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Hermine Cloeter (* 31. Januar 1879 in München; † 22. Februar 1970 in Weißenkirchen in der Wachau) war eine österreichische Schriftstellerin und Kulturhistorikerin.

Grabstein am Friedhof Weißenkirchen
Grabstein am Friedhof Weißenkirchen

Leben


Hermine Cloeter entstammte einer alten Hugenottenfamilie und gehörte der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich an. Sie gründete in ihrer Wahlheimat Weißenkirchen eine evangelische Predigtstelle, die jedoch nur eine kurze Lebensdauer hatte.

Ihr Vater, Samuel Gottfried Christoph Cloeter, war evangelischer Pfarrer und ein apokalyptischer Schwärmer, der eine ansehnliche Gruppe von Anhängern, die so genannten „Cloeteraner“, zur Auswanderung nach Warenburg in Sibirien angeleitet hatte. Bereits im Jahr 1880 übersiedelte die Familie nach Wien. Dort erhielt sie an verschiedenen Privatlehranstalten Unterricht in Fremdsprachen, Kunstgeschichte, Musik und Gesang und begann 1902 mit ersten schriftstellerischen Versuchen.

Von 1907 bis 1939 veröffentlichte sie Feuilletons in der Neuen Freien Presse als deren ständige Mitarbeiterin, daneben schrieb sie auch Beiträge für die Wiener Geschichtsblätter und diverse Jahrbücher. Von 1910 bis 1936 beschäftigte sich Cloeter eingehend mit Goethe, 1927 wurde sie Vorstandsmitglied des Wiener Goethe-Vereins. Sie unternahm zahlreiche Studienreisen, u. a. nach Rom, Florenz, Neapel, Paris, London und durch Deutschland.

Um 1910 besuchte sie erstmals die Wachau, wo sie später regelmäßig war und ab 1929 auch ein Haus besaß. Ihre Aufsätze über die Wachau wurden 1922 im Buch Donauromantik – Tagebuchblätter und Skizzen aus der goldenen Wachau veröffentlicht. Dieses Buch wurde 1962 in erweiterter Form nochmals aufgelegt.[1]

Neben der Wachau befasste sie sich mit kunstgeschichtlichen Themen und ihrer Heimatstadt Wien. Für ihre Arbeiten zu Grillparzer wurde sie 1949 zum Vorstandsmitglied der Grillparzer-Gesellschaft ernannt.

Eine persönliche Freundschaft verband sie mit den Malern Maximilian Suppantschitsch und Johann Nepomuk Geller.[1]

Ihr Nachlass wurde von ihrem Neffen und Adoptivsohn Christoph Cloeter bis zu seinem Tod im Jahre 2000 verwaltet. Seither befindet er sich bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.


Politische Einstellung


Der Zusammenbruch der Habsburger Monarchie und die darauf folgenden Veränderungen führten zu tiefer Frustration bei Hermine Cloeter, und in ihren Briefen und Tagebüchern aus dieser Zeit finden diesbezüglich sich antisemitisch geprägte Schuldzuweisungen.[2] Das Dollfuß-Regime am fand Hermine Cloeter als „bigott und wirtschaftlich wie politisch ineffizient“.[3] Von den Nationalsozialisten erhoffte sie zunächst sehr viel. Sie trat am 1. Mai 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.615.626)[4][5] und in den Bund deutscher Schriftsteller Österreichs ein,[6][7] doch wurde ihr bald klar, dass von den Nationalsozialisten nicht viel zu erwarten war. „Sie wurde zur heftigen Kritikerin der Gleichschaltung, der Überfremdung Österreichs, der Besetzung aller wichtigen Stellen durch Deutsche“, und in ihren Tagebucheintragungen finden sich viele kritische Passagen zu „Hitlerreden, Kriegsausbruch, Nachrichten über Judenverfolgungen, Ermordung psychisch Kranker, Greuel der KZ, Exekutionen in Polen“ und dergleichen.[8] Nach Kriegsende wurde sie der Entnazifizierung unterzogen. Ihre volle Rehabilitation erfolgte 1948.


Tagebücher


Eine umfangreiche zeitgeschichtliche Quelle sind ihre – unveröffentlichten – Tagebücher für die Jahre 1916–1968, die von ihrem Neffen transkribiert wurden. Jeder der zusammengenommen fast 2000 Seiten umfassenden drei Bände enthält ein Personen- und Ortsregister:

Band I: 1916–1939,

Band II: 1940–1947,

Band III: 1948–11. Jänner 1968.[9]

Darin vermerkte Cloeter u. a. ihre Eindrücke von Veranstaltungen, die sie in Wien besuchte. So nahm sie etwa am 8. Dezember 1941 erstmals an einer Veranstaltung der Evangelischen Allianz teil:[10]

„Nachmittag hatte ich einen sehr großen Eindruck durch einen Vortrag in der sogenannten ‚Allianz’, ein christlicher Kreis, in den mich Martha eingeführt hat, im Hause der Baptisten in der Mollardgasse. Ein Herr Köster, ein feiner philosophischer Kopf, sprach über den Propheten des alten Bundes Obadja höchst bedeutungsvoll und tiefsinnig. ... Er wies dabei auf das Typische in ihren Äußerungen hin; nicht nur an das Israelit[ische] Volk von damals in seiner besonderen Lage rede hier Gott durch die Propheten, sondern zu jedem Volk in gleicher Lage. ... Und die Parallele zu uns ist leicht zu ziehen.“

Cloeter: Tagebücher Band. II, S. 153.

Werk (Auswahl)


Schmutztitel Häuser und Menschen von Wien
Schmutztitel Häuser und Menschen von Wien

Daneben erschienen von ihr viele Vorworte, kulturhistorische Artikel und Aufsätze, vor allem über Wien und die Wachau.


Ehrungen


Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus
Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus

Literatur


Lexikaeinträge
Sonstige Quellen



Einzelnachweise


  1. Wolfgang Krug: Wachau. Bilder aus dem Land der Romantik. Brandstätter, Wien 2003, ISBN 3-85498-316-6.
  2. Friedrich, Margret (Hrsg.) (1995). Ideale und Wirklichkeiten. Aspekte der Geschlechtergeschichte. Briefwechsel zwischen Hermine Cloeter, Emma Cloeter und Otto von Zwiedineck-Südenhorst 1893–1957. (Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Band 616). Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. S. 15 f.
  3. Friedrich, Margret (Hrsg.) (1995). Ideale und Wirklichkeiten. Aspekte der Geschlechtergeschichte. Briefwechsel zwischen Hermine Cloeter, Emma Cloeter und Otto von Zwiedineck-Südenhorst 1893–1957. (Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Band 616). Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. S. 16
  4. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/20971235
  5. Blumesberger, Susanne (2014). Handbuch der Österreichischen Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Band 1: A-L. Wien / Köln / Weimar: Böhlau. S. 201.
  6. Uwe Baur und Karin Gradwohl-Schlacher: Literatur in Österreich 1938–1945. Band 4: Wien. Böhlau, Wien 2018, S. 165-68 (library.oapen.org [PDF]).
  7. Renner, Gerhard (1986). Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus. Der „Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs“ und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der „Ostmark“. Frankfurt am Main: Buchhändler-Vereinigung. S. 293.
  8. Friedrich, Margret (Hrsg.) (1995). Ideale und Wirklichkeiten. Aspekte der Geschlechtergeschichte. Briefwechsel zwischen Hermine Cloeter, Emma Cloeter und Otto von Zwiedineck-Südenhorst 1893–1957. (Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Band 616). Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. S. 16.
  9. Siehe Martina Schmidt: Das Tagebuch der Hermine Cloeter. In: Anzeiger der phil.-hist. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Band 127, Wien 1990, S. 103–124.
  10. Franz Graf-Stuhlhofer (Hrsg.): Evangelische Allianz in Wien von der Ersten Republik bis zur NS-Zeit (1920-45). Edition der Sitzungsprotokolle und Programme (Studien zur Geschichte christlicher Bewegungen reformatorischer Tradition in Österreich; 2). VKW, Bonn 2010; eine Liste der von Cloeter besuchten Allianz-Treffen im Register S. 244; Ausschnitte aus ihren Notizen S. 234f.
  11. Inschrift Deutschordenshof, Singerstraße: Hermine Cloeter 1958 (abgerufen am 11. Juni 2014)
Personendaten
NAME Cloeter, Hermine
KURZBESCHREIBUNG österreichische Schriftstellerin und Kunsthistorikerin
GEBURTSDATUM 31. Januar 1879
GEBURTSORT München
STERBEDATUM 22. Februar 1970
STERBEORT Weißenkirchen in der Wachau



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