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Park Fiction ist ein seit Mitte der 1990er Jahre bestehendes künstlerisches und gesellschaftspolitisches Projekt in Hamburg.

Park Fiction
Park Fiction

Der Anlass


Anwohner der Gegend um den Pinnasberg in Altona-Altstadt und aus dem angrenzenden St. Pauli forderten anstelle der beabsichtigten Wohn- und Bürobebauung 1994 erstmals einen öffentlichen Park für ihr dicht bebautes Viertel. Außerdem wollten sie den von Rocko Schamoni ins Leben gerufenen Golden Pudel Club erhalten, der vom Abriss bedroht war (Genaueres unter Antonipark). Die Nachbarschaftsinitiative, der auch soziale Einrichtungen, die einzige Schule des Quartiers und einzelne Künstler angehörten, fertigte erste Skizzen für den Park an und warb in den Medien für ihr Projekt. Aus dieser vielschichtigen Zusammenarbeit ging das Projekt Park Fiction hervor.

Teil des Parks, im Hintergrund die St.-Pauli-Kirche
Teil des Parks, im Hintergrund die St.-Pauli-Kirche

Das Projekt


Die Künstler Christoph Schäfer und Cathy Skene, von der Hamburger Kulturbehörde eingeladen, ein Projekt für Kunst im öffentlichen Raum zu entwickeln, schrieben in Abstimmung mit dem Hafenrandverein ein Konzept unter dem Titel Park Fiction.

Dabei ging es im Kern um eine radikale Demokratisierung von Planungsprozessen mit künstlerischen Mitteln, für den die Künstler den Begriff der Wunschproduktion[1] prägten. Ein weiterer Aspekt, der Park Fiction von den bis dahin üblichen Beteiligungsverfahren unterscheidet, ist der Parallele Planungsprozess[2]: Denn die Initiative organisierte die Planung im Stadtteil schon ab 1995 völlig unabhängig von Politik und Behörden, als nachbarschaftlicher Austausch, und erarbeitete sich auf diese Weise eine enorme Legitimität gegenüber der amtlichen Planung, die zu diesem Zeitpunkt noch einen Verkauf des Geländes und eine geschlossene Bebauung vorsah. Konkret entwickelten die Künstler als Teil der Initiative erste Fragebogen, Vorträge zu „Parks & Politik“, Ausstellungen, offene Workshops, Planungswerkstätten mit sozialen Einrichtungen wie dem Kinderhaus am Pinnasberg und Diskussionen.

1997 wurde ein Planungscontainer vor Ort aufgestellt. Anwohner aller Altersgruppen beteiligten sich mit Ideen und Zeichnungen, konzipierten u. a. einen Seeräuberinnen-Brunnen, ein Open-Air-Solarium, den Fliegenden Teppich (ein wellenförmiges Rasenstück), ein tulpengemustertes Tartanfeld, mobile Palmeninseln oder Postfächer für Jugendliche, die unkontrolliert Post erhalten wollen. Die Künstler und Architekten fertigten nach diesen Vorgaben Planungsskizzen an. Ein Film von Margit Czenki (Park Fiction – die Wünsche werden die Wohnung verlassen und auf die Straße gehen, 1999) wurde vor Ort und international gezeigt. Nach Ausstellungen in Wien, Berlin, Zürich und Biella wurde das Projekt auch auf der Documenta11 in Kassel 2002 ausgestellt.

Der „Antonipark“ wurde schließlich zwischen Sommer 2003 und Sommer 2005 realisiert.[3]

Im Juni 2013 wurde der Park im Rahmen einer Solidaritätskundgebung für die Protestierenden in Istanbul in „Gezi-Park Hamburg“ umbenannt.[4][5][6]


Künstlerische Einordnung


Das Kunstprojekt bezieht sich auf die Theorie und die Praxis der Situationisten (Stadtplanung), der Theoretiker Gilles Deleuze und Félix Guattari, des Metaphilosophen Henri Lefèbvre und auf die Arbeit der Konzeptkünstler Dan Graham und Stephen Willats. Es gibt Verbindung zum erweiterten Kunstbegriff der Sozialen Plastik von Joseph Beuys. Park Fiction organisierte die kollektive Wunschproduktion, den öffentlichen Planungsprozess für den Park als Spiel. Statt eines autonomen Werks schafft das Projekt Plattformen des Austauschs und „Tools“ für die gemeinsame Produktion: einen Planungscontainer, ein „Knetbüro“, ein Wunscharchiv, oder den „Action Kit“, ein tragbares Planungsstudio. Der gemeinsam gestaltete öffentliche Raum, die Veröffentlichungen, die Aktionen, entstanden in Zusammenarbeit mit den Anwohnern selbst, bilden das Kunstwerk.

„Es geht bei der kollektiven Wunschproduktion darum, neu zu bestimmen, was die Stadt ist, darum, ein anderes Netz über die Stadt zu legen, sich die Stadt anzueignen, überhaupt sich vorzustellen, wie es anders laufen könnte, und dann das Spiel nach anderen Regeln zu spielen.“

Christoph Schäfer: Film Park Fiction – die Wünsche werden die Wohnung verlassen und auf die Straße gehen

Ausstellungen



Veröffentlichungen



Literatur



Film, Video





Siehe auch



Einzelnachweise


  1. Stephan Lanz: Die Macht der Wünsche. In: Philipp Oswalt (Hrsg.): Schrumpfende Städte. Band 2. Hatje Canz, Ostfildern-Ruit 2005, ISBN 3-7757-1558-4, S. 823.
  2. Agnes Förster, Christian Holl, Antonia Bourjau: Baukultur instant – Perspektiven für einen ergänzenden Gestaltungs- und Planungsansatz. In: Christian Holl (Hrsg.): Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Referat I 7 Baukultur und Städtebaulicher Denkmalschutz. frei04 Publizistik, Stuttgart 2020, S. 45.
  3. Axel P. Schröder: Skript: 30 jahre Hamburger Hafenstraße. In: Deutschlandradio Kultur. 2. Januar 2012. (archive.org) (PDF; 3,84 kB; 11 Seiten)
  4. Park Fiction wird Gezi Park Hamburg. In: Indymedia. 16. Juni 2013.
  5. hh-mittendrin: Davide Martello im Gezi Park Fiction/, 8. Juli 2013.
  6. park-fiction.net: Park Fiction wird Gezi Park Hamburg – heute Sonntag, 16. Juni, 18 Uhr, park-fiction.net




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