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Das Verborgene Museum war ein Museum in Berlin, in dem seit 1987 Werke von Künstlerinnen aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Bildhauerei und Architektur ausgestellt wurden. In erster Linie wurden in Vergessenheit geratene europäische Künstlerinnen vorgestellt, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geboren und als erste zu öffentlichen Ausbildungsstätten zugelassen wurden sowie an Akademien und Kunstschulen wirkten. Weltweit war es das einzige Museum, „das sich ausschließlich Werken vergessener Künstlerinnen des letzten Jahrhunderts widmet.“[1] Zum 1. Januar 2022 wurde es geschlossen, und die Bestände werden nun in der Berlinischen Galerie gezeigt.

Das Verborgene Museum

Das Verborgene Museum, Ausstellungsraum
Daten
Ort Berlin, Charlottenburg,
Art
Dokumentation der Kunst von Frauen
Eröffnung 1987
Betreiber
Das Verborgene Museum Dokumentation der Kunst von Frauen e. V.
Leitung
Marion Beckers (bis Ende 2021)
Website
ISIL DE-MUS-621414

Geschichte



Anfänge


Das Verborgene Museum, Raum 1
Das Verborgene Museum, Raum 1

1987 war anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins von den beiden Künstlerinnen Evelyn Kuwertz und Gisela Breitling in Zusammenarbeit mit dem Projektträger Neue Gesellschaft für Bildende Kunst eine Ausstellung über die Kunst vergessener Künstlerinnen gestaltet worden.[2] Sie trug den Titel Das Verborgene Museum. Dafür waren alle Depots der Westberliner Museen nach entsprechenden Werken durchforstet worden.[1] Doch die Gruppe um Gisela Breitling wollte nicht nur eine, sondern viele Ausstellungen, und zwar in einem eigenen Museum.[1] Nur zufällig, so die Museumsleiterin Marion Beckers, bestand die Gruppe aus Frauen: „Wir hätten auch Männer aufgenommen, aber damals war noch die Zeit der Frauengruppen. Und Männer haben sich für die Kunst der Frauen noch nicht sehr interessiert.“[1]

Unmittelbar nach der Initialausstellung wurde zur Verwirklichung der weitergehenden Pläne der Verein Das Verborgene Museum e. V. gegründet.[3] Passende Räume fand die Gruppe in Berlin-Charlottenburg im Hinterhof des Gebäudes Schlüterstraße 70. Maßgeblich für die Namensgebung des Museums war jedoch nicht die versteckte Lage, sondern der konzeptionelle Ansatz:[4][5] „Verborgen“ waren die hier gezeigten Werke bisher für Besucher der Museen, in deren Beständen sie sich befanden, ohne beachtet und ausgestellt zu werden.[4] Die öffentliche Präsentation solcher Arbeiten ist das Anliegen des Verborgenen Museums.[4]


Weitere Entwicklung


Das Museum in der Schlüterstraße stellte seit der ersten Ausstellung in seinen Räumen um die 100 Künstlerinnen vor und rief sie damit in Erinnerung. Die präsentierten Kunstwerke erfuhren und erfahren dank der „Pionierarbeit“[6] des Museums hier oftmals ihre erste Würdigung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.

Als besonderes Erfolgserlebnis wertete es das Museum, wenn es eine Künstlerin zum ersten Mal zeigte und ihre Werke später Eingang in große Museen fanden.[1] Dies gelang bei Lotte Laserstein, die in Deutschland vor allem durch die Ausstellung im Verborgenen Museum 2003 wiederentdeckt wurde.[1] 2014 waren dann drei Bilder von ihr in der Ausstellung Wien–Berlin in der Berlinischen Galerie zu sehen.[1]

Bis zu der Ausstellung Photographien einer Reise durch die Sowjetunion 1932/33 1989 im Verborgenen Museum waren die Werke von Lotte Jacobi in deutschen Museen seit 1937 nur fünfmal präsentiert worden, dabei niemals in einem großen Berliner Haus.[7]

Für die Anerkennung von Marianne Breslauer leistete das Museum ebenfalls Grundlegendes: Zwei Jahre, nachdem ihre Fotografien in der Ausstellung Fotografien 1927–1937 zu sehen waren, gab es in der Neuen Nationalgalerie eine Ausstellung über die Berliner Fotografin.[1]


Schließung


Im Januar 2022 gab der Verein seine Auflösung bekannt und übergab die Arbeit und die Sammlung an die Berlinische Galerie in Berlin-Kreuzberg, mit der es schon mehrere Kooperationen gab. Die Vereinsgeschäftsführerin und Chefkuratorin Marion Beckers scheidet aus. Das Archiv des Verborgenen Museums werde in das „hervorragende“ Archiv der Berlinischen Galerie eingegliedert und dort erstmals öffentlich zugänglich sein. Das Ziel sei es "Entdeckung und Erforschung von Künstlerinnen fortzusetzen, in einem Museum mit Sammlung und Archiv zu institutionalisieren und zugleich eine größere Reichweite zu erzielen".[8][9]


Finanzierung


2010 stellte der Senat im Rahmen des Berliner Künstlerinnenprogramms Infrastrukturmittel zur Sicherung und Bespielung der Ausstellungsräume in Höhe von 55.000 Euro zur Verfügung.[10]

Die Berliner Kulturverwaltung trug die Miete für die Museumsräume und die Hälfte des Gehalts der Museumsleiterin, die Mittel für die jeweiligen Ausstellungen mussten die Museumsmacherinnen jeweils neu beantragen (Stand: Januar 2014).[1] Das Engagement der vielen Ehrenamtlichen, die unentgeltlich beim Museum mitwirkten, war eine wesentliche Säule des Museumsbetriebs.[1]


Ausstellungen


Ilse Heller-Lazard: Maja Klauser, 1933
Ilse Heller-Lazard: Maja Klauser, 1933

Übersicht


Das Verborgene Museum widmete sich weltweit als einzige Institution dem Lebenswerk vergessener Künstlerinnen aus allen Bereichen der bildenden Künste, deren Wiederentdeckung, Erforschung, Präsentation und Publikation.[4] Die Frauen gehören überwiegend der um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geborenen Generation an, die als erste an öffentlichen Ausbildungsstätten zugelassen waren. Ein Schwerpunkt waren um 1900 geborene Fotografinnen.[11]

Die thematischen Ideen für Ausstellungen entstanden auf verschiedenen Wegen: Manchmal kamen Nachlassverwalter auf das Verborgene Museum zu, in anderen Fällen meldeten sich Kunsthistoriker.[1] Auch Dachbodenfunde der Angehörigen verstorbener Künstlerinnen haben schon zu Ausstellungen geführt, so etwa 2009 im Falle von Ilse Heller-Lazard.[12] Inzwischen sind die Hinweise auf solche Dachbodenfunde so zahlreich, dass das Museum ihnen nicht immer nachkommen kann.[1] Aus Platzgründen musste sich das Museum meist auf einen Überblick über die Vielfalt der Themen der ausgestellten Künstlerin beschränken.[4]

In der Vergangenheit konzentrierte sich das Museum auf Einzelausstellungen. 2013 wurden jedoch in der Ausstellung Künstlerinnen im Dialog die Bezüge zwischen den Werken verschiedener Künstlerinnen der 1920er Jahre aufgezeigt. Dieser Ausstellungstypus bildeten seitdem neben den Einzelausstellungen einen weiteren festen Programmpunkt des Verborgenen Museums.[13]

Von der Museumsgründung bis Januar 2014 wurden etwa 90 Ausstellungen gezeigt.[1] Im Jahr 2016 wurden, in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste in Berlin, Bilder der Fotomonteurin und Malerin Alice Lex-Nerlinger (1893–1975) gezeigt. Darunter befanden sich unter anderem ihre bekannten Werke Paragraph 218 von 1931 und Training von 1930.[14]


Einzelausstellungen (Auswahl)



Sonderausstellungen (Auswahl)



Ausstellungsreihen



Projekt „Junge Künstlerinnen“


Reihe: Beteiligung am Europäischen Monat der Fotografie


Reihe: „Künstlerinnen im Dialog“


Kooperationen


Immer wieder arbeitet das Museum mit renommierten Einrichtungen zusammen. So entstand beispielsweise 2011 die Ausstellung in der Berlinischen Galerie zu Eva Besnyö auf Initiative des Verborgenen Museums.[22]

Manche Ausstellungen des Museums wurden auch in anderen deutschen Städten gezeigt, so etwa 1997 Atelier Lotte Jacobi Berlin, New York. in Aachen und Regensburg.[23]

Zum Teil ergab sich diese Art von Zusammenarbeit auch mit Einrichtungen im europäischen Ausland, so etwa 1994 bei der Ausstellung zu Helen Ernst mit dem Verzetsmuseum Amsterdam.[24] 1988 präsentierte das Verborgene Museum die von ihm konzipierte Ausstellung Deutsche Künstlerinnen der 20er Jahre innerhalb der Werkschau Carta x Carta in Narni (Italien). Es zeigte darin Arbeiten von Lieselotte Friedlaender, Luise Grimm, Lea Grundig, Lou Albert-Lasard, Jeanne Mammen, Hanna Nagel, Helene Neumann, Waldtraut Niepmann (1898–1996), Margarete Kubicka, Gerda Rotermund und Augusta von Zitzewitz.[25]

Einzelne Ausstellungen übernahm das Museum auch von anderen Einrichtungen, so etwa 1998 Lotte Errell: Reporterin der 30er Jahre. vom Museum Folkwang in Essen.[26]

Wiederholt ist es dem Verborgenen Museum gelungen, große Sammlungen für die ausgestellten Künstlerinnen zu interessieren und deren Werk auf diese Weise einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So wurde im Anschluss an die Eröffnung der Ausstellung zu Lotte Laserstein im Jahr 2003 ein Selbstporträt der Künstlerin von der Sammlung des Berliner Stadtmuseums erworben.[27]


Auszeichnungen



Ausstellungskataloge (Auswahl)



Literatur




Commons: Das Verborgene Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Annette Kuhn: Warum das Verborgene Museum in Berlin einzigartig ist. In: morgenpost.de. 22. Januar 2014, abgerufen am 6. Februar 2016.
  2. Monika Kaiser: Das Verborgene Museum 1987/88 in der Akademie der Künste in Westberlin. In: Monika Kaiser: Neubesetzungen des Kunst-Raumes. Feministische Kunstausstellungen und ihre Räume, 1972–1987. Transcript-Verlag, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8376-2408-3, S. 238–275, S. 239.
  3. Monika Kaiser: Das Verborgene Museum 1987/88 in der Akademie der Künste in Westberlin. In: Monika Kaiser: Neubesetzungen des Kunst-Raumes. Feministische Kunstausstellungen und ihre Räume, 1972–1987. Transcript-Verlag, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8376-2408-3, S. 238–275, S. 254, Anmerkung 39.
  4. Ingeborg Wiensowski: Ausstellung von Reportagefotos: Der Blick geht aufs Wesentliche. Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt, Salvador Dalí – mit ihren Porträtfotos für 'Elle' oder 'Vogue' wurde die Schweizerin Monique Jacot in den Fünfzigern bekannt. Nun würdigt eine Berliner Ausstellung auch ihre Reportagefotos. spiegel.de, 14. Oktober 2014, abgerufen am 25. Februar 2016.
  5. Mimi-Rosa Stave: Zum Sehen gemacht. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 19. Mai 2016; abgerufen am 19. Mai 2016.
  6. Anna Pataczek: Fotografin Monique Jacot. Liebender Blick. Endlich in Berlin: Das Verborgene Museum feiert die Schweizer Fotografin Monique Jacot. tagesspiegel.de, 10. Februar 2014, abgerufen am 25. Februar 2016.
  7. Petra Sorg: Das Verborgene Museum zeigt Fotografien von Lotte Jacobi. Die Kamera war ihre Eintrittskarte. www.berliner-zeitung.de, 27. Januar 1997, abgerufen am 25. Februar 2016.
  8. Elke Linda Buchholz: Verborgenes Museum hört auf – Ein wichtiger Knotenpunkt für Netzwerkerinnen. In: tagesspiegel.de. 14. Januar 2022, abgerufen am 14. Januar 2022.
  9. dpa: Ausstellungen: Berlinische Galerie übernimmt Arbeit des Verborgenen Museums. In: zeit.de. 11. Januar 2022, abgerufen am 14. Januar 2022.
  10. 200.000 Euro für Künstlerinnen und Frauenkulturinitiative im Jahr 2010. Pressemitteilung der Berliner Kulturverwaltung, auf www.berlin.de, 5. Januar 2011, abgerufen am 6. Februar 2016.
  11. brennpunkt. Magazin für Fotografie. Sonderausgabe, Berlin 2009, hrsg. Edition Bührer, ISBN 978-3-86931-066-4, S. 19/20
  12. Christiane Meixner: Wiederentdeckt: die Malerin Ilse Heller-Lazard, Der Tagesspiegel, 9. Januar 2010
  13. Künstlerinnen im Dialog. art-in-berlin.de, 19. August 2013, abgerufen am 25. Februar 2016.
  14. Künstlerin Alice Lex-Nerlinger. Kunst für Snobs? Nein, fürs Volk, Der Tagesspiegel, 25. April 2016
  15. Sigrid Hoff: ZEITPUNKTE – MAGAZIN. Das Verborgene Museum wird 30 und zeigt Alice Lex-Nerlinger 1893–1975. Fotomonteurin und Malerin. (Nicht mehr online verfügbar.) In: kulturradio.de. 15. Mai 2016, archiviert vom Original am 16. September 2016; abgerufen am 24. Mai 2016.
  16. Der verhängnisvolle Paragraph in FAZ vom 8. Juni 2016, S. 12
  17. Rangel und Sol: Bilder von Veronika Otten und Susanne Schmiechen, im Gespräch mit Hans-Joachim Neubauer. Ausstellung 2. September bis 6. Oktober 1996. Herausgegeben von Das Verborgene Museum e. V., Berlin 1996.
  18. Das Verborgene Museum: 11. April 2019 - 11. August 2019 - Künstlerinnen im Dialog.
  19. Künstlerinnen im Dialog. In: artefakt-berlin.de. Abgerufen am 19. Mai 2017.
  20. Landschaft und Gesicht – Unter diesem Motto zeigt Das Verborgene Museum vom 3. April bis 27. Juli 2014 eine dialogisch konzipierte Bildschau. In: AVIVA-Berlin.de, 28. März 2014. Abgerufen am 8. März 2016.
  21. Analog vernetzt: Künstlerinnen im Berlin der 20erjahre. (Memento vom 25. Februar 2016 im Internet Archive) vogue.de, 22. August 2013; abgerufen am 25. Februar 2016.
  22. Anna Pataczek: „Schön von oben“. Die Berlinische Galerie entdeckt die Fotografin Eva Besnyö neu. Sie kam 1930 für zwei Jahre nach Berlin, wo sie viele Alltagsszenen mit ihrer Rolleiflex-Kamera festhielt. Später emigrierte die ungarische Jüdin nach Amsterdam. tagesspiegel.de, 27. Oktober 2011, abgerufen am 6. Februar 2016.
  23. Marion Beckers, Elisabeth Moortgat: Atelier Lotte Jacobi Berlin, New York. Zur gleichnamigen Ausstellung, Das Verborgene Museum, Berlin (23. Januar bis 23. März 1997); Suermondt Ludwig Aachen, (5. April bis 25. Mai 1997); Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg, (1. Juni bis 13. Juli 1997). Herausgegeben von Das Verborgene Museum e. V., Nicolai Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-87584-634-6.
  24. Hans Hübner, Gisela Breitling: Helen Ernst. 1904–1948; Berlin – Amsterdam – Ravensbrück; Stationen einer antifaschistischen Künstlerin; Das Verborgene Museum, 14. Juli bis 28. August 1994, Verzetsmuseum Amsterdam, 17. September bis 27. November 1994. Herausgegeben von Das Verborgene Museum e. V. und Jacques Schwarz (Verein zum Studium Sozialer Bewegungen e. V.), Traum-und-Raum-Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-929346-03-6.
  25. Buch: Waldtraut Niepmann. Gemälde und Zeichnungen 1929–1932. Verlag: Berlin, Frankfurt, 1985.
  26. Ute Eskildsen, Dorothee Wiethoff: Lotte Errell: Reporterin der 30er Jahre. Museum Folkwang, Essen, 28. September bis 16. November 1997; Das Verborgene Museum, Berlin, 21. Januar bis 15. März 1998. Museum Folkwang, Essen und Das Verborgene Museum, Berlin 1997.
  27. Marion Beckers: Das Verborgene Museum. berlin.de, Dezember 2010; abgerufen am 26. Februar 2016.
  28. Abgeordnetenhaus von Berlin – Louise-Schroeder-Medaille 2018 geht an „Das Verborgene Museum“. In: parlament-berlin.de. Abgerufen am 5. April 2018.
  29. Berliner Frauenpreis 1987–2014 Die Preisträgerinnen. (PDF; 2,7 MB) S. 68.



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