William Ernst Hermann Wauer (* 26. Oktober 1866 in Oberwiesenthal; † 10. März 1962 in West-Berlin) war ein deutscher Bildhauer, Maler, Pädagoge und Filmregisseur.
Wauer-Porträtfoto, 1919
Leben
Ausbildung
Der Sohn des evangelisch-lutherischen Diakons Johann Carl Ernst Wauer und seiner Frau Wilhelmine, geborene Knobloch, studierte nach dem Besuch der Gymnasien in Dresden und Halle von 1884 bis 1887 an den Kunstakademien in Dresden und Berlin, danach in München. Zwei Jahre lang bildete er sich in San Francisco und New York weiter, anschließend studierte er noch ein Semester Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität in Leipzig.
Beruflicher Werdegang
Umschlag von Quickborn, Heft 4 (1899), illustriert von Edvard Munch
Wauer arbeitete ab 1888 als Kunstkritiker der Zeitschrift XX.Jahrhundert und als Feuilletonredakteur einer Tageszeitung. 1891 übernahm er die Leitung des Leipziger Tagesanzeigers, die als Redaction und Expedition des Leipziger Tagesanzeigers (W. Wauer) firmierte.[1] Von 1896 bis 1897 lebte Wauer in Rom, um 1900 gab er die Monatszeitschrift Quickborn heraus. Zeitweise war er für die Reklameabteilungen der Firmen Lingnerwerke (Dresden), Kupferberg, Kathreiner, Exterikultur und Stollwerck tätig, auch entwickelte er die Werbung für das Zahnpflegemittel Odol.[2]
Zusammen mit Theodor Fritsch gründete er den Dresdner Tagesanzeiger und war Verleger der Kunstzeitschrift Dresdner Gesellschaft. Dort schrieb Wauer auch Theaterkritiken. 1905 absolvierte er die Regieklasse der Schauspielschule des Deutschen Theaters. Im September 1906 gründete er mit seinem Bruder Gerhard Wauer (1869–1945) die Künstlerisches Theater William & Gerhard Wauer OHG[3], die im Januar 1907 in die Künstlerisches Theater GmbH umgewandelt wurde[4]. Er war dann Theaterregisseur am Deutschen Theater unter Max Reinhardt, am Hebbel-Theater und schließlich Direktor am Kleinen Theater Unter den Linden. 1911 inszenierte er hier mit großem Erfolg Herwarth Waldens Pantomime Die vier Toten der Fiametta. Er arbeitete zugleich als Redakteur mehrerer Kunstzeitschriften, so Der Sturm, dessen Künstlergruppe er 1912 beitrat, Die Schaubühne und Gesellschaft für Bühnenkunst.
Ab 1913 drehte Wauer einige Kinofilme. Er begann mit einer Biografie Richard Wagners mit Giuseppe Becce in der Titelrolle. 1915 setzte er Bernhard Kellermanns Science-Fiction-Roman Der Tunnel um. Am 1.Februar 1916 gründeten die Brüder Wauer die W.-W.-Filmgesellschaft Wauer & Co. (1916–1917), mit der sie sechs Spielfilme herstellten.[5] Im Januar 1917 übernahm Wauer die technische Leitung der Flora-Film-Gesellschaft in der Charlottenstraße[6] in Berlin-Mitte, im Juni desselben Jahres wurde er Geschäftsführer der neu gegründeten Firma Kultur Film GmbH[7]. 1916 bis 1920 fungierte er als Vorstandsmitglied des Berliner Filmclubs e.V. Im Jahr 1920 wohnte Wauer in der Paulsborner Straße 91 in Berlin-Wilmersdorf.[8]
Gedenkstein vor dem Geburtshaus von Wauer in der Bahnhofstraße neben dem Pfarrhaus, Oberwiesenthal
1918 beteiligte er sich erstmals mit eigenen Skulpturen an der 61.Ausstellung der Galerie Der Sturm und im Sommer 1922 an der 65.Ausstellung. Dabei machte er sich einen Namen als Porträtist, unter anderem durch kubistische Büsten von Herwarth Walden (1917),[9] dessen Frau Nell (1918) und Albert Bassermann (1918), später von Friedrich Ebert und Paul von Hindenburg (jeweils 1926).
Am 14. Oktober 1920 führte Wauer im Dresdner Albert-Theater eine Neufassung der Pantomime Die vier Toten von Fiametta mit seinen Bühnenbildern unter Verwendung seiner Skulpturen auf. In den 20er Jahren wirkte Wauer auch für das Bauhaus von Walter Gropius. 1922 erschien die dritte Bauhaus-Mappe mit seiner Lithografie Komposition mit ovalen Formen. 1924 gründete er die Internationale Vereinigung der Expressionisten, Kubisten, Futuristen und Konstruktivisten (später umbenannt in Die Abstrakten) und war bis zum Verbot 1933 deren Vorsitzender. Von 1928 bis 1933 arbeitete er für den Berliner Rundfunk, wo er zusammen mit seiner Frau Ursula Scherz die Sendungen Kinderbastelstunden und Frauenstunden für künstlerische Handarbeiten leitete.
Grabstätte Wauers auf dem Waldfriedhof Dahlem
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 beendete die vielfältigen Aktivitäten Wauers. Trotz seiner Versuche, sich den neuen Machthabern anzudienen,[10] wurden seine Werke zur Entarteten Kunst gezählt.
1937 wurde in der Aktion „Entartete Kunst“ seine Lithografie Komposition mit Ovalen (34,7 × 28,6 cm, 1921; Blatt 14 der 3. Mappe Neue europäische Graphik. Deutsche Künstler, Bauhaus Drucke, Weimar, 1921) aus dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste Breslau, der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz, dem Museum für Kunst und Heimatgeschichte Erfurt, dem Wallraf-Richartz-Museum Köln, dem Schlossmuseum Weimar und dem Nassauischen Landesmuseum Wiesbaden als Bestandteil der Mappe beschlagnahmt. Davon wurden fünf Exemplare vernichtet. Weitere gingen zur „Verwertung“ auf dem Kunstmarkt an die Kunsthändler Bernhard A. Böhmer und Hildebrand Gurlitt. Ihr Verbleib ist ungeklärt. Das Exemplar aus dem Erfurter Museum konnte nach 1945 sichergestellt werden und befindet sich im Angermuseum Erfurt.[11] 1941 erteilte die Reichskulturkammer Wauer ein Arbeitsverbot. Erst nach 1945 konnte er seine künstlerische Tätigkeit fortsetzen und beteiligte sich wieder mit Skulpturen, Bildern und Grafiken an Ausstellungen. Er arbeitete als Dozent an der Volkshochschule in West-Berlin und war mehrere Jahre Vorstandsmitglied des Verbands der Volkshochschuldozenten. Ab 1957 war er Vorsitzender des Verbands Deutscher Kultureinheit, zudem wurde er Ehrenmitglied des Verbands der Berliner Kunst- und Antiquitätenhändler.
Der dreimal verheiratete Wauer war Vater eines Sohnes (Hans, * 1904, der sich später als Schriftsteller einen Namen machte[12]). William Wauer ist auf dem Waldfriedhof Dahlem bestattet. Sein Grab ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.
Filmografie (als Regisseur)
1913: Richard Wagner (auch Drehbuch und Darsteller)
1913: Bismarck
1914: Silvesterfeier im Schützengraben (auch Drehbuch)
1914: Der Sieger (auch Drehbuch)
1915: Auf der Alm
1915: Der geheimnisvolle Wanderer
1915: Der Loder
1915: So rächt sich die Sonne
1915: Der Tunnel
1916: Die Gräfin Heyers
1916: Entehrt (auch Drehbuch und Produktion)
1916: Im Bewußtsein der Schuld (auch Drehbuch)
1916: Rosa kann alles
1916: Peter Lump (auch Drehbuch und Produktion)
1917: Die Prokurators Tochter (auch Drehbuch)
1917: Am Abgrund (auch Drehbuch und Produktion)
1918: Lorenzo Burghardt
1918: Menschen, die durchs Leben irren
1918: Dr. Schotte
1918: Die Brüder von Zaarden
1918: Vater und Sohn
1918: Frauen, die der Abgrund verschlingt
1919: Die Gespenster von Garden Hall
1919: Hungernde Millionäre
1919: Die Tochter des Henkers
1919: Carewicz
1920: Masken
1921: Die Nächte des Cornelis Brouwer
1921: Schönheit des Lebens (Uroda zycia)
Veröffentlichungen
Der Kunst eine Gasse! Kritische Beiträge zur Theaterreformen. Berlin[?] 1891; 2. Auflage: Seemann, Berlin 1906.
Alter. Hg. und der Jugend gewidmet von... zum 1. April. G. Wauer, Berlin 1898.
Die Kunst im Theater. Bemerkungen und Gedanken. Priber & Lamuers, Berlin 1909.
Die künstlerische Grundlagen des Films. In: Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 21, 1915, S.5–12.
Der Streit um den Faustfilm. In: Der Film, Nr. 37, 1916, S. 32.
Theater als Kunstwerk. Das Sturm-Buch. Sturm-Verlag, Berlin 1919.
Das Wissen um Expressionismus. Führer durch die Ausstellung der Abstrakten. Berlin 1926.
Hefte für Bastelkunst. Das rote Heft (Für Kinder von 6 bis 10 Jahren). Safari, Berlin 1931.
Hefte für Bastelkunst. Das grüne Heft. (Für Kinder von 10 bis 14 Jahren). Safari, Berlin 1931.
(mit Ursula Scherz): Hefte für Bastelkunst. Das gelbe Heft (Für Jugendliche und Erwachsene). Safari, Berlin 1931.
1927,1928 und 1929 Plastiken von Wauer wurden auf der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt, erhielten auch Auszeichnungen[21]
1980 fand im Skulpturenmuseum Glaskasten Marl die Ausstellung William Wauer. Skulpturen und Gemälde statt.[13]
1991 zeigte die Galerie am Markt in Annaberg-Buchholz die Exhibition Wilhelm Wauer (1866-1962). Malerei und Plastik[13]
Seit 2014 werden verschiedene Werke, vor allem Gemälde und Skulpturen, in der Dauerausstellung des Wiesenthaler K3, dem Museum der Stadt Kurort Oberwiesenthal gezeigt.[26][27] Die Kuratoren haben insbesondere seine künstlerische Vielseitigkeit herausgearbeitet. Auch pädagogisches Neuland hat Wauer beschritten, denn er arbeitete erstmals mit behinderten Kindern.
2011: William Wauer und der Berliner Kubismus, Georg-Kolbe-Museum, Berlin, danach Edwin-Scharff-Museum, Neu-Ulm
In Oberwiesenthal, Wauers Geburtsort, erhielt eine Gasse neben dem Stadtmuseums nach 1990 den Namen William-Wauer-Weg.
2019: Einzelausstellung mit Bronzeskulpturen, Malerei, Zeichnungen und Grafiken des expressionistisch-kubistischen Künstlers William Wauer in einer privaten Kunstgalerie in Berlin[28]
Vor seinem Geburtshaus in der Bahnhofstraße ließ die Stadtverwaltung ein künstlerisch gestaltetes Denkmal aufstellen. Dieses zeigt nicht die Person Wauer, sondern nennt seine Tätigkeitsfelder und Lebensdaten.
Literatur
Wilhelm Wauer und der Berliner Kubismus. Wienand Verlag, Köln 2011, ISBN 978-3-86832-056-5
Jerzy Maśnicki, Kamil Stepan: William Wauer – Regisseur, Autor, Produzent. In CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lg. 28, 1996
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Achter Band T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S.278 f.
Sonderausstellung William Wauer (Memento vom 6. Februar 2014 im Internet Archive) (PDF; 196kB), edwinscharffmuseum.de, abgerufen am 9. August 2013.
In einer am 24.Juli 1933 an Kultusminister Bernhard Rust gesandten Denkschrift bemühte sich Wauer, den Expressionismus in die nationalsozialistische Traditionslinie einzugliedern: „Ich halte unseren Führer für den Exponenten des Expressionismus, seine Genialität ist eben von Natur aus expressionistisch, wie in gleicher Weise Mussolini Futurist ist.“ «Die Brücke» als Staatskunst des Dritten Reichs?, In: NZZ, 19. Juli 2003.
Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin
Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.
2019-2025 WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии