Franz Nölken (* 5. Mai 1884 in Hamburg; † 4. November 1918 in La Capelle, Département Aisne, Frankreich) war ein deutscher Maler des Expressionismus und zeitweise Mitglied der Künstlervereinigung Brücke.
von links: Franz Nölken, Walter Voltmer und Friedrich Ahlers-Hestermann um 1902 in HittfeldAm Brunnen, 1904Kindergruppe im Park, um 1912
Franz Nölken brach 1900 als Sechzehnjähriger den Schulbesuch des Johanneums ab und besuchte auf Anraten von Alfred Lichtwark, dem Direktor der Hamburger Kunsthalle, die Malschule von Arthur Siebelist, der seine Schüler im Gegensatz zur akademischen Ausbildung der damaligen Zeit zum Malen in die freie Natur führte. Im Jahr 1903 wurde er in den „Hamburgischen Künstlerclub von 1897“ aufgenommen. 1904 zeigte eine erste Ausstellung der Siebelist-Schüler Friedrich Ahlers-Hestermann, Fritz Friedrichs, Walter Alfred Rosam und Walter Voltmer in der Galerie Commeter, Hamburg, auch seine Werke. Im selben Jahr stellte er sein Bild Am Brunnen fertig, das in der Hamburger Kunsthalle zu besichtigen ist.
1905 hielt er sich zu Studienzwecken in Borgeln bei Soest auf. Er lernte Edvard Munch, Karl Ernst Osthaus, Christian Rohlfs und Emil Nolde kennen, sowie seinen Förderer und Sammler Ernst Rump, der ihn später finanziell unterstützen sollte. Mit Friedrich Ahlers-Hestermann und Walter Rosam unternahm er 1907 eine Reise nach Paris, wo er sich dem internationalen Künstlerkreis des Café du Dôme anschloss.
Mitglied der „Brücke“
Im Jahr 1908 wurde er auf Vorschlag von Karl Schmidt-Rottluff Mitglied der Dresdner Künstlervereinigung Brücke und in diesem Jahr namentlich im Verzeichnis der aktiven Mitglieder aufgeführt. 1909/10 nahm er an Wanderausstellungen der Brücke teil, zog sich 1912 jedoch wieder zurück.
Weitere Ausbildung an der Académie Matisse
Im März 1909 unternahm er eine zweite Parisreise zur Weiterbildung und schloss sich mit Walter Rosam, Friedrich Ahlers-Hestermann und Gretchen Wohlwill der Académie Matisse an, die im Winter 1907/1908 auf Anregung von Sarah Stein, der Schwägerin der Kunstsammlerin Gertrude Stein, und des deutschen Malers Hans Purrmann gegründet worden war und die bis 1911 bestand. In dieser Zeit hatte sie mehr als hundert Schüler.
Bekanntschaft mit Anita Rée und Max Reger
Max Reger bei der Arbeit, 1913Porträt Oscar Troplowitz (Ausschnitt), 1916Schreibendes Mädchen, 1916
Nach seiner Rückkehr aus Paris schloss er 1910 Freundschaft mit Anita Rée, die seine Schülerin wurde und mit der er eine Ateliergemeinschaft bildete, der auch Ahlers-Hestermann angehörte. Die Freundschaft zerbrach aufgrund Rées unerwiderter Liebe zu Nölken.[1][2]
Im Jahr 1912 unterrichtete er an der Hamburger Malschule von Gerda Koppel. Im folgenden Jahr lernte er den Komponisten Max Reger kennen, von dem er zahlreiche Bildnisse schuf. Eines der Reger-Porträts hing im Billardzimmer des Unternehmers Oscar Troplowitz, der als Mäzen die Siebelist-Schüler förderte und sich von Nölken 1916 porträtieren ließ. 1916 wurde er auch Mitglied des Hamburger Künstlervereins von 1832.
Letzte Jahre
Im Mai 1914 reiste er ein drittes Mal auf der Suche nach künstlerischen Anregungen nach Paris. Ein von Lichtwark 1914 in Auftrag gegebenes Selbstporträt wurde 1915 von der Hamburger Kunsthalle erworben.
Im Ersten Weltkrieg wurde er 1917 zum Kriegsdienst eingezogen; kurz vor Kriegsende fiel Franz Nölken in La Capelle in Frankreich.
Der Nölkensweg in Hamburg-Barmbek ist ebenso wie der Franz-Nölken-Weg in Soest nach ihm benannt.
Werk
Selbstporträt, 1915
Nölken strebte nach Vereinfachung der Bildmittel. Er hatte eine große zeichnerische Begabung und malte daher vorwiegend Personen, aber auch Stillleben und Landschaften.
Werke von Franz Nölken sind in der Hamburger Kunsthalle, im Brücke-Museum Berlin und im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloss Gottorf ausgestellt.
1937 wurde in der Nazi-Aktion „Entartete Kunst“ aus der Hamburger Kunsthalle, der Städtischen Kunsthalle Mannheim und dem Museum für Kunst und Kunstgewerbe Stettin fünf Bilder Nölkens beschlagnahmt und danach vernichtet.[3]
Werke (Auswahl)
Am Brunnen, 1904
Porträt Ernst Rump, 1905
Schneiderstube, Aquarell, 1905
Blumenstilleben, Öl auf Leinwand, 1906
Heidelandschaft, Öl auf Karton, 1906
Zwei Mädchen beim Ankleiden, Pastell auf Leinwand, 1907
Selbstporträt, Öl auf Leinwand, 1908
Kindergruppe im Park, Öl auf Leinwand, um 1912
Max Reger bei der Arbeit, Öl auf Leinwand, 1913
Blick aus Nölkens Atelier, Wallstraße in Hamburg, Öl auf Leinwand, 1914
Selbstporträt, 1915
Schreibendes Mädchen, 1916
Selbstporträt, Aquarell, 1916
Sitzender weiblicher Akt, Aquarell, 1916
1937 als „entartet“ beschlagnahmte und vernichtete Werke
Zwei stehende weibliche Akte (Tafelbild)
Vor dem Spiegel (Öl auf Leinwand, 101 × 60 cm, 1916)
Zwei nackte Frauen (Radierung, 24,6 × 20 cm, 1914)
Schupobeamter (Zeichnung)
Kopf (Zeichnung)
Ausstellungen
1984: Galerie Herold, Hamburg
1987: Brücke-Museum, Berlin
1989: Matisse und seine deutschen Schüler, Pfalzgalerie Kaiserslautern
1990: Ernst Barlach Museum, Hamburg
1996: Galerie Herold, Hamburg
2005: Nolde, Nölken, Modersohn-Becker. Der kunstliebende Kaufmann Ernst Rump. Ernst Barlach Museum, Hamburg
Peter Kropmanns, Carina Schäfer: Private Akademien und Ateliers im Paris der Jahrhundertwende. In: Die große Inspiration. Deutsche Künstler in der Académie Matisse, Bd. 3. Kunst-Museum Ahlen/Westf. 2004, ISBN 3-89946-041-3 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, 27. Februar bis 1. Mai 2000).
Franz Nölken 1884–1918. Mit einem Werkverzeichnis der Gemälde und Graphiken, hrsg. von der Galerie Herold anlässlich der Gedenkausstellung zum 100. Geburtstag. Westfälische Verlagsbuchhandlung Mocker & Jahn, Soest 1984, ISBN 3-87902-550-9
Franz Nölken, Briefe 1906–1918, hrsg. von der Galerie Herold, Hamburg 1996
Carsten Meyer-Tönnesmann: Der Hamburgische Künstlerclub von 1897. Verlag Atelier im Bauernhaus, Fischerhude 1997. ISBN 3-881-32255-8.
Gerd Presler: Die Brücke. Rowohlt Verlag, Reinbek 2007, ISBN 978-3-499-50642-0
Friederike Weimar: Verglühte Träume: Werke junger Künstler – Opfer des Ersten Weltkriegs. Benno Berneis, Hans Fuglsang, Franz Henseler, Wilhelm Morgner, Franz Nölken, Otto Soltau, Hermann Stenner und Albert Weisgerber. Herausgegeben von Helga Gutbrod. Gebr. Mann Verlag/Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 2014, ISBN 978-3-7861-2712-3
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