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Flug der Hexen (spanisch Vuelo de brujas auch Brujas en vuelo oder Brujos por el aire) ist ein Gemälde von Francisco de Goya aus der Zeit 1797/1798. Es zeigt drei in der Luft schwebende Hexen, die einen nackten Mann auf den Armen tragen, während zwei weitere Männer sich dem Einfluss der Hexen entziehen wollen. Das Bild ist voller Anspielungen auf Dummheit, Aufklärung und Weisheit. Es verwendet darüber hinaus Symbole und Andeutungen aus dem Christentum und der Freimaurerei.

Vuelo de brujas
Francisco de Goya, 1797/1798
Öl auf Leinwand
43,5× 30,5cm
Museo del Prado, Madrid
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Beschreibung und Symbolik


Die Szenerie zeigt einen Bergweg, der sich im schwarzen Hintergrund in einem talwärts führenden, nur angedeuteten Verlauf verliert. Zwei Männer sind mit einem Esel diesen Weg auf das hell beleuchtete Plateau hinaufgestiegen, um das Licht der Weisheit zu erfahren. Sie werden von drei Hexen überrascht, die über ihnen in der Luft schweben, und wenden sich ab. Die Hexen sind kurzgeschoren und nur mit Röcken bekleidet (eine grün, eine rot, eine goldgelb). Sie tragen farblich dazu passende, spitze, gespaltene Hüte, die an die Mitra der Bischöfe erinnern (oder an die Hüte, die bei der Heiligen Inquisition Verwendung fanden, um Ketzer zu kennzeichnen). Auf ihren Armen tragen sie einen nackten jungen Mann, der sich ihnen wehrlos hingibt. Auf dem Boden liegt einer der beiden Wanderer auf dem Bauch und hält sich die Ohren zu, um den Verlockungen der Hexen optisch und akustisch zu widerstehen. Der andere hat sich mit seinem Umhang bedeckt, strebt weg von der Szenerie und zeigt mit beiden Fäusten eine obszöne Geste, die sogenannte Feigenhand. Nach dem damaligen Volksglauben sollte diese auch vor Augenkrankheiten durch Zauber schützen. Auch der Esel an rechten Bildrand schaut nach unten mit nach hinten gerichteten Ohren und meidet, wie die Wanderer, das starke Licht. Er symbolisiert Dummheit oder Ignoranz, ein Motiv, das Goya öfter in Bildhintergründen verwendet hat, beispielsweise in seinem Bild Eine Szene aus „Bezaubert durch Kraft“, das zur gleichen Zeit entstand. Im Gegensatz zum verbreiteten Volksglauben saugen die Hexen dem nackten Mann auf ihren Armen aber nicht das Blut aus, sondern blasen ihm mit vollen Backen ihre Kraft und ihr Wissen ein; eine Hexe an seiner Lende, die zweite am Bauch und die dritte an seinem rechten Bein. Die ganze Szene scheint auf die Dreifaltigkeit anzuspielen. Der junge Mann gibt sich den Hexen widerstandslos hin und erinnert in seiner Haltung an Jesus, wie er mit ausgebreiteten Armen am Kreuz hängt. Die Anordnung der Figuren erinnert an Bilder von El Greco aus dem 16. Jahrhundert, in denen drei Engel, statt der Hexen, über dem irdischen Geschehen schweben. Durch die Hexen empfängt der junge Mann das Licht und die Erkenntnis eines neuen Lebens. Auf ihren mitraähnlichen Kopfbedeckungen sind Schlangen dargestellt, die als Symbol der Weisheit gelten. Die ganze schwebende Figurengruppe ist also als die Darstellung einer Auferstehung aufzufassen. Nach Ansicht der Goyaspezialistin Manuela Mena B. Marqués birgt der Kontrast der Finsternis zum Licht bei Goya jedoch auch noch eine andere Bedeutung. Der Aufstieg der beiden Wanderer aus der Finsternis zum Licht ist der Symbolik und den Initiationsriten der Freimaurerei zuzurechnen. Goya hatte Bekannte in den fortschrittlichen, der Aufklärung verpflichteten Freimaurerlogen. Die bäuerlichen Unwissenden und Dummen bleiben mit ihrem Esel in der Finsternis der irdischen Welt zurück, sie können und wollen das Licht der Aufklärung nicht ertragen.[1]

Einen gegenteiligen Standpunkt nimmt der Schweizer Kunsthistoriker Paul Nizon in seinem Essay Goya ein:

„Eine ikonographische Auflösung des Rätsel [gemeint sind die phantastischen Bilder aus jener Zeit] ist nicht angebracht, Goya hat nicht irgendwelche geheimen oder verschlüsselten Botschaften weitergeben wollen, er hat auch hier aus dem Vollen geschöpft, aus dem Vollen der verdrängten Phantastik, der eigenen Untiefen.“

Paul Nizon[2]

Das Bild steht mit seinem Hexenmotiv in Zusammenhang mit den Caprichos, einer Folge von Radierungen und Aquatintadrucken, die von 1793 bis 1799 entstand. Das Bild nimmt außerdem Goyas Serie der „Schwarzen Bilder“ (Pinturas negras) vorweg, die charakteristisch für sein Spätwerk wurden. Der damals im Volk weit verbreitete Glaube an Hexen war ein Thema, das Goya lange beschäftigte. Er wollte mit seinen teilweise drastischen Darstellungen diesen Aberglauben bekämpfen.[3]


Rezeption (Auswahl)


Anlässlich von Goya-Ausstellungen, in denen auch dieses Bild gezeigt wird, erscheinen regelmäßig Berichte in den Medien über den Flug der Hexen. Das Bild wird manchmal widersprüchlich, aber auch falsch beschrieben und beurteilt:

Aldous Huxley schrieb 1950: Diese Geschöpfe, die durch Goyas Spätwerk geistern, sind unaussprechlich grauenhaft, von einem Grauen der Geistlosigkeit und Animalität und spirituellen Finsternis.[9]

Das Bild spielt in dem Film Trance – Gefährliche Erinnerung von Danny Boyle aus dem Jahr 2013 eine zentrale Rolle als begehrtes Objekt, für das sogar gemordet wird.


Provenienz und Ausstellungen (Auswahl)


Das Gemälde entstand im Auftrag der Herzöge von Osuna und sollte als Dekoration ihres Landsitzes dienen. Später wurde es verkauft und gehörte zu unterschiedlichen Kunstsammlungen: Von Madrid kam es von Ramón Ibarra nach Bilbao zu Luis Arana, wurde 1985 von J. Ortiz Patiño erworben und gelangte im Jahr 2000 nach einer Auktion bei Sotheby’s in den Besitz des Museo Nacional del Prado. Das Gemälde gehörte zu einer kleinen Reihe von sechs kleinen Leinwänden, die Goya in den Jahren 1797 und 1798 über die Welt der Zauberei und das Übernatürliche angefertigt hatte.[10]


Literatur





Einzelnachweise


  1. Manuela B. Mena Marqués: Vuelo de brujas. In: Peter-Klaus Schuster, Wilfried Seipel (Hrsg.): Goya: Prophet der Moderne. DuMont-Literatur-und Kunst-Verlag, Köln 2005, ISBN 3-8321-7563-6, S. 196.
  2. Paul Nizon: Goya. Essay. Insel Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-19340-1, S. 50
  3. Internetseite des Centro Virtual Cervantes, auf der das Bild von der Kunsthistorikerin Susana Calvo Capilla beschrieben und interpretiert wird
  4. Kerstin Hilt: Die Hexenküche der Moderne.
  5. Nicola Kuhn: Höllische Gnade. In: Der Tagesspiegel. 31. Oktober 2012.
  6. Christian Saehrendt: Kein Gut ohne Böse, kein Tag ohne Nacht. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. Oktober 2012.
  7. Uwe Schultz: Ausstellung: Verlockende Abgründe der „schwarzen Romantik“. In: Die Welt. 6. Mai 2013.
  8. Schultz meint mit dem „realen Bürgerkrieg“ wahrscheinlich den Aufstand der spanischen Bevölkerung gegen die französische Besatzung während der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel, der aber erst 1807 begann.
  9. Zitiert in: Paul Nizon: Goya. Essay. Insel Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-19340-1, S. 46
  10. Fundación Goya en Aragón: Vuelo de brujas fundaciongoyaenaragon.es (spanisch).
  11. Goya nelle collezioni private di Spagna. Collection Thyssen-Bornemisza, Mailand 1986, ISBN 88-435-2027-X.
  12. Jutta Held: Goya y el espiritu de la ilustracíón. In: Kunstchronik. Nr. 42, 1989, S. 16–32.
  13. Juliet Wilson-Bareau, Manuela B. Mena Marqués: Goya: el capricho y la invención. Cuadros de gabinete, bocetos y miniaturas. Museo del Prado, Madrid 1993, ISBN 84-87317-24-3.
  14. Sidsel Helliesen: Francisco Goya. Maleri, tegning, grafikk. Nasjonalgalleriet, Oslo 1996, ISBN 82-90744-37-4.
  15. Kunst: Alte Nationalgalerie in Berlin präsentiert Goya-Ausstellung. In: Mitteldeutsche Zeitung. 7. Juli 2005 (mz-web.de).
  16. Manuela B. Mena Marqués: Goya en tiempos de guerra. Ediciones El Viso, Madrid 2008, ISBN 978-84-95241-55-9.
  17. Concha Lomba, Valeriano Bozal: Goya y el mundo moderno. Fundación Goya en Aragón, Aragón 2008, ISBN 978-84-9785-549-5.
  18. José Manuel Matilla, Manuela B. Mena Marqués, Virginia Albarrán Martín: Goya. Luces y Sombras. Fundación La Caixa, 2012, ISBN 978-84-8480-232-7.
  19. Felix Krämer: Schwarze Romantik von Goya bis Max Ernst. Hatje Cantz, Ostfildern 2012, ISBN 978-3-7757-3372-4.
  20. Jennifer Snodgrass, Fronia Simpson, Stephanie Loeb Stepanek et al.: Goya. Order and Disorder. 1. Auflage. MFA Publications, Boston, MA 2014, ISBN 978-0-87846-808-9.

На других языках


- [de] Flug der Hexen

[en] Witches' Flight

Witches' Flight (Spanish: Vuelo de Brujas, also known as Witches in Flight or Witches in the Air) is an oil on canvas painting completed in 1798 by the Spanish painter Francisco Goya. It was part of a series of six paintings related to witchcraft acquired by the Duke and Duchess of Osuna in 1798.[1] It has been described as "the most beautiful and powerful of Goya's Osuna witch paintings."[2]

[es] Vuelo de brujas

Vuelo de brujas es un cuadro de Francisco de Goya, pintado entre 1797 y 1798 para el palacio de recreo de los duques de Osuna, a la finca que tenían a la Alameda de Osuna (hoy parque del Capricho), entonces en las afueras de Madrid, cerca del pueblo de Barajas. Forma parte de la serie de seis lienzos sobre temática de brujería, constituida por: El conjuro o Las brujas (Museo Lázaro Galdiano), La cocina de los brujos (colección privada, México), El hechizado por la fuerza (National Gallery de Londres), El aquelarre (Museo Lázaro Galdiano) y El convidado de piedra (hoy en paradero desconocido). Es el único cuadro de la serie que se conserva en el Museo del Prado.[1]

[fr] Le Vol des Sorcières

Le Vol des Sorcières (en espagnol : Vuelo de brujas) est une huile sur toile réalisée par Francisco de Goya vers 1797-1798 avec cinq autres peintures à destination de la maison de campagne des ducs d'Osuna, « La Alameda ».

[ru] Полёт ведьм

«Полёт ведьм» (исп. Vuelo de Brujas) — картина испанского художника Франсиско Гойи, написанная в 1797—1798 годах.



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