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Käthchen Frida Rosa Loewenthal (* 25. März 1878 in Berlin[1]; † 26. April 1942 im Ghetto Izbica) war eine deutsche Malerin der Moderne. Sie ist ein Opfer des NS-Regimes (Holocaust). Ihre Schwester, die Malerin Susanne Ritscher, überlebte das Regime.

Käthe Loewenthal, vor 1920
Käthe Loewenthal, vor 1920
Straßenschild in Stuttgart-Riedenberg seit 1991
Straßenschild in Stuttgart-Riedenberg seit 1991

Leben



Jugend


Käthe Loewenthal wurde als älteste von fünf Töchtern in Berlin geboren. Ihre Eltern waren der Augenarzt, Hygieniker und Universitätsprofessor Wilhelm Loewenthal (1850–1894) und seine Frau Clara (1852–1929), die Tochter der Hamburger Kaufmannsfamilie Löwenthal war. Die Malerin Susanne Ritscher war ihre Schwester.[2] Die Familie lebte in Genf, Lausanne, Paris, Belgrano (Argentinien) und Berlin, wo der Vater an den jeweiligen Universitäten arbeitete. 1890 übersiedelte die Familie nach Bern. Als sie 1891 wieder nach Berlin zurückzog, weigerte sich die dreizehnjährige Käthe, deren Eltern jüdischer Abstammung waren, und bat eine befreundete evangelische Pfarrersfamilie, bei ihnen wohnen zu dürfen. Der Umgang mit der Pfarrersfamilie motivierte sie, sich taufen und konfirmieren zu lassen. Loewenthal kehrte 1894 nach Berlin zurück, besuchte die Höhere Schule und machte dort 1895 ihren Abschluss.[3]


Künstlerische Ausbildung und Beruf Malerin


Schon während der Schulzeit zeigte sich ihr künstlerisches Talent. Erste erhaltene Bilder von Käthe Loewenthal sind mit 1891 datiert. Während der Zeit in Bern lernte sie vermutlich die Werke des Malers Ferdinand Hodler kennen.

Berner Voralpenlandschaft, 1910
Berner Voralpenlandschaft, 1910

Von 1895 bis 1897 nahm Loewenthal bei Ferdinand Hodler Unterricht. Außerdem unternahm sie mehrere Studienreisen ins Ausland. In Paris lernte sie den Maler Leo von König kennen. Im September 1900 nahm sie Unterricht in der von Hans Müller-Brauel nach dem Muster von Worpswede gegründeten, vor allem von Frauen besuchten Malschule Zeven bei dem Heidemaler Wilhelm Feldmann. 1902 unternahm sie mit ihrer Schwester Susanne, die ebenfalls Malerin wurde, eine Reise nach Italien. Im selben Jahr begann die Freundschaft mit der Malerin Erna Raabe von Holzhausen. Bei Leo von König, der in Berlin eine private Malschule gegründet hatte, beschäftigte sich Loewenthal von 1903 bis 1904 systematisch mit Porträt- und Aktstudien nach dem weiblichen und männlichen Modell. Schon früh signierte Loewenthal ihre Bilder mit K L.

1914 bezog Käthe Loewenthal ein Atelier in der Ameisenbergstraße 61, Stuttgart
1914 bezog Käthe Loewenthal ein Atelier in der Ameisenbergstraße 61, Stuttgart

Um 1904/1905 arbeitete sie als freischaffende Künstlerin im eigenen Atelier in München, wurde außerordentliches Mitglied und nach einem Jahr ordentliches Mitglied im Münchner Künstlerinnenverein (Mitgliedschaft 1905–1916). Hauptmotive dieser Jahre waren Landschaftsbilder des Berner Oberlandes, das sie in zahlreichen Reisen besuchte. 1909 zog sie von München nach Tübingen, dann nach Stuttgart, wo sie Mitglied im Württembergischen Malerinnenverein (1909–1912 und 1928–1931) wurde und in dessen Haus eine Atelierwohnung bezog. Auch im Frauenkunstverband war sie Mitglied von 1915 bis 1927 und schließlich im Stuttgarter Künstlerbund.

Sonnenuntergang auf Hiddensee, 1920er Jahre
Sonnenuntergang auf Hiddensee, 1920er Jahre
Weg durch den Wald, zwischen 1920 und 1925
Weg durch den Wald, zwischen 1920 und 1925
Kinder, ca. 1924
Kinder, ca. 1924

1910 nahm sie ein akademisches Studium an der Königlich Württembergischen Kunstschule in Stuttgart auf, und zwar in der von Adolf Hölzel geleiteten „Damenmalklasse“. Neben Porträts entstanden Landschaftsbilder, die den Schwarzwald, die Schwäbische Alb, das Neckartal und den Taunus zum Gegenstand haben. Man vermutet auf Grund der überlieferten religionsphilosophischen Schriften und der Gedichte Loewenthals, dass sie in Stuttgart Kontakt mit den Anthroposophen aufnahm und eventuell auch Mitglied der Christengemeinschaft war.

1912 hatte ihre Schwester Susanne eine Fischerhaushälfte in Vitte auf Hiddensee erworben. Käthe Loewenthal besuchte Hiddensee bis 1935 regelmäßig im Sommer und malte eine Vielzahl von Bildern, die das Meer, die Küste und die Landschaft von Hiddensee zum Gegenstand haben. Sie gehörte auch zum Kreis um Henni Lehmann und zum Hiddensoer Künstlerinnenbund.

Nach dem Studienabschluss 1914 wurde ihr von der Stadt Stuttgart eine Atelierwohnung in der Ameisenbergstraße 61 zugewiesen. Von 1914 bis 1934 arbeitete sie dort als freischaffende Malerin und verdiente ihren Lebensunterhalt vor allem mit dem Malen von Porträts. Sie war mit ihren Arbeiten auf zahlreichen Ausstellungen vertreten, so auch bei Ausstellungen der Stuttgarter Sezession und im Münchner Glaspalast.[3]


Im Nationalsozialismus


Der Hiddensoer Künstlerinnenbund wurde 1933 aufgelöst. Auf Grund ihrer jüdischen Abstammung erhielt Käthe Loewenthal ab 1934 Malverbot. Das bedeutete, dass sie zum Beispiel keine Leinwand oder Farbe kaufen, an keiner Ausstellung teilnehmen und keine Bilder verkaufen konnte. Ihr städtisches Atelier wurde gekündigt und sie selbst aus dem Württembergischen Malerinnenverein, dem Stuttgarter Künstlerbund und der Stuttgarter Sezession ausgeschlossen. Die „Gleichschaltung“ aller Künstlervereine bedeutete, dass sie sich bei der Reichskammer der bildenden Künste bewerben mussten und dafür unter anderem die Mitgliederlisten vorlegen mussten. Mitglieder mit jüdischem Stammbaum waren nicht mehr zugelassen. Damit wurde die Existenz von Käthe Loewenthal als freiberufliche Malerin abrupt beendet. Zwischen 1935 und 1941 unternahm sie noch Reisen in die Schweiz nach Grindelwald im Berner Oberland. Obwohl man Loewenthal 1935 nahelegte, in der Schweiz zu bleiben, ging sie auf Bitten ihrer kranken Freundin Erna Raabe zurück nach Deutschland und pflegte sie bis zu deren Tod 1938. Das Leben wurde für sie immer schwieriger, heimlich wurde sie von einigen Menschen unterstützt, u. a. von der Stuttgarter Künstlerfamilie Donndorf und ihrer ehemaligen Putzfrau Marie Nothdurft.[4][5]

Ihre Bilder konnte Loewenthal – wie auch die verfemten Maler Willi Baumeister und Oskar Schlemmer – 1934 bei Malermeister Albrecht Kämmerer, einem Verwandten von Willi Baumeister, einlagern. Allerdings wurde das Magazingebäude mit dem gesamten Inhalt 1943 durch einen Bombenangriff zerstört. Daher sind die meisten ihrer Bilder, vor allem großformatige Ölgemälde, nicht mehr vorhanden. Ungefähr 250 Pastelle, Aquarelle und Handzeichnungen von Käthe Loewenthal sind noch erhalten. Eine sogenannte Testament-Mappe, die Loewenthal persönlich zusammengestellt hatte, mit religionsphilosophischen Texten, Briefen und Fotos von Gemälden der Künstlerin konnte vom Sohn der Familie Nothdurft gerettet und bei Familie Donndorf untergebracht werden.[3]

1941 wurde ihre Wohnung in der Ameisenbergstraße 32 gekündigt und sie musste in eine sogenannte Judenwohnung nach Stuttgart-Kaltental umziehen. Im Februar 1942 wurde Käthe Loewenthal in ein Sammellager, das ehemalige jüdische Altersheim in Weißenstein im Landkreis Göppingen, umgesiedelt. Im Dezember 1942 musste sich Käthe Loewenthal, wie zahlreiche Stuttgarter und Württemberger Juden, auf dem Stuttgarter Killesberg einfinden. Von dort wurde sie in das besetzte Polen deportiert und im Durchgangslager Izbica bei Lublin ermordet.[6] Ihre Schwester Agnes Schaefer (geb. 1882 in Berlin) beendete ihr Leben in den Bergen Griechenlands. Ihre Schwester Susanne Ritscher (1886–1975) überlebte als einzige der Familie den Holocaust.[7][8]


Restitutionsfall


Durch das Provenienzforschungsprojekt von Kai Artinger im Kunstmuseum Stuttgart konnte er im Falle des Bildes Spargel-Stillleben nachweisen, dass das Bild der Künstlerin „NS-verfolgungsbedingt“ entzogen wurde. Die Erben konnten ermittelt werden, haben sich jedoch entschlossen, das Bild im Kunstmuseum Stuttgart zu belassen.[8]


Ehrungen


Vitte/Hiddensee: Stolperstein für Käthe Loewenthal
Vitte/Hiddensee: Stolperstein für Käthe Loewenthal
Stolperstein für Käthe Loewenthal[9] in Stuttgart, Ameisenbergstraße 32
Stolperstein für Käthe Loewenthal[9] in Stuttgart, Ameisenbergstraße 32

An Käthe Loewenthal erinnern Stolpersteine in Vitte auf Hiddensee und in Stuttgart.[10] Ein Seniorenwohnstift in Fürth trägt den Namen von Käthe Loewenthal.[11] Im Stadtteil Stuttgart-Riedenberg ist eine Straße nach Käthe Loewenthal benannt.[12][6]


Darstellung Käthe Loewenthals in der bildenden Kunst



Ausstellungen (Auswahl)


Käthe Loewental war zu Lebzeiten regelmäßig bei relevanten Ausstellungen moderner Malerei vor allem in Süddeutschland vertreten: Posthum gab und gibt es eine Vielzahl von Einzelausstellungen und Gruppenausstellungen.[14][15][16]

Zu Lebzeiten

Posthum


Werke (Auswahl)


In öffentlichem Besitz sind folgende Bilder von Käthe Loewenthal:[14][19]

Galerie Stadt Sindelfingen

Städtische Galerie Böblingen

Kunstmuseum Stuttgart

Graphische Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart

Auch das Museum Kißlegg besaß mindestens ein Bild von Käthe Loewenthal. Allerdings musste das Museum 2004 schließen und der Verbleib des oder der Werke ist unklar.[20]

Werke in der Kunstsammlung des Bundes Bildender Künstlerinnen Württembergs e. V.[21]

Werke mit unbekanntem Verbleib

Über Ausstellungskataloge konnten Bilder ermittelt werden, die Käthe Loewenthal geschaffen hatte, deren Verbleib jedoch unbekannt ist. Sie sind entweder beim Bombenangriff auf das Depot von Albrecht Kämmerer vernichtet worden oder befinden sich in Privatbesitz an unbekanntem Ort.[15]


Siehe auch



Literatur



Filme




Commons: Käthe Loewenthal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Standesamt Berlin III, Teil A, Nr. 385/1878; Scan des Originaldokumentes eingesehen auf ancestry.de am 24. November 2021.
  2. Heinz Thumm: Ermordung und Überleben im Dritten Reich. In: Schwäbische Zeitung. 20. November 2019, abgerufen am 11. September 2021.
  3. Edith Neumann: Formen der Landschaft – Käthe Loewenthal (1878–1942). In: Künstlerinnen in Württemberg. Band 1, 1999, S. 172–191.
  4. Claudia Weinschenk: Der Liebe wegen. Baden-Württemberg, Ministerium für Soziales und Integration/Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e. V., abgerufen am 28. Februar 2021.
  5. Adrienne Braun: Wie die Nazis in Stuttgart Kunstpolitik machten. In einer Ausstellung thematisiert das Stuttgarter Kunstmuseum die eigene NS-Vergangenheit: Wie die Nazis in Stuttgart Kunstpolitik machten. In: Eßlinger Zeitung ONLINE. 31. Januar 2020, abgerufen am 28. Februar 2021.
  6. Heidemarie A. Hechtel: Spurensuche: Käthe Löwenthal ins Licht geholt. Stuttgarter Nachrichten, 7. März 2016, abgerufen am 27. Februar 2021.
  7. Edith Neumann: Formen der Landschaft. Die Malerin Käthe Löwenthal. In: Die Malerin Käthe Loewenthal und ihre Schwestern. Verlag des Museums- und Kunstvereins Osnabrück, Osnabrück 2009, ISBN 978-3-926235-30-5, S. 9–19.
  8. Provenienzforschung. In: kunstmuseum-stuttgart.de. Kunstmuseum Stuttgart, abgerufen am 14. Februar 2021.
  9. In der Schreibung „Löwenthal“.
  10. Gegen das Vergessen. Stolpersteine für Stuttgart: Käthe Loewenthal, die Malerin. Stuttgarter Stolperstein-Initiativen, abgerufen am 28. Februar 2021.
  11. Wohnstift Käthe Loewenthal. AWO Kreisverband Fürth-Stadt e. V., abgerufen am 27. Februar 2021.
  12. Käthe-Loewenthal-Straße in Stuttgart. In: neue-strassen.de. 8. Januar 2015, abgerufen am 27. Februar 2021.
  13. Büchsel, Elisabeth. In: Museum Kunst der Verlorenen Generation. Abgerufen am 30. Dezember 2021 (österreichisches Deutsch).
  14. Edith Neumann: Lexikon der Mitglieder – Käthe Löwenthal. In: Künstlerinnen in Württemberg (= Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart. Band 81). Band 2. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-94192-4, S. 104 f. (Zugl.: Stuttgart, Univ., Diss. u. d. T.: Edith Neumann: Zwischen staatlicher Künstlerinnenförderung und kooperativer Selbstorganisation).
  15. Edith Neumann: Werke mit unbekanntem Verbleib: Käthe Loewenthal. In: Künstlerinnen in Württemberg. Band 2. Stuttgart 1999, S. 366 f.
  16. Ausstellungen. In: ewetel.net. Abgerufen am 28. Februar 2021.
  17. Die Malerin Käthe Loewenthal und ihre Schwestern. Museums- und Kunstverein Osnabrück e.V. c/o Museumsquartier Osnabrück, 2009, abgerufen am 28. März 2022.
  18. Drei Künstlerinnen: Käthe Loewenthal und ihre Schwestern. Abgerufen am 28. März 2022.
  19. Edith Neumann: Werke in öffentlichem Besitz – Käthe Loewenthal. In: Künstlerinnen in Württemberg. Band 2. Stuttgart 1999, S. 253–257.
  20. Museum Expressiver Realismus. In: expressiverrealismus.de. Förderkreis Expressiver Realismus e. V. München, abgerufen am 3. Februar 2021.
  21. Edith Neumann: Kunstsammlung des Bundes Bildender Künstlerinnen Württembergs e. V., Stuttgart – Käthe Loewenthal. In: Künstlerinnen in Württemberg. Band 2. Stuttgart 1999, S. 325 f.
Personendaten
NAME Loewenthal, Käthe
ALTERNATIVNAMEN Loewenthal, Käthchen Frida Rosa (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Malerin und NS-Opfer
GEBURTSDATUM 25. März 1878
GEBURTSORT Berlin
STERBEDATUM 26. April 1942
STERBEORT Ghetto Izbica

На других языках


- [de] Käthe Loewenthal

[en] Käthe Loewenthal

Käthe Frida Rosa Loewenthal (27 March 1878, in Berlin – 26 April 1942, in Izbica) was a German Modernist landscape painter of Jewish ancestry. She was murdered in the Shoah. The Painter Susanne Ritscher was her sister.

[fr] Käthe Loewenthal

Käthe Frida Rosa Loewenthal (née le 27 mars 1878 à Berlin et morte le 26 avril 1942 dans le camp de transit d'Izbica) était une femme peintre allemande de l'art moderne et une victime de l’Holocauste.



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