Bernard Schultze (* 31. Mai 1915 in Schneidemühl, Provinz Posen; † 14. April 2005 in Köln) war ein deutscher Maler und ein Vertreter der Kunstrichtung Informel.
Dieser Artikel behandelt den Maler Bernard Schultze. Zu anderen Personen siehe Bernhard Schultze.
Bernard Schultze, 1968
Leben
Schultze zog 1922 nach Berlin um, wo sein Vater am Berliner Kammergericht beschäftigt war. Dort besuchte er die Schule und entwickelte erste Vorlieben für die Künste. Die Sommer verbrachte er in Heringsdorf, Usedom. in der großelterlichen Villa Augusta.
Familiengrab auf dem Kölner Friedhof Melaten
Er studierte von 1934 bis 1939 an der Hochschule für Kunsterziehung in Berlin und an der Kunstakademie in Düsseldorf. In den Jahren 1939 bis 1945 war Schultze als Soldat in Russland und Afrika stationiert. Bei einem Bombenangriff auf Berlin verbrannten 1944 alle bis dahin entstandenen Arbeiten des Künstlers. Nach Kriegsende lebte Schultze zwei Jahre lang als Flüchtling in Flensburg, bis der Vater als Oberlandesgerichtsrat an das Oberlandesgericht nach Frankfurt am Main berufen wurde. Von 1947 bis 1968 lebte er in Frankfurt am Main und ab 1951 reiste er regelmäßig nach Paris.[1] Zwischen 1952 und 1954 veröffentlichte Victor Otto Stomps drei Bücher mit originalgrafischen Texturen von Schultze in der Eremitenpresse in Stierstadt.
Im Herbst 1949 lernte Schultze die Künstlerin Ursula Bluhm (genannt Ursula) in der zimmergalerie franck kennen; 1955 heiratete das Paar.[1] Schultze siedelte 1968 nach Köln über und war zwischen 1972 und 1992 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, aus der er 1992 austrat. Studienreisen führten Schultze in die USA, viele asiatische Länder, Mexiko und Guatemala. Bis zu seinem Tod hatte er noch gemalt.
Bernard Schultze wurde im Grab seiner Frau auf dem Kölner Melaten-Friedhof (Flur 39) beigesetzt.
Werk
Einige seiner Werke hängen im Speisezimmer der Bonner Villa Hammerschmidt.
Schultze war einer der großen deutschen Maler der Abstraktion in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine frühen Arbeiten wurden durch einen Luftangriff auf Berlin zerstört. 1952 gründete er zusammen mit Karl Otto Götz, Otto Greis und Heinz Kreutz die Künstlergruppe Quadriga, die Kerngruppe der deutschen informellen Malerei.
Nachhaltig beeinflusst von Wols (Otto Wolfgang Schulze) und Jean-Paul Riopelle, dem Tachismus und dem Action Painting, entwickelte Bernard Schultze einen sehr persönlichen Stil der gestisch abstrakten Malerei. Schultzes Arbeiten werden häufig als lyrisch abstrakt bezeichnet. Seine überwiegend farbenfrohen und detailreichen akribisch hergestellten Gemälde sind voller Elemente, die unterschiedlichste Assoziationen beim Betrachter wecken. Sie enthalten meist Anspielungen und Zitate aus der Natur, erinnern an Wurzeln, Wald und andere Gewächse und imaginieren ganz eigene hermetische Gegenwirklichkeiten.
Die Migofs
In den 1960er Jahren erweitert er sein Œuvre um Skulpturen, Migofs wie er sie bezeichnete, in denen seine Bildersprache die dritte Dimension erobert: Migof, ein lautmalerisches Wort ohne exakte Bedeutung, ist der als Gattungsbegriff zu vergehende Name für die plastischen Figurationen Bernard Schultzes, die, entsprechend ihrer Bezeichnung, auch nur andeutungsweise erklärbar sind – in der Migof-Welt ist alles vieldeutig. Die Migofs sind biegsame, zerbrechlich wirkende Gebilde, die (wie der Migof-Macher sagt) „zwischen den anderen Geschöpfen stehen, zwischen Tier, Pflanze, Mensch“. Ausgestattet mit einem drahtenen Skelett, einem aus Papier oder Stoff geformten Körper, den eine Farbhaut umspannt, erinnern sie an Alraunen, an Science-fiction-Monster, an krankhaft wuchernde Pflanzen, an Menschen im Moment ihrer Verwandlung in Bäume: Metamorphose ist ein bevorzugter Zustand der Migof-Existenz.[2]
In Zungen-Collagen integriert er dreidimensionale bemalte Elemente. Während der 1970er integriert er in diese Skulpturen, anscheinend angeregt von der Pop-Art, Elemente aus den Regalen der Konsumgesellschaft. In den 1980ern schließlich erobert er die Fläche großer Gemälde und ihm gelingt ein beeindruckendes Alterswerk, an dem er bis kurz vor seinem Tod intensiv arbeitete.
Schultze war Mitglied im Deutschen Künstlerbund[3], Teilnehmer der documenta II (1959), der documenta III (1964), und auch der documenta 6 im Jahr 1977 in Kassel.
Ehrungen
1966: Wilhelm-Loth-Preis, Kunstpreis der Stadt Darmstadt
1984: Hessischer Kulturpreis
1986: Lovis-Corinth-Preis der Künstlergilde Esslingen
1989: Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
1998: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
2002: Binding-Kulturpreis, gemeinsam mit anderen Malern der Künstlergruppe Quadriga
1981: Bernard Schultze, Migofs, Bilder, Galerie Roswitha Haftmann Modern Art, Zürich[4]
1980–1981: Umfassende Retrospektive „Im Labyrinth“ – Werke von 1940–1980, Städtische Kunsthalle, Düsseldorf; Akademie der Künste (Berlin); Frankfurter Kunstverein; Saarland Museum; Moderne Galerie, Saarbrücken
1993: Bernard Schultze, Ölbilder, Aquarelle, Galerie Roswitha Haftmann Modern Art, Zürich[5]
1994–1996: Das große Format, Museum Ludwig Köln, in der Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln; Galleria d’Arte Moderna, Bologna; Deutsches Kulturinstitut – Goethe-Institut, Bologna; Museum für Bildende Künste, Budapest; Centrum ´T Elzenveld, Antwerpen
1996: Arbeiten aus fünf Jahrzehnten, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig
2000: Bernard Schultze – Schwarz/Weiss-Zeichnungen und Gedichte, Museum Folkwang, Essen
2000: Neuenahr – Zyklus, Bleistiftzeichnungen, Museum Ludwig, Köln
2000: Bernard Schultze in der Villa Wessel, Iserlohn
2002: Bernard Schultze – Welt im Farbrausch. Staatliches Russisches Museum – Museum Ludwig im Russischen Museum – Marmorpalast, St. Petersburg
2003: Migof Barok – Bernhard Schultze zum 90. Geburtstag, Museum Ludwig, Köln
2013: Bernard Schultze. Arbeiten auf Papier von 1950 bis 2000, Galerie Rothe, Frankfurt am Main
2015: Bernard Schultze. Gemälde, Migofs, Zeichnungen, Collagen, Druckgraphiken und illustrierte Bücher aus der Sammlung Kemp, Museum Kunstpalast, Düsseldorf
2015: Bernard Schultze. Hommage zum 100. Geburtstag, Samuelis Baumgarte Galerie, Bielefeld
2015: Bernard Schultze. Zum 100. Geburtstag, im Museum Ludwig, Köln
Das Museum Ludwig in Köln beherbergt einen Großteil des künstlerischen Nachlasses von Ursula und Bernard Schultze. Im September 2017 ruft das Museum Ludwig die Projektreihe Schultze Projects ins Leben. In Gedenken an das Künstlerehepaar soll im Zweijahresrhythmus eine Künstlerin oder ein Künstler eingeladen werden, ein Werk für die prominente Stirnwand im Treppenhaus des Museums anzufertigen. Das groß angelegte Werkformat als ein zentraler Aspekt im reifen Schaffen von Bernard Schultze stellt einen substantiellen Bezugspunkt zu den geplanten künstlerischen Positionen der Schultze Projects dar. Der erste Künstler der Projektreihe ist Wade Guyton.[6]
Ein Teilnachlass des Malers und der seiner Frau wird seit 2019 von Van Ham Art Estate in Köln in Kooperation mit dem Folkwang-Museumsverein Essen betreut.[7]
Einzelnachweise
Stephan Diederich, Barbara Hermann:Bernard Schultze. Werkverzeichnis der Gemälde und Objekte. Hrsg.: Stephan Diederich, Barbara Hermann. Band1. Hirmer Verlag GmbH, München 2015, ISBN 978-3-7774-2312-8, S.52.
Michael Klant, Christoph Zuschlag (Hrsg.): Bernard Schultze — Pictor Poeta. Gedichte und Zeichnungen 1990-1995. Cantz, Stuttgart 1995.
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Einblicke. Das 20. Jahrhundert in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Cantz, Ostfildern-Ruit 2000, ISBN 3-7757-0853-7.
Gerhard Leistner (Hrsg.): Tanz der Migofs. Bernard Schultze 1915–2005. Regensburg 2005.
Sabina Schultze (Hrsg.): Bernard Schultze. Innerer Monolog. Cantz, Ostfildern 2005.
Theo Rommerskirchen: Bernard Schultze. In: viva signatur si! Remagen-Rolandseck 2005, ISBN 3-926943-85-8.
Peter Prange:Schultze, Bornard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S.706f.(Digitalisat).
Walter Smerling; Eva Müller-Remmert (Hrsg.):Bernard Schultze: Gegenwelten. Wienand, Köln 2012, ISBN 978-3-86832-125-8.
Stephan Diederich, Barbara Hermann: Bernard Schultze. Werkverzeichnis der Gemälde und Objekte. Himer Verlag GmbH, München 2015, ISBN 978-3-7774-2312-8, 3 Bände, 1024 Seiten mit 1402 Abb. in Farbe und Schwarz-Weiß.
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