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Gunter Böhmer (* 13. April 1911 in Dresden; † 8. Januar 1986 in Montagnola, Tessin, Schweiz) war ein deutsch-schweizerischer[1] Maler, Zeichner und Buch-Illustrator, der seine Arbeit auch schriftstellerisch begleitete.

Gunter Böhmer: „Selbstbildnis“ 1978 (Tuschpinselzeichnung)
Gunter Böhmer: „Selbstbildnis“ 1978 (Tuschpinselzeichnung)

Gunter Böhmers Werk zeigt breite stilistische Vielfalt. Obwohl er sich überwiegend dem Zeichnen widmete und Tausende Zeichnungen, Entwürfe und Skizzen, daneben auch eine Reihe von Gemälden, diverse Porträts und zahlreiche Aquarelle hinterließ, wurde er der Öffentlichkeit vor allem durch seine vielen einfühlsamen Buch-Illustrationen bekannt. Fritz Löffler, langjährig für die Dresdner Kunstsammlungen engagiert, zählt Gunter Böhmer zu den ganz großen Zeichnern des 20. Jahrhunderts wie Otto Dix und Illustratoren wie Josef Hegenbarth.


Leben



Ausbildung


Gunter Böhmer begann nach dem Abitur 1930 zunächst ein Studium der Malerei und Grafik an der Akademie in Dresden, wo er ohne Prüfung aufgenommen wurde. Gleichzeitig studierte er Germanistik an der Dresdner Hochschule. Anschließend studierte er von 1931 bis 1933 an der Kunstakademie Berlin bei Emil Orlik und Hans Meid, wo er auch Max Slevogt begegnete, und im Musikerkreis um den Komponisten Justus Hermann Wetzel lebte.


Künstlerisches Schaffen


Gunter Böhmer: Casa Camuzzi (Bleistiftzeichnung)
Gunter Böhmer: Casa Camuzzi (Bleistiftzeichnung)
Gunter Böhmer: „Meine Mutter“ 1972 (Bleistiftzeichnung)
Gunter Böhmer: „Meine Mutter“ 1972 (Bleistiftzeichnung)
Gunter Böhmer: „Albtraum“ 1979 (Tuschzeichnung)
Gunter Böhmer: „Albtraum“ 1979 (Tuschzeichnung)
Gunter Böhmer: „Bedrohung“ 1980 (Aquarell)
Gunter Böhmer: „Bedrohung“ 1980 (Aquarell)
Gunter Böhmer: „Zirzensische Szene“ 1981 (Tuschzeichnung)
Gunter Böhmer: „Zirzensische Szene“ 1981 (Tuschzeichnung)
Platte des Urnengrabs von Gunter Böhmer auf dem Friedhof von San Abbondio, Gentilino (Schweiz)
Platte des Urnengrabs von Gunter Böhmer auf dem Friedhof von San Abbondio, Gentilino (Schweiz)

1933 folgte Böhmer einer Einladung Hermann Hesses nach Montagnola (Tessin) und nahm Wohnung in der Casa Camuzzi, die bis zu seinem Tode sein Hauptwohnsitz bleiben sollte. Hesse machte Böhmer mit dem Verleger Samuel Fischer bekannt, und Böhmer erhielt den Auftrag zu ersten Buch-Illustrationen für den S. Fischer Verlag. Nach diesem Anfang illustrierte Böhmer insgesamt nicht weniger als 133 Werke der Weltliteratur, u. a. von Hesse, Thomas Mann, Goethe, Büchner, Dostojewski, Stendhal, Flaubert, Musil, Kafka oder Robert Walser.[2]

In den Jahren 1934 bis 1936 hielt sich Böhmer immer wieder in Italien auf, so in Rom, Arezzo, Florenz, Venedig und Verona. Er arbeitete mit Giovanni Mardersteig von der bekannten Officia Bodoni in Verona zusammen und beteiligte sich 1936 an der Biennale Venedig. 1936 erfolgte auch ein Studienaufenthalt in Paris, wo ihn Paul Cézanne und Pablo Picasso am meisten bewegten. Im selben Jahr reiste er nach Rouen zur Vorbereitung der Illustrationen von Gustave Flauberts Roman „Madame Bovary“. 1938 lebte er einige Zeit als Mitarbeiter der Editions Albatros in Paris. 1939 besuchten ihn die Maler Karl Hofer und Louis Moilliet sowie der Kulturhistoriker und Diplomat Wilhelm Hausenstein in Montagnola. Zu seinem Freundeskreis zählten außer Hermann Hesse inzwischen der Schweizer Arzt und Schriftsteller Max Picard, Emmy Ball-Hennings (die Witwe von Hugo Ball) und die bekannte Gobelinweberin Maria Geroe-Tobler. Während des Zweiten Weltkrieges blieb Böhmer in der Schweiz.

1945 heiratete er die Gobelinweberin Ursula Bächler aus St. Gallen, eine Tochter des Prähistorikers Emil Bächler. 1949 unternahm er mit dem Maler Hans Purrmann eine Studienreise nach Ospedaletti (Italien). 1950 traf er auf Ischia mit dem Maler Werner Gilles zusammen. 1951 erhielt er das Bürgerrecht von Montagnola. Im selben Jahr schrieb Leopold Zahn in der Zeitschrift Das Kunstwerk: „Den großen Umfang seiner außergewöhnlichen Begabung läßt die munifizente Faksimile-Ausgabe seiner Zeichnungen und Aquarelle ahnen, die von den ‚Oltener Bücherfreunden‘ als ‚Tagebuch eines Malers‘ veranstaltet wurde“.[3] 1952 besuchte er Raoul Dufy in dessen Pariser Atelier Impasse Guelma, und 1953 folgte ein weiterer längerer Aufenthalt in Paris. Von 1957 an hielt sich Böhmer häufiger in Deutschland auf, wo seine Werke immer öfter ausgestellt wurden. Böhmer ließ sich bei der Buchillustration von der Zeichenkunst Joseph Hegenbarths anregen.[4]


Künstlerisch-pädagogisches Wirken


Zum Wintersemester 1960/61 wurde Gunter Böhmer an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart berufen und übernahm in der Nachfolge des vorzeitig ausgeschiedenen Karl Rössing die Leitung der Klasse für freie Grafik und Illustration.[5] 1961 erfolgte die Ernennung zum Professor. Er prägte nicht nur künstlerisch, sondern auch durch seine Person auf nachhaltige Weise Studenten seines Faches durch die Intensität seiner Arbeitsweise:

„Die jungen Leute müssen sich ein Leitbild suchen und auch finden. Doch das ist nichts Statisches: Leitbilder müssen sich mit dem eigenen Entwicklungsprozess ändern. Man muss sich mit dem augenblicklichen Leitbild immer aufs Neue auseinandersetzen, sich auch wieder andere Leitbilder suchen, sonst bleibt man stehen.“[6]

Sein künstlerisches Wirken sah Böhmer unter für ihn zentralen Lebensthemen, die er vorwiegend in dualen Begriffspaaren strukturierte:

Den Kunstbetrieb und das eigene künstlerische und pädagogische Wirken betrachtete er mit einer ihn kennzeichnenden Entschiedenheit und Klarheit:

„Die Leitbildfrage ist immer auch eine Frage des eigenen Gewissens: Wer einem die eigene Egozentrik bestätigt, der ist sicher ein falsches Leitbild.“[8]

Gunter Böhmer bildete sowohl freie Künstler wie künftige Kunsterzieher aus, und seine Klasse zählte zu den am stärksten frequentierten an der Stuttgarter Akademie. Zu den Künstlern, die bei ihm studierten, gehören u. a.: Uta Iber, Susann Rysavy, Bernhard Rebmann, Heinz Eberhardt, Dietrich Klinge, Brigitte Pfaffenberger, Volker Sammet, Horst Peter Schlotter, Klaus Waschk.


Auszeichnungen


Bei seinem Ausscheiden aus der Stuttgarter Kunstakademie 1976 erhielt Gunter Böhmer die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.[9] 1980 war Böhmer Ehrengast der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr erhielt er die Hermann-Hesse-Medaille der Stadt Calw und wurde zum Ehrenmitglied der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart ernannt. 1981 verlieh ihm der deutsche Bundespräsident den „Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland 1. Klasse“. 1982 erhielt Böhmer von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die Semper-Medaille.


Werke


Gunter Böhmers Werk gliedert sich in


Ausstellungen



Stiftungen und Schenkungen


Gunter Böhmer hat eine Reihe von Stiftungen gemacht und größere Schenkungen seiner Werke an Museen und andere Institutionen gegeben. U. a. sind dies


Nachlass


Der Nachlass von Gunter Böhmer befindet sich im Gunter-Böhmer-Archiv Calw und in der Fondazione Ursula & Gunter Böhmer, Gentilino (Tessin, Schweiz).


Schriften



Literatur




Commons: Gunter Böhmer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiversity: Illustrationen von Gunter Böhmer zu Thomas Mann – Kursmaterialien

Einzelnachweise


  1. Böhmer erhielt 1951 das Schweizer Bürgerrecht = Staatsbürgerschaft
  2. siehe Weblink Gunter Böhmer illustriert Weltliteratur. (Katrin Nitzschke)
  3. L. Z.: Gunter Böhmer. In: Das Kunstwerk, 5. Jahr, 1951, Heft 6, S. 42–43 m. Abb., auch Umschlagbild.
  4. Lothar Lang: Malerei und Graphik in der DDR. Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1983; S. 305
  5. Wolfgang Kermer: Daten und Bilder zur Geschichte der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Stuttgart: Edition Cantz, 1988 (= Verbesserter Sonderdruck aus: Die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart: eine Selbstdarstellung. Stuttgart: Edition Cantz, 1988), o. P. [12]
  6. Zitat Böhmer in: Walk: Gunter Böhmer   Mit den Augen eines Freundes…. 1998, S. 68
  7. vgl. Tagebucheintragung Böhmers in: Walk: Gunter Böhmer   Mit den Augen eines Freundes…. 1998, S. 68/69
  8. Zitat Böhmer in: Walk: Gunter Böhmer   Mit den Augen eines Freundes…. 1998, S. 71
  9. Liste der Ordensträger 1975–2022. (PDF; 394 kB) Staatsministerium Baden-Württemberg, 30. April 2022, S. 4
  10. Rainer Vogt: Der heimliche Chronist: Böhmers Akademie-Bilder-Buch: ein Stück Akademiegeschichte. In: Stuttgarter Nachrichten, Nr. 108, 12. Mai 1987, S. 13.
  11. Akademie-Mitteilungen 1: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart: für die Zeit vom 1. Oktober 1971 bis 31. März 1972. Hrsg. von Wolfgang Kermer, Stuttgart: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, April 1972, S. 4
  12. Akademie-Mitteilungen 4: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart: für die Zeit vom 1. April 1973 bis 31. Oktober 1973. Hrsg. von Wolfgang Kermer, Stuttgart: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, November 1973, S. 10–11 (Auszüge aus einem Textbeitrag von Eugen Keuerleber und Ausstellungsrezensionen von Günther Wirth und Sibylle Maus)
  13. Akademie-Mitteilungen 8: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart: für die Zeit vom 1. Juni 1976 bis 31. Oktober 1977. Hrsg. von Wolfgang Kermer, Stuttgart: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, März 1978, S. 101–102 (aus der 250 Exponate umfassenden Ausstellung gingen 30 Arbeiten „zur freien Wahl“ als Schenkung Böhmers an die Calwer Hesse-Gedächtnisstätte).
  14. Akademie-Mitteilungen 8: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart: für die Zeit vom 1. Juni 1976 bis 31. Oktober 1977. Hrsg. von Wolfgang Kermer, Stuttgart: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, März 1978, S. 102 (Die Ausstellung zeigte erstmals in Deutschland Böhmers malerisches Werk.)
Personendaten
NAME Böhmer, Gunter
KURZBESCHREIBUNG deutsch-schweizerischer Maler, Zeichner und Buch-Illustrator
GEBURTSDATUM 13. April 1911
GEBURTSORT Dresden
STERBEDATUM 8. Januar 1986
STERBEORT Montagnola, Tessin, Schweiz

На других языках


- [de] Gunter Böhmer

[fr] Gunter Böhmer

Gunter Böhmer (né le 13 avril 1911 à Dresde, mort le 8 janvier 1986 à Lugano) est un peintre, dessinateur et illustrateur allemand.

[ru] Бёмер, Гунтер

Гунтер Бёмер (нем. Gunter Böhmer, 13 апреля 1911, Дрезден — 8 января 1986, Лугано) — немецкий художник и иллюстратор.



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