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Ein Komikerduo ist eine Figurenkonstellation beim Film, im Zirkus, am Theater oder im Kabarett, bei der zwei Schauspieler als komisches Paar auftreten.

Paul Cézanne: Pierrot und Harlekin (Mardi Gras – Fastnacht), 1888
Paul Cézanne: Pierrot und Harlekin (Mardi Gras – Fastnacht), 1888

Allgemeines


Die beiden Partner eines Komikerduos sind meist verschieden in Temperament und Verhalten, ihre Komik wird in der Regel noch durch gegensätzliche Physiognomie (groß/klein), Intelligenz (schlau/dumm) oder Charaktereigenschaften (gut/böse) bestimmt. Oft geht es zwischen den beiden Kontrahenten um die Statusfrage der Autorität und um deren Verlust, was auch zu (kurzzeitigem) Rollentausch führen kann. Der Verlierer genießt dabei ebenso die Anerkennung des Publikums, etwa durch einen gelungenen Wortwitz oder eine Sprach-Parade, wie der Überlegene. Das Komikerpaar ist ein sehr traditionsreicher Typus, deren äußerer Kontrast bereits auf das Gefälle zwischen den Figuren schließen lässt: „Zwei Menschen, der eine riesengroß, der andere winzigklein, schreiten Arm in Arm würdevoll daher.“[1]

In der Tradition des Zirkus ist das Komikerduo als Weißclown und dummer August bekannt, wobei der Weißclown die Autorität darstellt, die durch die Tollpatschigkeit des August in Frage gestellt wird.[2] Im Kabarett tritt das Komikerduo als Doppelconférence in Erscheinung. Das bekannteste Filmkomikerpaar ist Stan Laurel und Oliver Hardy, die ab 1927 als Komikerduo über hundert Filme drehten.[3]

In China gibt es die Tradition des Xiangsheng als komödiantischer Dialog zwischen zwei Darstellern.


Zirkus


Weißclown und Dummer August: Les Rossyann
Weißclown und Dummer August: Les Rossyann

Im klassischen Zirkus besteht die Anordnung der zwei kontrastierenden komischen Figuren aus Weißclown und Dummer August, wobei der elegante, blasierte, pseudointellektuelle Weißclown immer versucht, den anderen, dümmeren zu quälen. Und der andere, der Hilflose und angeblich Unterdrückte, schlägt mit noch größerer Gemeinheit zurück.[4]

Entstanden ist dieser Meilenstein in der Entwicklung des modernen Clowns um 1900 im Circus Renz durch Tom Belling, der die Clownsfigur des „Dummen August“ erfand, die ursprünglich nur ein ungelenker Stallbursch war,[5] bekleidet mit schlecht sitzendem, zu engem Anzug, geflickter Hose und übergroßen Schuhen. Dazu gesellte sich der Weißclown in einem kostbaren Kostüm aus Samt und Seide, Pumphosen bis zu den Knien, Seidenstrümpfen, elegante Schuhen, mit einer charakteristischen weißen Gesichtsschminke, Mund und Ohren rot und schwarzen Strichen als Augenbraue. Auf den ersten Blick scheint der dumme August als das schwarze Schaf, als Chaot, Trottel, Zerstörer und Unglücksrabe, während der Weißclown in seinem teuren Anzug die Anmut, Eleganz und Ordnung, kurz die engelhaften, guten Aspekte symbolisiert. Die beiden traten bald als Team auf, das mit seinen Streichen sogar den Direktor (= die Obrigkeit) zum Narren halten durfte.[6]

Der Weißclown geht zurück auf Harlekin, Pierrot und Gracioso, sein Urahne ist der mimus albus, der „weiße Mime“ (Weiß wurde von da an die Gesichtsfarbe der Clowns), der in den antiken Komödien des römischen Theaters die lustige Rolle spielte. Auch der Dumme August geht auf die Antike zurück, der Centunculus (hundert Fleck) trieb auf Märkten und öffentlichen Plätzen seine derben Späße.[7] Er trat in einem bunten Kostüm auf, Hose und Jacke waren aus vielen Fetzen zusammengeflickt, seine komische Wirkung wurde dadurch gesteigert, dass er ohne Schuhe und ohne Haare auftrat. Er besaß damit schon jenen Kahlkopf, der zu einem Erkennungsmerkmal des heutigen „inkompetenten“ Clowns gehört, ebenso wie die überdimensionierten absatzlosen Schuhe, die seinen komischen Gang bewirken. Die Gestik, Mimik und Körperhaltung des inkompetenten Clowns ist reduziert: Seine ganze Erscheinung kündigt ein Scheitern an.[8]

Das bei Renz entwickelte Konzept des immer zerstrittenen Paares von Weißclown und dummen August wird bis heute fast exakt beibehalten und ist von unzähligen Clownsdarstellern in aller Welt übernommen worden. Federico Fellini erklärte den Streit der beiden Clownfiguren folgendermaßen: „Der weiße Clown und der August – es sind Lehrerin und Kind, Mutter und Lausbub, man könnte auch sagen: der Engel mit dem feurigen Schwert und der Sünder.“[9]


Kabarett


Beim Kabarett tritt das Komikerduo oft in Form der Doppelconference auf, die als „sprachlicher Zweikampf“ aus einem Dialog zwischen zwei Schauspielern besteht, von denen einer die Rolle eines klugen und gebildeten Gesprächspartners einnimmt, während der andere einen begriffsstutzigen Tölpel mimt. Diese Form stammte ursprünglich aus Budapest und wurde in den 1920er-Jahren in Wien von Karl Farkas und Fritz Grünbaum perfektioniert. Farkas trat mit Grünbaum erstmals am 1. November 1922 im Kabarett Simpl in Wien auf, Farkas gab den Gescheiten, Grünbaum den Blöden. Farkas bildete solch ein Komikerduo später auch mit Ernst Waldbrunn („Der G’scheite und der Blöde“) und mit Maxi Böhm. Zunächst war die Doppelconférence mehr Überleitung als eigenständige komische Nummer, die Darsteller sprachen sich auch mit ihrem richtigen Namen an. Nach dem Zweiten Weltkrieg aber, mit Waldbrunn als „Blödem“, entstanden für das Fernsehen Figurenpaare wie Herr Berger und Herr Schöberl, die nicht mehr nur vor dem Vorhang, sondern in Kulissen spielten.[10] Farkas definierte die Doppelconference so: „Eine Doppelconférence ist ein Dialog zwischen einem G’scheiten und einem Blöden, wobei der G’scheite dem Blöden etwas Gescheites möglichst gescheit zu erklären versucht, damit der Blöde möglichst blöde Antworten darauf zu geben imstande ist – mit dem Resultat, dass zum Schluss der Blöde zwar nicht gescheiter, aber dem Gescheiten die Sache zu blöd wird.“

Das Komikerpaar Liesl Karlstadt und Karl Valentin (1933)
Das Komikerpaar Liesl Karlstadt und Karl Valentin (1933)
Max Rott am Budapester Orpheum, wo er gemeinsam mit Benjamin Blaß auftrat
Max Rott am Budapester Orpheum, wo er gemeinsam mit Benjamin Blaß auftrat
Tünnes und Schäl, Figurengruppe von Heinz Klein-Arendt
Tünnes und Schäl, Figurengruppe von Heinz Klein-Arendt
Manzai-Duo (Farbholzdruck von Yajima Gogaku, zwischen 1818 und 1830)
Manzai-Duo (Farbholzdruck von Yajima Gogaku, zwischen 1818 und 1830)
Nickelodeon: Costa del Love 2014
Nickelodeon: Costa del Love 2014

Film und Fernsehen


Das Komikerduo Siegfried Arno und Kurt Gerron 1931 bei einer Kochausstellung
Das Komikerduo Siegfried Arno und Kurt Gerron 1931 bei einer Kochausstellung
Oscar Heiler und Willy Reichert als Häberle und Pfleiderer am Friedrichsbau-Theater in Stuttgart
Oscar Heiler und Willy Reichert als Häberle und Pfleiderer am Friedrichsbau-Theater in Stuttgart
Das Duo Erkan und Stefan auf der Funkausstellung Berlin 2006
Das Duo Erkan und Stefan auf der Funkausstellung Berlin 2006

Deutschland und Österreich


Die aus Kabarett und Slapstickfilmen etablierte Personenkonstellation des Komikerduos wurde auch vom Fernsehen aufgegriffen und wechselte seit den 1980er Jahren in der Zusammensetzung.[26]


USA


Besonders im US-amerikanischen Film waren Komikerduos, vorzugsweise von zwei männlichen Darstellern gebildet, schon früh populär. Berühmtestes Beispiel sind die Komiker Stan Laurel und Oliver Hardy, die bereits im Stummfilm mit ihrer Slapstick-Komik reüssierten und danach auch im Tonfilm Erfolge feierten. Viele der bekannten Duos hatten sich bereits auf der Bühne und/oder im Radio etabliert, ehe sie zum Film wechselten. Seltener waren weibliche Duos, unter denen eigentlich nur die Paarung Marie Dressler/Polly Moran, die beide bei MGM unter Vertrag standen, dauerhaften kommerziellen Erfolg hatten.

Laurel und Hardy, das berühmteste Komikerduo der Filmgeschichte, 1943
Laurel und Hardy, das berühmteste Komikerduo der Filmgeschichte, 1943

Vereinigtes Königreich


Im Vereinigten Königreich, das traditionell für seinen besonderen Humor bekannt ist, haben komische Darsteller, sowohl als Einzel- als auch als Doppel-Acts, ebenfalls eine lange Tradition. Beispiele hierfür sind:


Andere Länder



Theater


Don Quijote und Sancho Panza. Bronzefiguren am Denkmal für Cervantes (Hintergrund) in Madrid.
Don Quijote und Sancho Panza. Bronzefiguren am Denkmal für Cervantes (Hintergrund) in Madrid.

Sowohl in der klassischen als auch vor allem in der modernen Dramenliteratur treten oft Figurenpaare auf, die entweder von berühmten Komikerduos dargestellt werden oder deren Autor von einem bereits existierenden Komikerduo zu diesen Figuren inspiriert wurde. Oft unterscheiden sich die Figuren diametral in Aussehen, Charakter und Mentalität und werden daher auch von Schauspielern dargestellt, die diese Merkmale aufweisen und sie zu komischer Wirkung nutzen. Im Theater orientiert sich das Komikerduo am Aufeinandertreffen des Protagonisten und des Antagonisten im klassischen antiken griechischen Theater, deren Gegenübertreten eine dramatische Situation begründet. In der Folge entstehen Kampfsituationen zwischen Partnern mit gegenteiligem Interesse. Dies charakterisiert auch das Aufeinandertreffen komischer Figuren auf dem Theater, die – oft in feststehender Rollenverteilung – zu einem Komikerduo werden, sobald sie in ihren Eigenschaften Stereotype darstellen oder ergänzende/widersprüchliche Merkmale zu komischer Wirkung nutzen.

Die Dualität zwischen dem kleinen Dicken und dem großen Dünnen ist in der modernen Literatur seit dem Roman Don Quichote (1605–1615) von Miguel de Cervantes immer wieder zu finden.[43] Die Hauptfigur Don Quijote, der „Ritter von der traurigen Gestalt“ und sein Diener Sancho Pansa (übersetzt „heiliger Bauch“) bilden ein Duo, das aus dem klassischen Konfiguration großer, hagerer Herr und kleiner, dicker Diener gebildet ist und zahlreichen Schauspielerpaaren Gelegenheit für komödiantische Glanzleistungen bot, wie im Film Pat & Patachon (1926), Fjodor Schaljapin/George Robey (1933), Nikolai Cherkasov/Yuri Tolubeyev (1957), Josef Meinrad/Roger Carel (1965), Jean Rochefort/Johnny Depp, John Lithgow/Bob Hoskins und Christoph Maria Herbst/Johann Hillmann sowie im Musical Der Mann von La Mancha Peter O’Toole/James Coco, Rex Harrison/Frank Finlay, Josef Meinrad/Fritz Muliar, Karlheinz Hackl/Robert Meyer und Jacques Brel/Dario Moreno.

Ein frühes Komikerpaar am Theater waren die Figuren des Arlecchino und Brighella in der Commedia dell’arte, die ihre Figuren mit jeweils festgelegten Typisierungen in Masken darstellten, wobei Arlecchino (Harlekin) in naiver Fröhlichkeit und Verfressenheit die Stimme des Volkes repräsentierte und Brighella dessen hinterhältiger Widerpart war. Die Verdopplung des Tölpels und das Aneinandergeraten der beiden bot die Möglichkeit zur Verstärkung des komischen Effekts. Diese Konstellation findet sich später in der Paarung Pierrot – Harlequin wieder, wobei Harlequin zum Alter Ego des Pierrot wurde, der dessen dunkle Seite verkörpert und zu seinem Doppelgänger wird, ja als „zwei Seiten einer einzelnen Seele“ sogar zu dessen „Bruder“.[44] Arlecchino geht in den Stücken der Commedia dell’Arte auch komische Partnerschaften mit dem alten Geizhals Pantalone oder dessen Gegenspieler Dottore ein.

In William Shakespeares Stücken ist das Auftreten komischer Charaktere als Paar eine häufig benutzte Form, mit der die ernste Handlung von komischen Einlagen unterbrochen wird. Am berühmtesten sind die beiden Totengräber in Hamlet (die in der Fassung des Stückes von 1603 „Clowns“ heißen) und die sich wie in einem kabarettistischen Sketch über Tod und Vergänglichkeit unterhalten. In Shakespeares Was ihr wollt bilden Sir Tobias Rülp und der Ritter Bleichenwang ein berühmtes Paar. Auch die Trunkenbolde Trinculo und Stephano in „Der Sturm“[45] und die beiden Mörder in Richard III. treten als Komikerpaar auf. Letztere sind die Hauptfiguren in John von Düffels Komödie Shakespeare, Mörder, Pulp & Fiktion, wo sie als tölpelhafte Auftragskiller Pulp und Fiktion „mit der Leichtsinnigkeit zweier Clown-Figuren“ dem skurrilen Mörderduo Jules und Vincent (gespielt von John Travolta und Samuel L. Jackson) in Quentin Tarantinos Film Pulp Fiction nachgebildet sind.[46]

Wenzel Scholz und Johann Nestroy als Nationalgardisten während der März-Revolution von 1848
Wenzel Scholz und Johann Nestroy als Nationalgardisten während der März-Revolution von 1848

Der Dichter und Schauspieler Johann Nestroy und sein Partner Wenzel Scholz waren ein berühmtes Duo des Wiener Vormärz, das vornehmlich in den Possen des Alt-Wiener Volkstheaters in den Wiener Vorstadttheatern auftrat. Nestroy war groß, schlank und hager, dessen Gestalt „beim Applaus in zwei Hälften zusammenknickte“[47], Scholz war untersetzt und hatte ein rundes, meist unbewegtes Gesicht mit flinken, munteren Augen und ein phlegmatisches Temperament, das in starkem Kontrast zu Nestroy stand, der mit einem Ton „vernichtenden Hohnes“ sprach. Ihren großen Erfolge entstanden dadurch, dass Nestroy viele Rollen sich und seinem Partner Scholz auf den Leib schrieb. Berühmt wurde ihr Zusammenspiel als Schuster Knierim und Schneider Zwirn in Der böse Geist Lumpazivagabundus (1833), als Friseur und Kleiderputzer in Das Haus der Temperamente (1837) als Millionär Herr von Lips und Schlosser Gluthammer in Der Zerrissene (1844) und als Sohn Wendelin und Vater Pfrim in Höllenangst (1849). Besonders neben Nestroys schneidender Ironie war die scheinbare Harmlosigkeit von Scholz unentbehrlich. „Johann Nestroy und Wenzel Scholz schienen sich in die Erbschaft des Hanswurst getheilt zu haben: alle Schärfe und Beweglichkeit fiel Nestroy zu, alles Breite und Behagliche kam auf Scholz. Nestroy musste sich seinen Erfolg stets erringen, Scholz hatte schon gewonnen, wenn er erschien. Scholz war ein Vertreter der zuständlichen, duldenden, Nestroy ein Repräsentant der thätigen, der angreifenden Komik“ (Ludwig Speidel).


20. Jahrhundert


Das berühmteste Komikerpaar des modernen Theaters sind die Figuren des Estragon und Wladimir in Samuel Becketts Warten auf Godot (1952), die als „metaphysische Clowns“, in ihrem Äußeren, in schwarzem Anzug mit dem „Chaplinhut“, der schwarzen Melone, als clowneske Landstreicher der Erscheinung von Charlie Chaplin nachgebildet sind und „wie ein auf den Hund gekommenes Komikerpaar“[48] an einem undefinierbaren Ort ihre Zeit damit verbringen, auf eine Person namens Godot zu warten, die sie nicht kennen, von der sie nichts Genaues wissen, nicht einmal, ob es sie überhaupt gibt. Die Dualität von Metaphysik und Clowns kennt viele Beispiele, Jean Anouilh nannte Warten auf Godot „Pascals ‚Gedanken‘ bei den Fratellini“ („Le sketch des Pensées de Pascal par les Fratellini“).[49] Der Theaterhistoriker Pierre Temkine hat die beiden Verzweifelten als „zwei Juden auf der Flucht vor den Nazis“ zu erkennen geglaubt.[43] Die Idealbesetzung für Warten auf Godot sah der Autor Samuel Beckett im Komikerduo Stan Laurel und Oliver Hardy,[50] er hielt auch viel vom bayerischen „Komiker des Absurden“, Karl Valentin und seiner Partnerin Liesl Karlstadt. Berühmte Paarungen in diesen Rollen waren Ernst Schröder/Heinz Rühmann (1954, Münchner Kammerspiele, Regie: Fritz Kortner), Burgess Meredith/Zero Mostel, (1961, TV, Regie: Alan Schneider), Heinz Reincke/Kurt Sowinetz (1963, im Film, Regie: Rolf Hädrich), Horst Bollmann/Stefan Wigger (1975, Schillertheater Berlin, Regie: Samuel Beckett), Peter Lühr/Thomas Holtzmann (1984, Münchner Kammerspiele, Regie: George Tabori), Steve Martin/Robin Williams (1988, Lincoln Center, New York City)[51] Traugott Buhre/Branko Samarovski (1991, Burgtheater Wien), Michael Maertens/Ernst Stötzner (2002, Bochumer Schauspielhaus), Ian McKellen/Patrick Stewart (2009, Theatre Royal Haymarket London) und Samuel Finzi/Wolfram Koch (2014, Deutsches Theater Berlin). In einer Inszenierung von Luc Bondy (1999, Théâtre Vidy Lausanne) erinnerte das Paar an den berühmten Film The Old Couple mit Jack Lemmon und Walter Matthau.[52]

Beckett verwendete diese Duo-Konstruktion auch in seinem Theaterstück Endspiel (1956) und in seinem Roman Mercier und Camier (1946), den Otto Sander und Peter Fitz Anfang der 1980er Jahre als Duo für die Bühne bearbeiteten. Es schildert in absurder Komik die gemeinsame Reise zweier Chaplin-Tramps, die im Stil von Warten auf Godot nur mit einem Fahrrad, einem Regenschirm, einem Wettermantel und einem Sack ausgerüstet, eine Reise planen, in der sie aber nicht weit kommen.

Diese Konstellation hat auch Tom Stoppards Theaterstück „Rosenkranz und Güldenstern sind tot“ (1966) beeinflusst, in dem zwei Randfiguren aus Shakespeares „Hamlet“ (1602) als Laurel-und-Hardy-ähnliches Paar (Laurel und Hardy auf Acid)[53] an Becketts Drama erinnern, zwei Männer, die sich so ähnlich sind wie fremd und die sich im Spiel des Hamlet ebenso verirren wie im Leben. Ihre philosophische Rhetorik ähnelt den Dialogen von Warten auf Godot. Im Film wurden die Figuren 1990 von Gary Oldman und Tim Roth dargestellt, deren „Wort-Tennis-Match“ Anleihen an die Doppelconference im Kabarett nahm.

Alfred Jarry verwendete das Bauprinzip der Clowns im Zirkus beim Ehepaar Ubu in seinem Klassiker des surrealen Theaters König Ubu (Uraufführung 1896). Fernando Arrabal schrieb: „Der Unglaubliche Ubu ist der hämorridale Stan Laurel getarnt als magersüchtiger Oliver Hardy.“[54] Samuel Finzi und Wolfram Koch waren 2008 an der Freien Volksbühne Berlin in diesen Rollen „ein Komikerpaar zum Niederknien“[55] und zitierten diese Konstellation als Moderatoren der „Faust“-Theaterpreisverleihung 2010 in einer Schlägerei mit Theaterblut und zerfetzten Hosen.[56]

Karl Kraus bediente sich des Komikerpaares in seinem Monumentaldrama Die letzten Tage der Menschheit (1915–1922). Die Figuren des Nörglers und des Optimisten treten hier als satirische Kommentatoren auf und verwenden in der „Tradition des Comicpärchens“ (Hilde Haider-Pregler) Elemente aus der Unterhaltungskultur: Optimist (rundlich, klein), Nörgler (hager, groß).[57] Sie wurden von Peter Lühr/Leonard Steckel, Karl Paryla/Hans Holt, Helmuth Lohner/Peter Weck oder Thomas Maurer/Florian Scheuba gespielt. Noch kabarettistischer begegnen sich im Stück die Figuren von „Abonnent“ und „Patriot“, fanatischen Zeitungslesern, die in ihren Dialogen dem Sketch und der Doppelconference im Kabarett gleichen. Sie wurden etwa von Otto Tausig/Ernst Waldbrunn oder Paulus Manker/Emmy Werner gespielt.

Sean O’Casey stellte 1937 in seiner burlesken Komödie Das Ende vom Anfang ein Slapstick-Paar auf die Bühne, das eine Kette von häuslichen Kleinkatastrophen auslöst, die an die Zerstörungsorgien aus Laurel und Hardys Filmen erinnern.[58] Schauspieler wie Otto Sander/Wolf Redl, Heinz Werner Kraehkamp/Michael Altmann, Oliver Nägele/Michael von Au oder Branko Samarovski/Rolf Ludwig haben diese Tour de Force gespielt.

Neil Simon zeigte in seiner Broadway-Komödie Sonny Boys (1972) das alte Komikerduo Willie Clarke und Al Lewis, von dem der eine anspruchsvoll und cholerisch ist, der andere, sein früherer Varieté-Partner, ruhig und besonnen. Ebendieser Charakterzug bringt den anderen aber aus der Fassung und gefährdet ihr gemeinsames Wiederauftreten. Das Stück wurde 1975 mit Walter Matthau und George Burns (Oscar als Bester Nebendarsteller) als Die Sunny Boys verfilmt und bot eine ideale Vorlage für viele große Komikerpaare wie Harald Juhnke/Wolfgang Spier, Bernhard Minetti/Martin Held, Johannes Heesters/Carl-Heinz Schroth, Heinz Rühmann/Paul Verhoeven, Gerd Voss/Ignaz Kirchner, Werner Schneyder/Dieter Hildebrandt, Peter Striebeck/Ralf Schermuly, Otto Schenk/Helmuth Lohner, Harald Serafin/Peter Weck oder Dirk Stermann/Stefan Grissemann.

Botho Strauß verwendete das Komikerduo explizit in seinem Stück Der Narr und seine Frau heute Abend In Pancomedia in den beiden Varietékomikern Alfredo und Vittorio, für die Strauß „aus einem einzigen Antagonismus endlose existenzielle Sprachfechtereien zu konstruieren vermag“.[59] Darsteller dieser Paarung waren in der Uraufführung Fritz Schediwy/Ernst Stötzner sowie später Christian Habicht/Rainer Philippi, Rudolf Wessely/Fred Stillkrauth und Robert Meyer/Branko Samarovski.

Gert Voss und Ignaz Kirchner traten am Wiener Burgtheater in zahlreichen Stücken als Duo auf, meist in den schwarzen Komödien von George Tabori (Goldberg-Variationen, 1991) oder in Neil Simons Die Sunshine Boys (2003), aber auch in Samuel Becketts Endspiel und in Jean Genets Die Zofen. Begonnen hatte ihr gemeinsames Auftreten in klassischen Stücken wie Shakespeares Der Kaufmann von Venedig (Shylock/Antonio) und Othello (Othello/Jago). „Wie Shylock und Antonio, wie Othello und Jago sind auch Mr. Jay und Goldberg ein sadomasochistisches Männerpaar – eine Kombination wie Herr und Knecht, Vater und Sohn, Laurel und Hardy.“[60] Voss bildete eine solche Komiker-Partnerschaft auch mit Branko Samarovski in Taboris Requiem für einen Spion (1993).


Siehe auch



Einzelnachweise


  1. Henri Bergson: Das Lachen. Ein Essay über die Bedeutung des Komischen. Arche, Zürich 1972
  2. Knut Hickethier, Grenzgänger zwischen Theater und Kino, Edition Mythos Berlin, 1986
  3. Eines der berühmtesten Komikerduos (Memento des Originals vom 12. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hanisauland.de
  4. Werner Scheyder 1001 Lachen. kurier.at
  5. Markus Kupferblum: Die Philosophie des Clowns. (Memento des Originals vom 25. Mai 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/abenteuer-philosophie.com (PDF)
  6. Clowns-Historie im Renz.
  7. Beppo Beyerl: Die Dressur des Zwerchfells. In: Wiener Zeitung, 20. Mai 1998; abgerufen am 20. November 2013
  8. Der Clown
  9. Stefan Schlenker: Der Clown – Geschichte, Entstehung, Entwicklung.
  10. Julia Sobieszek: Zum Lachen in den Keller. Der Simpl von 1912 bis heute. Amalthea, Wien 2007, ISBN 978-3-85002-610-9
  11. Karl Valentin und Liesl Karlstadt. auf: br-online.de
  12. 3sat.de Liesl Karlstadt und Karl Valentin. Fernsehfilm über das berühmte Komikerpaar
  13. Georg Wacks: Die Budapester Orpheumgesellschaft. Holzhausen, Wien 2002, ISBN 3-85493-054-2.
  14. Jewish Comedians (PDF)
  15. Die Tadbrothers: deutsch-jüdisches Komikerpaar. auf: compass-infodienst.de
  16. schuettekeller.de
  17. daszelt.ch
  18. ohnerolf.ch
  19. lapsus.ch
  20. diepresse.com
  21. walter-riml.at
  22. ghetto-theresienstadt.de
  23. cinegraph.de Cinegraph: Siegfried Arno
  24. von-zeit-zu-zeit.de (Memento vom 12. Mai 2014 im Internet Archive)
  25. Rudis Welt. In: Der Tagesspiegel, 31. Dezember 2002.
  26. Joan-Kristin Bleicher: Vom Volkshumor zur Comedy. Streifzüge durch die Humorgeschichte des Fernsehens. (Memento vom 12. Mai 2014 im Internet Archive) (PDF; 200 kB) Hochschule der Medien Stuttgart, 2004, S. 83.
  27. Siehe z. B. Optiker-Sketch bei Harald und Eddi und The Two Ronnies (Memento vom 31. Januar 2014 im Internet Archive).
  28. FOCUS-Online, 29. Oktober 2007
  29. Das Komikerduo In: Sven Bulla: Von der Music Hall zur Filmfarce. GRIN, 2008, ISBN 978-3-640-23206-2, S. 10.
  30. abbottandcostello.net
  31. The Story Of Bert Wheeler & Robert Woolsey (Memento vom 15. Mai 2012 im Internet Archive)
  32. The George Burns and Gracie Allen Show (Memento des Originals vom 6. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museum.tv
  33. I love Lucy
  34. http://www.amosandy.com/
  35. Werner Groebli: Ice Skating’s Frick, Dies at 92
  36. Komiker-Duo Richard Pryor und Gene Wilder. In: Fischer Film Almanach 1992. ISBN 3-596-11198-6, S. 25. (Online in der Google-Buchsuche)
  37. Ein seltsames Paar. auf: moviemaster.de
  38. Hans J. Wulff: Star Trek zwischen Populärkultur und Wissensagentur. (PDF; 176 kB) derwulff.de
  39. David Sterritt: Monty Python's New Life. In: csmonitor.com. 11. Januar 2002, abgerufen am 13. Januar 2021.
  40. Komikerduo Pat und Patachon. In: Harm G. Schröter: Geschichte Skandinaviens. C. H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-53622-9, S. 78. (Online in der Google-Buchsuche)
  41. doncamillo.homepage.t-online.de
  42. critic.de
  43. Raymonde Temkine, Pierre Temkine, Valentin Temkine: Warten auf Godot. das Absurde und die Geschichte. Hrsg.: Denis Thouard, Tim Trzaskalik. Matthes & Seitz, Berlin 2008, ISBN 978-3-88221-714-8.
  44. Balagancik und Commedia dell’arte.
  45. Georg Kasch: Drahtzieher, Puppenspieler.
  46. stattgespraech.de (Memento des Originals vom 31. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stattgespraech.de
  47. Johann Nestroy. In: Herbert Küsel: Zeitungsartikel. Lambert Schneider, Heidelberg 1973, S. 230. (Online in der Google-Buchsuche)
  48. Gina Thomas: „Godot“ in London: Becketts Entertainer – FAZ.net
  49. Arts, 27. Januar 1953; zit. nach Deirdre Bair, Samuel Beckett. Traduit de l‘anglais par Léo Dilé, Paris 1978
  50. Manuela Reichart: Späte Ehrenrettung eines Komikerduos. Über Sven Hanuscheck: Laurel und Hardy. Eine Revision. Zsolnay Verlag, Wien 2010, ISBN 978-3-552-05506-3.
  51. Show-Spaß mit Godot. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1988, S. 237 (online).
  52. Richard Reich: Fröhliches Warten auf Godot. In: Berliner Zeitung, 27. März 1999
  53. Josefa Beyer: Review: Rosencrantz & Guildenstern are dead.
  54. Fernando Arrabal: Der unglaubliche Ubu und sein „Toiletgate“ (El 'presidente-Ubu' y el 'retrete-gate'). El Mundo
  55. Christine Wahl: Ruepels Traum. In: Der Tagesspiegel, 24. Mai 2008.
  56. derwesten.de
  57. Theater Vom Ende Des 1.WK Bis Zum Ende Des 2.WK (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive)
  58. Petra Hallmayer: Der beschürzte Mann.
  59. Matthias Heine: Faustel und Gretel verirrt im Wald der Wörter. In: Die Welt. 28. April 2001.
  60. Theater Heute, August 1991



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