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Dodo, geboren als Dörte Clara Wolff (* 10. Februar 1907 in Berlin; † 22. Dezember 1998 in London), war eine aus Nazideutschland emigrierte jüdische deutsch-englische Malerin und Illustratorin der Neuen Sachlichkeit und des Art déco.

Dodo (Dörte Clara Wolff), 1928
Dodo (Dörte Clara Wolff), 1928

Biografie


Dörte Wolff wuchs als zweite Tochter in einer wohlhabenden assimilierten jüdischen Familie in Berlin auf. Von 1923 bis 1926 machte sie eine Ausbildung an der Schule Reimann in Berlin-Schöneberg, einer renommierten privaten Kunst- und Kunstgewerbeschule. Zu ihren Lehrern gehörten unter anderem Moriz Melzer und Georg Tappert, die jeweils Porträtzeichnen, Aktzeichnen und Komposition lehrten. Sie belegte ferner Kurse in Mode- und Kostümentwurf bei Rolf Niczky, Kenan und Erna Schmidt-Caroll. Ihre Arbeiten signierte sie bereits während ihrer Ausbildung mit DODO oder DoDo. Zunächst arbeitete sie als freie Modegrafikerin; unter anderem entwarf sie Vogue – Schnittmuster für Fritz Gugenheims Engrosgesellschaft und Seidenweberei Michels & Cie. Für die Uraufführung der Revue Es liegt in der Luft von Mischa Spoliansky und Marcellus Schiffer im Mai 1928 (Regie: Robert Forster-Larrinaga; Bühnenbild: Walter Trier und Emil Pirchan) gestaltete Dodo die Figurinen, darunter insbesondere die Bühnenkostüme für Marlene Dietrich und Margo Lion.[1]

Von September 1927 bis November 1929 gehörte sie zu den Illustratoren des Ulk, des Illustrirten Wochenblatts für Humor und Satire, das seit 1872 als Beilage des von Rudolf Mosse herausgegebenen liberalen Berliner Tageblatts und der Berliner Volks-Zeitung erschien. Dort veröffentlichte sie mehr als 60 Gesellschaftsstudien, die zumeist als Gouachen ausgeführt waren, darunter acht Titelbilder und elf großformatige Doppelmittelseiten. Ihre Illustrationen erschienen zeitgleich mit denen von Jeanne Mammen, ebenfalls zuvor Reimann-Schülerin; mehrere Arbeiten beider Künstlerinnen wurden unmittelbar nebeneinander publiziert.

Im Jahr 1929 heiratete sie den jüdischen Rechtsanwalt und Notar Hans Bürgner (1882–1974); die beiden hatten zwei Kinder, Anja und Thomas Ulrich[2]. Durch den Freundeskreis ihres Ehemanns – Hans Bürgners Schwester Hedwig Abraham (1878–1969) war die Witwe des Psychoanalytikers Karl Abraham – war Dodo mit Psychoanalyse vertraut. 1933 lernte sie über ihre Freundin Polly Tieck, deren Zeitungsbeiträge Dodo gelegentlich illustrierte, den C.G. Jung-Schüler Gerhard Adler (1904–1988)[3] kennen und lieben. Sie folgte ihm nach Zürich, wo sie sich vier Monate von Jungs engster Mitarbeiterin Toni Wolff (1888–1953) in der Burghölzli Klinik analysieren ließ und ihre Träume in Werken ausdrückte, die sie selbst als „unbewusste“ Bilder bezeichnete. Dodo arbeitete in der Frühzeit des Nationalsozialismus ab 1934 in Berlin nur noch für jüdische Publikationen, nämlich für die Jüdische Rundschau, die CV-Zeitung, das Israelitische Familienblatt und das Gemeindeblatt der Jüdischen Gemeinde, in denen regelmäßig ihre Kinderzeichnungen, Bibelgeschichten und Theaterszenen erschienen.

Im Jahr 1936 emigrierte sie nach London, ihre beiden Kinder wurden wenig später von Tami Oelfken zu ihr nach London gebracht. Sie ließ sich von Bürgner scheiden und heiratete im Sommer 1936 Gerhard Adler. 1938 folgte die Scheidung von Adler[4] und 1945 die zweite Heirat mit Bürgner. Bürgner war nach dem allgemeinen Anwalts-Berufsverbot vom 27. September 1938 ebenfalls nach London ausgewandert[5], er unterstützte dort unmittelbar den Kindertransport. Nach dem Krieg arbeitete er für die United Restitution Organization (URO) und setzte sich sowohl in London als auch durch den Aufbau der URO-Büros in Düsseldorf und Berlin mit rechtlicher Unterstützung für die Belange der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ein. Dodo illustrierte im Exil unter dem Namen Dodo Adler Kinderbücher, schuf Gebrauchsgrafiken, entwarf Grußkarten für den Verlag Raphael Tuck & Sons und arbeitete für Paris House London; in der Nachkriegszeit zeichnete sie Akte, Landschaften, Stillleben und schuf eine Vielzahl von Tapisserien nach eigenen Entwürfen.


Werkbetrachtung


Das Werk von Dodo war durch die Emigration in Vergessenheit geraten und wurde erst im Herbst 2009 durch die Sammlerin und Kunsthändlerin Renate Krümmer wiederentdeckt.[6] In Zusammenarbeit mit Krümmer und den Nachkommen der Künstlerin kuratierte Adelheid Rasche von der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, die erste monografische Ausstellung Dodo (1907–1998) – Ein Leben in Bildern.

Nach Norbert Wolf erreichte Dodo ihren künstlerischen Höhepunkt zwischen 1927 und 1930, ihre Kunst charakterisiert er als „bezeichnend für die Malerei im damaligen Deutschland“.[7] Die Haupterfolge ihrer Arbeit lagen in den Illustrationen für den Ulk, bei denen sie sich „neben der allgemeinen Schilderung weltstädterischer Eleganz besonders der gesellschaftlichen Situation und der Persönlichkeitsmodellierung der kessen, selbstbewusst auftretenden ‚Neuen Frau‘ und deren emanzipiertem Rollenverhalten“ widmete.[7] In ihren Illustrationen vermischen sich Motive und Arbeitsweise der Neuen Sachlichkeit und des Art déco. Zudem macht sie „mit Mitteln, die der Karikatur entlehnt sind“ „auf die Oberflächlichkeit und den Illustrationscharakter der Glamourwelt aufmerksam.“[7] Dodo gehört zu denjenigen selbstbewussten Frauen in der Kunst, deren Werk nach vielen Jahren erst im 21. Jahrhundert wiederentdeckt worden ist. Ihre Meisterwerke schuf sie während der Roaring Twenties in der Weimarer Republik.[8]


Werke (Auswahl)



Malerei



Buchillustrationen



Ausstellungen


Die erste Werkschau von Dodos Arbeiten Dodo (1907–1998) – Ein Leben in Bildern fand vom 1. März 2012 bis zum 28. Mai 2012 in den Staatlichen Museen zu Berlin im Kulturforum[10] statt. Dodos Werke wurden vom 22. Juni 2012 bis zum 9. September 2012 in London in der Ausstellung The Inspiration of Decadence. Dodo Rediscovered: Berlin to London 1907–1998 in der Ben Uri Gallery, The London Jewish Museum of Art[11] gezeigt. Die Ausstellung Die Neue Frau? Malerinnen und Grafikerinnen der Neuen Sachlichkeit vom 25. April – 12. Juli 2015 in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen widmete Dodo ein eigenes Kapitel.[12] In der Bielefelder Kunsthalle war sie Anfang 2016 in der Ausstellung Einfühlung und Abstraktion. Die Moderne der Frauen in Deutschland vertreten.[13] Die Schirn Kunsthalle Frankfurt zeigte vom 27. Oktober 2017 bis zum 25. Februar 2018 eine Reihe von Dodos Werken in ihrer Ausstellung Glanz und Elend in der Weimarer Republik.[14] Dodos Gouache Logenlogik (1929) wurde zum Markenbild dieser Ausstellung.[15] Dodos Arbeiten waren von Oktober 2018 bis Ende Januar 2019 ebenfalls Bestandteil der Ausstellung Berlin. 1912–1932 in den Königlichen Museen der Schönen Künste in Brüssel.[16] Die Ausstellung Die schaffende Galatea. Frauen sehen Frauen[17] in der Kunsthalle „Talstrasse“ in Halle (Saale) sowie die Ausstellungen Into the Night. Cabarets & Clubs in Modern Art[18] in der Barbican Art Gallery in London und nachfolgend im Belvedere in Wien zeigten Arbeiten von Dodo.


Literatur





Einzelnachweise


  1. Sandra Danielczyk: Diseusen in der Weimarer Republik. Imagekonstruktionen im Kabarett am Beispiel von Margo Lion und Blandine Ebinger. transcript Verlag, 2017, ISBN 3-83943-835-7, S. 211–215.
  2. Orbituary: Thomas Burgner. In: The Guardian vom 19. Juli 2001.
  3. Orbituary: Gerhard Adler. The true Jungian apostle. In: The Guardian vom 14. Januar 1989 (PDF; 325 kB).
  4. Adler heiratete im selben Jahr Hildegard Fanta, geborene From(m)holz, die 1945 mit Adler als Hella Adler (1907–2009) die Society of Analytical Psychology gründete.
  5. Simone Ladwig-Winters: Anwalt ohne Recht” - Das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin nach 1933. be.bra verlag, 1998, ISBN 978-3-930863-41-9, S. 109.
  6. Dodo - Entdeckung einer Künstlerin. In: kruemmer.com.
  7. Dodo. In: Norbert Wolf: Art Deco. Prestel Verlag, München 2013, ISBN 978-3-7913-4763-9, S. 222–226.
  8. Swantje Karich: Die Zeichnerin Dodo in Berlin. Endlich dürfen wir sie sehen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. April 2012, abgerufen am 23. April 2016.
  9. Dodo | Verkündigung (Annunciation) (1933) | Artsy. Abgerufen am 31. Dezember 2021.
  10. Dodo (1907–1998) – Ein Leben in Bildern. In: Staatliche Museen zu Berlin, März – Mai 2012.
  11. Ben Uri Gallery: Current Exhibition: The Inspiration of Decadence. Dodo Rediscovered, Berlin to London 1907–1998. (Memento vom 30. Juni 2012 im Internet Archive).
  12. Die Neue Frau? Malerinnen und Grafikerinnen der Neuen Sachlichkeit. In: Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen, April – Juli 2015, abgerufen am 7. Februar 2019.
  13. Einfühlung und Abstraktion. Die Moderne der Frauen in Deutschland. In: Kunsthalle Bielefeld, Oktober 2015 – Februar 2016, abgerufen am 24. April 2016.
  14. Glanz und Elend in der Weimarer Republik. In: Schirn Kunsthalle Frankfurt, Oktober 2017 – Februar 2018, abgerufen am 3. März 2018.
  15. SCHIRNMAG. In: Schirn Kunsthalle Frankfurt, abgerufen am 3. März 2018.
  16. Berlin. 1912-1932. In: Königliche Museen der Schönen Künste (Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique), Brüssel, Oktober 2018 – Januar 2019, abgerufen am 6. März 2019.
  17. Die schaffende Galatea. Frauen sehen Frauen. In: Kunsthalle „Talstrasse“, Halle (Saale), Juli 2019 – Oktober 2019, abgerufen am 19. März 2019.
  18. Into the Night. Cabarets & Clubs in Modern Art. In: Barbican Art Gallery, London, Oktober 2019 – Januar 2020, abgerufen am 19. März 2019.

Personendaten
NAME Dodo
ALTERNATIVNAMEN Wolff, Dörte Clara; DODO; Wolff, Dodo; Bürgner, Dodo; Adler, Dodo
KURZBESCHREIBUNG deutsche Malerin und Zeichnerin
GEBURTSDATUM 10. Februar 1907
GEBURTSORT Berlin
STERBEDATUM 22. Dezember 1998
STERBEORT London

На других языках


- [de] Dodo (Künstlerin)

[en] Dodo (painter)

Dodo, born as Dörte Clara Wolff (10 February 1907 – 22 December 1998), was a German painter and illustrator of the New Objectivity.[1][2]

[es] Dodo (pintora)

Dörte Clara Wolff, conocida como Dodo (Berlín, 10 de febrero de 1907-22 de diciembre de 1998), fue una pintora e ilustradora alemana de la Nueva Objetividad.[1] [2]



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