Friedrich Gerke (* 15. November 1900 in Uelzen; † 23. August 1966 in Mainz) war ein deutscher Kunsthistoriker mit dem Fachgebiet Christliche Archäologie.
Friedrich Gerke war das älteste der fünf Kinder des Buchhalters Johann Heinrich Gerke und seiner Ehefrau Friederike. Er besuchte in Uelzen die Volksschule, dann die Präparandenanstalt[1] für das Lehrerseminar und erlangte mit dem ersten (Juni 1920) und zweiten (April 1924) Volksschullehrerexamen die Befähigung zum Unterricht an Volksschulen. Dabei erhielt er auch eine musikalische Ausbildung, sowohl in Kompositionslehre wie auch praktisch in Klavier- und Orgelspiel. Das Vollabitur holte Friedrich Gerke mit einer Ergänzungsprüfung nach, dem sich für die Zulassung zum Theologiestudium noch das Graecum und Hebraicum anschlossen. Schon früh widmete sich Friedrich Gerke auch der Dichtkunst, was in späteren Jahren zur Veröffentlichung einiger Sonette führte.
Nach kurzen Stationen an den Universitäten in Hamburg (1924) und Marburg (1924/1925) fand er 1925 in Berlin, wo er sich – zunächst an der Theologischen Fakultät – der Friedrich-Wilhelms-Universität einschrieb, seine ihm zusagende Wirkungsstätte. Der bereits emeritierte Adolf von Harnack vergab noch das Thema, mit dem Friedrich Gerke 1931 den theologischen Doktor-Titel (damals: Lic. theol. (Lizentiat)) erwarb: „Die Stellung des ersten Clemens-Briefes innerhalb der Entwicklung der altchristlichen Gemeindeverfassung und des Kirchenrechts“. Weitere seiner Lehrer waren: Erwin Panofsky, Fritz Saxl (beide in Hamburg), Rudolf Otto (in Marburg), Adolf Deissmann, Oskar Fischel, Adolph Goldschmidt, Edmund Hildebrandt, Hans Lietzmann, Georg Stuhlfauth, Ulrich Stutz, Oskar Wulff, Joseph Wilpert (in Rom).
Gerhart Rodenwaldt förderte ihn besonders und brachte die Christliche Archäologie in den Vordergrund der wissenschaftlichen Arbeiten von Friedrich Gerke. Mit dem Thema „Die christlichen Sarkophage der vorkonstantinischen Zeit“, erschienen 1940, wurde Friedrich Gerke zum Dr. phil. ein zweites Mal promoviert.
Studienaufenthalte mit Stipendien des Archäologischen Instituts Berlin führten ihn nach Rom – hier an das Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana – und nach Athen. Am 30. Juli 1934 habilitierte sich Gerke an der Berliner Universität mit der Schrift "Die ein- und zweizonigen Reihensarkophage der Tetrarchenzeit" und erhielt eine Ernennung zum Privatdozenten. Bereits am 1. Oktober 1935 war er zum außerordentlichen Professor und Direktor des Instituts für Christliche Archäologie und Kunstgeschichte, als Nachfolger von Georg Stuhlfauth, in Berlin berufen worden. Später versah er auch die fachlich gleiche Professur des verstorbenen Anton Hekler an der Universität Budapest (1941/42).
In den Kriegsjahre übernahm Friedrich Gerke die Funktion eines Sonderführers, war betraut mit kulturellen Fachaufgaben in Griechenland[2] und am Schwarzen Meer. Er kam schließlich noch kurz in sowjetische Gefangenschaft und wurde 1945 in Landsberg an der Warthe entlassen.
Der Neuanfang begann 1946 in Mainz, wohin Friedrich Gerke als erster Direktor des Kunstgeschichtlichen Instituts der wieder gegründeten Johannes-Gutenberg-Universität berufen wurde. Der Ausbau dieses Instituts lag ihm besonders am Herzen und wurde gekrönt mit der Eröffnung des Neubaus 1960.[3] Das Portal schmückte ein Phönix-Relief von Emy Roeder, das sich jetzt im Georg-Forster-Gebäude des Instituts für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft (IKM) befindet. Für das Foyer entwarf Johannes Schreiter ein Glasbild.[4]
Im Innern des Instituts stechen besonders die in der Accademia delle belle arti in Ravenna hergestellten Repliken von Mosaiken aus Ravenna (heute im Georg-Forster-Gebäude) hervor, einem in der Mainzer Zeit herausragenden Forschungsgebiet von Friedrich Gerke.
Er wurde ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz.
In Zusammenarbeit mit der von ihm gegründeten Gesellschaft für Bildende Kunst Mainz veranstaltete Friedrich Gerke zahlreiche Ausstellungen zeitgenössischer Künstler in seinem Institut, dazu gab er jeweils teils umfangreiche Kataloge mit wissenschaftlichem Inhalt heraus. Sein letztes Wirken noch kurz vor seinem Tod galt dem Erwerb der Bibliothek des Kunsthistorikers Carlo Cecchelli aus Rom für das Institut in Mainz.
Friedrich Gerke war zweimal verheiratet:
Friedrich Gerke trug wesentlich dazu bei, die durch Spezialforschungen getrennten Fachgebiete zusammenzubringen und eine tragende Brücke zwischen einerseits Klassischer und Christlicher Archäologie und andererseits Kunstgeschichte zu bilden. Seine Forschungen reichten von kirchenrechtlichen Untersuchungen über klassische und frühmittelalterliche Themen bis zur neueren Kunstgeschichte.
Darüber hinaus erreichte er mit heute noch begehrten Bucheditionen (siehe Schriften, Allgemeine Kunstgeschichte) ein breiteres Publikum für diese sich nicht so selbstverständlich aufschließenden Fachgebiete.
Gerkes Forschungen waren international vernetzt angelegt, was die lange Liste von Beiträgen der Forscher-Kollegen (siehe Literatur, Festschrift) und die Mitgliedschaften in zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften (so in dem von Friedrich Gerke mit gegründeten Internationalen Frühmittelalterkongress) belegen.
Für Mainz, seine Wirkungsstätte nach dem Zweiten Weltkrieg, bedeutete das Kunstgeschichtliche Institut und die Gesellschaft für bildende Kunst einen kulturellen Mittelpunkt, dem Friedrich Gerke unermüdlich Beiträge lieferte. Gerkes Forschungstätigkeit ging dabei weit über den ursprünglichen Rahmen bis in die jüngste Kunstgeschichte hinein. Mit der Aufstellung der Repliken von Ravenna-Mosaiken im Mainzer Kunstgeschichtlichen Institut blieb er wiederum seinem ersten fachlichen Ansatz treu.
Personendaten | |
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NAME | Gerke, Friedrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Christlicher Archäologe und Kunsthistoriker |
GEBURTSDATUM | 15. November 1900 |
GEBURTSORT | Uelzen |
STERBEDATUM | 23. August 1966 |
STERBEORT | Mainz |