistoia wurde von den Mitarbeitern Donato und Lapo nach Entwürfen Niccolòs angefertigt. Der Brunnen am Domplatz von Perugia ist ebenfalls ein Gemeinschaftswerk, zusammen mit seinem Sohn Giovanni und Arnolfo di Cambio. Pisano ragte weit über seine unmittelbaren Vorgänger hinaus.
Zwar behielt auch er die traditionellen, vorwiegend byzantinischen Kompositionsmotive bei; doch hat er durch das Studium der Antike, speziell der spätantiken Sarkophagplastik, den Anstoß zu einer neuen Formenbildung gegeben, und die er im Relief anwandte, wobei die Gestaltung plastische Formen an Bedeutung über den Grundriss gewann. Die Kanzeln und Brunnen im Allgemeinen, aber besonders die Reliefs beinhalten ein reiches ikonographisches Programm. Die Hochreliefs sind mit ruhig bewegten und natürlich gestalteten Figuren dicht gefüllt, welche auf das unmittelbare Studium der Natur aufbauen. Pisanos einzigartiges Gefühl für körperliche Modellierung wurde in diesen Reliefs offenbar und entspricht dem erwachenden Gefühl für die Würde des Menschen in der Renaissance mit dem sich anbahnenden verstärktem Selbstbewusstsein des Bürgertums.
Architektonisches Werk
Über Pisano als Architekt sind wir wenig unterrichtet, da die ihm in den Viten von Vasari[4] zugeschriebenen Bauten fast alle im Lauf der Zeit umgebaut worden sind. Aus heutiger Sicht ist sein Wirken als Architekt sehr unwahrscheinlich.[2]
Joachim Poeschke: Die Skulptur des Mittelalters in Italien. Band 2: Gotik. Hirmer, München 1998, ISBN 3-7774-8400-8.
Francesco Aceto:NICOLA Pisano. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 78:Natta–Nurra. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2013.
M. Wundram: NICOLA PISANO. In: Enciclopedia dell’Arte Medievale (1997)
Über seine Abstammung herrschte im 19. Jahrhundert Unklarheit. Er wurde in Dokumenten als de Apulia bezeichnet, was sich aber auch auf lokale Ortschaften hätte beziehen können; sein erstes bezeugtes Auftreten erfolgte jedoch in Pisa. Vergleiche Pulìa Lucchese, der angebliche Geburtsort Nicola’s Pisano (Wikisource) Sollte er aus Apulien stammen, wäre eine Ausbildung in der apulischen Bildhauerschule Kaiser Friedrichs II. naheliegend, der seinen Steinmetzen erstmals die Anlehnung an die profane Plastik der Antike aufgegeben hatte, etwa beim Skulpturenschmuck des Brückentors von Capua.
Henrike Haug:Pisano, Nicola (1220).In:Allgemeines Künstlerlexikon.2020,abgerufen am 10.November 2020.
Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text aus Meyers Konversations-Lexikon, 4.Auflage von 1888 bis 1890.
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