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Attila Kovács (* 15. Dezember 1938 in Budapest; † 6. April 2017 ebenda) war ein ungarisch-deutscher Maler und Zeichner.[1][2] Der Künstler lebte ab 1964 in Westdeutschland und ab 1984 sowohl in Ungarn als auch in Deutschland.


Leben


Attila Kovács besuchte von 1958 bis 1964 die Ungarische Hochschule für Angewandte Künste Ungarischen Akademie der Bildenden Künste (Iparművészeti Főiskola) und studierte Gobelin und dekorative Malerei in Budapest. 1964 emigrierte er über Wien in die BRD und studierte von 1965 bis 1969 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, wo er im Jahre 1970 sein Diplom erhielt. Kovács war Professor für Malerei an der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste (Magyar Képzőművészeti Főiskola) zwischen 1997 und 2001 und lebte sowohl in Köln als auch in Budapest. 2001 erhielt er den Titel "Doctor of Liberal Arts" an der Künstlerischen Fakultät der Janus Pannonius Universität der Wissenschaften (Janus Pannonius Tudományegyetem) in Pécs. 2009 hörte er mit seiner Lehrtätigkeit auf und 2010 löste er auch sein Atelier in Köln auf. In demselben Jahr zog er endgültig nach Budapest. Er war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[3]


Werk


Kovács begann seine Karriere als bildender Künstler im Februar 1958 und hier entstanden seine ersten abstrakten Gemälden und non-figurativen Pastell-Bilder. Noch in diesem Jahr fing er mit der Ausarbeitung der additiven Grundlagen für seine eigene visuelle Sprachtheorie an: eins + eins + … (Ja-Nein, 1958, Papier, Tempera). Im Herbst 1963 erlebte er ein eigenartiges intellektuelles Treffen mit dem ungarischen Mathematiker János Bolyai auf den Seiten der Zeitschrift "Leben und Wissenschaft" – dort las er den Auszug Bolyais theoretischer Forschung über die nichteuklidische Geometrie, welche später zu einem Grundpfeiler seines Lebenswerks wurde. Kovács emigrierte nach West-Deutschland, wo er vom 3. Juli bis zum 26. August 1964 in dem sich neben Nürnberg befindenden provisorischen Ausländerlager in Zirndorf seine ersten sequenziellen Zeichnungen anfertigte. Diese aus 14 Zeichnungen bestehende Reihe ist laut Forschungen des Staatlichem Museums für Kunst und Design in Nürnberg das erste bildende Kunst-ambitionierte sequenzielle Werk, welches gegenwärtig zu der Sammlung des Museums gehört.

In der zweiten, frühen Phase seines Lebenswerkes in West-Deutschland, zwischen 1964 und 1970, wandte er sich von der gegenständlichen Malerei ab und arbeitete eine individuelle künstlerische Sprache aus, welche er als Bezugssystem bzw. als transmutative Plastizität benannt hat. Zu diesen ersten Experimenten mit Strukturen – seit 1967 die ersten mathematisch-programmierten Prozesse – verfasste er das „Manifest der transmutativen Plastizität“, 1968 „Der ästhetische Raum“ und 1969 „Über die Tramutative Plastizität“.[4] 1967 programmierte er seine Sequenzen mit mathematischen Parametern; er hat zu einigen Zeichnungssektionen (mit gleichen oder ähnlichen visuellen Werten) Zahlenwerte zugeordnet, wobei er die Grundformen, ähnlich wie mathematische Sequenzen, schrittweise veränderte. Da lernte er den deutschen Philosophen Max Bense kennen, wer in den Werken des jungen Künstlers die visuelle Ausformulierung seiner eigenen ästhetischen und philosophischen Gedanken erkennen konnte – daher unterstütze er ihn und pflegte er eine gute Beziehung mit Attila Kovács bis zu seinem Lebensende im Jahre 1990. Währenddessen führte Kovács die unumkehrbaren Begriffe des Raums, der Zeit, der Geschwindigkeit und der Irreversibilität ein – welche vor der Romantik die natürliche Komponente einer visuellen Sprache waren –, damit er die zwei Bausteine der Strukturen (Ausdrucksweise und Artikulation) mit Hilfe von exakten Parametern (Information), voneinander unabhängig definieren kann. Er schuf also anhand von mathematischer Koordinaten eine eigene, an einer „x-y-z-Raum-Zeit-Achse“ ausgeführten, nichteuklidischen Geometrie folgende, sequenziell-geometrische Abstraktion. Die so fertiggestellten, unendlichen Sequenzen hielt er in der „Funktionstabelle der Synthetisierbarkeit und Relativierbarkeit visueller Strukturen“[5] fest. So kam die Konzeption des synthetischen Programmierens zur Welt. Mithilfe von Algorithmen zeichnete er die strukturelle Analysis und Synthesis des Kreises und des Vierecks nach. Einige ausgewählte Teile seiner Transformationen hat er auf eine Holztafel befestigten Leinwand oder auf Papier ausgeführt, d. h. die progressiv-regressive Vierecke und die koordination p3 Werke wurden somit fertiggestellt.

1977 wurde er zu der documenta 6[6] in Kassel eingeladen, wo er die, in seinen (auf seinen p3-basierten) p13 Folge erarbeiteten Sequenzen in dem Fridericanum-Saal ausstellen durfte. In dem von der documenta herausgegebenen Katalog erscheint seine als visuell, transformationell[7] betitelte Studie. Mithilfe eines Auszugs dieser Studie kann der über die Beziehung von Struktur und Form gebildeten Grundsatz von Kovács verstanden werden, welcher besagt, dass die Struktur etwas komplett Anderes ist, als die Form: s ≠ f. Die Struktur ist relativierbar, die Struktur ist die Sprache per se. Nennen wir die Struktur ganz einfach ein Netz, welches der Künstler – aufgrund von Intuitionen – auf einem Viereck, auf einem Rechteck aufbaut. In dem Netz erschienenen Formen sind nichts anderes, als Transformationen einiger Sequenzen. Währenddessen fertigte er 1975 seine meta-quadrat-geformte (shaped canvas) Tafeln an, wo der Anfangs- und Endpunkt selbst die Struktur, das „Netz“ ist, dessen Verwandlung der künstlerischen Endpunkte die Grenzen der modellierten Leinwand vorgibt. Das zwischen 1967 und 1973 produzierte mehr als hundertseitige Programmheft beinhaltet diese Reihen seiner Transformationen, die sich auf Arithmetik, lineare Algebra, und Parametern basierenden Algorithmen sind. Diese auf mathematische Sequenzen basierten, theoretisch rekonstruierbaren, oder weiter entwickelbaren, offenen Strukturen von Kovács, und die in diesen sich befindenden visuelle Nachbildungen der Form – also die im Programmheft definierte Struktur- und Formsynthesen –, sind mithilfe eines Computers herstellbar und gleich zum Drucken bereit. Parallel zu seiner Anfertigung seines Programmheftes definierte er 1972 den Anfangspunkt einer nichteuklidischen Farbentheorie. Basierend auf seinem Programmheft schrieb er 1979 drei Sequenzen in dem Teletext-System der deutschen Post. Im Jahre 1982 programmierte er ebenso drei Sequenzen in dem Teletext-System des Ungarischen Fernsehens (Magyar Televizió). 1984 stellte er seine ersten Metalinien fertig, welche er dann in sich verändernden Strukturen anlegte, infolgedessen die 1., 2., 3., 4., 5. Linie von der Position der verändernden Struktur abhängig ist.

1984 gewann er den Künstlerpreis des Bonner Kunstfonds mit seiner „Endlose imaginäre Säulen“ Meta-Punkte: Hier ist dort <--> dort ist hier betitelten Werk. Die zwei seine 80er Jahre bestimmenden Programme sind „die Metalinie in Positionsabhängigkeit“, und die Meta-Punkte: „Hier ist dort <--> dort ist hier“. In einem homogenen euklidischen Koordinatensystem geben wir die Punktstellen mit zwei Koordinatenzahlen an, während in einem nichteuklidischen diskontinuierlichen System drei Koordinaten dafür gebraucht werden. Ab 1984 besuchte er Ungarn als deutscher Staatsbürger regelmäßig, und neben seinem Kölner Atelier hat er sich auch in Budapest künstlerisch betätigt. 1995 wurde eine retroperspektivische Ausstellung seiner Werke in der Kunsthalle (Műcsarnok) in Budapest organisiert. 2005 publizierte die Ungarische Universität der Bildenden Künste (Magyar Képzőművészeti Egyetem) seine ausgewählten Werke: "Über die transmutative Plastizität"[8] (Az átalakuló plasztikusság, 1969), "Kunst & Mathematik"[9] (Művészet és matematika, 1975), "Prinzipien und Folgerungen"[10] (Alapelvek és következtetések, 1993). Seine Werke wurden gewöhnlicherweise zweidimensional verwirklicht. Alternativ fangen sie flach an und entwickeln sie sich verfolgend den Rhythmus der mathematisch festgelegten sequenziellen Bewegungen, treten dann in den Raum und bilden eine Art geometrische Friese auf der Wandfläche. Der sehr auffällige Koeffizient seiner Holztafeln und papierbasierten Werke ist die unvergleichbare, hervorragende Manualität. Alle Tafelbilder des Künstlers sind auf aus 40 Schichten bestehenden, grundierten Trägern angefertigte, individuell ausgeführte Gemälde. Die Werke von Kovács sind außergewöhnliche Beispiele der menschlichen Konzentrationsfähigkeit. Die Farbe, die er als lebendes Material verwendete, formte er bewusst und gezielt zum Komponenten des Bildes um, d. h. er schuf „eine bildliche Wahrheit, eine bildliche Qualität“. Die Werke von Attila Kovács werden in den Sammlungen der nationalen Museen im Kontext der Minimal Art, der Concept Art, und der monochrome und non-relationale Malerei zugeordnet. Sein Lebenswerk ist durch eine Zählbarkeit gekennzeichnet. Seine gleichzeitig einzigartige und komplexe Eigenwelt ist aus miteinander verflochtenen, aber separat deutbaren Bestandteilen zusammengesetzt:

„Egal, worüber wir nachdenken oder was wir betrachten, es gibt zwei verschiedene Wege, wie man mit den Dingen oder mit irgendjemandem eine Beziehung aufbauen kann: KONTINUIERLICH oder DISKONTINUIERLICH. Deshalb ist es besser, wenn wir alles Existierende, was sich von den anderen sich abgrenzt, als eine Einheit und auch als etwas Komplexes betrachten. Die Kontinuität ist jedoch eng mit etwas verwandt, was die Künstler nicht nur nicht mögen, sondern geradeaus verachten: und dies ist die MENGE und deren sprachliches Gegenstück, die ZAHL.“

Attila Kovács

„Was wir sehen, ist nicht aus sichtbaren Elementen zusammengesetzt; was wir denken, besteht nicht aus Gedanken, sondern ist das Ergebnis einer grammatikalischen Synthese. Alle sprachlichen Relationen sind im Auge der „Transportmitteln“ sinnlich; im Gegensatz zu ihren Regeln, welche nicht sinnlich, sondern strukturell sind. Die das Bildformat bestimmende Parametern, d.h. der informationellen Struktur des Bildes ist nicht sichtbar, sondern die aus informationeller Struktur resultierende Form wird sichtbar. Die Information organisiert den Stoff zum Gebilde, zur Form.“

[11]

„Man kann das Thema der Arbeiten von Kovács am besten so zusammenfassen: es geht ihm um die Differenz, das Auseinanderfallen der abstrakt vorstellbaren, in sich stimmigen Strukturen mit deren Erscheinungsformen.“


Einzelausstellungen



Gruppenausstellungen



Öffentliche Sammlungen



Auszeichnungen



Texte


Bekannte Kunsthistoriker und Philosophen, Klaus Honnef, Eugen Gomringer, Karl Ruhrberg, Walter Vitt, Dieter Ronte, Max Bense und Siegfried Maser, haben Texte zum Werk von Attila Kovács veröffentlicht.[13]




Einzelnachweise


  1. Katalog zur documenta 6:Band 1: Malerei, Plastik/Environment, Performance, Seite 94, 1977 ISBN 3-920453-00-X
  2. Kovács Attila, a képzőművész (1938-2017) ‒ megemlékezés
  3. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Kovács, Attila (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (abgerufen am 24. September 2015)
  4. Über einige Paradoxe der Form, Lóránd Hegyi Attila Kovács (Memento des Originals vom 12. Januar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.attilakovacs.hu abgerufen am 12. Januar 2014
  5. Attila Kovács: A szellemi ember függetlensége, Budapest 1977, S. 171.
  6. https://www.documenta.de/en/retrospective/documenta_6#
  7. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 14. März 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.attilakovacs.hu
  8. Ausst.-Kat. Operationen, Museum Fridericianum, Kassel 196
  9. heute kunst, nr.12, Mailand 1975
  10. Ausst.-Kat. A. K. Synthetische Sequenzen 1968 – 1995, Kunsthalle, Budapest 19
  11. Attila Kovács: visuell, transformationell 1977
  12. Wulf Herzogenrath Attila Kovács: Ein Künstler zwischen den Welten (Memento des Originals vom 12. Januar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.attilakovacs.hu, abgerufen am 12. Januar 2014.
  13. Attila Kovács Bibliografie (Memento des Originals vom 2. Februar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.attilakovacs.hu, abgerufen am 12. Januar 2014.
Personendaten
NAME Kovács, Attila
KURZBESCHREIBUNG ungarisch-deutscher Maler und Zeichner
GEBURTSDATUM 15. Dezember 1938
GEBURTSORT Budapest, Ungarn
STERBEDATUM 6. April 2017
STERBEORT Budapest, Ungarn



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