Rattelschneck ist ein deutsches Comicduo, das aus Marcus Weimer (* 1963 in München) und Olav Westphalen (* 1963 in Hamburg) besteht und seit den 1990er Jahren Cartoons unter anderem in Titanic, Kowalski, junge Welt, die Süddeutsche Zeitung, die FAZ, 11 Freunde und Die Zeit veröffentlicht.
Der Name Rattelschneck ist eine Verballhornung des englischen Worts ,rattlesnake‘ (,Klapperschlange‘). Von den ursprünglich fünf Mitgliedern sind heute noch Marcus Weimer und Olav Westphalen aktiv.[1] Weimer und Westphalen lernten sich 1986 an der Hochschule für bildende Künste Hamburg im Rahmen einer Gastprofessur von F. K. Waechter kennen.[2] Über ihr Programm sagen sie selbst: „Rattelschneck ist keine Person, sondern ein Kollektiv; gegründet als utopisches Projekt“.[3] Rattelschneck veröffentlicht Cartoons und Comicstrips mit einer sehr charakteristischen Form absurden Humors. Die Zeit schrieb 1993 über Rattelschneck:
„Die Welt von Rattelschneck ist nicht nur kindlich, abgründig und erzieherisch äußerst wertvoll. Sie ist auch schlecht gezeichnet. Da wird geschlampt und geschmiert, und es spucken die Kugelschreiber vor sich hin. Dieses ästhetische Unvermögen freilich ist Ergebnis einer gediegenen graphischen Ausbildung […] Und es ist das, was die Kunstgeschichtsschreibung einen ‚Stil‘ nennt, nämlich jener der caricature brute.“[4]
Weimer lebt in Berlin, wo er als Gagwriter unter anderem für Olli Dittrich arbeitet. Westphalen lebte als freier Künstler in New York, wo seine Skulpturen und Zeichnungen in internationalen Galerien ausgestellt und in zahlreichen Büchern veröffentlicht wurden. Westphalen ist heute Professor für Performancekunst an der Königlichen Kunstakademie in Stockholm.[5]
Rattelschnecks bekannteste Figur war „Stulli“, die Hauptfigur des bis 2012 in der Titanic erschienenen Comicstrips Stulli, das Pausenbrot. Stulli bezeichnet sich in jedem Comic als „schön mit Margarine beschmiert und dick mit Fleischsalat belegt“. Die Figur ist vom Wunsch besessen, aufgegessen zu werden, der ihm stets verwehrt bleibt. Häufig übergeben sich die von Stulli angesprochenen Figuren mit dem Inflektiv „würg“. Die Formulierung „schön mit Margarine beschmiert und dick mit Fleischsalat belegt“ wurde zum geflügelten Wort und wird unter anderem im Comic Die Schlacht von Wosiegrad (2006) von Katz & Goldt zitiert.[6] Klaus Cäsar Zehrer vergleicht Stulli mit Robert Gernhardts Comicfigur „Schnuffi“:
„Ein Pausenbrot ist als Serienheld fraglos um Längen blöder als ein nilpferdartiger Humanoid [i.e. Gernhardts ‚Schnuffi‘], der gewollt grobschlächtige, kindische Zeichenstil Rattelschnecks unterstützt die intendierte Ferne an Feingeistigkeit wirkungsvoller als Gernhardts sauberer Strich, und die Rinde als Ehefrau des Pausenbrots gibt eine abwegigere, weniger vorhersehbare Pointe ab. Der gezeichnete Nonsens ist seit Gernhardts Frühzeit erheblich dreister und drastischer geworden.“[7]
Weitere Figuren sind „Rümpfchen“ (ein Männlein ohne Arme und Beine), die „Skyfuckers“, „Wonderbra Bernd“, „Trompi der Elefant“ und „Lebkuchen Jonny“.
In der Juniausgabe 1999 der Titanic erschien eine Rattelschneck-Karikatur mit der Unterschrift „Über mir schwebte das Damenkloschwert. Ich hatte mich in der Tür geirrt“. Das Wort „Damenkloschwert“ ist ein Malapropismus der Redewendung vom Damoklesschwert. Auf der Karikatur ist ein Mann zu sehen, der irrtümlich die Damentoilette betreten hat und über dem ein Schwert hängt.[8][9] Der Schriftsteller Max Goldt zitiert das Wort in seinem Tagebuch-Buch Wenn man einen weißen Anzug anhat.[10] Der Übersetzer Ulrich Blumenbach verwendet das Wort in einer Übersetzung von David Foster Wallace.[11]
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