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Nicolò Bambini (Vorname auch: Niccolò; * 1651 in Venedig; † 1736 ebenda)[1] war ein italienischer Maler und Freskant des Barock, der vor allem in Venedig wirkte.

Die wundersame Kommunion der hl. Teresa, Santa Maria di Nazareth (Scalzi), Venedig
Die wundersame Kommunion der hl. Teresa, Santa Maria di Nazareth (Scalzi), Venedig

Leben


Laut Antonio Maria Zanetti war er ein Schüler von Sebastiano Mazzoni und ging später als einer der ersten venezianischen Maler nach Rom, wo er in der Werkstatt von Carlo Maratta gearbeitet haben soll.[1] Nach seiner Rückkehr in die Lagunenstadt habe Bambini zunächst nach dem Vorbild von Pietro Liberi gearbeitet, der zu jener Zeit gerade „en vogue“ war.[1]

Aus Bambinis noch von Mazzoni beeinflusster Frühzeit stammt das Deckengemälde in der venezianischen Kirche San Moisè, das aber sehr schlecht erhalten ist.[1]

Allegorische Deckengemälde mit Triumph der Venetia im Zentrum, 1682, Ca’ Pesaro, Venedig
Allegorische Deckengemälde mit Triumph der Venetia im Zentrum, 1682, Ca’ Pesaro, Venedig

Bambini hatte bald großen Erfolg und nach Alessandro Longhi (in: Compendio..., 1762) rissen sich die venezianischen Adligen darum, eins seiner Bilder zu besitzen,[1] weil man insbesondere seine Deckenbilder als „von poetischen und bizarren Erfindungen durchdrungen“ empfand.[2]

Das lässt sich durch zahlreiche wichtige Aufträge bestätigen, wie die Allegorie der Venetia in der Sala delle Quattro Porte und einige Grisaillen in der Sala dello Scrutinio im Dogenpalast, oder die allegorischen Deckengemälde mit dem Triumph der Venetia, die Bambini in Öl und ganz im traditionellen Stil des Dogenpalastes im Jahr 1682 in der Ca' Pesaro malte.[1][3]

Bambini gehörte neben Bellucci, Molinari und Gregorio Lazzarini zu den ersten venezianischen Malern, die Dekorationen al fresco malten – bis Ende des 17. Jahrhunderts und noch darüber hinaus, wurde in der Lagunenstadt (wahrscheinlich wegen der Feuchtigkeit) auch bei Deckenbildern gewöhnlich in Öl auf Leinwand gearbeitet.[2] Solche für Venedig bahnbrechende und von üppigem Stuck umgebene Freskendekorationen schuf Bambini beispielsweise im Treppenhaus und im großen Saal des Palazzetto Zane (Anfang 17. Jhd.) und in einem Alkoven im Palazzo Savorgnan bei San Geremia (um 1710).[4]

Wahrscheinlich 1708, zum Empfang des dänischen Königs Friedrich IV. schuf Bambini zusammen mit dem Quadraturmaler Antonio Felice Ferrari „in aller Eile“ das große Deckenfresko im Ballsaal der Ca’ Dolfin, wo er wiederum eine Allegorie Venedigs umgeben von den Göttern des Olymp malte.[5]

Andere Adelspaläste, an deren Ausschmückung Bambini beteiligt war, sind der Palazzo Albrizzi[6] und der Palazzo Barbaro-Curtis (Hagar in der Wüste) in Venedig und der Palazzo vescovile (Bischofspalast) in Udine, wo er 1709 die Bibliothek mit allegorischen Supraporten und dem Deckengemälde Die Wissenschaften huldigen dem Glauben (1709) ausschmückte.[1]

Allegorie des Überflusses, ca. 1708, Ausschnitt aus dem Deckenfresko im Ballsaal der Ca’ Dolfin, Venedig
Allegorie des Überflusses, ca. 1708, Ausschnitt aus dem Deckenfresko im Ballsaal der Ca’ Dolfin, Venedig

Daneben schuf er Altar- und Deckenbilder für venezianische Kirchen. In einem Wettstreit mit Antonio Balestra malte Bambini die Anbetung der Könige in San Zaccaria, die als eines seiner besten Werke gilt.[1] Berühmt wurde seine Geburt Mariae, die zwischen 1710 und 1715 für Santo Stefano entstand[7] und auch in Kupfer gestochen und im Druck verbreitet wurde.[1] Weitere Kirchen in Venedig, in denen sich nach wie vor Werke Nicolò Bambinis finden, sind San Marcuola, San Stae, San Pantaleone, die Chiesa degli Scalzi, Santo Spirito und die Chiesa delle Eremite.[1]

In seiner Spätphase näherte sich Bambini stilistisch dem Werk von Sebastiano Ricci an, beispielsweise in dem Bild Minerva krönt Titus Livius an der Decke der Bibliothek des Seminario Patriarcale von Venedig.[1]

In den 1720er Jahren dekorierte der mittlerweile über 70-jährige Bambini neben dem jungen Giambattista Tiepolo den „salone“ des Palazzo Sandi-Porto, im Auftrag von dessen Besitzer, dem reichen Rechtsanwalt Tomaso Sandi. Dabei malte Bambini zwei Wandbilder und einen Fries unterhalb der Decke, die von Tiepolo freskiert wurde. Für Tiepolo war dies sein erster weltlicher Auftrag (und sein erstes Fresko) in Venedig und es gelang den beiden so unterschiedlichen Künstlern die Komposition ihrer jeweiligen Gemälde genau aufeinander abzustimmen, so dass die Dekoration ein harmonisches Ganzes bildet.[8]

Nicolò Bambini starb 1736 in Venedig.[1]

Zu seinen Schülern gehörten Gaetano Zompini, Girolamo Brusaferro und sein Sohn Stefano Bambini.[1]


Stil


Achilleus und die Töchter des Lykomedes, ca. 1720–36, Ca’ Rezzonico, Venedig
Achilleus und die Töchter des Lykomedes, ca. 1720–36, Ca’ Rezzonico, Venedig

Nicolò Bambini wird neben Antonio Bellucci, Antonio Balestra, und Gregorio Lazzarini zu einer Generation von Künstlern gerechnet, die im hochbarocken Venedig des ausgehenden Seicento einen barocken Klassizismus römisch-bolognesischer Prägung einführten.[9][10] Dabei ist Bambini der älteste dieser Maler und es wurde ihm manchmal bis ins 20. Jahrhundert von einigen regionalistischen Autoren seine „römische Verirrung“ („smarrimento romano“) vorgeworfen.[1] Dabei ist seine Beeinflussung durch Carlo Maratta oder Guido Reni insgesamt eher oberflächlich und beschränkt sich fast ausnehmlich in gelegentlichen klassischen Profilen oder Madonnen-Antlitzen. Ivanoff sieht sogar in der Geburt Mariae für Santo Stefano eine vereinzelte Ausnahme.[1]
Bambinis persönlicher Klassizismus speist sich dagegen eindeutig auch aus der venezianischen Tradition, insbesondere aus den Vorbildern von Tintoretto und Veronese – eine Welle des Neo-Veronismus gab es ohnehin ab Ende des 17. Jahrhunderts und führte dann zum letzten Höhepunkt der venezianischen Malerei im Rokoko. Dieser Einfluss ist bei Bambini besonders deutlich an seinen Dekorationen im Dogenpalast und in der Ca’ Pesaro, aber auch in anderen Werken sowie an seinem Figurenideal, besonders der oft blond-gewellten weiblichen Gestalten. Gefiltert ist das Alles sicherlich durch eine Kenntnis von Werken Pietro da Cortonas und Luca Giordanos (die es auch in Venedig gab).[11]
Typisch für Bambini ist ein ausgeprägtes Disegno, bei dem die Konturen der Figuren durch weiche, relativ dicke, dunkle Linien von der Umgebung abgesetzt werden. Dies erinnert einerseits etwas an Tintoretto und Pietro Liberi, andererseits verleiht es der Malerei Bambinis eine gewisse Robustheit oder Rustikalität, die sich vom römisch-bolognesischen Klassizismus abhebt. Seine farbliche Palette ist bunt, fantasievoll und reich abgestuft, grundsätzlich hell und leuchtend – Ivanoff spricht von einem „perlmuttenen Kolorit“ („colorito perlaceo“) –, aber mit starken und dunklen Schatten, also einem deutlichen Chiaroscuro. Im Spätwerk hellte sich sein Kolorit offenbar unter dem Einfluss Sebastiano Riccis noch auf und wurde klarer.

Bambini wurde später je nach Geschmack des entsprechenden Autors entweder für sein Kolorit oder für sein Disegno kritisiert. Zanetti gehörte zu den ersteren und behauptete, dass Nicolò Cassana deshalb einige Bilder Bambinis „mit einer pastosen und weiche Farbe“ überarbeitet habe.[12][13]


Bildergalerie



Werke (Auswahl)



Literatur




Commons: Nicolò Bambini – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Nicola Ivanoff: Nicolò Bambini. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 5: Bacca–Baratta. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1963.
  2. Adriano Mariuz, Giuseppe Pavanello: Die Innendekorationen der venezianischen Paläste – von der barocken Pracht zur Eleganz des Rokoko, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, … Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 582–639; hier: S. 596
  3. Adriano Mariuz, Giuseppe Pavanello: Die Innendekorationen der venezianischen Paläste – von der barocken Pracht zur Eleganz des Rokoko, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, 2 Bände, Könemann, Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 582–639; hier: S. 582 f und 588 f
  4. Adriano Mariuz, Giuseppe Pavanello: Die Innendekorationen der venezianischen Paläste – von der barocken Pracht zur Eleganz des Rokoko, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, … Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 582–639; hier: S. 596–597
  5. Adriano Mariuz, Giuseppe Pavanello: Die Innendekorationen der venezianischen Paläste – von der barocken Pracht zur Eleganz des Rokoko, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, … Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 582–639; hier: S. 589, 597 und 599
  6. Adriano Mariuz, Giuseppe Pavanello: Die Innendekorationen der venezianischen Paläste – von der barocken Pracht zur Eleganz des Rokoko, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, … Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 582–639; hier: S. 602
  7. William Barcham: Das venezianische Rokoko – Tiepolo und das 18. Jahrhundert, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, 2 Bände, Könemann, Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 640–691; hier: S. 649 und 650
  8. William Barcham: Das venezianische Rokoko – Tiepolo und das 18. Jahrhundert, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, ..., Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 640–691, hier: S. 645
  9. William Barcham: Das venezianische Rokoko – Tiepolo und das 18. Jahrhundert, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, ..., Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 640–691, hier: S. 650–651
  10. Ivanoff verwendet den Begriff accademismo, womit hier Klassizismus gemeint ist. Nicola Ivanoff: Nicolò Bambini. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 5: Bacca–Baratta. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1963.
  11. Öffentlich zu sehen waren von Giordano 3 Altarbilder in Santa Maria della Salute, und von Cortona ein Daniel in der Löwengrube in der Kirche San Daniele (heute Accademia, Venedig). Mit Werken Cortonas kam Bambini natürlich auch in Rom in Kontakt. Stefania Mason: Die venezianische Malerei vom späten 16. bis 17. Jahrhundert, in: Giandomenico Romanelli (Hrg.): Venedig – Kunst und Architektur, ..., Köln, 1997, darin: Bd. 2, S. 524–575; hier: S. 567–569, 574–575.
  12. „Lo Zanetti parla anche di alcuni quadri del B. sopra i quali N. Cassana sarebbe ‘passato sopra con un colore pastoso e morbido’“. Siehe: Nicola Ivanoff: Nicolò Bambini. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 5: Bacca–Baratta. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1963.
  13. Auch Thieme-Becker erwähnen das, stellen es aber so dar, als wenn Bambini selber die Bilder von Cassana überarbeiten ließ. Bambini, Nicolò. In: Ulrich Thieme, Felix Becker (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 2: Antonio da Monza–Bassan. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1908, S. 433 (Textarchiv – Internet Archive).
Personendaten
NAME Bambini, Nicolò
ALTERNATIVNAMEN Bambini, Niccolò
KURZBESCHREIBUNG italienischer Maler
GEBURTSDATUM 1651
GEBURTSORT Venedig
STERBEDATUM 1736
STERBEORT Venedig

На других языках


- [de] Nicolò Bambini

[en] Niccolò Bambini

Niccolò Bambini (1651–1736) was an Italian painter of the late-Renaissance and early-Baroque periods.

[fr] Niccolò Bambini

Niccolò Bambini (Venise, 1651 - Venise, 1736) est un peintre italien baroque de la fin du XVIIe et du début du XVIIIe siècle.

[it] Nicolò Bambini

Nicolò Bambini detto il Cavalier Bambini (Venezia, 1651 – Venezia, 1736) è stato un pittore italiano del barocco.



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