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Die Gesandten ist ein bekanntes Gemälde von Hans Holbein dem Jüngeren, entstanden im Frühjahr 1533 in London. Originalformat 206 cm × 209 cm. Es hängt im Raum vier der National Gallery in London.

Die Gesandten
Hans Holbein der Jüngere, 1533
Öl auf Holz
206× 209cm
National Gallery (London)
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Analyse


Im Jahre 1900 identifizierte Mary Hervey die Porträtierten als die Diplomaten Jean de Dinteville (links), im Jahr 1533 französischer Gesandter am Hof Heinrichs VIII. von England, und Georges de Selve (rechts), der bereits im Alter von siebzehn Jahren Bischof von Lavaur geworden war, ebenfalls im Jahr 1533 französischer Gesandter am Hof Heinrichs VIII. von England. Das Bild hatte vorher der Kunstgeschichte lange Zeit inhaltliche Rätsel aufgegeben, die erst mit der Identifizierung der Dargestellten gelöst werden konnten.

Der historische Titel Die Gesandten weist darauf, dass beide 1533 eine politische Mission hatten. Möglicherweise waren die Dargestellten auch Freunde und wollten ihrer Freundschaft mit diesem Doppelbildnis ein Andenken stiften. Wer das Bild in Auftrag gegeben hat, ist allerdings unbekannt.

Das Doppelporträt selbst ist eine der herausragenden Arbeiten Holbeins im an künstlerischen Höhepunkten nicht armen Leben des Malers. Wie auch in anderen Porträts Holbeins steht die detailgetreue Wiedergabe von Personen und Attributen wie Bekleidung und Ausstattung im Vordergrund. Das zwischen den beiden Dargestellten befindliche Regal mit zwei Etagen führt Gegenstände und Themen an, für die sich de Dinteville und de Selves gleichermaßen interessiert haben werden: astronomische und mathematische Messinstrumente (oben) sowie theologische (Gesangbuch), geographische und musikalische Attribute. Insofern werden die Dargestellten, wenn nicht als Humanisten, so doch mindestens als Liebhaber der Wissenschaften gekennzeichnet und werden somit zu Repräsentanten einer hochgestellten Bildungsschicht. Darüber hinaus beansprucht die Malerei kraft ihres realistischen Darstellungspotenzials einen Platz im Kanon der klassischen Wissenschaften, der septem artes liberales.

Zu den verstörenden und ungeklärten Details innerhalb des Bildes müssen das matt silbrig glänzende Kruzifix links oben sowie der zum Anamorph verzerrte Totenschädel gezählt werden. Der Totenschädel lässt sich nur aus extremer Nahsicht von links unten nach rechts oben erkennen. Wahrscheinlich ist er einer Vanitas-Symbolik zuzuschreiben, um zugleich jedoch als Augentäuschung die malerischen Fähigkeiten zu unterstreichen. Das Kruzifix hingegen verweist in Zeiten der Religionskonflikte auf den heilsgeschichtlichen Kern der christlichen Botschaft und mag angesichts der wissenschaftlichen Attribute zur Einheit des Christentums mahnen. Auffällig ist auch, dass ein katholischer Bischof sich mit einem Gesangbuch mit Lutherliedern abbilden ließ.

In seinem 2002 erschienenen Buch The Ambassadors’ Secret erklärt der in Groningen lehrende Wissenschaftshistoriker John David North aufgrund einer genauen Untersuchung der Globen und der beiden Sonnenuhren, des Quadranten und des Torquetums, dass all diese Instrumente gemeinsam den Ort und die Zeit der im Gemälde dargestellten Szene bezeichnen, nämlich den 11. April 1533, zwischen drei und vier Uhr nachmittags in London. 1533 fiel der Karfreitag auf den 11. April, und Christus starb nach der Bibel nachmittags um drei Uhr am Kreuz (wobei sein Alter meist auf etwa 33 Jahre geschätzt wird). Im Bild taucht an mehreren Stellen immer wieder ein Winkel von 27° auf, so u. a. im aufgeschlagenen Gesangbuch, im Arithmetikbuch, in der polyedrischen Sonnenuhr und im Torquetum. Der Totenschädel ist im Winkel von 27° zur unteren Kante des Bildes gestreckt. 27 ist die dritte Potenz von 3, der Zahl der heiligen Dreifaltigkeit, 33= 3 × 3 × 3 = 27. Der Sonnenstand in der ersten Todesstunde Christi um vier Uhr nachmittags betrug 27°. Die These wirkt jedoch nicht an allen Stellen schlüssig, zumal der Autor als Nicht-Kunsthistoriker nicht alle Details korrekt einordnet. Jedoch demonstriert die These die Relevanz von mehreren Deutungen, die auf verschiedenen Ebenen Interpretationen liefern; eine allgemeingültige Interpretation hat sich in der Wissenschaft bislang noch nicht durchsetzen können.


Details


Entzerrte Detailaufnahme des Schädels im Bildvordergrund
Entzerrte Detailaufnahme des Schädels im Bildvordergrund

Die Anamorphose des schräg im Bildvordergrund stark verzerrt dargestellten Totenschädels löst sich dann zu einer normalen Ansicht auf, wenn man von der Horizontalen in einem Winkel von 27° vom rechten Bildrand her auf das Bild des Schädels herabschaut.

Bei einem Blick von diesem Punkt aus im Winkel von 27° nach oben kreuzt eine vom Auge ausgehende gedachte Linie erst die astronomischen Instrumente, dann das linke Auge Dintevilles und schließlich das hinter einem grünen Vorhang fast verborgene Kruzifix am linken oberen Bildrand. Die Anamorphose kann somit, nach North, als Anweisung an den Betrachter verstanden werden.

Beim „Arithmetikbuch“ handelt es sich um das 400-seitige Buch Eyn newe unnd wolgegründte Underweysung aller Kauffmanss Rechnung in dreyen Büchern : mit schönen Regeln un vragstucken begriffen (kurz „Die Kaufmannsrechnung“) von Peter Apian, gedruckt 1527 in Ingolstadt.[1]

Das aufgeschlagene Gesangbuch ist das Tenor-Stimmbuch der zweiten Ausgabe (Worms 1525) von Johann Walters Eyn geystlich Gesangk Buchleyn mit den Luther-Liedern „Kom heiliger geyst“ und „Mensch wiltu leben seliglich“.[2]


Literatur




Commons: The Ambassadors (Holbein) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Hans Holbein d. J.: Die Gesandten (Jean de Dinteville und Georges des Selve), 1533. (PDF; 374 kB) Musisches Gymnasium Salzburg, abgerufen am 11. Februar 2015.
  2. Andreas Mertin: Das Gesangbuch der Gesandten. Eine kirchenmusikpolitische Erkundung. 2016, abgerufen am 5. November 2016.

На других языках


- [de] Die Gesandten

[en] The Ambassadors (Holbein)

The Ambassadors is a 1533 painting by Hans Holbein the Younger. Also known as Jean de Dinteville and Georges de Selve,[1] after the two people it portrays, it was created in the Tudor period, in the same year Elizabeth I was born. Franny Moyle speculates that Elizabeth's mother, Anne Boleyn, then Queen of England, might have commissioned the painting as a gift for Jean de Dinteville, the ambassador portrayed on the left in the painting.[2] As well as being a double portrait, the painting contains a still life of several meticulously rendered objects, the meaning of which is the cause of much debate. It also incorporates one of the most well-known examples of anamorphosis in painting. The Ambassadors has been part of London's National Gallery collection since its purchase in 1890.

[es] Los embajadores

Los embajadores también llamado Jean de Dinteville y Georges de Selve es una pintura de Hans Holbein el Joven, actualmente en la National Gallery de Londres. Es una de las obras maestras del pintor y de la pintura en general.

[fr] Les Ambassadeurs

Les Ambassadeurs est un double portrait de Jean de Dinteville (1504-1555 ou 1557) bailli de Troyes, seigneur de Polisy et ambassadeur français et Georges de Selve (1509-1541) ecclésiastique, érudit et diplomate français, peint par Hans Holbein le Jeune en 1533, actuellement conservé à la National Gallery de Londres. Le tableau est signé et daté en bas à gauche, dans une zone d'ombre : IOANNES HOLBEIN PINGEBAT 1533.

[it] Ambasciatori (Holbein il Giovane)

Gli Ambasciatori è un dipinto a olio su tavola (206x209 cm) di Hans Holbein il Giovane, databile al 1533 e conservato nella National Gallery di Londra. Fra le opere più celebri della galleria, si tratta di un doppio ritratto a figura piena, ambientato vicino a uno scaffale con due ripiani colmi di oggetti simbolici ed evocativi, fra cui un'indistinguibile scia sul pavimento: guardando il dipinto in scorcio di lato essa diventa un teschio, memento mori alla fugacità delle cose terrene.

[ru] Послы (картина Гольбейна)

«Послы» (англ. The Ambassadors; 1533) — картина Ганса Гольбейна Младшего.



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