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Als Augustus von Primaporta bezeichnet man eine 2,04 m hohe Panzerstatue des ersten römischen Kaisers Augustus. Benannt wurde sie nach ihrem Fundort in Prima Porta, einem nördlichen Stadtteil Roms.

Augustusstatue von Primaporta, heute in den Vatikanischen Museen
Augustusstatue von Primaporta, heute in den Vatikanischen Museen

Die überlebensgroße Statue des Augustus von Primaporta wurde am 20. April 1863 in der Villa der Livia, dem Haus von Augustus’ Ehefrau Livia Drusilla gefunden. Sie war bei ihrer Auffindung beschädigt. Diese Schäden resultierten aus bereits in der Antike erfolgten Stürzen. Dabei brachen der linke Unterschenkel, der rechte Fuß und der rechte, in die Luft gehobene Arm; diese wurden nachträglich restauriert. Die Statue ist eine Marmorkopie eines Bronzeoriginals, das der Senat oder andere hohe Honoratioren um 20 v. Chr. in Auftrag gegeben hatten. Zu dieser Zeit trat Augustus nach außen bescheiden auf, der Fund der Marmorkopie in der Villa seiner Frau zeigt jedoch, dass er mit dem Original durchaus zufrieden war. Die Ikonografie wird häufig mit Motiven des Carmen saeculare des Horaz verglichen. Wie wahrscheinlich alle Statuen der griechisch-römischen Antike wies der Augustus von Primaporta eine farbenfrohe Bemalung auf, von der heute jedoch fast nichts mehr erhalten ist. Rekonstruktionen des ursprünglichen Aussehens stützten sich auf alte Aquarelle und neuere naturwissenschaftliche Untersuchungen.

Augustus von Primaporta – Porträt
Augustus von Primaporta – Porträt

Die dargestellte Frisur besteht nahezu komplett aus einzeln abgeteilten, dicken Haarsträhnen, so auch direkt über der Stirnmitte. Sie werden auf beiden Seiten von gegenläufigen Locken abgeschlossen. Dadurch bildet sich links ein Zangenmotiv und rechts ein Gabelmotiv. Die Frisur mit Gabel und Zange ist stilbildend für den Augustus von Primaporta, man spricht vom sogenannten Primaporta-Typus. Das Gesicht ist den idealisierten Gesichtern der Statuen des Polyklet nachempfunden. In früheren Porträts ließ sich Augustus eher in monarchischer Weise abbilden, das widersprach jedoch seiner späteren diplomatischen Vorstellung, die ihn als primus inter pares darstellte.

Kopf und Hals wurden gesondert aus parischem Marmor gearbeitet und in den Rumpf eingesetzt. Die Identität mit Augustus ergibt u. a. aus Vergleichen mit Münz-Porträts, die ebenfalls das Gabel-Zangen-Motiv aufweisen. Münzen waren damals eines der effektivsten propagandistischen Mittel, um politische Botschaften und Neuigkeiten – etwa militärische Siege oder Machtwechsel – zu verbreiten. Zu solchen Anlässen wurden jeweils neue Münzen geprägt, was auch eine gewisse zeitliche Einordnung erlaubt.

Kaiser Augustus steht aufrecht im hochklassischen Kontrapost: Ein Bein ist belastet (Standbein), das andere entlastet (Spielbein). Durch diese spezielle Art des Stehens ergibt sich ein Knick in der rechten Hüftpartie, was (unrealistischerweise) am Panzer auch zu sehen ist. Der rechte Arm des Mannes ist erhoben, er ist nicht vollständig gestreckt und weist nach vorne. Dies könnte auf einen Gestus der adlocutio (Ansprache des Feldherrn vor der Schlacht) hindeuten.[1] Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Feldherr eine Lanze mit nach unten gerichteter Spitze gehalten habe.[2] Da die rechte Hand bei Auffindung beschädigt war und nicht alle Finger erhalten sind, wird sich diese Frage aber nicht mehr klären lassen.

Der linke Arm des Augustus ist an die Seite angelegt. In der linken Hand befand sich in der Antike wohl ebenfalls ein Gegenstand, womöglich ein Lorbeerzweig.[3]

Detailansicht vom Brustpanzer
Detailansicht vom Brustpanzer

Das Relief auf dem Brustpanzer der Statue zeigt im Zentrum – so zumindest die am weitesten verbreitete Interpretation – den hier als Unterworfenen gezeigten parthischen König, der die von Crassus 53 v. Chr. verlorenen Feldzeichen an einen in militärischer Haltung stehenden römischen Soldaten (möglicherweise Mars Ultor) zurückgibt. Dies war ein sehr beliebtes Motiv in der augusteischen Propaganda, war die Rückgabe der Feldzeichen doch einer der größten außenpolitischen Erfolge des Kaisers. Dieser Erfolg musste besonders stark betont werden, da Augustus aufgrund der militärischen Stärke der Parther auf den von der römischen Öffentlichkeit erwarteten Krieg verzichtet hatte. Die Darstellung des parthischen Königs als Unterworfenen ist ein rein propagandistischer Schachzug und hat mit der politischen Realität der Zeit nichts gemein. Links und rechts sitzen trauernde Frauenfiguren: auf der einen Seite eine Personifikation mit einem Schwert in der Scheide, die die tributpflichtigen Völker im Osten und möglicherweise die Germanen symbolisiert; auf der anderen Seite eine Personifikation ohne Schwert in der Scheide, die offenbar für die unterworfenen Völker wie die Kelten steht. Weiterhin sieht man (von oben Mitte im Uhrzeigersinn):

Keine dieser Deutungen ist unumstritten. Die Götter symbolisieren aber wohl in jedem Fall die Stetigkeit und Folgerichtigkeit der Ereignisse: So wie Sonne und Mond immer wieder aufgehen, so sicher und göttlich sanktioniert seien die römischen Erfolge, die wiederum mit dem Träger dieser Rüstung, Augustus, verknüpft seien. Die einzige selbst handelnde Person ist der Partherkönig – alles übrige ist demnach göttlich gewollt und vorgegeben.

Ganz in göttlicher Manier wurde Augustus ohne Schuhwerk dargestellt, was bis dahin allein Gottheiten vorbehalten war. Es könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass Augustus schon verstorben war, als Livia die Statue in Auftrag gab – eventuell als Kopie eines in der Stadt aufgestellten Denkmals mit Schuhwerk. Als weitere göttliche Legitimation reitet zu Augustus’ Füßen Eros, der Sohn der Venus, auf einem Delphin. Dies verweist auf die vorgebliche, göttliche Stammmutter des Hauses der Julier.

Der Primaporta-Typus wurde für Augustusporträts zum vorherrschenden Darstellungsstil. In leichter Variation wurde er bis zum Tode des Augustus im Jahr 14 beibehalten. Entsprechend dem propagandistischen Zweck dieser Statuen ist Augustus auf seinen Abbildern nicht gealtert. Statuen und Porträts dieses Typs wurden im Gebiet des ganzen Römischen Reiches gefunden.

Heute befindet sich die Statue in den Vatikanischen Museen in Rom. Originalgetreue Kopien stehen in Cambodunum und im LWL-Museum für Archäologie in Herne.


Literatur




Commons: Augustus von Primaporta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Klaus Vierneisel, Paul Zanker (Hrsg.): Die Bildnisse des Augustus. Herrscherbild und Politik im kaiserlichen Rom. Ausstellungskatalog München, München 1979, S. 45.
  2. Erika Simon: Augustus. Kunst und Leben in Rom um die Zeitenwende. Hirmer, München 1986, S. 56.
  3. Erika Simon: Augustus. Kunst und Leben in Rom um die Zeitenwende. S. 55f.

На других языках


- [de] Augustus von Primaporta

[en] Augustus of Prima Porta

Augustus of Prima Porta (Italian: Augusto di Prima Porta) is a full-length portrait statue of Augustus Caesar, the first emperor of the Roman Empire. The marble statue stands 2.08 meters tall and weighs 1,000 kg. The statue was discovered on April 20, 1863, during archaeological excavations directed by Giuseppe Gagliardi at the Villa of Livia owned by Augustus’ third and final wife, Livia Drusilla in Prima Porta. Livia had retired to the villa after Augustus's death in AD 14. The statue was first publicized by the German archeologist G. Henzen and was put into the Bulletino dell'Instituto di Corrispondenza Archaeologica (Rome 1863).[1] Carved by expert Greek sculptors, the statue is assumed to be a copy of a lost bronze original displayed in Rome. The Augustus of Prima Porta is now displayed in the Braccio Nuovo (New Arm) of the Vatican Museums. Since its discovery, it has become the best-known of Augustus' portraits and one of the most famous sculptures of the ancient world.

[es] Augusto de Prima Porta

Augusto Prima Porta es una estatua de Augusto que fue descubierta el 20 de abril de 1863 en la villa de Livia, en Prima Porta, un suburbio de Roma. Se trata de una copia en mármol de un modelo en bronce anterior. Hoy se exhibe en el Braccio Nuovo de los Museos Vaticanos.

[it] Augusto di Prima Porta

L'Augusto di Prima Porta, nota anche come Augusto loricato (dalla lorìca, la corazza dei legionari), è una statua romana che ritrae l'imperatore Augusto. Alta 2,04 metri, è realizzata in marmo bianco ed è conservata nei Musei Vaticani, nella Città del Vaticano (all'interno del territorio di Roma). Venne ritrovata il 20 aprile 1863 nella villa di Livia, l'abitazione di Livia Drusilla, moglie di Augusto, a Prima Porta.

[ru] Август из Прима-Порта

Август из Прима-Порта — более чем двухметровая статуя Августа, найденная в 1863 году на вилле Ливии, жены императора Августа. Вилла была обнаружена недалеко от Рима на Фламиниевой дороге в районе Прима-Порта. Виллу в античные времена называли Ad Gallinas Albas. Статуя является копией с бронзового оригинала, изготовленного по заказу Римского сената в 20 году до н. э. Полагают, что статуя, в отличие от большинства сохранившихся изображений Августа, имеет портретное сходство. Весьма вероятно, что по античной традиции она была полихромной. В настоящее время изваяние хранится в ватиканском музее Кьярамонти. Октавиан Август изображён в момент произнесения речи перед десятью тысячами своих сторонников на Форуме, призывая их начать войну со своим политическим противником Антонием — нарушителем законов и обидчиком законного наследника Цезаря. Это выступление впоследствии оказалось неудачным, его слушатели отказались воевать с верным цезарианцем Антонием, тем более что на тот момент Октавиан был слишком юным и не имел достаточных полномочий для объявления войны.



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