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André Thomkins (* 11. August 1930 in Luzern; † 8. November 1985 in West-Berlin) war ein Schweizer Maler, Zeichner und Dichter. Er lebte ab 1952 in Deutschland und lehrte von 1971 bis 1973 als Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.


Leben und Werk


André Thomkins wurde 1930 als zweites Kind von Frida Thomkins, geborene Hersperger und dem Architekten John Thomkins in Luzern geboren. Bereits während seiner Schulzeit, die von zahlreichen Krankheiten, bedingt durch einen angeborenen Herzfehler, unterbrochen war, begann er zu zeichnen und interessierte sich für geometrische Konstruktionen.

André Thomkins: „Mundschutz gegen Gummiparagraphen“
André Thomkins: „Mundschutz gegen Gummiparagraphen“

1947 bis 1949 besuchte André Thomkins die Kunstgewerbeschule in Luzern, wechselt 1950 nach Paris an die Académie de la Grande Chaumière. Dort lernte Thomkins die Bildhauerin und Malerin Eva Schnell kennen. 1952 heirateten die beiden in Rheydt, wo Schnell als Zeichenlehrerin tätig war. Eva Thomkins, wie sie nun hiess, da sie den Namen ihres Mannes angenommen hatte, war ebenfalls bildende Künstlerin sowie Kunstpädagogin und -dozentin.[1] Im selben Jahr wurde der erste Sohn, Oliver, geboren.

André Thomkins setzte sich mit dem Surrealismus auseinander, traf auf Paul Gredinger und den Bildhauer, Maler und Zeichner Peter Storrer und erfand seine so genannte »Schwebsel«-Figur. In dieser Zeit lernte Thomkins auch die Künstler Dieter Roth und Daniel Spoerri kennen, mit denen er gemeinsam arbeitete und ausstellte.

1953 erstellte André Thomkins seine ersten Lithografien im Eigendruck. In Ascona kam sein zweiter Sohn, Nicolas auf die Welt, welcher heute als Designer arbeitet. 1954 erfolgte ein Umzug nach Essen, dort 1955 die Geburt des dritten Sohnes Anselm. Hier machte André Thomkins seine ersten Zeitungsüberzeichnungen (Vexierklischees). Er liess sich beim Streichen durch die Oberflächenspannung von Lacken verführen, das war die Entdeckung der Lackskin-Technik und die ersten kleinen „Lackskins“ entstanden.

„Ein Tropfen oder ein zähflüssiger Faden von Lackfarbe fällt auf das Wasser, breitet sich darauf aus und besetzt die Oberfläche. Die Zeichnung, die entsteht, kann fortwährend verändert werden, mit Mitteln, deren Wirkung ein Wechselspiel zwischen künstlichen und natürlichen Kräften auslöst: bläst man auf den Lack, so treibt er auseinander in der gewünschten Richtung, löst sich in Graustufen von photographischer Feinheit auf und suggeriert Plastizität. Mit Tropfen und Faden von Lack, die auf das entstehende Bild geworfen bzw. geführt werden, verändert man die Landschaft […].“

André Thomkins
André Thomkins: „Lackskin“
André Thomkins: „Lackskin“

1956 schuf er Miniaturplastiken aus Plastilin und Laubsägeblättern. 1957 entstanden erste Palindrome, Plastilinstempel-Arbeiten und das „Knopfei“ (das Ei mit dem einen angenähten Knopf). Das vierte Kind, seine erste Tochter Jenison, wurde geboren. André Thomkins befasste sich mit den Schriften und der Parapsychologie von Justinus Kerner.

„1960 begegnete er mir zum ersten Mal in der für die Avantgarde der 60er Jahre so bezeichnenden wie programmatischen Anthologie "movens". Er war dort mit dem Entwurf einer "Permanentszene" vertreten, der Vorstellung eines Theaters, in dem die dramatische Kurve des Spiels geschnitten ist, in dem die Elemente des Spiels nichts mimen und dem Erwartungskomplex des Publikums eine absolute Banalität kont[r]astiert wird.“

Reinhard Döhl: STRATEGY GET ARTS! Eine Erinnerung an André Thomkins

1961 fertigte André Thomkins seine ersten Rollagen-Arbeiten und das Bühnenbild zu Der Hausmeister von Harold Pinter, am Theater am Dom in Köln. Die zweite Tochter Natalie kam zur Welt. Der deutsche Regisseur Carlheinz Caspari und der Schauspieler und Filmemacher Alfred Feussner gründeten in Köln das Labyr, eine bislang unbeschriebene ästhetisch-ethische Denkfigur und Kulturtechnik, die alle bisherigen künstlerischen Modelle an Radikalität überbietet. Thomkins stiess dazu mit vielen Labyr-Aktivität bis 1964/1965. Das Projekt war für ihn von zentraler Bedeutung.

1962 begann Thomkins mit der Lackskin-Serie Die Astronauten und entwarf für das Theater am Dom in Köln das Bühnenbild zu Edward Albees Der amerikanische Traum.

1963 war die Fertigstellung der grossen Lackskins für die Jakobuskirche von Eckhard Schulze-Fielitz aus Stahlrohr und Kunststoff in Düsseldorf-Eller. 1964 schaffte Thomkins die „Shadowbuttoneggs“ (Knopfei-Schatten), studierte 1965 altmeisterliche Maltechniken und arbeitete an miniaturartigen Plastiken aus Ton, die sogenannten „Keramiktürmchen“.

1966 wurde die renovierten reformierten Kirche in Sursee mit zehn Glasfenstern von André Thomkis eingeweiht. 1967 schuf er zwei grosse Glasfenster für die Schule in Köln-Mülheim, im Zuge der Umbauten durch den Architekten Erich Schneider-Wessling, heute die André-Thomkins-Schule.

Zusammen mit Dieter Roth und Daniel Spoerri schuf Thomkins die sogenannte Eat Art, („Ess-Kunst“), Kunstwerke und Aktionen, die mit dem Thema Essen in Beziehung stehen. 1968 wurde das „Restaurant der Sieben Sinne“ von Daniel Spoerri eröffnet. An der Aussenfassade hingen die Palindrom-Schilder von André Thomkins, welche sich heute im Skulpturengarten Il Giardino bei Seggiano befinden. Über die Jahre hatte Thomkins über hundert Palindrome, mit vor- und rückwärts zu lesenden Wörtern oder Wortfolgen, in Form von blauen Straßenschildern mit weißer Schrift kreiert:

„STRATEGY: GET ARTS“

„oh cet écho!“

„nie reime, da kann akademie rein“

1969 entstanden diverse Gummiobjekte, wie die Serie Rocker und der "Zahnschutz gegen Gummiparagraphen" (siehe Portraitfoto). Sein jüngster Sohn Anselm starb an den Folgen eines Verkehrsunfalls, gefolgt von 1970 seinem ersten Sohn Oliver, welcher an den Folgen eines Motorradunfalls starb.

1970 entstanden erste Paraphrasen nach Werken von Jacques Callot, Johann Heinrich Füssli, Arnold Böcklin und 1971 erste Drucke auf eigener Radierpresse. Von 1971 bis 1973 lehrte André Thomkins Malerei und Grafik an der Kunstakademie Düsseldorf. Er verließ diese, um sich wieder der eigenen Arbeit widmen zu können. 1972 entwarf er das Bühnenbild zu Tristan Tzaras Gasherz und Illustrationen zum Spielplanheft des Schauspielhauses Düsseldorf. In der Zeit 1971 bis 1975 reiste Thomkins viel. In den folgenden Jahren erlitt er immer wieder Herzanfälle und lehnte 1975 das Angebot einer Professur an der Akademie der Bildenden Künste München ab.

1976 verfolgte er eine Drucktätigkeit in der Radierwerkstatt Peter Kneubühlers in Zürich, ein Projekt des Druckgrafik-Verzeichnisses mit dem Galeristen Pablo Stähli und gemeinsame Pantographenzeichnungen mit Robert Filliou. 1978 siedelte André Thomkins von Essen nach Zürich um und mietete sich im Kulturzentrum „Rote Fabrik“ ein Atelier. 1979 beteiligte er sich an Konzerten wie Performance 79 in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München und Selten gehörte Musik für Tastinstrumente in Hamburg. 1981 nahm er die Tonbandaufnahmen zu seiner Schallplatte „bösendorfer“ mit Dieter Roth in Reykjavík auf. In Flüeli-Ranft baute er ein 25 Meter langes Xylophon in freier Landschaft, das durch Werfen kleiner Holzwürfel erklingt. Nach langer Pause fertigte André Thomkins wieder Lackskins. 1982 erhielt er ein DAAD-Stipendium in Berlin und gab sein Atelier in der Roten Fabrik auf.

1983 liess Thomkins seine alten „Labyrinth“-Idee wiederaufleben und begann in der Luzerner Nationalbank-Niederlassung am Wandbild Labyrinth zu arbeiten. Er erlitt im Oktober einen Herzanfall und zog im November zu seiner Freundin Elle Förster nach München. Dort nahm er 1984 den Lehrauftrag für Malerei und Grafik nebst Atelier an der Kunstakademie München an.

Am 9. November starb André Thomkins in Berlin an Herzversagen. André und Eva Thomkins sind auf dem Siepenfriedhof in Essen beigesetzt. Auf dem Grabstein befindet sich ein Palindrom des Künstlers.

Thomkins malte und zeichnete ironisch-phantastisch-gegenständliche Bilder, die lautmalerische Titel trugen. Seine Arbeiten waren vom Surrealismus und Dadaismus beeinflusst. Trotz seiner vielfältigen künstlerischen Tätigkeiten wurde Thomkins vor allem als Zeichner geschätzt und wahrgenommen, während seine experimentelle Praxis im Hintergrund stand. Aus Experimenten mit den unterschiedlichsten Materialien entstanden seine humorvoll-fantastischen Werke von gedanklicher Tiefe und spielerisch-assoziativer Qualität – thematisch verschlungen und überraschend. Alltägliche Materialien wie Gummi, Illustriertenfotos und -papier, Lebensmittel und Fundstücke prägten sein Werk ebenso wie tradierte künstlerische Mittel und Techniken. Erst vor kurzem erfolgte im Kontext neuer künstlerischer Strategien und insbesondere durch seine Werkgruppe der „Lackskins“ eine Wiederentdeckung des zweifachen documenta-Teilnehmers (5/1972 und 6/1977).

Der Nachlass von André Thomkins wird vom Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, betreut. Die Galerie Hauser & Wirth verkauft Werke des Künstlers.


Ausstellungen



Literatur



Siehe auch





Einzelnachweise


  1. Eva Thomkins bei Sikart
  2. Seite des Museums zur Ausstellung, abgerufen am 4. Mai 2014.
  3. Universalmuseum Joanneum: Mitteilung zur Ausstellung (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive)
Personendaten
NAME Thomkins, André
ALTERNATIVNAMEN Thomkins, Andreì
KURZBESCHREIBUNG Schweizer Maler, Zeichner und Dichter
GEBURTSDATUM 11. August 1930
GEBURTSORT Luzern
STERBEDATUM 8. November 1985
STERBEORT West-Berlin

На других языках


- [de] André Thomkins

[en] André Thomkins

André Thomkins (Lucerne, 11 August 1930 - Berlin, 8 November 1985) was a Swiss painter, illustrator, and poet. From 1952, he lived in Germany and taught at the Kunstakademie Düsseldorf between 1971 and 1973.[citation needed]

[fr] André Thomkins

André Thomkins, né le 11 août 1930 à Lucerne et mort le 8 novembre 1985 à Berlin, est un peintre, sculpteur et poète suisse.



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