Roger Loewig (* 5. September 1930 in Striegau, Provinz Niederschlesien; † 4. November 1997 in Berlin) war ein deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller.
Aufgewachsen in Oels, Schlesien, und ab 1939 in Jarotschin im damaligen Reichsgau Wartheland, floh Roger Loewig 1945 mit seiner Mutter nach Obercunewalde in der Lausitz. Er wurde vom Gymnasium relegiert und arbeitete in der Land- und Forstwirtschaft. Von 1951 bis 1953 absolvierte er eine Ausbildung zum Neulehrer und war anschließend Lehrer für Russisch, Deutsch und Geschichte in Berlin-Köpenick.
Als Künstler war Roger Loewig Autodidakt. Neben seiner Lehrtätigkeit schrieb er Gedichte und schuf Aquarelle und Gouachen. In seinem frühen malerischen Werk orientierte er sich an der Kunst des Expressionismus und des Fauvismus, die von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert worden waren. Werke der von ihm verehrten Künstler fand er vor allem in Museen und Ausstellungen in West-Berlin. Von der in der DDR maßgeblichen Lehre des Sozialistischen Realismus distanzierte er sich. Ab etwa 1960 widmete er sich in zunehmendem Maß auch der Zeichnung und verfasste Erzählungen. Förderung erfuhr er durch Marga Böhmer, die ehemalige Lebensgefährtin Ernst Barlachs.
Auf den Bau der Mauer reagierte er 1961/1962 mit einer Serie von Tuschzeichnungen „Aus deutscher Vergangenheit und Gegenwart“, in der er die Gewalt der deutschen Zeitgeschichte anprangerte. Er schloss Freundschaften mit Gleichgesinnten, die Verbindungen zu West-Berliner Studenten unterhielten. Eine offiziell nicht genehmigte Ausstellung in einem Ost-Berliner Pfarrhaus, Pläne zur Gründung einer grenzüberschreitenden Zeitschrift und nicht zuletzt der Besitz verbotener Literatur führten zur Verhaftung wegen „staatsgefährender Hetze und Propaganda in schwerwiegendem Falle“. Ein Freikauf durch die Evangelische Kirche bewirkte die Entlassung Roger Loewigs und seiner Freunde im Sommer 1964.
Roger Loewig fand 1965 Aufnahme im Verband Bildender Künstler Deutschlands (VBKD). Er arbeitete in der Wohnung von Freunden in Belzig und schuf jetzt fast ausschließlich Zeichnungen und Lithographien sowie Gedichte und Einleitungstexte zu Graphikserien. Bild und Wort sind in seinem Werk aufeinander bezogen. Er reflektierte die Shoa, indem er die Leiden der Opfer anklagend ins Bild setzte. Ab Ende der 1960er Jahre ist auch die deutsche Teilung ein wiederkehrendes Thema seiner Arbeit.
Anerkennung fand Roger Loewig innerhalb der DDR vor allem im Kreis der inoffiziellen „Erfurter Ateliergemeinschaft“ um Rudolf Franke und Waldo Dörsch, in deren privaten Räumen er 1966, 1968 und 1973 ausstellte. Im staatlichen Kunstbetrieb der DDR konnte er sich dagegen nicht verankern.
In der Bundesrepublik Deutschland wurde sein Werk durch Vermittlung von Freunden bekannt. Hier galt er als Vertreter des Phantastischen Realismus.
Nach einem 1967 gestellten Ausreiseantrag siedelte er 1972 zusammen mit seiner Lebensgefährtin Creszentia Troike in die Bundesrepublik Deutschland über. Beide bezogen eine Atelierwohnung auf dem Dach eines Hochhauses im West-Berliner Märkischen Viertel mit Blick über die Mauer hinweg. In den folgenden Jahren hatte Roger Loewig zahlreiche Ausstellungen und veröffentlichte sein literarisches Werk. Nach einer Begegnung mit Aldona Gustas 1972 schloss er sich der Künstlergruppe Berliner Malerpoeten an. Den Freunden in der DDR blieb er trotz seines Einreiseverbots eng verbunden.
Ab 1990 kehrte er zeitweise zur Arbeit nach Belzig zurück; in einer letzten Werkfolge zeichnete er die Feldsteinkirchen und verfallenden Mühlen des Fläming.
Im Oktober 1997 wurde Roger Loewig für sein Lebenswerk mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Er starb am 4. November 1997. An seinem Wohnhaus am Wilhelmsruher Damm120 in Berlin befindet sich eine Gedenktafel.[1]
Museum
Seit 2008 gibt es ein Museum in Bad Belzig, welches von der Stiftung Roger Loewig Haus geleitet und vom Freundeskreis Roger Loewig Museum betreut wird. In diesem Haus hat Roger Loewig viel Zeit verbracht und auch einige Werke hergestellt.[2]
Publikationen (Auswahl)
1972: Roger Loewig: Das lithographische Werk, Bonn, Gesellschaft der Freunde Roger Loewigs
1972: Roger Loewig: Und verliebt in mein Land – Gedichte 1970 und 1971, Hannover/Bonn, Gesellschaft der Freunde Roger Loewigs
1977: Roger Loewig: Sei ein himmel gnädig meiner späten ernte, Berlin, Selbstverlag
1980: Roger Loewig: Ein Vogel bin ich ohne Flügel – Gedichte und Zeichnungen, Hamburg, Hoffmann & Campe
1981: Roger Loewig: Gesichtedünung – Handzeichnungen 1954-1980, hrsg. von Werner Timm, Berlin/Frankfurt am Main/Wien, Propyläen Verlag
1981: Eine Hinterlassenschaft – Geschichten von Käfigen und vom Zugvogeldasein, Berlin/Frankfurt am Main/Wien, Verlag Ullstein
1982: Bis ein Stück Himmel die Brust trägt – Gedichte aus drei Jahrzehnten, Berlin/Frankfurt am Main/Wien, Verlag Ullstein
1988: Roger Loewig: Etwas unheimliche Zeichnungen oder verändertes Vokabular – Zwanzig doppeltbetitelte Bleistiftzeichnungen zusammen mit unerläßlichen Bemerkungen 1983 und 1984, Hofgeismar, Evangelische Akademie Hofgeismar
1993: Roger Loewig: Porträt einer Landschaft in Wort und Bild. Als Beitrag zu einem deutschen Geschichtsbild der Jahre 1988 bis 1993 herausgegeben von Roger Loewig und Creszentia Troike, Berlin, Selbstverlag
1997: Roger Loewig: Wie Schiffe im weiten Roggenmeer – alte Flämingkirchen und ihr Land. Zeichnungen, Gedichte, Texte und Bemerkungen 1969-1997, Berlin, Selbstverlag
2002: Roger Loewig: Mein Kopf fliegt als Mond über dieses Land: Gedichte, hrsg. von der Roger Loewig Gesellschaft e. V., Berlin
2004: Roger Loewig: Unter den Häuten der Stadt: Erzählungen, hrsg. von der Roger Loewig Gesellschaft e. V., Berlin
Einzelausstellungen (Auswahl)
1966: Roger Loewig: Rysunki (Zeichnungen), Warschau, Gesellschaft der Freunde der Bildenden Kunst Warschau[3]
1972: Roger Loewig: Dunkelland – Zeichnungen 1965-1972, Hannover, Galerie Brusberg[4]
1966: Labyrinthe – Phantastische Kunst vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin (West), Akademie der Künste
1967: 2. Internationale der Zeichnung, Darmstadt, Mathildenhöhe
1967: Ars phantastica: Deutsche Kunst des magischen Realismus, Phantastischen Realismus und Surrealismus seit 1945, Schloß Stein bei Nürnberg, Albrecht-Dürer-Gesellschaft
1968: Phantastische Kunst in Deutschland, Hannover, Kunstverein
1971: Deutsche Zeichnungen und Aquarelle des 19. und 20. Jahrhunderts. Neuerwerbung der Sammlung der Zeichnungen 1945-1970, Berlin (Ost), Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen
1977: Die gezeichnete Welt. Hamburg, Hamburger Kunsthalle
1978: Europäische Meisterzeichnungen und Aquarelle, Berlin (West), Galerie Pels-Leusden
1985/86: Von dort hierher – Ausstellung ehemaliger DDR-Künstler, Landau/Pfalz, Kunstverein Villa Streccius
1987: Schrecken und Hoffnung. Künstler sehen Frieden und Krieg, Hamburg, Hamburger Kunsthalle
1992: 20 Jahre Berliner Malerpoeten, Berlin, Galerie im Rathaus Tempelhof
1997: Deutschlandbilder. Kunst aus einem geteilten Land: Eberhard Roters zu Ehren, hrsg. von Eckhart Gillen, Berlin (West), 47. Berliner Festwochen im Martin-Gropius-Bau
1998: Kunst im Gegenwind – Die Erfurter Ateliergemeinschaft 1963-1974, Erfurt, Mühlhäuser Museen und Graphik Art e. V.
2003 Roger Loewig, Stanisław Kubicki: Inseln der Menschlichkeit, Stiftung Kreisau, Architekturmuseum Breslau, Nikolaikirche Berlin[25]
2004: Ost-westlicher Ikarus: Ein Mythos im geteilten Deutschland, Stendal, Winkelmann-Gesellschaft
2019: Kriege und Krisen im 20. Jahrhundert. Grafische Zyklen und Skulpturen aus der Sammlung BLMK, Cottbus, Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst
2021: Die Erfindung Kreuzbergs – Zeit der Bohème in den 1960er und 1970er Jahren, Berlin, Studio 1 des Kunstquartiers Bethanien[26]
2021: Kindheiten. Malerei, Fotografie, Grafik und Bildhauerei aus der Sammlung des BLMK: Fotografie, Malerei und Skulptur von 1900 bis in die Gegenwart, Frankfurt/Oder, Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, FF Rathaushalle[27][28]
1998: Helmut Börsch-Supan: Landschaftsbild und Menschlichkeit, in: Roger Loewig Gesellschaft (Schrift zur Gründung)
1998: Günter Feist: Symbol Frankfurt, in: Roger Loewig Gesellschaft (Schrift zur Gründung)
2005: Helmut Börsch-Supan: Roger Loewig: Sein Gesicht – seine Gesichte, Kat. Ausst. Berlin, Gedenkstätte Hohenschönhausen
2005: Günter Feist: Lichtung auf einem „langen weg schattenab“. Roger Loewig findet Rudolf Franke, in: Dem Auge ein Fest: Die Schenkung Rudolf und Ilse Franke, Kat. Ausst. Erfurt, S. 269–276
2010: Kurzbiographie: Loewig, Roger, in: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe, Band 1. Berlin, Ch. Links Verlag
2011: Felice Fey: Roger Loewig: Eine Biographie, Berlin, Lukas Verlag
2018: Anna Schädlich: O Ikarus, um deinen Flug beneid ich dich. Roger Loewig - Maler, Zeichner, Dichter und Freund. Halle (Saale), Mitteldeutscher Verlag
2018 Wolfgang Rothe: Roger Loewig. Tragische Weltansicht - humaner Impetus, Deutungsversuch und Erinnerungen. Privatdruck zum 20. Todestag, 4.11.2017. Frankfurt/Main, Selbstverlag
Werkverzeichnisse
2000: Kuschel, Ulrike, geb. Abel: Roger Loewig: Verzeichnis der Handzeichnungen und Gemälde aus dem Nachlass des Künstlers und aus zugänglichen Sammlungen: Roger Loewig Gesellschaft e. V.
2000: Kuschel, Ulrike, geb. Abel: Roger Loewig: Verzeichnis der Druckgrafiken aus dem Nachlass des Künstlers: Roger Loewig Gesellschaft e. V.
2000: Fey, Felice: Findbuch zum Bestand Roger Loewig: Roger Loewig Gesellschaft e. V./ Akademie der Künste, Archiv Bildende Kunst
Orte des Erinnerns: Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Ch. Links Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-86153-862-2, S.119 (google.de).
Katalog: Roger Loewig, Rysunki,
Warszawa, Towarzystwo Przyjaciol szyuk pieknych, 1966
Katalog: Roger Loewig, Dunkelland. Zeichnungen 1965 bis 1972, hrsg. aus Anlaß der 1. Retrospektive von Roger Loewig in der BRD August, September 1972, Hannover, Galerie Brusberg, 1972
Katalog: Roger Loewig, 8. bis 31. Dezember 1973, Kaiserslautern: Pfalzgalerie, 1973
Katalog: Utstilling Roger Loewig, Oslo, Galleri 27, 1975
Katalog: Roger Loewig, Strom zwischen Anfang und Ende. Ölbilder, Gouachen, Handzeichnungen, Lithographien, Ausstellung vom 21. April bis 28. Juni 1975, Köln, Baukunst, 1975
Katalog: Roger Loewig, Handzeichnungen und Lithographien, 15.3.-30.4.1976, Berlin, Galerie Pels-Leusden, 1976
Katalog: Fluchtgedanken. Zeichnungen und Texte von Roger Loewig, Hamburg, Kunsthalle, 1978
Katalog herausgegeben von Cenzi Troike-Loewig u. Ernst Schremmer, Esslingen, Künstlergilde, 1980
Katalog: Roger Loewig, Zeichnungen und Radierungen, Regensburg, Ostdeutsche Galerie, 1981
Katalog zur Ausstellung: Roger Loewig, Verwundbare - Zeichnungen und Texte, 29. Januar - 25. März 1984, Albstadt, Städtische Galerie, 1984
Katalog aus Anlass der Ausstellung des Neuen Berliner Kunstvereins in der St.-Matthäuskirche an der Nationalgalerie, Berlin, NBK, 1984
Katalog: Roger Loewig, rysunki i grafiki, wystawa daru dla Muzeum Narodowego, 1 XII 1986 - 15 I 1987, Ausstellung der Schenkung für das Nationalmuseum, Warszawa, Muzeum Narodowe, 1986
Katalog: Roger Loewig - Zeichnungen und Lithographien, 4. November 1988 - 15. Januar 1989, Berlin, Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur, 1988
Katalog: Roger Loewig - Zeichnungen und Bücher, 1. Ausstellung des Erfurter Kunstvereins im Angermuseum vom 10.3.-5.5.1991, Erfurt, 1991, ISBN 978-3-930013-06-7
Katalog: Roger Loewig, Reminiszenzen. Bilder - Zeichnungen - Texte, 22.10. bis 31.12. 1992 anl. des ungarischen Nationalfeiertages zum Gedenken an die Erhebung 1956, Berlin, Haus Ungarn, 1992
Katalog: Roger Loewig: Epitafia, 15.4.-31.5., Oswie̜cim, Państwowe Muzeum, 1992,
Katalog: Feist, Ursula, Roger Loewig - auf der Suche nach Menschenland [anläßlich der vom 13. Oktober 2000 bis zum 28. Januar 2001 im Museum Nicolaihaus der Stiftung Stadtmuseum Berlin veranstalteten Ausstellung Roger Loewig - auf der Suche nach Menschenland], Berlin: G-und-H-Verlag, 2000, ISBN 3-931768-43-0
Katalog: Roger Loewig - Ich komme aus Vergangenheiten, Katalog zur Ausstellung in der Stadtkirche St. Marien Bad Belzig, herausgegeben von der Roger Loewig Gesellschaft e.V., Konzeption, Text und Bildredaktion: Felice Fey und Helga Schmidt-Thomsen, Bad Belzig: Verlag am Fluss, 2012, ISBN 978-3-9814032-2-0
Katalog zur Ausstellung im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst, Rathaushalle Frankfurt (Oder), herausgegeben von Ulrike Kremeier, mit Texten von Armin Hauer, Ulrike Kremeier, Sabine Makowski, Carmen Schliebe ISBN 978-3-942798-20-4
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