art.wikisort.org - Künstler

Search / Calendar

Jean Philippe Arthur Dubuffet (* 31. Juli 1901 in Le Havre; † 12. Mai 1985 in Paris) war ein französischer Maler, Bildhauer, Collage- und Aktionskünstler und zählt zu den prominentesten Vertretern der französischen Nachkriegskunst. Dubuffet war auch ein einflussreicher Kunstschriftsteller; so hat er den Begriff Art brut geprägt.

Jean Dubuffet in seinem Atelier in Vence an der Côte d’Azur 1960
Jean Dubuffet in seinem Atelier in Vence an der Côte d’Azur 1960
Jean Dubuffet, 1960
Jean Dubuffet, 1960

Leben


Jean Dubuffet wurde als Sohn einer großbürgerlichen Familie von Weingroßhändlern in Le Havre geboren. Als Schüler belegte er 1916 Abendkurse im Zeichnen an der École des Beaux-Arts in Le Havre; nach dem Abitur 1918 begab er sich nach Paris, um Literatur, Sprache und Musik an der Académie Julian zu studieren. Hier lernte er 1919 Max Jacob kennen. In den zwanziger Jahren malte er im Umkreis der Pariser Surrealisten gegenständliche Kompositionen, gab die Kunst aber bald auf. Nach langer Schaffenspause, in der er als Weinhändler arbeitete, setzte er 1942 erneut mit naiven Gemälden ein; seine erste Einzelausstellung fand 1944 in der Pariser Galerie René Drouin statt. In der frühen Nachkriegszeit erregte er mit seinen „primitiven“ Materialbildern einen Skandal, erlangte aber bald internationale Bekanntheit, insbesondere in den USA. Dort stellte er in der Galerie Pierre Matisse in New York bereits 1947 aus.

Jardin d'Email, Kröller-Müller Museum, Otterlo
Jardin d'Email, Kröller-Müller Museum, Otterlo

Dubuffet entwickelte das Konzept einer antiintellektuellen Kunst, die er mit Art brut bezeichnete. Diese verteidigte er auch kunsttheoretisch in Texten und Vorträgen. 1949 veröffentlichte er sein Manifest L'Art brut préféré aux arts culturels[1]. Seine frühen Gemälde sind vom Bildvokabular von Kindern, Naiven und Geisteskranken inspiriert, die für ihn die Künstler der Art brut sind. Angeregt durch die Graffiti-Fotografien von Brassaï setzte sich Dubuffet mit dem Thema Mauer und den darin eingeritzten Graffiti auseinander. Ihm war hierbei der „körperlich-materiale Herstellungsvorgang“[2] der Wand und der Graffiti wichtig. Deshalb versuchte er den Entstehungsprozess der Mauer auf der Leinwand nachzuempfinden, indem er viele Farbschichten dick auftrug und ihnen Zeit zum Reagieren gab. Graffiti vollzog er sogar technisch als Einritzungen in die Ölfarbe auf der Leinwand nach, womit er Trivial- und Hochkunst verband, woraus sich eine positive Neubewertung von Graffiti ergibt, die viele Parallelen mit der Art brut aufweisen.[3]

Er experimentierte parallel intensiv mit Druckgrafik: Holzschnitt (Ler dla campane, 1948) und Lithografie (Les murs, 1945). Die Lithografien erarbeitete er zuerst in der Werkstatt Fernand Mourlot in Paris (Matière et mémoire, 1945), richtete sich 1958 ein eigenes Atelier ein; herausragend ist sein umfangreicher Zyklus Les Phénomènes (1958/1959). Nach 1962 entwickelte Dubuffet seine Serie Hourloupe, zellenartige Strukturen, die sich auf die Farben Rot, Weiß, Schwarz und Blau beschränken. Ende der 1960er Jahre übertrug er die grafischen Elemente der Hourloupe-Serie in die Skulptur. Es entstanden bemalte felsartige Gebilde aus Polyester, großformatige Freiplastiken und teilweise begehbare Labyrinthe wie Jardin d’Email (1972/1973) im Kröller-Müller Museum im niederländischen Otterlo. Im Jahr 1959 war Jean Dubuffet Teilnehmer der documenta 2. Auch an der documenta 3 (1964) und der 4. documenta (1968) in Kassel nahm er teil.

Mit Coucou Bazar schuf Dubuffet 1972 ein Gesamtkunstwerk aus Malerei, Skulptur, Theater, Tanz und Musik. Dabei agieren mehrere kostümierte Figuren miteinander ebenso wie mit den Bühnenelementen. Dieses Spektakel wurde nur dreimal produziert: 1973 in New York und Paris sowie 1978 in Turin. Die letzte Inszenierung wurde in einem Film festgehalten. Coucou Bazar kann heute aus konservatorischen Gründen jedoch nicht mehr als Ganzes aufgeführt werden. Zwei Kostümfiguren dürfen noch bewegt werden und waren 2016 in der Ausstellung der Fondation Beyeler zu sehen.[4]

1984 entstand eine Werkreihe auf schwarzem Hintergrund und im letzten Lebensjahr schrieb er eine Autobiographie.

Nach seinem Tod 1985 wurden auch seine musikalischen Experimente – mit Asger Jorn – bekannt, ebenso sein schriftstellerisches Werk. Er unterhielt mit zahlreichen Autoren regelmäßig Korrespondenzen: unter anderem mit Claude Simon, Jean Paulhan, Witold Gombrowicz und Valère Novarina.[5] Er gehörte seit 1954 dem Collège de 'Pataphysique an.

Seine Werke sind in zahlreichen internationalen Museen vertreten; große Werkkomplexe stiftete Dubuffet zu Lebzeiten dem Musée des Arts décoratifs in Paris und dem Stedelijk Museum in Amsterdam. Sein Nachlass wird von der Fondation Dubuffet in Paris verwaltet, wo man sein ehemaliges Atelier in 137, rue de Sèvres besuchen kann, im zweiten Sitz der Stiftung in Périgny-sur-Yerres ist u. a. Dubuffets begehbare Großskulptur Closerie Falbala (1.610 m²) zu besichtigen.

Neben seiner Kunst war Dubuffet einflussreich wegen seines Engagements für Art brut: die Schöpfungen von Geisteskranken, gesellschaftlichen Außenseitern und Sonderlingen, die er sammelte und förderte. Vor dem Hintergrund dieses Interesses besuchte er auch die umfangreiche Sammlung Hans Prinzhorns von Bildwerken psychisch Kranker in Heidelberg. Dubuffets Art-Brut-Sammlung wird heute in der Collection de l’Art Brut in Lausanne verwahrt.


Ausstellungen



Schriften



Literatur



Werkverzeichnisse



Jüngere deutsche Literatur und Kataloge




Commons: Jean Dubuffet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Jean Dubuffet – Metamorphosen der Landschaft, cosmopolis.ch
  2. Mechthild Haas: Jean Dubuffet. Materialien für eine „andere“ Kunst nach 1945. Berlin 1997 (Diss. Univ. Hamburg 1996), S. 81.
  3. Peter Gorsen: Graffiti und Art Brut. In: Susanne Schaefer-Wiery, Norbert Siegel (Hrsg.): Der Graffiti-Reader. Essays internationaler Experten zum Kulturphänomen Graffiti. Wien 2009, S. 12–19.
  4. Coucou Bazar, Fondation Beyeler. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original; abgerufen am 21. Mai 2016.
  5. Jean Dubuffet: Prospectus et tous écrits suivants. Tomes 3 et 4. Paris 2014.
  6. Retrospektive Ein Leben im Laufschritt in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München vom 19. Juni bis 30. August 2009 (Memento vom 20. September 2011 im Internet Archive)
  7. Ausstellungswebsite (Memento vom 30. Januar 2016 im Internet Archive) der Fondation Beyeler
  8. Website des Museums
Personendaten
NAME Dubuffet, Jean
ALTERNATIVNAMEN Dubuffet, Jean Philippe Arthur (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG französischer Maler, Bildhauer, Collage- und Aktionskünstler
GEBURTSDATUM 31. Juli 1901
GEBURTSORT Le Havre
STERBEDATUM 12. Mai 1985
STERBEORT Paris

На других языках


- [de] Jean Dubuffet

[en] Jean Dubuffet

Jean Philippe Arthur Dubuffet (31 July 1901 – 12 May 1985) was a French painter and sculptor. His idealistic approach to aesthetics embraced so-called "low art" and eschewed traditional standards of beauty in favor of what he believed to be a more authentic and humanistic approach to image-making. He is perhaps best known for founding the art movement art brut, and for the collection of works—Collection de l'art brut—that this movement spawned. Dubuffet enjoyed a prolific art career, both in France and in America, and was featured in many exhibitions throughout his lifetime.

[es] Jean Dubuffet

Jean Philippe Arthur Dubuffet (7 de octubre de 1901 en Le Havre - 12 de mayo de 1985 en París) fue un pintor y escultor francés de la segunda mitad del siglo XX.

[fr] Jean Dubuffet

Jean Dubuffet, né le 31 juillet 1901 au Havre et mort le 12 mai 1985 à Paris 6e[1], est un peintre, sculpteur et plasticien français, le premier théoricien d'un style d'art auquel il a donné le nom d'« art brut », des productions de marginaux ou de malades mentaux : peintures, sculptures, calligraphies, dont il reconnaît s'être lui-même largement inspiré[2].

[it] Jean Dubuffet

Jean Dubuffet (Le Havre, 31 luglio 1901 – Parigi, 12 maggio 1985) è stato un pittore e scultore francese. È considerato il fondatore del movimento artistico dell'Art Brut.

[ru] Дюбюффе, Жан

Жан Дюбюффе́ (фр. Jean Philippe Arthur Dubuffet; 31 июля 1901, Гавр — 12 мая 1985, Париж) — французский художник и скульптор .



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2025
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии