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Susanne Theumer (* 13. April 1975 in Halle/Saale als Susanne Berg) ist eine deutsche Künstlerin, Grafikerin und Buchillustratorin.

Susanne Theumer bei der Eröffnung der Ausstellung zu J. M. R. Lenz im Brecht-Haus Berlin 2015
Susanne Theumer bei der Eröffnung der Ausstellung zu J. M. R. Lenz im Brecht-Haus Berlin 2015

Werdegang


Von 1990 bis 1993 absolvierte Theumer ein Abendstudium an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle/Saale. 1993 machte sie am Institut zur Vorbereitung auf das Auslandsstudium (IVA) in Halle ihr Abitur und studierte anschließend an der Burg Giebichenstein Freie Graphik bei Frank Ruddigkeit und Thomas Rug und schloss mit Diplom ab. Anschließend war sie Meisterschülerin bis 2004 an der Burg. Seit 2004 ist sie als freischaffende Künstlerin in Höhnstedt und Halle/Saale tätig.[1]


Künstlerisches Wirken



Arbeitsansatz


„Für meine künstlerische Arbeit ist es mir wichtig, durch die Vertiefung und intensive Beschäftigung mit Geschichte und Literatur vergangener Zeit wie auch Gegenwart, aktuelle Bezüge zu Geschehnissen unserer heutigen Welt und Zeit herzustellen. Die systematische Technisierung, Rationalisierung und der Drang des Neuen und immer Neuesten, den der Prozeß der Moderne im Zeitalter der 3. industriellen Revolution produziert, erscheint mir als Verächter der Vergangenheit. Aber gerade die in der Vergangenheit gewonnenen Erkenntnisse, die Ereignisse und auch persönlichen Erfahrungen sind es doch, die dazu beitragen, die Welt mit den eigenen Augen und dem jeweiligen Hintergrund der aktuellen Geschehnisse zu sehen. Mir kommt es darauf an, bestimmte Geschehnisse der Weltgeschichte, aber auch Grundideen und Philosophien der mir sehr wichtigen Dichter, die wie selbstverständlich in jede Zeit transportiert werden können, grafisch für mich und meine Zeit umzusetzen, und damit wieder einen geringen neuen Teil hinzuzufügen, den großen Gedanken und Ideen von damals zu huldigen, ihre Aktualität zu beweisen und zu veranschaulichen und damit die Kunst um ein Weniges reicher zu machen.“[2]


Arbeiten zu den Leunawerken


Susanne Theumers Eltern arbeiteten zu DDR-Zeiten im großen Chemiekombinat Leuna. Die Monumentalität der Anlagen überwältigten sie schon als Kind. Nachdem die Industrie-Anlagen 1989 geschlossen wurden und der Abriss anstand, begann die Künstlerin ihre Eindrücke vor Ort in Radierungen und Zeichnungen zu verarbeiten. Dazu kamen Arbeiten auf der Mülldeponie in Halle-Lochau. Sie empfand eine große Ähnlichkeit zwischen Lochau und Leuna.

„Ob es nun die Zeit, in der das Buch geschrieben und die Anlagen gebaut wurden, den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt symbolisierend, sei es die Masse der Arbeitslosen, die durch den Abriss des Leuna-Werkes und die Schließung der Deponie entstanden war und die nun durch den Verlust der Arbeit ein Auslöschen der eigenen Identität sah, oder war es die Mülldeponie an sich, ein Symbol unserer Wegwerfgesellschaft, in welcher produziert, gekauft, weggeworfen und neugekauft wird, vielleicht war es aber einfach nur die bizarre Landschaft funktionaler vergangener Werksarchitektur und das Groteske, des mit Müll und Klärschlamm aufgefüllten Tagebaurestloches in Lochau, die mich dazu zwangen, Massenwahn und daraus resultierende Phänomene durch diese Kulissen zu unterstreichen.“[3]

Es entstanden zwölf großformatige Radierungen mit fünf, in Blei abgesetzten, Texten aus den „Aufzeichnungen“ von Elias Canetti, die in der Grafikmappe „Masse und Macht“ (2002) zusammengefasst sind. Ein besonderes Werk aus dieser Mappe ist ihre Kaltnadelradierung „Masse und Verwandlung im Delirium tremens“, das die wütende Verzweiflung der Menschen widerspiegelt, die ihre Arbeit und Identität verloren haben.


Arbeiten zu Literatur


Seit Beginn ihrer künstlerischen Karriere und bis heute beschäftigt sich Susanne Theumer immer wieder intensiv mit literarischen Arbeiten. Ihr erstes originalgrafisches Buch „Der Ohrenzeuge“ mit 12 Radierungen entstand 2002 zu den Texten von Elias Canetti. Weitere Arbeiten entstanden zu Werken von Elias Canetti und seiner Frau, der Dichterin Veza Canetti. Es folgten Arbeiten zu Georg Büchner, Jakob Michael Reinhold Lenz, Imre Kertész, Wulf Kirsten, Franz Kafka, J. M. Coetzee, Marlen Haushofer[4] und Johannes Bobrowski.


KZ-Gedenkstätte Buchenwald und Außenlager Wansleben


Ausstellungseröffnung Gedenkstätte Wansleben 2015. André Schinkel, Susanne Theumer, Angelika Klein, Andreas Tautrim (v. l.)
Ausstellungseröffnung Gedenkstätte Wansleben 2015. André Schinkel, Susanne Theumer, Angelika Klein, Andreas Tautrim (v. l.)

Bei einem ihrer motivsuchenden Streifzüge durch die Landschaft um Halle/Saale stieß sie in alten Kalischächten auf die baulichen Überreste des KZ Wansleben, einer Außenstelle des KZ Buchenwald. Sie arbeitet seitdem unter anderem mit dem Eigentümer des Geländes an der Erforschung der Lagergeschichte und der Begehbarmachung des Ortes, auch um den Angehörigen dort Ermordeter einen Ort ihres Gedenkens zu schaffen. Susanne Theumer ist aktives Mitglied des Vereins zur Aufarbeitung der NS-Gewaltherrschaft Neu-Mansfeld/Georgi e.V., der die weitere Forschung und Ausgestaltung der Gedenkstätte, sowie Bildungsprojekte betreibt.[5] Zu dem KZ Wansleben fertigte Susanne Theumer großformatige Zeichnungen und das originalgrafisches Buch „Das Gelände“ mit Radierungen an.

Im Juni 2015 wurde im ehemaligen Maschinenhaus des KZ Wansleben die Ausstellung „Das Gelände – Grafiken und Kohlezeichnungen von Susanne Theumer“ eröffnet.[6]

„Gut ist es nicht, es ist jedoch wichtig, unterhalb dieses Raums in das Labyrinth der Kelleretage zu blicken und so etwas über die Zumutung dieses Ortes zu erfahren, darüber, wie es den hier Festgesetzten seinerzeit wohl erging. Susanne Theumer hat diesen Blick in den Keller mindestens zweimal festgehalten, und es sei Ihnen überlassen, ihn selbst zu versuchen. Sie werden sich wundern, wie sich die, wie mancher meint, längst verstrichenen Dinge in das Gemäuer, in die Ecken dieser Gebäude gelegt haben. Das ist es, was uns die Künstlerin, in ihrer Eigenschaft als Seismografin und Dokumentaristin dessen, was zwischen den Fugen liegt, unverstellt zeigt. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie diesen Blick nicht mehr vergessen können.“[7]

Susanne Theumer zeichnet und kratzt seit Jahren immer wieder in der Gedenkstätte KZ Buchenwald in Weimar. In der Kunstausstellung „Überlebensmittel – Zeugnis – Kunstwerk – Bildgedächtnis“ in der Gedenkstätte sind Arbeiten von ihr ausgestellt.[8]


Halle/Saale, Halle-Neustadt


Susanne Theumer wuchs in der DDR in der damals noch eigenständigen Stadt Halle-Neustadt auf und ging dort auch zur Schule.

In ihrer späteren Laufbahn hat sie sich mit ihrer eigenen Kindheit und Geschichte beschäftigt. Zusammen mit dem Schriftsteller André Schinkel begann sie die Stadt ihrer Kindheit zu erkunden. Beide zusammen veröffentlichen 2015, als ersten Teil der gemeinsamen Arbeit, das originalgrafisches Buch „Stadt meiner Kindheit. Augenblicke“ im Selbstverlag.


Forschung und Bildung


Zu Beginn des Jahres 2014 unternahm Susanne Theumer eine Forschungsreise mit zwei Literaturprofessoren der Universitäten Carl von Ossietzky Hamburg und Humboldt Berlin über Emmendingen ins Steintal/Elsass. Die Reise fand auf den Spuren des Sturm-und-Drang-Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz zu Oberlin nach Waldbach statt (siehe auch: „Lenz“ von Georg Büchner), um offensichtliche Beziehungen der Räumlichkeiten von Waldbach zum KZ Natzweiler-Struthof aufzuspüren. 2015 wurde dazu eine Ausstellung im Brecht-Haus (Berlin) präsentiert, parallel zu einem Lenz-Symposion.[9]

Susanne Theumer hat mehrere private Zeichen- und Druck-Veranstaltungen mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt. So leitete sie im Oktober 2015 in der Gedenkstätte KZ Wansleben die Projektwoche „Freiheit braucht Erinnerung“ mit Schülern des Luthergymnasiums Eisleben.[10] Dabei wurden unter Theumers verschiedene Techniken, wie Feder-, Kohle-, Bleistift-, Kreide- und Tusche-Zeichnung genutzt, um die Eindrücke zu verarbeiten. Die Arbeiten wurden in einer Ausstellung präsentiert. Lesungen und Konzerte ergänzten die Arbeiten.

Im Oktober 2016 leitete Susanne Theumer eine einwöchige Projektwoche in der Gedenkstätte KZ Mittelbau-Dora mit Schülern und Schülerinnen des Herder-Gymnasiums Nordhausen zum Thema „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Mit Hilfe verschiedener künstlerischer Ausdrucksformen konnten sie sich mit den Themen der Freiheit und Menschenwürde, ihrer Zerstörung und ihres Gedenkens direkt vor Ort und in besonderer Bezugnahme zu diesem, auseinandersetzen.

Susanne Theumer ist Mitglied der Jury zur Vergabe des Hans-Meid-Preises für Buchillustration.[11]


Illustration und Exlibris


Die intensive Beschäftigung mit literarischen Werken führt immer wieder dazu, dass Susanne Theumer Aufträge zur Illustrationen bedeutender Arbeiten internationaler Autorinnen und Autoren ausführt. Oft wird dieses auf Wunsch der Autorinnen und Autoren und in engem Kontakt mit diesen realisiert. So besuchte sie z. B. 2013 den Schriftsteller Péter Nádas in Ungarn und radierte zu seinen Texten, im Sommer 2014 erschien im Verlag Thomas Reche ein gemeinsames Buch.

Viele Illustrationen hat sie für Bücher der Büchergilde Gutenberg und den Verlag Thomas Reche realisiert.

Als besondere Arbeiten, eine eigene Kunstrichtung, fertigt Susanne Theumer Exlibris für Auftraggeber an. Viele dieser besonderen Arbeiten wurden 2012 im Kunstmuseum Frederikshavn in Dänemark ausgestellt.[12] 2018 bekam Susanne Theumer den 1. Platz beim Jahrestreffen der Deutschen Ex-Libris Gesellschaft.[13]


Auszeichnungen (Auswahl)



Ausstellungen / Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)



Bibliographie





Einzelnachweise


  1. Susanne Theumer, Vita, 2015
  2. Susanne Theumer, Kurzbeschreibung Arbeitsansatz, 2015
  3. Susanne Theumer, mein künstlerischer Werdegang, 2015
  4. Susanne Theumer: „Grafik“. Online-Präsentation einer Vernissage 2019. In: westwendischer-kunstverein.de. Abgerufen am 21. April 2019.
  5. Homepage der Gedenkstätte KZ Aussenlager Wansleben. Abgerufen am 8. September 2016
  6. Kathrin Labitzke: Vernissage in KZ-Gedenkstätte Wansleben. In: mz.de. 14. Juni 2015, abgerufen am 28. Mai 2021.
  7. „Der Abyss in der Landschaft - Eröffnungsrede zur Ausstellung „Unberühmter Ort“ mit Arbeiten von Susanne Theumer“, KZ-Gedenkstätte Wansleben am See, 13. Juni 2015, von André Schinkel
  8. Kunstausstellung – Gedenkstätte Buchenwald. In: buchenwald.de. Abgerufen am 8. September 2016 (siehe Bild 6).
  9. Susanne Theumer „Die Welt, die er hatte nutzen wollen, hatte einen ungeheuren Riß“ (Zeichnungen und u. a. zu Lenz). Ausstellung im Brecht-Haus Berlin. In: lfbrecht.de. 2015, abgerufen 10. Mai 2021.
  10. Feierliche Eröffnung der Ausstellung mit Schülerarbeiten zum Thema „Freiheit braucht Erinnerung“. In: mansfeldsuedharz.de. Kreisverwaltung Mansfeld-Südharz, 29. Mai 2017, abgerufen am 4. August 2017.
  11. Jury. In: hans-meid-stiftung.de. Abgerufen am 4. März 2018.
  12. Susanne Theumer – 18. august til 30. september 2012. Exlibris-Ausstellung von Susanne Theumer im Frederikshavn Kunstmuseum 2012. In: frederikshavnkunstmuseum.dek. Archiviert vom Original am 8. Oktober 2016; abgerufen am 27. Januar 2022 (dänisch).
  13. Deutsche Exlibris-Gesellschaft
  14. Hans Meid Förderpreis 2003. In: hans-meid-stiftung.de. Abgerufen am 24. November 2017.
  15. Kunstpreise. 2004 – Thema „Sintflut“. In: christlichekunst-wb.de. Stiftung Christliche Kunst Wittenberg, abgerufen am 11. Januar 2018.
  16. Ausstellungsübersicht A. Paul Weber Museum. Abgerufen am 8. September 2016
  17. Ausstellungsübersicht A. Paul Weber Museum. Abgerufen am 8. September 2016
  18. Ausstellung: Susanne Theumer – Welt im Kopf, Hamburg 2011. Abgerufen am 8. September 2016
  19. Ausstellung Künstlerbücher von Susanne Theumer in der Universität Hamburg, Hamburger Abendblatt 2011. Abgerufen am 8. September 2016
  20. Unberühmter Ort - Werke von Susanne Theumer in der Kinderchirurgie Halle, 2012. Abgerufen am 8. September 2016
  21. Exlibris Ausstellung von Susanne Theumer im Frederikshavn Kunstmuseum, Dänemark, 2012. Abgerufen am 8. September 2016
  22. Angelika Mitterhauser: Galerie Steyrdorf feiert zwei Dekaden. In: tips.at. 22. Januar 2013, abgerufen am 9. August 2018.
  23. Ausstellung „Susanne Theumer: Von unberühmten Orten“, Literaturhaus Magdeburg e.V., 2014. Abgerufen am 8. September 2016
  24. Ausstellung „Der Berg über der Stadt – Neue Bilder“, Stadtbücherei Weimar, 2015. Abgerufen am 8. September 2016
  25. Suchergebnisse für: Theumer. In: blog.ckbev.de. Chemnitzer Künstlerbund, abgerufen am 4. Oktober 2018.
  26. Klostertgartenfest mit Ausstellungseröffnung. In: thueringerschloesser.de. 2016, abgerufen am 19. März 2019.
  27. Landkreis Mansfeld-Südharz: Ausstellungseröffnung ”Das Höchste ist das Verständlichste” auf YouTube, 12. Dezember 2021, abgerufen am 12. Januar 2022.
Personendaten
NAME Theumer, Susanne
ALTERNATIVNAMEN Berg, Susanne (Geburtsname)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Künstlerin, Grafikerin und Buchillustratorin
GEBURTSDATUM 13. April 1975
GEBURTSORT Halle/Saale



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