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Tichon Nikolajewitsch Chrennikow (russisch Тихон Николаевич Хренников; wiss. Transliteration Tichon Nikolaevič Chrennikov; * 28. Maijul. / 10. Juni 1913greg. in Jelez, Gouvernement Orjol, Russisches Reich, heute Oblast Lipezk, Russland; † 14. August 2007 in Moskau) war ein russischer Komponist.

Tichon Nikolajewitsch Chrennikow im Bolschoi-Theater, 2003
Tichon Nikolajewitsch Chrennikow im Bolschoi-Theater, 2003

Leben


Chrennikow fasste schon früh den Entschluss, Komponist zu werden und begann 1929 ein Kompositions- und Klavierstudium am Gnessin-Institut in Moskau. 1932 wechselte er an das Moskauer Konservatorium, wo er sein Studium bei Wissarion Schebalin 1936 mit seiner ersten Sinfonie als Diplomarbeit abschloss. 1941 nahm er eine Stelle als Musikabteilungsverwalter des Zentralen Theaters der Sowjetarmee an, die er bis 1954 innehatte.

Das entscheidende Jahr für seine Karriere war 1948, als er infolge des Beschlusses des ZK der KPdSU, in dem vermeintliche „Formalisten“ wie Schostakowitsch und Prokofjew scharf kritisiert wurden, zum Generalsekretär des Komponistenverbandes der Sowjetunion befördert wurde. Diesen Posten behielt er de facto bis 1992, teilte ihn sich seit 1991 allerdings mit Edisson Denissow. In dieser Funktion war Chrennikow stets auf Nähe zur Regierung bedacht; er vertrat musikalisch konservative Positionen und agitierte gegen Komponisten, die modernere Tendenzen in ihre Werke einfließen ließen wie zunächst Schostakowitsch und später etwa Schnittke. Nach der Wende stellte sich Chrennikow allerdings mitunter selbst als Opfer des Regimes dar.

Seit 1961 unterrichtete Chrennikow Komposition am Moskauer Konservatorium, 1966 wurde er Professor. Chrennikow, dem mannigfaltige Verbindungen nachgesagt wurden (u. a. zum Geheimdienst), wurden viele Auszeichnungen verliehen. Er wurde Volkskünstler der RSFSR (1954), Volkskünstler der UdSSR (1963), Held der sozialistischen Arbeit (1973), dreifacher Träger des Stalinpreises (1942, 1946, 1951) und vierfacher Träger des Leninordens (1963, 1971, 1973, 1983), sowie Träger des Leninpreises (1974)[1]. 2003 wurde ihm die UNESCO Mozart Medal verliehen. 1970 wurde er in die Deutsche Akademie der Künste in Berlin (Ost) aufgenommen. Neben seiner Tätigkeit als Komponist und Funktionär trat Chrennikow auch als Pianist eigener Werke hervor. Eine kritische Auseinandersetzung in deutscher Sprache mit dem „Phänomen Tichon Chrennikow“ stammt von der Musikwissenschaftlerin Marina Lobanowa[2].


Tonsprache


Chrennikow entwickelte recht schnell einen eigenen Stil, der Bindungen zur Tradition nicht leugnet. Zu jeder Zeit stellten die ästhetischen Positionen des Sozialistischen Realismus das Fundament seiner Kompositionen dar. Chrennikows Musik ist besonders durch stark forciertes Pathos, Vitalität und rhythmische Triebkraft gekennzeichnet. Er sah die Melodie als beherrschendes Element der Musik überhaupt an. Seine Fähigkeit, eingängige, nicht selten am russischen Volkslied geschulte Melodien zu erfinden, kommt in besonderem Maße in seinen zahlreichen Liedern, Film- und Bühnenmusiken zur Geltung. Ein besonderes Merkmal seiner Harmonik und Melodik ist die häufige Verwendung von Ganztonschritten. Die Tonalität stellte er niemals in Frage. Selbst in einem vergleichsweise avancierten Werk wie der Dritten Sinfonie, in der (freilich ausschließlich melodisch und nicht im Sinne der Zwölftontechnik gehandhabte) Zwölftonreihen verwendet werden, bleibt die Tonsprache eindeutig konservativ. Speziell in Bezug auf die Orchesterwerke ist seine farbige, kraftvolle Instrumentierung hervorzuheben.

Insgesamt komponierte Chrennikow recht konstant; größere stilistische Wandlungen lassen sich in seinem Œuvre nicht feststellen. Ab den 1970er Jahren ging er etwas freier mit der Tradition um und verwendete einen etwas höheren Dissonanzgrad als zuvor. Jedoch blieb Chrennikow auch nach dem Fall der Sowjetunion seinen alten stilistischen Idealen treu; Werke wie sein Ballett Napoléon Bonaparte unterscheiden sich kaum von früheren Kompositionen. Seiner Musik wird ein Einfluss Schostakowitschs und insbesondere Prokofjews nachgesagt. Tatsächlich lassen sich Ähnlichkeiten zur Tonsprache dieser Komponisten nachweisen; eine Gesamtbetrachtung seines Schaffens zeigt indes, dass seine Tonsprache zwar grundsätzlich eklektisch ist, seine Werke andererseits über gewisse stilistische Konstanten verfügen, die sie eindeutig als Kompositionen Chrennikows ausweisen.

Chrennikow wurde zu Sowjetzeiten als einer der bedeutendsten Komponisten seines Landes angesehen. Im Westen vertrat man dagegen zumeist die gegenteilige Position und sprach ihm zum Teil jegliches kompositorisches Talent ab. Der Grund für diese starke Diskrepanz liegt nicht zuletzt in Chrennikows politischem Engagement und seiner Funktionärstätigkeit. Derzeit (2007) scheint die Rezeption seiner Musik von ideologischen Positionierungen nicht trennbar zu sein.


Sonstiges


In seinem Roman The Noise of Time thematisiert der britische Schriftsteller Julian Barnes den Einfluss, den Chrennikows Funktionärstätigkeit auf das Leben Schostakowitschs hatte.[3] Die von Solomon Wolkow herausgegebenen Memoiren des Dmitri Schostakowitsch zeichnen kein positives Bild von Chrennikow[4].


Werke



Literatur




Commons: Tikhon Khrennikov – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Biografie von Tichon Chrennikow auf der Seite WarHeroes. Abgerufen am 19. September 2018 (russisch).
  2. Marina Lobanowa: „Er wurde von der Zeit erwählt (Zum Phänomen Tichon Chrennikow)“ in: Schostakowitsch in Deutschland. hrsg. v. Hilmar Schmalenberg. Berlin: Verlag Ernst Kuhn 1998: S. 117–138, ISBN 3-928864-55-6. (= Schostakowitsch-Studien, Band 1)
  3. Julian Barnes: The Noise of Time. Vintage, London 2017, ISBN 978-1-78470-333-2. (Der Lärm der Zeit. Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2017, ISBN 978-3-462-04888-9)
  4. Solomon Wolkow (Hg.): Die Memoiren des Dmitri Schostakowitsch. Berlin, Ullstein 2006, ISBN 978-3-548-60335-3.
Personendaten
NAME Chrennikow, Tichon Nikolajewitsch
ALTERNATIVNAMEN Хренников, Тихон Николаевич (russisch)
KURZBESCHREIBUNG russischer Komponist
GEBURTSDATUM 10. Juni 1913
GEBURTSORT Jelez
STERBEDATUM 14. August 2007
STERBEORT Moskau

На других языках


- [de] Tichon Nikolajewitsch Chrennikow

[en] Tikhon Khrennikov

Tikhon Nikolayevich Khrennikov (Russian: Тихон Николаевич Хренников; 10 June [O.S. 28 May] 1913 – 14 August 2007) was a Russian and Soviet composer, pianist, and leader of the Union of Soviet Composers, who was also known for his political activities.[1] He wrote three symphonies, four piano concertos, two violin concertos, two cello concertos, operas, operettas, ballets, chamber music, incidental music and film music.[2]

[ru] Хренников, Тихон Николаевич

Ти́хон Никола́евич Хре́нников (28 мая (10 июня) 1913, Елец, Орловская губерния — 14 августа 2007, Москва)[8] — советский и русский композитор, пианист, педагог, музыкально-общественный деятель. Герой Социалистического Труда (1973), народный артист СССР (1963), лауреат Ленинской премии (1974), трёх Сталинских премий II степени (1942, 1946, 1952), Государственной премии СССР (1967)[9] и Государственной премии РСФСР им. М. И. Глинки (1979). Кавалер четырёх орденов Ленина (1963, 1971, 1973, 1983).



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