Lilli Wislicenus-Finzelberg (* 5. November 1872 in Andernach als Elisabeth Emma Charlotte Finzelberg; † 14. Dezember 1939 in Berlin) war eine deutsche Bildhauerin.
Lilli Wislicenus-Finzelberg, gemalt von Hans Wislicenus (1907)Trauernde auf dem Familiengrab Wislicenus-Finzelberg
Leben
Lilli Finzelberg war nach ihrer Schwester Helene (* 1869) die zweite Tochter von Hermann Finzelberg, einem Chemiker bei Schering in Berlin. Sie verließ Andernach mit neun Jahren und lebte bis zu ihrem 15. Lebensjahr bei ihrem Onkel, dem Maler Hermann Wislicenus in Düsseldorf.
Sie studierte an der Technischen Hochschule Charlottenburg Bildhauerei bei den Dozenten Otto Geyer und Adolf Jahn.[1] 1892 präsentierte sie erstmals zwei ihrer Werke in der „Berliner Akademieausstellung“, 1893 stellte sie Bronzeplastiken auf der Chicagoer Weltausstellung aus. Sie war von 1892 bis 1927 Mitglied des „Vereins der Berliner Künstlerinnen“. Finzelberg war hauptsächlich als freischaffende Künstlerin in Berlin tätig. Sie erhielt auch zahlreiche Großaufträge wie z.B. das vier Meter hohe Bronzestandbild Bismarcks für den Rathenower Bismarckturm, das jedoch 1942 zu Kriegszwecken eingeschmolzen wurde.[2] Über den Vater wurde sie mit Otto von Bismarck bekannt gemacht, der ihr für eine Büste Modell saß. Sie schenkte ihm ihr Werk Bauernjunge mit zwei Blumentöpfen, das diesem so gut gefiel, dass er es an exponierter Stelle in seinem Empfangszimmer in Friedrichsruh aufstellte.
Heute steht die Skulptur des Bauernjunge mit zwei Blumentöpfen im Museum Obere Saline (Bismarck Museum) in Bad Kissingen wo man sie im Festsaal des Hauses bestaunen kann.[3]
1896 heiratete sie ihren Vetter, den Maler Hans Wislicenus, mit dem sie zusammen aufgewachsen war. Lilli Finzelberg signierte ihre Skulpturen von da ab mit dem Künstlernamen Lilli Wislicenus-Finzelberg. Das Ehepaar bekam einen Sohn, Hans Hermann Wislicenus, der wie der Vater Maler wurde und den Künstlernamen Jean Visly verwendete.[4]
Nachdem Hans Wislicenus am Abend des 13. Dezember 1939 verstorben war, starb Lilli am nächsten Morgen an einem „Geschwulst im Leibe“ in ihrer Wohnung in der Mommsenstraße 5 in Charlottenburg.[5] Sie wurden auf dem Friedhof Wilmersdorf in Berlin bestattet. Das Familiengrab, in dem bereits die Eltern von Lilli Wislicenus-Finzelberg beigesetzt worden waren,[6] schmückt die Skulptur einer Trauernden, die Lilli Wislicenus-Finzelberg 1910 selbst schuf.
Werk (Auswahl)
Porträtbüste (Große Berliner Kunstausstellung 1901)
Fries für ein Musikzimmer (publiziert 1901)
Reliefs am Grabmal der Familie Paul Köthner (um 1903)
Skulptur „Frühlingserwachen“ (um 1910)
Porträtrelief am Grabmal für Hedwig Maaß (undatiert)
Der Schriftsteller Paul Oskar Höcker, während des Ersten Weltkriegs als Hauptmann und Kompaniechef im Feld, schrieb aus seinem Quartier in Belgien an seine Familie:
„Mein Quartier enthält einen eleganten Salontisch, einen Stuhl mit der Waschschüssel, eine Matratze auf dem Boden und auf dem Kaminsims einen lieben alten Bekannten. Das ist ein Gipsabguß des Jungen mit dem Frosch, den eine verehrte künstlerische Freundin, Frau Lili Wislicenus-Finzelberg, als sechzehnjähriges Mädchen modelliert hat. Der kleine Bursche steht daheim auch auf dem Spielschrank meines jüngsten Töchterchens, und ich trage ihm Grüße nach Westend auf, wo es am Sedantage ein Geburtstagskind gibt, von dem ich nicht weiß, ob es meinen Feldpostbrief erhalten hat…“[27]
Siehe auch
Liste von Bildhauerinnen
Literatur
Klaus Schäfer: Notizen zu Leben und Werk der Bildhauerin Lilli Wislicenus-Finzelberg. In: Historischer Verein Andernach e.V. (Hrsg.): Andernacher Annalen, 8 (2009), S. 139–155.
Anna Schrader: "Lilli Wislicenus-Finzelberg". In: Marc Gundel, Arie Hartog, Frank Schmidt (Hrsg.): Bildhauerinnen in Deutschland. Wienand, Köln 2019, S. 14f., ISBN 978-3-86832-520-1.
Wislicenus, Lilli. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band36: Wilhelmy–Zyzywi. E. A. Seemann, Leipzig 1947, S.108.
Vgl. Anna Schrader: "Lilli Wislicenus-Finzelberg". In: Marc Gundel, Arie Hartog, Frank Schmidt (Hrsg.): Bildhauerinnen in Deutschland. Wienand, Köln 2019, S. 14.
Biografie Jean Visly (Memento vom 3. August 2014 im Internet Archive) auf wislicenus.info, abgerufen am 23. November 2012.
StA Charlottenburg von Berlin, Sterbeurkunde Nr. 4584/1939
Jörg Kuhn, Nicola Vösgen: Cherchez la femme. Biografische Fundstücke zu Berliner Grabstätten. In: Der Bär von Berlin, Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins. Berlin 2021, S. 61–66.
Anna Schrader: "Lilli Wislicenus-Finzelberg". In: Marc Gundel, Arie Hartog, Frank Schmidt (Hrsg.): Bildhauerinnen in Deutschland. Wienand, Köln 2019, S. 15.
Berliner Architekturwelt. 4. Jahrgang, 1902, Heft 6, September 1901, S. 158 (digital.zlb.de).
Berliner Architekturwelt. 4. Jahrgang, 1902, Heft 8, November 1901, S. 252 (digital.zlb.de).
Birgit Jochens, Herbert May: Die Friedhöfe in Berlin-Charlottenburg. Geschichte der Friedhofsanlagen und deren Grabmalkultur. Stapp Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-87776-056-2, S. 120.
Berliner Architekturwelt. 7. Jahrgang, 1905, Heft 6, September 1904, S. 180 (digital.zlb.de).
Ulrich Wanke: Rathenow, Otto von Bismarck und der Bismarckturm. In: Brandenburgische Denkmalpflege. 4. Jahrgang 1995, Heft 2, S. 78–84. (havelland.de PDF; 8,98 MB).
Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.
2019-2025 WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии