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Jiří Fajt (* 11. Mai 1960 in Prag) ist ein deutsch-tschechischer Kunsthistoriker, Autor und Ausstellungskurator, der in Berlin lebt. Von 2014 bis 2019 war er Generaldirektor der Nationalgalerie Prag. Sein zentrales Forschungsgebiet ist die mittelalterliche und frühneuzeitliche Kunst Mitteleuropas. In den letzten Jahren widmet er sich verstärkt auch zeitgenössischer Kunst und kuratiert entsprechende Ausstellungen.

Jiří Fajt (2019)
Jiří Fajt (2019)

Karriere



Studium, Kuratorentätigkeit, Forschungsaufenthalte und Ernennung zum Generaldirektor


Jiří Fajt schloss 1983 ein landwirtschaftliches Studium an der Tschechischen Agraruniversität Prag ab und arbeitete aufgrund staatlicher Repressionen gegen Intellektuelle bis 1988 als Fensterputzer. Sein Studium der Kunstgeschichte von 1987 bis 1993 an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität bei Jaromír Homolka, Petr Wittlich und Jiří Kropáček schloss er 1993 mit dem Magister ab mit der Schrift „Die spätgotische Schnitzkunst in Prag und ihr sozialer Hintergrund (1430–1526)“.[1]

Zur gleichen Zeit begann er seine Tätigkeit als Kurator der Sammlung der böhmischen Steinskulptur des 11. bis 19. Jahrhunderts im Lapidarium des Nationalmuseums Prag (1988–1992), wo er unter anderem die Neuaufstellung des seit den 1950er Jahren der Öffentlichkeit unzugänglichen Sammlungsbestands und die Eröffnung der neuen Niederlassung des Nationalmuseums auf dem Messegelände in Prag 7 verantwortete.[2] 1992 wurde er Kurator für mittelalterliche Kunst an der Nationalgalerie Prag und zwei Jahre später Direktor der Sammlung Alter Meister ebenda.

1999 promovierte er im Fach Kunstgeschichte an der Karls-Universität mit der Schrift Die westböhmische Skulptur 1400–1475. Von 1998 bis 2001 war er Gründungsdirektor des Zentrums für mittelalterliche Kunst an der Prager Nationalgalerie. 1991 erfolgte auf Einladung des Bayerischen Nationalmuseums ein Studium bei Hans Peter Hilger in München und 1999 auf Einladung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien bei Hermann Fillitz. Zwischen 1998 und 2004 folgten Forschungsaufenthalte am Metropolitan Museum of Art in New York. Im Jahr 2000 verließ er aus eigenem Entschluss die Nationalgalerie in Prag wegen tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten mit dem damaligen Generaldirektor Milan Knížák. In der Folge wurde das Zentrum für mittelalterliche Kunst an der Prager Nationalgalerie aufgelöst.

Ab 2001 war Fajt Gastprofessor an der Technischen Universität Berlin und habilitierte sich dort 2009. Er lehrte zudem an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Prager Karls-Universität. Von 2014 bis 2019 war Fajt Generaldirektor der Nationalgalerie in Prag, bis er vom damaligen tschechischen Kultusminister aus dieser Position entlassen wurde.[3][4] Seine Entlassung führte zu Empörung und heftiger Kritik.[5][6][7][8][9]


Ernennung zum Professor der Karlsuniversität Prag


Im Juni 2014 schloss Jiří Fajt als habilitierter Privatdozent das Berufungsverfahren zum planmäßigen Professor der Karlsuniversität Prag ab. Staatspräsident Miloš Zeman lehnte jedoch im Mai 2015 die Unterzeichnung des Ernennungsbeschlusses ab. Er begründete dies damit, dass Fajt einen Sponsorenvertrag mit der Kommerzbank (Komerční banka), die damals zur Generalpartnerin der Nationalgalerie Prag wurde, ausgehandelt habe und dadurch einen Zuschlag zum Gehalt beziehen würde.[10]

Fajt wies diese Vorwürfe zurück.[11] Die Karls-Universität und Fajt reichten im November 2015 Klage gegen den Präsidenten der Tschechischen Republik ein.[12] Dieser wurde im 2018 letztinstanzlich Recht gegeben, mit der Aufforderung an Präsident Zeman, die Ernennung nicht mehr weiter aufzuschieben.[13][14] Dem ist Zeman bis Mai 2019 nicht nachgekommen.[15] Zudem bezeugte der ehemalige Präsident des Obersten Verwaltungsgerichts, Josef Baxa, der Staatspräsident habe versucht, die Gerichtsentscheidungen zu beeinflussen.[16]


Forschungs- und Ausstellungstätigkeit in Deutschland


Von 2001 bis 2007 leitete Fajt das internationale Forschungsprojekt Die Jagiellonen – eine europäische Dynastie. Kunst und Kultur in Mitteleuropa 1450–1550 am Geisteswissenschaftlichen Zentrum für Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) der Universität Leipzig.[17][18] Seitdem setzte er seine Forschungen am GWZO mit zahlreichen Projekten fort, wie dem Projekt Hofkultur in Ostmitteleuropa vom 14. bis 18. Jahrhundert (2008–2010), der Repräsentation und Nachleben spätmittelalterlicher Herrscher Mitteleuropas: Kunst – Liturgie – Geschichte ca. 1250–1550 (2011–2013) sowie dem Projekt Repräsentation als Kommunikationsmittel gesellschaftlicher Eliten Ostmitteleuropas 1250–1550 (2014–2019). Daneben initiierte Fajt zusammen mit Markus Hörsch die Reihe Kompass Ostmitteleuropa (Verlag Thorbecke), ebenso das in neun Bänden konzipierte Handbuch der Geschichte der Kunst in Ostmitteleuropa (Deutscher Kunstverlag).[19]

Fajt war zudem Initiator des Infrastrukturprojekts für die von der Leibniz-Gemeinschaft geförderte digitale Internetplattform, die 2016–2018 zusammen mit dem Herder-Institut Marburg und dem Bildarchiv Foto Marburg realisiert wurde. Er war außerdem Projektleiter folgender internationaler Großausstellungen, die am GWZO koordiniert und in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Ostmitteleuropa verwirklicht wurden.

Jiří Fajt (2014)
Jiří Fajt (2014)

Kuratorische Tätigkeit (Auswahl)



Publikationen (Auswahl)



Habilitationsschriften



Monografien




Commons: Jiří Fajt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Erschienen in: Průzkumy památek 2/1995, Beilage 1, Prag 1996, S. 112.
  2. Lapidarium of the National Museum Prague, Katalog der ständigen Ausstellung (zusammen mit Lubomír Sršeň). Prag 1993.
  3. Česká televize: Fajt probudil Národní galerii, jeho odvolání byla poprava za denního světla, říká šéf centra DOX. Abgerufen am 8. November 2019 (tschechisch).
  4. Ministr kultury odvolal ředitele Národní galerie a podal trestní oznámení. 18. April 2019, abgerufen am 8. November 2019.
  5. Christiane Peitz: Prag: Proteste gegen Entlassung von Nationalgalerie-Chef. Der Tagesspiegel, 7. Mai 2019, abgerufen am 8. November 2019.
  6. Deutschlandfunk: Kulturpolitik in Tschechien - Politisch motivierte Absetzung? Abgerufen am 8. November 2019.
  7. Alex Rühle: "Wir leben in einem tragischen Land". Süddeutsche Zeitung, 7. Mai 2019, abgerufen am 8. November 2019.
  8. Odvolání Fajta je zdrcující, vypadáme jako banánová republika, reagují odborníci | Aktuálně.cz. 18. April 2019, abgerufen am 8. November 2019 (tschechisch).
  9. Czech Culture Minister Dismisses Two Prominent Museum Directors, Sparking Protests. Abgerufen am 8. November 2019 (amerikanisches Englisch).
  10. Zeman: Nejmenuji profesorem někoho, kdo si řekl o miliónový úplatek - Novinky.cz. Abgerufen am 8. November 2019.
  11. Zeman odmítá jmenovat tři profesory. Nerespektuje nás, zlobí se rektor UK. 5. Mai 2015, abgerufen am 8. November 2019.
  12. Univerzita Karlova žaluje prezidenta Zemana. Za bojkot jmenování profesorů | Domov. 20. November 2015, abgerufen am 8. November 2019 (tschechisch).
  13. Zeman musí jmenovat profesory, rozhodl soud. Abgerufen am 8. November 2019.
  14. Prezident Zeman nejmenuje profesory Univerzity Karlovy, i když ho k tomu vyzval soud. Abgerufen am 8. November 2019 (tschechisch).
  15. Hans-Jörg Schmidt: Tschechiens Präsident auf Rachefeldzug. Abgerufen am 8. November 2019 (deutsch).
  16. Renata Kalenská: Soudcova výpověď o Zemanově útoku na justici: Dával mi jasně najevo, jak máme rozhodnout, říká Baxa. 16. Januar 2019, abgerufen am 8. November 2019 (tschechisch).
  17. ckupke: Die Jagiellonen – Polens vergessene Dynastie. 1. März 2013, abgerufen am 22. November 2019.
  18. Jagiellonen: Polens vergessene Dynastie. Abgerufen am 22. November 2019.
  19. Archäologie.online: Ein neues Standardwerk zur Kunstgeschichte Mitteleuropas. Abgerufen am 8. November 2019.
  20. 700. Geburtstag: Bayerisch-Tschechische Landesausstellung feiert Karl IV. Abgerufen am 8. November 2019.
  21. Magister Theodoricus, Court Painter to the Emperor Charles IV. Prague 1997–1998. ISBN 80-7035-161-6. (erschienen auf Tschechisch und Englisch). – Court Chapels of the High and Late Middle Ages and Its Artistic Decoration, Tagungsband. Prague 2003, ISBN 80-7035-190-X, S. 545.
  22. Štěpánka Chlumská (Hrsg.): Die mittelalterliche Kunst in Böhmen und Mitteleuropa, 1230–1530, Führer durch die ständige Ausstellung der mittelalterlichen Sammlung der Nationalgalerie Prag im Agnes Kloster. Prag 2006, ISBN 80-7035-327-9.
  23. Generální ředitel Národní galerie Jiří Fajt: Karel IV. byl pro mě výzvou - Novinky.cz. Abgerufen am 8. November 2019.
  24. Peggy Lohse: Der Dialog in Zeiten der Monologe. Abgerufen am 7. November 2019 (deutsch).
Personendaten
NAME Fajt, Jiří
KURZBESCHREIBUNG deutsch-tschechischer Kunsthistoriker
GEBURTSDATUM 11. Mai 1960
GEBURTSORT Prag

На других языках


- [de] Jiří Fajt

[en] Jiří Fajt

Jiří Fajt (born 11 May 1960 in Prague) is a Czech art historian living in Berlin and in Prague. From July 2014 to April 2019[1] he served as a Director General of the National Gallery in Prague. He is particularly interested in mediaeval and early modern arts of Central and Central-Eastern Europe. He is the author of a number of publications and successful international exhibitions.



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