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Julie Wolfthorn (auch Wolf-Thorn, geborene Wolf oder Wolff, geboren am 8. Januar 1864 in Thorn, Westpreußen; gestorben am 29. Dezember 1944 im KZ Theresienstadt) war eine deutsche Malerin, Zeichnerin und Grafikerin der Moderne. Als Jüdin wurde sie ein Opfer der Shoa. Bis auf wenige Bilder in den Depots deutscher Museen galt ihr umfangreiches Werk lange Zeit als verschollen und wurde erst Anfang 2000 wiederentdeckt.

Julie Wolfthorn in ihrem Atelier (1902)
Julie Wolfthorn in ihrem Atelier (1902)

Leben


Julie Wolfthorn, 1906 fotografiert von Philipp Kester
Julie Wolfthorn, 1906 fotografiert von Philipp Kester
Titelbild des Magazins Jugend (1898)
Titelbild des Magazins Jugend (1898)
Mädchen mit blaugrünen Augen (1899), Sammlung Jack Daulton, Los Altos Hills, Kalifornien
Mädchen mit blaugrünen Augen (1899), Sammlung Jack Daulton, Los Altos Hills, Kalifornien
Porträt von Hedda Eulenberg (1901)
Porträt von Hedda Eulenberg (1901)
Porträt des Bildhauers Georg Wolf (1905)
Porträt des Bildhauers Georg Wolf (1905)
Carola Neher in dem Theaterstück von Noël Coward Gefallene Engel (1929)
Carola Neher in dem Theaterstück von Noël Coward Gefallene Engel (1929)
Porträt der Marta Baedeker (um 1929)
Porträt der Marta Baedeker (um 1929)

Julie Wolfthorn wurde unter dem Namen Julie Wolf(f) als jüngstes von fünf Kindern einer bürgerlichen jüdischen Familie in Thorn geboren; zu ihren vier Geschwistern gehörte der Bildhauer Georg Wolf. Wolfthorn wurde mit sechs Jahren Waise. Sie und ihre vier Geschwister wuchsen bei Verwandten auf. Die Sommer verbrachte sie in Ferch am Schwielowsee im Haus ihrer Cousine Olga Hempel.[1] Ab 1890 studierte sie Malerei und Grafik in Berlin und ab 1892 an der Pariser Académie Colarossi bei Gustave Courtois und Edmond Aman-Jean. 1893 kehrte sie nach Berlin zurück und lebte jahrzehntelang im heute nicht mehr existenten Haus Kurfürstenstraße 50. 1895 besuchte sie die von Curt Herrmann geleitete Zeichenschule für Damen. Im Jahr 1897 verbrachte sie den Sommer in der Künstlerkolonie Worpswede, deren Atmosphäre sie aber nicht für sie einnahm. Die dort lebende Malerin Paula Modersohn-Becker nannte sie in ihrem Tagebuch eine „Hosendame“.[2]

1898 wurde sie als eine von vier kunstschaffenden Frauen Gründungsmitglied der Berliner Secession, die sie zusammen mit Max Uth, Hugo Lederer und anderen verließ, da sie sich benachteiligt fühlte. Ihrem Anliegen zwei Jahre später, dies rückgängig zu machen, wurde nicht entsprochen. Bis 1913 stellte sie regelmäßig in der Berliner Secession aus. 1898 war sie Mitglied des „Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreunde Berlin“. Sie gehörte um die Jahrhundertwende zu den wenigen Frauen, die regelmäßig Aufträge des Jugendstil-Magazins Jugend erhielten, für das sie Illustrationen und Titelblätter erstellte.

1904 heiratete Wolfthorn den Kunsthistoriker und -kritiker Rudolf Klein-Diepold (1871–1925). 1905 unterzeichnete Julie Wolfthorn mit über 200 Künstlerinnen eine Petition mit der Forderung zur Zulassung an der Preußischen Akademie der Künste, die von dem Akademiedirektor Anton von Werner abgelehnt wurde. 1906 findet sich ihr Name im Mitgliederverzeichnis des Deutschen Künstlerbundes.[3] Im selben Jahr gründete sie mit Käthe Kollwitz die Ausstellungsgemeinschaft „Verbindung Bildender Künstlerinnen“, 1912 wurde sie mit Käthe Kollwitz in den Vorstand und die Jury der Secession gewählt, 1927 trat sie dem Hiddensoer Künstlerinnenbund bei. Künstlerinnen wurden zu dieser Zeit verächtlich als „Malweiber“ bezeichnet.

1933 in der Frühzeit des Nationalsozialismus wurde der Hiddensoer Künstlerinnenbund aufgelöst. 1933 wurde sie als Jüdin mit Fanny Remak, die nach England emigrierte, aus dem Vorstand der Secession ausgeschlossen. Sie blieb in Berlin und arbeitete mit dem Kulturbund Deutscher Juden zusammen, der 1941 verboten wurde. Die Mitarbeiter wurden verhaftet und das Vereinsvermögen beschlagnahmt.

Am 28. Oktober 1942 wurde Julie Wolfthorn im Alter von 78 Jahren zusammen mit ihrer Schwester Luise Wolf mit dem „68. Alterstransport“ in das von den Nationalsozialisten sogenannte Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort zeichnete sie, soweit ihr das unter den Umständen möglich war. Sie überlebte hier zwei Jahre und verstarb wenige Tage vor ihrem 81. Geburtstag.


Gedenken


Seit seiner Gründung 1998 beschäftigt sich der Freundeskreis Julie Wolfthorn mit Leben und Werk der Künstlerin.[4] An Julie Wolfthorn erinnert seit 2005 der Name einer neuen Straße am Berliner Nordbahnhof. Eine Tafel am Platz des ehemaligen Luisen-Lyzeums in der Ziegelstraße 12 nennt sie als prominente Schülerin.[5] 2002 wurden für sie und ihre Schwester vor dem Haus Kurfürstenstraße 50 Stolpersteine gesetzt.[6] Auch vor ihrem Sommerhaus in Vitte auf der Insel Hiddensee gibt es seit 2011 einen Stolperstein für sie.[7]


Werke


Julie Wolfthorn wurde vor allem durch ihre Porträtmalerei bekannt. Sie porträtierte Ida Dehmel, Richard Dehmel, Hedda Eulenberg, Gerhart Hauptmann (im Doppelporträt mit seiner Frau Margarete), Gabriele Reuter, die Familienmitglieder des schreibenden und übersetzenden Paares Hedwig Lachmann und Gustav Landauer, die Familie des Architekten Hermann Muthesius, die Ärzte Salomon Neumann und Carl Ludwig Schleich, die Opernsängerin Irmgard Scheffner, viele Schauspielerinnen wie Tilla Durieux oder Carola Neher – und andere berühmte Zeitgenossen, vorwiegend aus der Berliner Gesellschaft, darunter besonders viele engagierte Frauen. Ihr weiterer Schwerpunkt war die Landschaftsmalerei, die sie oft mit Menschen darin verband (u. a. in Abend in der Mark, gezeigt 1904 auf der Münchner Jahresausstellung im Glaspalast,[8] oder Mädchen im Walde, angekauft von der Kunsthalle Kiel[9]).


Ausstellungen



Literatur




Commons: Julie Wolfthorn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Ausstellung gegen das Vergessen in Ahrenshoop, OZ 11.11.2019
  2. Katja Engler: Schwestern, zur Sonne, zur Freiheit! In: Welt am Sonntag, 28. Juli 2013
  3. s. Wolfthorn, Julie, Malerin, Berlin W., Kurfürstenstr. 50, Mitgliederverzeichnis im Katalog 3. Deutsche Künstlerbund-Ausstellung, Weimar 1906. (S. 59) online, abgerufen am 7. Oktober 2016.
  4. Berlin-Women: Julie Wolfthorn, Secessionistin, abgerufen am 26. Januar 2020.
  5. Tafel erinnert an die Luisenschule. In: Berliner Zeitung, 23. Mai 2005, abgerufen am 5. Dezember 2020.
  6. Stolpersteine Berlin, abgerufen am 1. Juli 2015.
  7. Seebad Insel Hiddensee, Stolpersteine (Memento vom 5. Dezember 2020 im Internet Archive), abgerufen am 5. Dezember 2020.
  8. s. Abb. in: Neunter Band Freie Kunst, der „Kunst für Alle“, XIX. Jahrgang, S 572, Textarchiv – Internet Archive
  9. Mädchen im Walde. museen-sh.de; abgerufen am 30. Juni 2016.
  10. Ein bisschen Erfrischung - In der Villa Hamspohn wird die Malerin Julie Wolfthorn wiederentdeckt, in: Märkische Allgemeine, 20. Mai 2007, print
  11. Zwei Villen am Wannsee besuchen, tagesspiegel.de, abgerufen am 26. Januar 2020.
  12. Julie Wolfthorn: Mit Pinsel und Palette die Welt erobern (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (PDF) historischeausstellungen.de; abgerufen am 29. Juli 2015.
  13. Potsdam-Museum
  14. Secession wie man sie noch nicht sah: Ausstellung „Zeitenwende“ im Bröhan-Museum. berliner-woche.de; abgerufen am 8. November 2016.
  15. Einfühlung und Abstraktion. Die Moderne der Frauen in Deutschland. Kunsthalle Bielefeld, 30. Oktober 2015 bis 28. Februar 2016; abgerufen am 8. Mai 2016.
  16. Julie Wolfthorn: Der Mythos von Ferch – das Paradies auf Erden, havellaendische-malerkolonie.de, abgerufen am 5. November 2016.
Personendaten
NAME Wolfthorn, Julie
ALTERNATIVNAMEN Wolf-Thorn, Julie; Wolf, Julie; Wolff, Julie
KURZBESCHREIBUNG deutsche Malerin
GEBURTSDATUM 8. Januar 1864
GEBURTSORT Thorn, Westpreußen
STERBEDATUM 29. Dezember 1944
STERBEORT Ghetto Theresienstadt

На других языках


- [de] Julie Wolfthorn

[en] Julie Wolfthorn

Julie Wolfthorn (8 January 1864[1] – 26 December 1944[2]) was a German painter. Born as Julie Wolf(f) to a middle-class Jewish family, she later styled herself as Julie Wolfthorn after Thorn (Toruń), her city of birth.

[es] Julie Wolfthorn

Julie Wolfthorn o Julie Wolf-Thorn, con apellido de nacimiento Wolf o Wolff, (Toruń, 8 de enero de 1864-Gueto de Terezín, 29 de diciembre de 1944) fue una dibujante, pintora y grafista alemana.

[fr] Julie Wolfthorn

Julie Wolfthorn (8 janvier 1864[1] – 26 décembre 1944[2]) est une peintre allemande. Née Julie Wolf (ou Wolff) d'une famille juive de classe moyenne, elle se fait appeler Julie Wolfthorn, en référence à sa ville de naissance Toruń (Thorn).

[ru] Вольфторн, Юлия

Юлия Вольфторн (нем. Julie Wolfthorn; 8 января 1864 (1864-01-08), Торн, провинция Западная Пруссия, Королевство Пруссия, Северогерманский союз — 29 декабря 1944, Терезиенштадт, Протекторат Богемии и Моравии, нацистская Германия) — немецкая художница, представительница символического направления в модерне, участница объединения «Берлинский сецессион».



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