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Willibald Leo Freiherr von Lütgendorff-Leinburg (* 8. Juli 1856 in Augsburg; † 31. Dezember 1937 in Weimar) war ein deutscher Historien- und Genremaler, Kunsterzieher und Kunsthistoriker des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts, der ab 1901 in Lübeck auch als Museumsdirektor einer Abteilung des Museums am Dom tätig war.

Willibald Leo von Lütgendorff-Leinburg
Willibald Leo von Lütgendorff-Leinburg
lübeckisches Haus derer von Lütgendorff-Leinburg
lübeckisches Haus derer von Lütgendorff-Leinburg

Leben



Herkunft


Willibald Leo von Lütgendorff-Leinburg war der Sohn des Germanisten und Übersetzers der Tegnér’schen Frithjofssage Otto Gottfried von Lütgendorff-Leinburg und seiner ersten Frau, der Jugendschriftstellerin Maria von Andechs (Anna Maria (Fanny), geb. Schüler, gen. v. Andechs, * 20. August 1836 in Aschaffenburg; † 15. August 1867 in Preßburg).


Laufbahn


Seine Kindheit verlebte er in Preßburg. Preßburg sollte später eng mit seiner Kunst verknüpft bleiben. Sein Stadttheater zieren vier Gemälde, die der 29-jährige Kunstmaler als Sieger einer Konkurrenz ausführte.

Das Talent seines Großvaters Ferdinand von Lütgendorff-Leinburg, einem bekannten Maler und Kupferstecher, hatte sich auf seinen Enkel übertragen. Nachdem dieser das Maximiliansgymnasium in München besuchte, widmete er sich an der Münchner Akademie unter den Historienmalern Carl von Piloty, Alexander von Liezen-Mayer und unter August Eisenmenger an der Wiener Akademie der Malerei. 1880 erhielt er auf der Kunstausstellung in Budapest einen Preis. Nach Erledigung seines Preßburger Auftrags malte er 1886 in Kirchen im Allgäu und Leipzig aber auch in Kiel und Schwerin. Auf ihn aufmerksam geworden lud ihn der Stadtbaudirektor Adolf Schwiening[1] 1889 nach Lübeck ein, um das Admiralszimmer im Ratskeller auszumalen.

Der vom Landsknecht unter das Fass gelegte Mönch und die Landsknechte mit ihrem lustigen lübschen Sange: „Söben El Bottermilk, / Tein El Klümp, / Und wenn de Schor besapen sünd, / Denn danzt we up de Strümp.“ All die weinseligen drolligen Figuren, sie gemahnten an Eduard von Grützners Gestalten, waren echt lübschen Charakters. Vor allem aber war es der imponierende Aufbau der Germania vor dem Rathausgiebel und der Riesenstammbaum der Lübischen Admiräle, der den Bildern den großen Zug gab.

Nordfront des Rathauses mit den Bildern der Ratsherrn (1891)
Nordfront des Rathauses mit den Bildern der Ratsherrn (1891)

Der Beifall, den Lütgendorffs erstes Werk in der Hansestadt fand, berief den Künstler bald wieder nach Lübeck, um die Kaiser und die lübischen Ratsherren und die Chronisten an der Nordfassade des Rathauses zu malen. Die dort geschaffenen 22 Porträts herausragender Lübecker Bürgermeister seit dem Mittelalter fielen den Flammen und der Hitze nach dem Luftangriff auf Lübeck am 29. März 1942 zum Opfer und waren nicht wiederherzustellen. Zur gleichen Zeit führte er auch größere dekorative Malereien in Kiel aus.

1890 erfolgte die Ausmalung des Rose genannten Raums im Ratskeller zu Lübeck. Bei der Illustrierung ließ sich Lütgendorff von Emanuel Geibels Kneiplied Lob der edlen Musika (Ein lust'ger Musikante) inspirieren. Im gleichen Jahr ließ sich von Lütgendorff in Lübeck nieder. Er lebte sich so gut ein, dass man ihn bald als gründlichen Kenner der Geschichte, der Kultur, der Sitten und der alten Sprache Lübecks[2] ansah. Er wurde zum Geschichtsschreiber des Lübecker Maleramts und der Malerinnung von 1425 bis 1925, oder schrieb der Trägerkompanie ihre Geschichte. Die meisten seiner Werke erschienen in den Lübeckischen Anzeigen, deren Redakteur er eine Zeitlang war, und in deren Vaterstädtischen Blättern. Kapitel aus dem alten Lübeck hatte er unter dem Titel „Lübecker Bilderbogen“ gesammelt.

Neben seinen geschichtlichen Kenntnissen, mit denen er dem Stadtarchiv wertvolle Dienste leistete, und seinen umfassenden kunsthistorischem Wissen war v. Lütgendorff ein besonderer Kenner der Geigenbaukunde. Mit seinem vor Ort in Mittenwald ergründeten Wissen verfasste er das 1904 erschienene Standardwerk „Die Geigen- und Lautenmacher vom Mittelalter bis zur Gegenwart“. Er begründete die Sammlung von historischen Musikinstrumenten, die sich heute im St.-Annen-Museum befindet. Daneben gehörte seine besondere Liebe der Uhrmacherkunst, über die er 1926 ein umfassendes Werk schrieb.

Malschule im Hause Pferdemarkt/ Ecke Kapitelstraße
Malschule im Hause Pferdemarkt/ Ecke Kapitelstraße

1890 gründete v. Lüttgendorf die Kunstschule und war seit 1892 an der Gewerbeschule tätig. Seine Kunstschule fand schließlich eine dauerhafte Bleibe im Domviertel und prägte das Lübecker Kunstleben für rund fünfzig Jahre entscheidend mit. Die frühere Domkurie an der Ecke Kapitelstraße war 100 Jahre zuvor Wohnhaus des Kunsthistorikers Karl Friedrich von Rumohr gewesen. Zu seinen Schülern, die von ihm für den Besuch der Kunstakademie vorbereitet wurden, gehörten Karl Gatermann der Ältere, Erich Klahn und viele andere. Er bildete aber auch künstlerisch interessierte Lübecker Handwerker aus, wie beispielsweise den Glasermeister Carl Berkentien, der sich um viele Glasfenster in Lübecker Kirchen, allen voran St. Marien, verdient machte. Fast alle bildenden Künstler, die erfolgreich aus Lübeck hervorgegangen sind, verdankten dies seiner Führung. Seine Menschenkenntnis befähigte den Lehrer zu besonderem Einfühlungsvermögen.

v. Lütgendorff gehörte dem Kreis um Overbeck an und war einer der Vorbereiter der Neuorientierung ihm gegenüber in Wort und Schrift. Er sorgte dafür, dass Lübeck eine große Anzahl Overbecks Gemälde und Zeichnungen erhielt. Als Freimaurer war v. Lütgendorff seit 1890 Mitglied der Lübecker Loge Zur Weltkugel.

Dom-Museum in Lübeck, um 1900
Dom-Museum in Lübeck, um 1900
Dom-Museum nach dem Luftangriff 1942
Dom-Museum nach dem Luftangriff 1942

Ab 1896 war v. Lütgendorff in der Gemäldesammlung des 1890 neu erbauten Museum am Dom[3] angestellt, wurde von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit 1901 in der Nachfolge von Theodor Hach zum Leiter ihrer Gemälde- und Kunstsammlung einschließlich der Gipsabgüsse bestellt, 1902 Konservator, übernahm 1919 den Vorsitz der„Gemeinschaft Lübecker Maler und Bildhauer“[4] und wurde 1923 zu dessen Direktor ernannt. Der Kunsthistoriker wirkte in einer Zeit, in der die Aufarbeitung der mittelalterlichen Kunstschätze auf Initiative Rumohrs und umgesetzt durch Carl Julius Milde als Pionier der Kulturgutpflege im Anschluss an die Arbeit von Adolph Goldschmidt (1889) auch eine zunehmend breitere internationale wissenschaftliche Aufarbeitung erfuhr. Als Leiter der Gemäldesammlung der Gemeinnützigen Gesellschaft lag ein Schwerpunkt der Arbeit Lütgendorffs auch auf den Nazarenern Friedrich Overbeck und dessen Schwager Theodor Rehbenitz, deren Werke er der Lübecker Sammlung auch mit eingeworbenen Spendengeldern örtlicher Mäzene zuführte. Er war Geschäftsführer der ersten Kunstausstellungen des Kunstvereins in der Katharinenkirche und rief die ersten Lübecker Kunstgewerbeausstellungen ins Leben. Sein Wirken als Kustos dieser Sammlung geriet schon vor dem Ersten Weltkrieg außerhalb Lübecks in die Kritik.[5] Die Kritik verstärkte sich deutschlandweit nach dem Krieg.[6] Kernpunkt war in etwa, dass die Gemäldesammlung so schlecht sei, dass sie nicht einmal einer Kritik zugänglich sei. Dies führte schließlich zur Auflösung der Sammlung. Mehrere hundert Bilder unter Galerieniveau wurden am Kunstmarkt veräußert, die qualitätvolleren Stücke wurden von dem Museumsdirektor Carl Georg Heise in die Sammlung des Behnhauses übernommen, der es verstand, eine der Stadt angemessene Sammlung unter Einbeziehung der Strömungen der Zeit aufzubauen. Neben seinem Engagement für Nazarener und den Nazarener-Nachfolger Milde legte v. Lütgendorff den Grundstock der Sammlung von Gemälden des Lübecker Malers Gotthardt Kuehl,[7] die sich heute ebenfalls in der Sammlung des Behnhauses befinden.

(erster) Braunschweiger Löwe im Garten des Museums
(erster) Braunschweiger Löwe im Garten des Museums

Auf seine Veranlassung hin arbeitete Otto Mantzel aus einem künstlichem Basaltblock eine etwa ¾ der Originalgröße des Braunschweiger Löwens entsprechende freie Kopie heraus. Folglich war es als ein Original-Arbeitsstück anzusehen. Das Postament bestand aus Kunst-Odenwald-Sandstein. Die Enthüllung erfolgte am 9. Oktober 1930 an der Stelle im Garten des Museums, die Heinrich der Löwe bei der Begründung des Domes auf dem bewaldeten Hügel nahe der Trave voraussichtlich zuerst betreten haben wird. Während der Feier wurde das Ehrenmal dem Direktor der Gemeinnützigen Gesellschaft, Herrn Dr. Ihde, übergeben.[8] Das Ehrenmal ist 1942 zerstört worden. 1975 ist von der Elfriede Dräger-Gedächtnis-Stiftung eine neue Kopie des Löwen gestiftet und unweit der ursprünglichen Stelle auf der anderen Seite des Domess aufgestellt worden. Da sich an ihr jedoch keinerlei Hinweis auf die lübeckische Vorgängerversion gibt, ist dies heute nahezu unbekannt.

Ende 1937 reiste er zu seiner Familie nach Weimar, wo er an den Folgen einer Lungenentzündung verstarb.


Auszeichnungen und Ehrungen


Grabstelle auf dem Burgtorfriedhof in Lübeck
Grabstelle auf dem Burgtorfriedhof in Lübeck

Bekannte Schüler Lütgendorffs



Werke (Auswahl)



Gemälde


Stillleben
Stillleben
Abendmahl
Abendmahl

30 Bilder aus Capodistria (heute Koper)

Zahlreiche Bilder aus Lübeck


Schriften


  • Band 1: Die Sammlung von Gipsabgüssen klassischer Bildwerke in kunstgeschichtlicher Anordnung. Borchers, Lübeck (um 1908).
  • Band 2: Beschreibendes Verzeichnis der Gemäldesammlung. Borchers, Lübeck 1908.
  • Band 3: Das Overbeck-Zimmer im Museum am Dom zu Lübeck: ein beschreibendes Verzeichnis. Borchers, Lübeck 1915.

Offenbar wurde Lütgendorffs umfangreiche Privatbibliothek schon 1930 über das Kieler Antiquariat Lipsius & Tischer verkauft:


Literatur



Quellen und Anmerkungen


  1. Schwiening baute gerade das backsteingotische Rathaus im neugotischen Stil um.
  2. Neben der alten Sprache Lübecks sprach er die Neuen Sprachen Dänisch, Schwedisch, Altisländisch, Italienisch und Ungarisch.
  3. Das Museum grenzte direkt an den Lübecker Dom und mit diesem und den Resten des alten Kreuzgangs verbunden. Das neugotische Gebäude fiel mit großen Teilen seiner Sammlungen dem Luftangriff 1942 zum Opfer.
  4. Unter den etwa 25 Mitgliedern der „Gemeinschaft Lübecker Maler und Bildhauer“ war Ulrich Hübner sicherlich der Bekannteste.
  5. Otto Grautoff: Lübeck. Reihe Stätten der Kultur, Band 9 (mit Illustrationen von Fidus), Leipzig 1908, S. 138 ff.
  6. Abram B. Enns: Kunst und Bürgertum. Lübeck 1978, ISBN 3-7672-0571-8, S. 31 ff.
  7. Mit Gotthardt Kuehl verband v. Lütgendorff eine alte Freundschaft.
  8. Denkmal für Heinrich den Löwen, den zweiten Begründer Lübecks. In: Lübeckische Anzeigen, Jahrgang 1930, Nr. 237, Ausgabe vom 10. Oktober 1930.
  9. Rubrik: Chronik. In; Vaterstädtischen Blätter. Jg. 1925/26, Nr. 23, Ausgabe vom 25. Juli 1926, S. 98.
  10. Ferdinand Kayser stiftete das Abendmal für das als Vorstandszimmer und Konfirmandensaal dienende Zimmer im Marienwerkhaus (1904)


Commons: Willibald Leo von Lütgendorff-Leinburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Personendaten
NAME Lütgendorff-Leinburg, Willibald Leo von
ALTERNATIVNAMEN Lütgendorff-Leinburg, Willibald Leo Freiherr von; Freiherr von Lütgendorf
KURZBESCHREIBUNG deutscher Maler und Kunsthistoriker
GEBURTSDATUM 8. Juli 1856
GEBURTSORT Augsburg
STERBEDATUM 31. Dezember 1937
STERBEORT Weimar



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