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Werner Müller (* 18. Dezember 1923 in Wilhelmshaven; † 14. Januar 2005 in Detmold) war ein deutscher Chemiker und Kunsthistoriker.


Leben und Wirken


Müller wuchs in Hannover und Celle auf. Zur Schule ging er in Celle. Schon in frühen Schuljahren galten seine Interessen der Architektur, der Musik und der Geschichte. Demgegenüber standen seine Defizite im Sport und damit einhergehend sein distanziertes Verhältnis zum militärischen Drill und dem Nationalsozialismus.

Nach dem Abitur 1942 wurde Müller zur Wehrmacht eingezogen und kehrte Ende 1943 aus der Sowjetunion nach Deutschland zurück. Danach nahm er das Chemiestudium an der Universität Göttingen auf, das er aber erst 1947 fortsetzen konnte und 1955 mit dem Diplom abschloss. Ein Jahr später promovierte Müller dort mit einer Arbeit zur Photochemie zum Dr. rer. nat. unter Professor Günther Otto Schenck (1913–2003).[1] Müller beeindruckten besonders die glänzenden Vorlesungen von Robert Wichard Pohl (1884–1976), Professor für Experimentalphysik und einer der Begründer der Festkörperphysik. Pohls ästhetische Darstellungskunst physikalischer Gesetze fiel bei Werner Müller auf fruchtbaren Boden und sollte sich später auf völlig anderen Wissensgebieten entfalten. Von 1956 bis 1988 wirkte er in verschiedenen Bereichen des Ludwigshafener Werks der BASF als Chemiker.

1966 starb nach langer Krankheit Müllers Ehefrau, was für ihn und seine beiden Kinder einen tiefen Einschnitt in deren Leben zur Folge hatte und seiner Forschungstätigkeit zunächst praktisch ein Ende setzte. Erst 1968, nach seiner Heirat mit Annemarie Kleine, veröffentlichte er seinen ersten Aufsatz zur Geschichte der Stereotomie,[2] den man als zweiten Start seines Forscherlebens auf dem Gebiet der Technik- und Kunstgeschichte bezeichnen kann.

In den 1970er und 1980er Jahren publizierte er zahlreiche Beiträge zu technischen und ästhetischen Fragestellungen der Spätgotik in Zeitschriften und Jahrbüchern der Baugeschichte, Technikgeschichte, Kunstgeschichte und Denkmalpflege. Mit dem Kunsterzieher und Maler Gunther Vogel veröffentlichte Werner Müller 1974 die erste Auflage des zweibändigen „dtv-Atlas zur Baukunst“,[3] der zahlreiche Auflagen erlebte und zum Bestseller wurde. Eine einzigartige Syntheseleistung von Technik-, Wissenschafts- und Kunstgeschichte gelang Werner Müller mit seiner 1990 veröffentlichten Monografie „Grundlagen gotischer Bautechnik“[4]

1993 erhielt er für seine Publikationen den angesehenen Jahrespreis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Die komplexen, mit Computer entworfenen Rohrsysteme des Ludwigshafener Werks der BASF regten Werner Müller zu Beginn der 1970er Jahre an, auch über den Computereinsatz zur geometrischen Rekonstruktion historischer Gewölbe nachzudenken. Schon 1976 veröffentlichte er mit Klaus Hänisch einen Aufsatz über die Möglichkeit einer computergenerierten räumlichen Darstellung von figurierten Gewölben der deutschen Spätgotik. Das 1987 im Deutschen Kunstverlag erschienene Taschenbuch „Kunstwerk, Kunstgeschichte und Computer“[5] kann als Programmschrift Werner Müllers gedeutet werden. Dort eröffnete er neue, von der traditionellen Kunstgeschichte damals noch kaum bemerkte Wege für die Rezeption des Kunstwerks mit dem Ziel, das Kunstwerk im Rahmen der seinem Entwurf zugrunde liegenden Bildungsgesetze veränderbar zu machen. Nach Müller erlaubt der Computer nicht nur die räumliche Visualisierung solcher Werke, die Entwurf geblieben sind, sondern er kann auch dazu dienen, im Geiste eines bestimmten Künstlers ganz neue Werke zu entwerfen und darzustellen. An der Realisierung dieses Programms arbeitete er zusammen mit dem Mathematiker Norbert Quien vom Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) der Universität Heidelberg. Müller und Quien erschlossen mit der Computergrafik systematisch die gotische Bautechnik und Architektur, wobei es ihnen in erster Linie um die Veranschaulichung von Formbildungsprozessen spätgotischer Gewölbe mit der EDV gegangen ist.

In den letzten Lebensjahren wandte sich Werner Müller der Erforschung der Steinmetzkunst und Steinmetzgeometrie zwischen Gotik und Barock mit Hilfe der Computergrafik zu. Seine Reflexionen über die geometrische Weltbetrachtung der nordischen Renaissance konnte Werner Müller nicht zu Ende führen. Und so musste sein am Ende des Jahres 2004 vollendetes Buchmanuskript „Virtuelle Steinmetzkunst der österreichischen und böhmisch-sächsischen Spätgotik. Die Gewölbeentwürfe des Codex miniatus 3 der österreichischen Nationalbibliothek in Wien“ posthum erscheinen.[6]

Werner Müller hinterließ ein umfangreiches Gesamtwerk zur Geschichte der Stereotomie in Mitteleuropa, Frankreich und Italien, zum technologischen Stilvergleich zwischen deutscher Spätgotik und deutschem Barock unter besonderer Berücksichtigung des Steinmetzhandwerks, zum Verhältnis zwischen technikgeschichtlicher und kunsthistorischer Architekturbetrachtung, zu computergestützten Gewölbeentwürfen der deutschen, österreichischen und böhmisch-sächsischen Spätgotik und schließlich zur Technik der Anamorphose.


Werke



Literatur



Einzelnachweise


  1. Werner Müller: Untersuchungen zum Chemismus einiger photosensibilisierter Reaktionen. Dissertation. Universität Göttingen v. 21. Juli 1956.
  2. Werner Müller: The authencity of Guarini’s stereotomy in his architettura civile. In: Journal of Architectural Historians. Band 27, Nr. 3, 1968, S. 203–208.
  3. Werner Müller, Gunther Vogel: Atlas zur Baukunst. 2 Bände. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1974.
  4. Werner Müller: Grundlagen gotischer Bautechnik: ars sine scientia nihil. Deutscher Kunstverlag, München 1990, ISBN 3-422-06055-3.
  5. Werner Müller: Kunstwerk, Kunstgeschichte und Computer. Deutscher Kunstverlag, München 1987, ISBN 3-422-06007-3.
  6. Werner Müller, Norbert Quien: Virtuelle Steinmetzkunst der österreichischen und böhmisch-sächsischen Spätgotik. Die Gewölbeentwürfe des Codex Miniatus 3 der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2005, ISBN 3-937251-03-0.
Personendaten
NAME Müller, Werner
KURZBESCHREIBUNG deutscher Chemiker und Kunsthistoriker
GEBURTSDATUM 18. Dezember 1923
GEBURTSORT Wilhelmshaven
STERBEDATUM 14. Januar 2005
STERBEORT Detmold



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