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Alen Müller-Hellwig, geb. Müller (* 7. Oktober 1901 in Lauenburg in Pommern; † 9. Dezember 1993 in Lübeck) war eine deutsche Kunstweberin.

Nasenschild der Weberin Alen Müller am Zollhaus neben dem Burgtor
Nasenschild der Weberin Alen Müller am Zollhaus neben dem Burgtor

Leben und Wirken


Baum
vor 1931
handhgeknüpft aus handgesponnener, ungefärbter Schafwolle,
158 cm × 130,2 cm
Busch-Reisinger Museum; Cambridge (Massachusetts)

verlinkte Abbildung
(Bitte Urheberrechte beachten)

Alen Müller lernte Handweberei und Stickerei, zunächst an der Kunstgewerbeschule Hamburg als Schülerin von Paul Helms und Maria Brinckmann, dann an der Kunstgewerbeschule München bei Else Jaskolla. 1925 legte sie die Meisterprüfung als Stickerin und 1928 als Handweberin ab.

Von 1926 bis 1991 hatte sie eine Werkstatt für Handweberei in Lübeck. 1934 wurde ihr das Burgtor (Turm und östlich anschließendes Zöllnerhaus) als Arbeits- und Wohnstätte überlassen. Sie war seit 1937 verheiratet mit dem Geigenbauer Günther Hellwig (1903–1985), der seine Werkstatt ebenfalls hierhin verlegte und sich speziell dem Bau der Viola da Gamba widmete.

Als eine der ersten Weberinnen schuf sie einen Bildteppich nur aus ungefärbter Schafwolle, bei dem sie allein mit den natürlichen Schattierungen und dem Materialreiz der ungefärbten und teilweise ungewaschenen Wolle arbeitete. Als Der Baum, ihre erste Arbeit dieser Art, im Herbst 1927 im Leipziger Grassi-Museum ausgestellt wurde, erregte das großes Aufsehen. Sie wurde daraufhin zu allen großen Ausstellungen des deutschen Kunsthandwerks im Ausland eingeladen.

Wohnzimmer der Villa Tugendhat[1]
Wohnzimmer der Villa Tugendhat[1]

Ihr Stil kam den Gedanken des Bauhauses nahe. Sie „erfand aus der Technik von Kette und Durchschuß konstruktiv bedingte Motive.“[2] Carl Georg Heise bot ihr mit der Ausstellung Handgewebte Teppiche der besten deutschen Webereien im Behnhaus eine erste große Möglichkeit, sich in Lübeck darzustellen, und zeigte ihre Arbeiten noch einmal in der Diele des Behnhauses aus Anlass der großen Lübecker Carl-Milles-Ausstellung 1929. Mies van der Rohe und Lilly Reich bestellten bei ihr ab 1929 eine Reihe einfarbiger, handgeknüpfter Schafwoll-Teppiche für die Villa Tugendhat, den Barcelona-Pavillon und Bauten in Paris und Mailand. 1931 erhielt sie den Ehrenpreis der Stadt Berlin. Sie nahm an den Weltausstellungen in Chicago 1933 und 1937 in Paris teil. In Paris erhielt sie eine Goldmedaille.

Für ihre Teppiche lieferten unter anderem Alfred Mahlau, Robert Pudlich und Ervin Bossányi Entwürfe. Eine Vorlage Bossányis war ihr erstes figürliches Webmotiv. 1932 gehörte sie, als einzige Frau, gemeinsam mit den Malern Curt Stoermer und Hans Peters, dem Grafiker Alfred Mahlau, dem Gartenarchitekten Harry Maasz und den Architekten Wilhelm Bräck und Emil Steffann zu den Gründern der Künstlergruppe Werkgruppe Lübeck.

Von 1934 bis 1939 entstanden 70 Teppiche nach Entwürfen Alfred Mahlaus, vor allem im Auftrag des Reichsluftfahrtministeriums, aber auch für Kommunen und Privatleute.[3] Damit war die wachsende Werkstatt gut ausgelastet. Sie umfasste 1935 zehn Webstühle, eine Wollwäscherei, Spinnerei mit neun Spinnrädern, einen Ausstellungsraum und einen Büro- und Verkaufsraum und beschäftigte drei Gesellen, vier Lehrlinge, zwei Angestellte, drei ungelernte Arbeiterinnen, neun Heimarbeiter und zwei Praktikantinnen.[4] Der erste Teppich dieser Reihe war der Behang Drei Möwen für den Flughafen Kiel-Holtenau. Die meisten Arbeiten dieser Zeit sind zerstört oder verschollen. Einige Beispiele, darunter der Zyklus Die vier Elemente von 1939, sind jedoch erhalten, weil sie von Walter Passarge für die Kunsthalle Mannheim erworben wurden. 1940 endete die Zusammenarbeit mit Mahlau, weil dieser Alen Müller-Hellwigs langjährige Mitarbeiterin Hildegard Osten nach der Eröffnung ihrer eigenen Werkstatt unterstützen wollte.[5] Im März 1942 fand im Reichsmuseum Amsterdam während der deutschen Besatzung eine Ausstellung statt unter dem Titel Ausstellung neuzeitliche Wandteppiche nach Entwürfen von Alfred Mahlau und Alen Müller-Hellwig Lübeck. Stoffe und Stickereien. Alfred Mahlau Lübeck. Kartons zu Wandteppichen aus der Werkstatt Alen Müller Hellwig.[6]

Alen Müller-Hellwig wandte sich wieder eigenen Entwürfen zu und schuf bis 1942 eine Reihe von Wandteppichen mit Pflanzenmotiven wie Fingerhutwiese (1940)[7], Spiraea, Bärenklau und Königskerze.[8] Auch nach dem Luftangriff auf Lübeck am 29. März 1942, bei dem ihre Werkstatt unbeschädigt blieb, betrieb sie diese im Lübecker Burgtor weiter (ihre beiden Kinder Friedemann und Barbara brachte sie in Timmendorfer Strand in Sicherheit). Müller-Hellwig stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[9]

Nach Ende des Krieges erfolgte eine Ausweitung der Arbeit auch auf Textilien für den täglichen Gebrauch (Bettwäsche, Handtücher, Tischdecken) und beschäftigte zahlreiche Frauen vor allem aus Deutschlands Osten, u. a. Spinnerinnen aus Ostpreußen. Nachdem die industrielle Fertigung von Textilien wieder in Gang gekommen war, schränkte sie ihre Arbeit wieder auf dekorative Stücke und Fußbodenteppiche ein. 1954 erhielt sie den Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein. Alen Müller-Hellwig betrieb ihre Werkstatt bis zum Jahr 1990.

Ihre letzte Auszubildende Ruth Löbe (* 1959) übernahm 1992 die Werkstatt und führte sie bis zu ihrem Tod im Januar 2016 fort.[10]


Öffentliches Engagement


In der 1930 in Lübeck hart und kontrovers geführten Diskussion über Heises Barlach-Plan erklärte sie sich öffentlich in den Lübeckischen Blättern als Befürworterin dieses Konzepts:

„...wenn der Künstler den Mut zu dieser Aufgabe hat, sollten auch wir den Mut haben, dem Künstler das Wort zu geben, und alle Bedenken schweigen zu lassen.“

Enns, Kultur und Bürgertum, S. 151

Nachlass


Zu ihrem 90. Geburtstag schenkte Alen Müller-Hellwig dem Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe eine Sammlung von 25 Entwürfen.[11]

Neun Mappen ihres Nachlasses u. a. mit Korrespondenz und Zeitungsausschnitten verwahrt das Bauhaus-Archiv in Berlin.[12]


Alen-Müller-Hellwig-Preis


1989 stiftete die Gruppe Lübeck im Deutscher Verband Frau und Kultur e.V. aus Anlass ihres 75-jährigen Bestehens und zu Ehren von Alen Müller-Hellwig, die 67 Jahre Mitglied des Vereins war, den Alen-Müller-Hellwig-Preis als Förderpreis für Kunsthandwerkerinnen aus den norddeutschen Ländern. Er wird alle drei Jahre vergeben und ist mit 5000 Euro dotiert.[13]

Preisträgerinnen:


Werke im öffentlichen Besitz



Schriften



Ausstellungskataloge



Literatur





Einzelnachweise


  1. es ist unklar, ob der Teppich noch das Original ist
  2. Enns, Kultur und Bürgertum, S. 124.
  3. Anja Prölß-Kammerer (Lit.), S. 88
  4. Anja Prölß-Kammerer (Lit.), S. 86f mit Anm. 119
  5. Anja Prölß-Kammerer (Lit.), S. 92
  6. Plakat zur Ausstellung, abgerufen am 14. Dezember 2011
  7. Farbabbildung bei Passarge (Lit.), Frontispiz
  8. Abbildungen in: Handwebereien von Alen Müller-Hellwig, oin Gebrauchsgraphik 19 (1942), S. 25–31 (Digitalisat)
  9. Müller-Hellwig, Alen. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020 ISBN 978-3-88741-290-6, S. 188f.
  10. Meine Werkstatt auf Ruth Löbe Burgtorweberei Lübeck (Memento des Originals vom 30. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ruth-loebe.de (Archivversion)
  11. Jahrbuch des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg. 1992, S. 265
  12. Nach Kalliope (Datenbank) (zum Nachweis muss die Suchfunktion benutzt werden)
  13. Alen-Müller-Hellwig-Preis@1@2Vorlage:Toter Link/www.schleswig-holstein.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  14. Jahresschau der Kunsthandwerker im Museumsquartier, Pressemitteilung der Lübecker Museen vom 7. Juni 2013, abgerufen am 23. August 2013
  15. zu 2t. Jahresschau des Berufsverbandes Angewandte Kunst Schleswig-Holstein e.V. (Memento vom 8. Oktober 2016 im Internet Archive), abgerufen am 8. Oktober 2016
  16. Das Behnhaus besaß damals von Bossanyi bereits eine Majolikafigur Blumenmädchen (um 1925; Inv. Nr. 1928/172)
  17. Eintrag mit Abbildung in der Sammlungsdatenbank der Harvard Art Museums, abgerufen am 1. Februar 2016
  18. Abbildung bei Passarge (Lit.), S. 17
  19. Abbildung bei Passarge (Lit.), S. 19
Personendaten
NAME Müller-Hellwig, Alen
ALTERNATIVNAMEN Müller, Alen (Geburtsname)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Kunstweberin
GEBURTSDATUM 7. Oktober 1901
GEBURTSORT Lauenburg in Pommern
STERBEDATUM 9. Dezember 1993
STERBEORT Lübeck



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