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Ernst Heinrich Barlach (* 2. Januar 1870 in Wedel; † 24. Oktober 1938 in Rostock) war ein deutscher Bildhauer, Medailleur, Schriftsteller und Zeichner. Barlach ist besonders bekannt für seine Holzplastiken und Bronzen. Außerdem hinterließ er ein vielgestaltiges druckgraphisches, zeichnerisches und literarisches Werk. Seine künstlerische Handschrift, sowohl in der bildnerischen als auch in der literarischen Arbeit, ist zwischen Realismus und Expressionismus angesiedelt. Seine Werke werden unter anderem von der 1946 gegründeten Ernst Barlach Gesellschaft und vom Ernst-Barlach-Haus in Hamburg erforscht, betreut und ausgestellt.

Ernst Barlach, Selbstporträt, 1928
Ernst Barlach, Selbstporträt, 1928
Ernst Barlach, Selbstporträt, 1928

Leben und Werk


Ernst Barlachs Geburtshaus in Wedel, heute Museum
Ernst Barlachs Geburtshaus in Wedel, heute Museum
Ratzeburg, Seestrasse 6 (2020)
Ratzeburg, Seestrasse 6 (2020)

Ernst Barlach war ältester von vier Söhnen des Arztes Georg (Gottlieb) Barlach (1839–1884) und dessen Frau Johanna Louise, geb. Vollert (1845–1920). Einen Großteil seiner Kindheit verbrachte er in Schönberg (Mecklenburg), wo der Vater ab 1872 praktizierte,[1] und ab Herbst 1876 in Ratzeburg. Zu seinem Umzug von Schönberg nach Ratzeburg berichtet Barlach in seinem 1928 erschienenen autobiographischen Werk Ein selbsterzähltes Leben: „...und als später mein ... Vater zu mir sagte: ‚Wir ziehen nun bald nach Ratzeburg‘, da fragte ich hellhörig zurück: ‚Ist das da, wo das schöne Wasser war?‘ - Das war es.“ Demselben Werk lässt sich entnehmen, dass die Familie in Ratzeburg zuerst ein Haus in der Seestraße 6 bezog, aber nach kurzer Zeit schon in „das alte Haus mit dem hohen Dach“ zog, das Barlach später stets sein „altes Vaterhaus“ nannte und in dem sich heute das Ratzeburger Barlachmuseum befindet. Nach dem Tod des Vaters kehrt Barlach als Halbwaise mit der Familie nach Schönberg zurück, wo er die Realschule besuchte.[2]

Bereits in früher Kindheit wurde Barlachs Begabung für sprachliche und bildnerische Gestaltung gefördert.

Barlach-Haus in Ratzeburg, 2005
Barlach-Haus in Ratzeburg, 2005
Gedenktafel am Wohnhaus von Barlach in Friedrichroda
Gedenktafel am Wohnhaus von Barlach in Friedrichroda

Nach dem Kunststudium an der Kunstgewerbeschule Hamburg von 1888 bis 1891 schloss sich ein Studium an der Kunstakademie in Dresden bis 1895 als Meisterschüler bei dem Bildhauer Robert Diez an. Seine Abschlussarbeit dort war Die Krautpflückerin. Es folgte ein zweijähriger Aufenthalt in Paris, wo er hauptsächlich mit schriftstellerischer Arbeit beschäftigt war. Zwischen 1894 und 1897 verbrachte er mehrmals einige Zeit in Friedrichroda, wo er in der Alexandrinenstraße 26 eine Unterkunft hatte.

Der junge Ernst Barlach
Der junge Ernst Barlach

Ab dem Jahr 1897 arbeitete Barlach zunächst als freischaffender Künstler. So beteiligte er sich 1898 erfolglos an einer Ausschreibung für den Marktbrunnen in Göttingen.[3] 1901 zog er zurück in seine Geburtsstadt Wedel und begann mit ersten dramatischen Versuchen. Auch schuf er vor allem Kleinkeramik für die Töpferwerkstatt Mutz in Altona. 1904 war er für ein halbes Jahr durch Vermittlung von Peter Behrens als Lehrer an der Fachschule für Keramik in Höhr-Grenzhausen (Westerwald) tätig.

Im Jahr 1906 unternahm Barlach eine Reise nach Russland; die Eindrücke des russischen Bauerntums und der Volkskunst sollten in ihrer Gestaltungsweise seine Skulpturen zukünftig beeinflussen. Im selben Jahr wurde er Vater eines Sohnes, Nikolaus (Klaus), aus der kurzen Beziehung mit der Näherin Rosa Schwab, die ihm auch Modell gestanden hatte. Nach zweijähriger gerichtlicher Auseinandersetzung erhielt er als Vater das Sorgerecht.[4] 1907 stellte Barlach im Frühjahrssalon der Berliner Secession die von Richard Mutz ausgeformten farbigen Terrakotten Russische Bettlerin mit Schale und Blinder russischer Bettler aus. Ab 1909 war Barlach Stipendiat in der Villa Romana in Florenz.

Barlach-Werkstatt am Inselsee in Güstrow, 1980
Barlach-Werkstatt am Inselsee in Güstrow, 1980

Bereits Barlachs frühe Arbeiten setzen sich mit dem Menschen, seinen Lebensbedingungen und seinen Haltungen zum Leben auseinander. Ab 1910 nahm er regelmäßig an Ausstellungen der Berliner Secession, des Sonderbundes und beim Kunstsammler Paul Cassirer in Berlin teil. Seit diesem Jahr lebte Barlach gemeinsam mit seiner Mutter Louise († 1920) und seinem Sohn Klaus in Güstrow (Mecklenburg), wo er sich nach seinen Bedürfnissen ein von Adolf Kegebein entworfenes Atelier und Wohnhaus am Inselsee bauen ließ. Hier entstanden seine Hauptwerke. In Güstrow traf er 1914 auch zum ersten Mal Friedrich Schult, aus dem sich später eine lebenslange Freundschaft entwickelte. In den Gesprächen machte Barlach auch die Aussage: „Zu jeder Kunst gehören zwei: einer, der sie macht, und einer, der sie braucht.“[5] Nach seiner Einberufung 1915 zum Landsturm beschäftigte er sich besonders mit dem Erlebnis „Krieg“. 1925 wurde er Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste München.

Nachdem sich das mit Barlach befreundete Ehepaar Bernhard A. Böhmer (Kunsthändler) und dessen Frau Marga (Bildhauerin) 1927 getrennt hatte, wurde Marga Böhmer bis zu seinem Tod seine Lebensgefährtin und danach seine Nachlassverwalterin.[6]

In kurzen Abständen entstanden seine Dramen Der tote Tag (1912), Der arme Vetter (1918), Die echten Sedemunds (1920), Der Findling (1922), die Sündflut (1924), Der blaue Boll (1926); 1927 arbeitete er am Drama Der Graf von Ratzeburg.

1922 wurde in Kiel das erste Ehrenmal Schmerzensmutter eingeweiht. Das Ehrenmal für die Gefallenen, Der Schwebende, im Güstrower Dom entstand 1927. In Der Schwebende soll Barlach die Gesichtszüge seiner Künstlerkollegin Käthe Kollwitz verarbeitet haben. Bereits ein Jahr später wurde vor der Kieler Universitätskirche der Geistkämpfer aufgestellt; 1929 folgte das Ehrenmal im Magdeburger Dom. Im Jahr 1931 entstand das Hamburger Ehrenmal, welches vom Steinmetz Friedrich Bursch gefertigt wurde (der für Barlach 1921 auch das Grabmal Mutter Erde angefertigt hatte).

Barlach gehörte zu den 37 Unterzeichnern des Aufrufs der Kulturschaffenden vom 19. August 1934, in dem er bekannte, in „Vertrauen und Treue zu ihm (Adolf Hitler) zu stehen.“

Der Entwurf einer Pietà für Stralsund kam 1932 wegen Anfeindungen aus nationalsozialistischen Kreisen nicht mehr zur Vollendung. Die gegen Barlach entfachte Rufmordkampagne führte 1934 zur Magazinierung des Magdeburger Ehrenmals, 1937 zur Entfernung des Kieler Geistkämpfers und des Güstrower Ehrenmals, das 1941 eingeschmolzen wurde. Freunde hatten einen Zweitguss angefertigt, der bis zum Kriegsende bei Hugo Körtzinger in Schnega versteckt wurde.[7] 1938 folgte die Entfernung des Reliefs Trauernde Mutter mit Kind vom Hamburger Ehrenmal und der erzwungene Austritt aus der Preußischen Akademie der Künste. Mehr als 400 seiner Werke wurden als „entartete Kunst“ aus öffentlichen Sammlungen entfernt. 1937 belegte ihn die Reichskammer der Bildenden Künste mit einem Ausstellungsverbot.

Grabstätte der Familie Barlach, Ratzeburg
Grabstätte der Familie Barlach, Ratzeburg

Im Alter von 68 Jahren erlag Barlach am 24. Oktober 1938 in der Rostocker St.-Georg-Klinik einem Herzinfarkt. Er wurde in der Grabstätte der Familie Barlach auf dem „Vorstadtfriedhof“ (Friedhof an der Seedorfer Straße) in Ratzeburg begraben. Auf der Grabstätte befindet sich die Skulptur „Der singende Klosterschüler“ (1931).

Ernst Barlach war der Großvater des Unternehmers und Galeristen Hans Barlach.

Im Jahr 1966 produzierte die DEFA unter der Regie Ralf Kirstens nach der Novelle Das schlimme Jahr von Franz Fühmann den Ernst Barlach gewidmeten Spielfilm Der verlorene Engel. Nach Zurückstellung und Zensurschnitten kam er erst 1971 in der DDR zur Aufführung. 1987 entstand unter der Regie von Klaus Schulze der DEFA-Dokumentarfilm Ernst Barlach in Güstrow.[8]


Auszeichnungen und Ehrenmitgliedschaften



Kritik


Zu den Kritikern Barlachs zählt unter anderem der Leipziger Professor für Kunstgeschichte Kurt Magritz, der zu Beginn der 1950er Jahre seinem Werk nihilistische und formalistische Tendenzen vorwarf.


Nachlass und Museen


Die Ernst-Barlach-Stiftung in Güstrow bewahrt und pflegt wesentliche Teile des Barlach-Nachlasses und macht sie durch museale Präsentation der Öffentlichkeit zugänglich.

Gertrudenkapelle in Güstrow
Gertrudenkapelle in Güstrow

1953 konnte – nachdem es bis Kriegsende still um ihn war – die Güstrower Gertrudenkapelle als erstes Barlachmuseum eröffnet werden. Es folgten Gedenkstätten/Personalmuseen in Ratzeburg, Hamburg, erneut Güstrow (Atelier im Heidberg) und das Ernst-Barlach-Museum im Geburtshaus in Wedel/Holstein.

Ein Großteil seiner Werke befindet sich heute in Güstrow – in seinem Atelier am Inselsee, in der Gertrudenkapelle und im Güstrower Dom, für den vom Zweitguss des Schwebenden in der Antoniterkirche Köln ein neuer Abguss abgenommen wurde –, in den Museen der Hamburger Ernst Barlach Gesellschaft, im Ernst Barlach Museum Ratzeburg und in Wedel sowie im Ernst Barlach Haus in Hamburg.

Das Staatliche Museum Schwerin hat Skulpturen von Ernst Barlach.


Ausstellungen


Einige seiner Werke wurden postum auf der documenta 1 (1955) und der documenta III (1964) in Kassel gezeigt. Das Leopold Museum in Wien zeigte 2009 eine Retrospektive seiner Arbeiten.

Am 19. September 2012 öffnete in Münster mit fast 500 Exponaten „die größte Barlach-Ausstellung seit langem“,[9] vorbereitet vom Evangelischen Kirchenkreis Münster in Zusammenarbeit mit der Ernst Barlach-Gesellschaft.[10]

Das Albertinum Dresden zeigte vom 8. August 2020 bis zum 10. Januar 2021 die Ausstellung Ernst Barlach zum 150. Geburtstag. Eine Retrospektive.[11]


Werke



Werke in der Bildenden Kunst (Auswahl)


Der Bettler (1930) – Bronzeguss einer Statue im Kloster-Innenhof des Ratzeburger Doms
Der Bettler (1930) – Bronzeguss einer Statue im Kloster-Innenhof des Ratzeburger Doms

Werke in der Literatur



Philatelistisches


Mit dem Erstausgabetag 2. Januar 2020 gab die Deutsche Post AG zum 150. Geburtstag Ernst Barlachs ein Sonderpostwertzeichen im Nennwert von 270 Eurocent heraus.[13] Der Entwurf stammt vom Grafiker Thomas Mayfried aus München.


Rezeption



Literatur



Autobiografie und Briefe



Monographien


nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet


Aufsätze


nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet


Film




Commons: Ernst Barlach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Ernst Barlach – Quellen und Volltexte
Wikiquote: Ernst Barlach – Zitate

Einzelnachweise


  1. Gustav Willgeroth: Die mecklenburgischen Aerzte von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Schwerin 1929. S. 347.
  2. Vita.Ernst Barlach Gesellschaft Hamburg
  3. Karl Arndt: Ernst Barlach und der Göttinger Marktbrunnen. In: Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e.V. (Hrsg.): Göttinger Jahrbuch. Band 49, 2001, ISBN 3-88452-379-1, S. 83104.
  4. Catherine Cramer: Barlach, S. 141 f
  5. Kunstverein Zwickau e.V.: Geschichte und Anliegen; abgerufen am 3. August 2020
  6. Hans Prolingheuer: Hitlers fromme Bilderstürmer. Kirche & Kunst unterm Hakenkreuz. Köln 2001, ISBN 3-920862-33-3, S. 180.
  7. (Kerstin Artz: Buch über Barlachs Engel aus der Antoniterkirche. In: Rheinische Post, 29. April 2011)
  8. Ernst Barlach in Güstrow (in der Filmdatenbank der DEFA-Stiftung). DEFA-Stiftung, abgerufen am 14. November 2020.
  9. Westfälische Nachrichten, 8. August 2012
  10. https://www.ev-kirchenkreis-muenster.de/aktuelles/aktuelles/aktuelles-details/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=108&cHash=11bea07bb2e964d954f062f3e55f94db
  11. https://albertinum.skd.museum/ausstellungen/ernst-barlach-zum-150-geburtstag-eine-retrospektive
  12. Abb. bei Norbert Berghof (Red.): Bildmappe Kunst in der Verfolgung: Entartete Kunst (Ausstellung) 1937 in München. 18 Beispiele, ferner Beiheft: Lebensdaten und Selbstzeugnisse, beides Neckar, Villingen 1998, ohne ISBN.
  13. Postwertzeichen Januar 2020
  14. Barlach-Lied Biermanns
  15. Neues Deutschland: Biermann ist 80. November 2016
  16. Mikesch van Grümmer – Barlach Zyklus – WIWWG.COM. Abgerufen am 4. Oktober 2020 (britisches Englisch).
  17. Volkmar Fritsche: Volkmar Fritsche - Komponist. Abgerufen am 6. Juli 2017.
Personendaten
NAME Barlach, Ernst
ALTERNATIVNAMEN Barlach, Ernst Heinrich (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller, Bildhauer und Zeichner
GEBURTSDATUM 2. Januar 1870
GEBURTSORT Wedel
STERBEDATUM 24. Oktober 1938
STERBEORT Rostock

На других языках


- [de] Ernst Barlach

[en] Ernst Barlach

Ernst Heinrich Barlach (2 January 1870 – 24 October 1938) was a German expressionist sculptor, medallist, printmaker and writer. Although he was a supporter of the war in the years leading to World War I, his participation in the war made him change his position, and he is mostly known for his sculptures protesting against the war. This created many conflicts during the rise of the Nazi Party, when most of his works were confiscated as degenerate art. Stylistically, his literary and artistic work would fall between the categories of twentieth-century Realism and Expressionism.

[es] Ernst Barlach

Ernst Barlach (Wedel, Holstein, 2 de enero de 1870 - Rostock (Distrito de Güstrow), 24 de octubre de 1938) fue un escultor, escritor y diseñador expresionista alemán.

[fr] Ernst Barlach

Ernst Barlach, né le 2 janvier 1870 à Wedel, dans le Royaume de Prusse, et mort le 24 octobre 1938 à Rostock, dans le Reich allemand, est un sculpteur expressionniste allemand. Il a également travaillé comme concepteur et auteur. Il était belliciste avant la Première Guerre mondiale, mais sa participation à la guerre a changé sa point de vue et il est connu pour ses sculptures contre la guerre.

[it] Ernst Barlach

Ernst Barlach (Wedel, 2 gennaio 1870 – Rostock, 24 ottobre 1938) è stato uno scultore e scrittore tedesco, appartenente al movimento espressionista[1].

[ru] Барлах, Эрнст

Эрнст Ба́рлах (нем. Ernst Barlach, 2 января 1870, Ведель, Гольштейн — 24 октября 1938, Росток) — немецкий скульптор, художник и писатель. Реалист и экспрессионист.



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