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Der Zinsgroschen, in der Literatur auch „Das Wunder des Zinsgroschen“ ist ein Fresko in der Kirche Santa Maria del Carmine in Florenz. Es ist der bedeutendste[1] Bestandteil des berühmten Freskenzyklus in der Brancacci-Kapelle, der von verschiedenen Meistern zwischen 1424 und 1485 geschaffen wurde. Der Zinsgroschen wurde zwischen 1425 und 1428 von Masaccio gemalt und gilt als eines seiner Meisterwerke.

Der Zinsgroschen
Masaccio, 1425 bis 1428
Fresko
255× 598cm
Santa Maria del Carmine
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Entstehungsgeschichte


Brancacci-Kapelle
Brancacci-Kapelle

Die Fresken in der Brancacci-Kapelle wurden gestiftet von Felice Brancacci, einem wohlhabenden Kaufmann und Politiker[2] und Gegner der Medici. Masolino begann 1424 mit den Fresken der obersten Zone, er bemalte die Decke und die Lünetten der Kapelle. Diese Fresken sind heute zerstört. Ihm schloss sich ab 1425 Masaccio an, er führte die Wandbilder der oberen Zone aus. Masolino verließ Florenz im Sommer 1425[3], so dass Masaccio ab diesem Zeitpunkt allein arbeitete. Er verließ Florenz 1428 nach Rom und starb dort noch im selben Jahr, die Kapelle war zu diesem Zeitpunkt nicht fertiggestellt. Der Auftraggeber, Felice Brancacci, fiel 1436 bei den Medici in Ungnade und wurde verbannt[3]. Die Ausmalung der Kapelle ruhte fortan bis 1481. Erst dann führte Filippino Lippi die fehlenden drei Fresken bis 1485 aus. Möglicherweise hatten die Nachkommen des Felice Brancacci seine Rehabilitation erwirkt[4], wodurch die Arbeit an der Kapelle wieder aufgenommen werden konnte. Das Fresko, wie auch die anderen der Kapelle, überstand den Brand der Kirche 1771 unbeschadet.[5]


Geschichtlicher Hintergrund


Für die Motivation des Stifters ausgerechnet zu dieser – in Italien selten dargestellten – Szene nimmt die Literatur an, Brancacci habe sich mit diesem Bild politisch äußern wollen[6][7]. Florenz führte zu dieser Zeit einen sehr kostspieligen Krieg gegen Mailand und war auf zusätzliche Einnahmen durch die Erhebung neuer Steuern angewiesen. Aus diesem Grund plante die Kommune die Einführung eines Grundbuches, in dem die Besitztümer genauestens katalogisiert werden sollten, was auf Widerstand insbesondere der wohlhabenden Schichten stieß. Brancacci stellte sich, obwohl selbst reich, mit dieser Darstellung gegen sie und ergriff Partei für die Einführung[6]. Das Bild kann als Hinweis auf die Pflicht jedes einzelnen Bürgers nach Entrichtung der dem Staat zustehenden Gelder gesehen werden[6]. Das Grundbuch wurde 1427 eingeführt[7].


Die Darstellung


Die dargestellte Szene stammt aus der Bibel, Matthäus 17,27–27 EU: „Als sie nach Kapernaum kamen, traten zu Petrus, die den Tempelgroschen einnehmen und sprachen: Pflegt euer Meister nicht den Tempelgroschen zu geben? Er sprach: Ja. Und als er heimkam, kam Jesus ihm zuvor und fragte: Was meinst du, Simon? Von wem nehmen die Könige auf Erden Zoll oder Steuern: von ihren Kindern oder den Fremden? Als er antwortete: Von den Fremden, sprach Jesus zu ihm: So sind die Kinder frei. Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh hin an den See und wirf die Angel aus, und den ersten Fisch, der heraufkommt, den nimm; und wenn du sein Maul aufmachst, wirst Du ein Vierdrachmenstück[8] finden; das nimm und gib’s ihnen für mich und dich“[9].

Dem Text entsprechend – mit einer leichten Abwandlung, im Gegensatz zum Text spielt die erste Szene im Freien – ist das Fresko gestaltet. Es ist nach der Bibelstelle in drei Szenen eingeteilt: das Gespräch der Gruppe mit dem Zöllner, in der Mitte des Fresko, den Fang des Fisches durch Petrus – links oben – und die Übergabe des gefundenen Geldstücks an den Zöllner – rechte Szene. Kompositorisch verwendet Masaccio eine Diagonale, von rechts nach vorne laufend.[10]


Das mittlere Segment


Das mittlere Segment im Detail
Das mittlere Segment im Detail
Die linke Szene im Detail
Die linke Szene im Detail

Das mittlere Segment stellt den Moment dar, in dem der Zöllner (er ist in einem roten Gewand in der Rückensicht dargestellt) an die Gruppe herantritt, seine Frage stellt und die Antworten erhält. Die Mitglieder der Gruppe sind, obschon in der Körperhaltung ruhig, in starker Emotion dargestellt. Sie sind in antike Gewänder – Tuniken und Togen – gekleidet, die Würde ihrer Darstellung erinnert an die altrömische Gravitas[11]. Ihre Gesichtszüge zeigen Empörung und Widerwillen[12] und stehen in starker Wechselbeziehung zueinander[13]. In der Figur mit dem roten Mantel rechts des Zöllners hat sich Masaccio selbst dargestellt[14]. Jesus zeigt mit der rechten Hand nach Petrus und erteilt ihm den Auftrag, dieser selbst verweist mit seiner Handbewegung auf die Szene, in der sich das Wunder ereignet[15]. Masaccio lässt der Dynamik der Gruppenszene breiten Raum. Der Hintergrund des Bildes besteht, obschon realistisch ausgeführt, doch aus einem öde wirkenden, kaum farblich dargestellten Gebirge und einigen wenigen, nur aus Gründen der perspektivischen Darstellung eingefügten[16] fast kahlen Bäumen. Nichts soll die Aufmerksamkeit des Betrachters vom zentralen Geschehen ablenken. Der strenge Lichteinfall von rechts, der dem physischen Kapellenfenster entspricht (Giotto hatte bereits in der Arenakapelle in Padua jene ‚natürliche‘ Lichtquelle genutzt), und der Faltenwurf der bunten Gewänder verleihen dem Bild zusätzliche Plastizität[15].


Die linke Szene


Die rechte Szene im Detail
Die rechte Szene im Detail

Petrus hat seine Toga abgelegt und trägt nurmehr die Tunika. Die Szene stellt den Moment dar, in dem er im gefangenen Fisch das Geldstück findet[17], so wie es Jesus vorausgesagt hat.


Die rechte Szene


Sie bildet den Abschluss der gemalten Überlieferung. Petrus zahlt dem Steuereinnehmer, an dessen Mimik man sowohl Gier als auch Selbstzufriedenheit ablesen kann, das gefundene Geldstück aus, so wie Jesus ihn angewiesen hatte. Masaccio verwendet für das Haus im Hintergrund eine zentralperspektivische Darstellung, der Fluchtpunkt der Perspektive liegt genau im Gesicht Christi.


Bewertung


Das Bild gilt als eines der Hauptwerke Masaccios[15]. Die Besonderheit liegt an der realistischen Darstellung sowohl der Figuren wie der gesamten Komposition als auch der natürlichen Darstellung von Meer, Gebirge und Wolken. Max Semrau meint hierzu: „Die klare und überzeugende Anordnung der Gestalten im Raume, ihre individuelle Charakteristik, das ausdrucksvolle, aber auf wenige Handelnde im Vordergrunde beschränkte Gebärdenspiel gibt der Darstellung eine ganz neue, wegweisende Kraft und Eindringlichkeit“[18]. Es gehört, wie die anderen Fresken der Kapelle, zu den bedeutendsten und revolutionärsten[19] Werken der italienischen Renaissance.


Literatur




Commons: Der Zinsgroschen (Masaccio) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Zuffi, Die Renaissance, S. 94.
  2. Santini, Florenz, Wiege der Renaissance, S. 62.
  3. Toman (Hrsg.), Die Kunst der italienischen Renaissance, S. 240.
  4. Toman (Hrsg.), Die Kunst der italienischen Renaissance, S. 245.
  5. Grote, Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens, S. 117.
  6. Toman (Hrsg.), Die Kunst der italienischen Renaissance, S. 244.
  7. de Rynck, Die Kunst Bilder zu lesen, S. 23.
  8. Im Originalzitat lautet es in der Lutherbibel ein Zweigroschenstück. Aus enzyklopädischem Grund wird dieses Wort durch die Übersetzung nach Toman (Hrsg.), Die Kunst der italienischen Renaissance, S. 240 ersetzt.
  9. Deutsche Bibelgesellschaft, Die Bibel, Nach der Übersetzung Martin Luthers, Lutherbibel Standardausgabe, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1985.
  10. Semrau, Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden, S. 11.
  11. Stützer, Malerei der italienischen Renaissance, S. 9.
  12. Toman (Hrsg.), Die Kunst der italienischen Renaissance, S. 241.
  13. de Rynck, Die Kunst Bilder zu lesen, S. 21.
  14. Woermann, Die italienische Bildnismalerei der Renaissance, S. 36.
  15. de Rynck, Die Kunst Bilder zu lesen, S. 22.
  16. Wolf/Millen, Geburt der Neuzeit, S. 17.
  17. Zuffi, Die Renaissance, S. 75.
  18. Semrau, Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden, S. 11.
  19. Santini, Florenz, S. 62.

На других языках


- [de] Der Zinsgroschen (Masaccio)

[en] The Tribute Money (Masaccio)

The Tribute Money is a fresco by the Italian Early Renaissance painter Masaccio, located in the Brancacci Chapel of the basilica of Santa Maria del Carmine, Florence. Painted in the 1420s, it is widely considered among Masaccio's best work, and a vital part of the development of Renaissance art.[1][2]

[es] El pago del tributo (Masaccio)

El tributo es una de las escenas más famosas de los frescos más destacados pintados por Masaccio en la Capilla Brancacci (iglesia de Santa María del Carmine en Florencia). Se enmarca en la pintura del Quattrocento, primera etapa del Renacimiento italiano. Algunos autores han señalado intervenciones de Masolino en esta pintura.

[it] Pagamento del tributo

Il Pagamento del tributo è un affresco di Masaccio facente parte della decorazione della Cappella Brancacci nella chiesa di Santa Maria del Carmine a Firenze. L'opera, databile al 1425 circa (255x598 cm), ritrae una scena delle storie di san Pietro in cui Gesù lo invita a pagare il tributo chiesto da un gabelliere per entrare nella città di Cafarnao. Si tratta della scena universalmente riconosciuta come una delle più alte espressioni dell'arte masaccesca e del primo Rinascimento[1] in generale.

[ru] Чудо со статиром

«Чудо со статиром» (также «Чудо с динарием») (итал. Pagamento del tributo) — фреска итальянского живописца Мазаччо. Создана в 1425—1427 годах. Находится в часовне Бранкаччи церкви Санта-Мария-дель-Кармине во Флоренции.



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