Lois Weinberger (* 24. September 1947 in Stams[1]; † 21. April 2020 in Wien[2]) war ein österreichischer Künstler, der maßgeblich die neue Debatte um „Kunst-Natur“ ab den 1990er Jahren mitbestimmte.
Lois Weinberger in seinem Gebiet in Gars – 2017Bahngleis, Neophyten aus Süd- und Südosteuropa, Länge 100 m (documenta 10, 1997)
Werk
Weinberger arbeitete an einem poetisch-politischen Netzwerk, welches den Blick auf Randzonen lenkt und Hierarchien unterschiedlicher Art infrage stellt. Weinberger verstand sich als Feldarbeiter und begann in den 1970er Jahren mit ethnopoetischen Arbeiten wie die „fragmentarische Bestandsaufnahme“ seines Geburtsortes Stams, die eine Basis bildet für die seit Jahrzehnten entwickelte künstlerische Auseinandersetzung mit dem Natur- und Zivilisationsraum. Ruderal Pflanzen, die alle Bereiche unseres Lebens tangieren, sind Ausgangs- und Orientierungspunkt für Notizen, Zeichnungen, Fotos, Objekte, Texte, Filme und Arbeiten im öffentlichen Raum.
Mit seiner konsequenten Pflanzenkunst verfolgte er die Aufwertung des Wildwuchses und des Unkrautes, die in seinem Werk Metaphern waren für alles Unerwünschte und Dissidente. Weinberger sprach sich gegen das Geordnete, Reine und übersichtlich Angelegte von Zivilisation und Gartenbaukunst aus; ihm war der Schutz des scheinbar nutzlosen Unkrautes und die Kunst des botanischen Widerstands der archimedische Punkt seiner Vegetationsästhetik.
Weinberger hat nach dem Mauerfall das Gestrüpp im Berliner Todesstreifen begossen, als ob es so wertvoll wäre wie ein Rosengarten.[3] 1991 bis 1992 entwirft Weinberger den WILD CUBE – eine Torstahl-Einfriedung, in der die Aufforstung durch Spontanvegetation erfolgt, ohne menschliches Zutun – RUDERAL SOCIETY – eine Lücke im urbanen Raum.
Gleichzeitig beginnt Weinberger mit den subversiven Pflanzentransfers in angeeigneten Gebieten der Stadt wie im Landschaftsraum.
1993 entsteht die Arbeit „BRENNEN und GEHEN“, Weinberger reißt im Sommer während der Festspielzeit am Platz vor der Szene Salzburg den Asphalt auf und überlässt dieses 8 × 8 Meter große, eingefriedete Gebiet sich selbst. 1997 wird diese Arbeit zur documenta X auf dem Parkplatz des Kulturbahnhofs und 1998 in Tokio erneut installiert.
Ebenfalls zur documenta X bepflanzte Weinberger ein stillgelegtes Bahngleis von 100 Metern mit Neophyten aus Süd- und Südosteuropa, das zur international beachteten Metapher für die Migrationsprozesse unserer Zeit wurde und mit seinen poetisch-politischen Bezügen weit darüber hinausweist. Seit 2015 wird die Arbeit restauriert und weiterhin als Kunstwerk in Kassel verbleiben.
2009 hat Weinberger für den österreichischen Pavillon der Biennale Venedig in die Giardini einen Komposthaufen gesetzt und schuf dieser Spontanvegetation einen Raum mit Strukturen. 2017 war Weinberger zur documenta 14 in Athen und Kassel eingeladen. Im Park der Karlsauen zog er eine lange Schneise durch den englischen Rasen, um zwischen den Spazierwegen ein „Flüchtlingslager“ fürs Unkraut zu eröffnen. In Athen wiederum zeigte er in einer Vitrinenausstellung das biografische Unkraut seiner Familiengeschichte, das sich bei der Sanierung des elterlichen Bauernhofs unter den Dielen abtragen ließ.
„Belassene Gärten der Vielfalt entsprechen heutigen Dringlichkeiten / dem Bemerken von Zäsuren / Verbindungen und ihren Vibrationen / den Garten als Zeichen des freiwilligen Verzichts / der Gelassenheit / des Nichteingreifens zu sehen. Brachen / Peripherien sind Gärten und Orte / in denen sich die Grenzen als Bewegtes / Unsicheres zeigen.“ L.W. 1990
Biografie
Lois Weinberger
Lois Weinberger lebte mit seiner Frau Franziska in Wien, Gars am Kamp und Innsbruck.
Preise, Stipendium, Professur
2014 Kunstpreis der Klocker-Stiftung Innsbruck
2010 Würdigungspreis für Bildende Kunst des Landes Niederösterreich
2006 Tiroler Landespreis für Kunst
2005 Ehrenzeichen der Leopold Franzens Universität Innsbruck
2005 Würdigungspreis für Bildende Kunst, BKA Wien
1999 Großes Kunststipendium des Landes Tirol
1999 RBB Bank Preis, Graz
1998 Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst
1994–95 Atelierstipendium Künstlerhaus Bethanien, Berlin
1993–94 Professur an der Akademie Karlsruhe
1985 Förderungspreis für Bildende Kunst, BUMUK Wien
Vorlesungen und Vorträge 2014–1996 (Auswahl)
„Die Erfindung der Landschaft“, Pinakothek der Moderne, München; Architekturmuseum der TUM
„Naturally Hypernatural — Concepts of Nature“, Konferenz Universität Graz + School of Visual Arts New York + Universalmuseum Joanneum Graz
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