art.wikisort.org - Skulptur

Search / Calendar

Der Neptunbrunnen (eigentlich Schlossbrunnen, auch Begasbrunnen) ist ein Baudenkmal im Berliner Ortsteil Mitte. In den Jahren 1888–1891 im Stil des Neobarocks von Reinhold Begas als Geschenk Berlins für Wilhelm II. auf dem Schloßplatz errichtet, wurde er nach dem Abriss des Berliner Schlosses 1951 entfernt und bei der Neugestaltung des Ost-Berliner Zentrums 1969 im Park am Fernsehturm zwischen dem Roten Rathaus und der Marienkirche aufgestellt.

Neptunbrunnen
Schlossbrunnen, Begasbrunnen
Gesamtansicht des Neptunbrunnens
Gesamtansicht des Neptunbrunnens
Gesamtansicht des Neptunbrunnens
Ort Berlin-Mitte
Land Deutschland
Verwendung Brunnen
Bauzeit 1888–1891
Architekt Reinhold Begas
Baustil Neobarock
Technische Daten
Höhe 10 m
Durchmesser 18 m
Grundfläche 250 
Baustoff Roter Granit, Bronze
Koordinaten
Lage 52° 31′ 11″ N, 13° 24′ 24″ O

Der aus einem vierpassförmigen Granit­becken und fünf allegorischen Bronze­figuren bestehende Neptunbrunnen war seinerzeit die größte und bedeutendste Brunnenanlage der Stadt. Im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Schlosses als Sitz des Humboldt Forums wird über die Wiederaufstellung des Neptunbrunnens am ursprünglichen Ort diskutiert.


Geschichte


Ansicht der Einmauerung (unten rechts) bei einer Stadtrundfahrt von US-Präsident Truman, 1945
Ansicht der Einmauerung (unten rechts) bei einer Stadtrundfahrt von US-Präsident Truman, 1945
Ansicht nach der Sprengung des Schlosses, 1951
Ansicht nach der Sprengung des Schlosses, 1951

Der Bau des Brunnens geht auf einen Vorschlag Karl Friedrich Schinkels zurück, auf dem Schloßplatz gegenüber der Einmündung der Breiten Straße einen Monumentalbrunnen zu errichten. Der junge Reinhold Begas griff nach einer Italien­reise diese Idee auf. Nach barocken italienischen und französischen Vorbildern, insbesondere dem Neptun-, Vierströme- und Mohrenbrunnen auf der Piazza Navona in Rom sowie dem Latonabrunnen im Schlossgarten von Versailles, entwarf er in den 1870er Jahren mehrere Versionen. Eine davon wählte der Magistrat von Berlin als Huldigungsgeschenk der Stadt für Wilhelms II., mit dem nach fast vierzigjähriger Pause 1888 wieder ein preußischer Herrscher im Schloss seinen Wohnsitz genommen hatte.[1] Der Schlossbrunnen vor dem Portal II des Schlosses wurde am 1. November 1891 eingeweiht. Der Standort war ursprünglich der Omphalos (d.h. Mittelpunkt Berlins), von dem aus die preußische Meile gemessen wurde.[2]

Begas ist durch diese zu den größten bildkünstlerischen Brunnenanlagen der Welt zählende Arbeit berühmt geworden. Bei der Ausführung unterstützten ihn sein Bruder Karl Begas (1845–1916) sowie seine (ehemaligen) Meisterschüler, die Bildhauer Karl Albert Bergmeier (1856–1897), Karl Bernewitz (1858–1934) und Johann Götz (1865–1934).[3]

Den Zweiten Weltkrieg hatte der 1942 eingemauerte Brunnen unbeschadet überstanden. Im Jahr 1946 freigelegt, beschädigten Buntmetall­diebe die Figuren. Nach der Sprengung des Schlosses, die weitere Schäden am Brunnen hinterließ, wurden die Figuren 1951 eingelagert und die bis dahin wie ein Spiegel wirkende Schale aus poliertem roten schwedischen Marmor zerstört.[4] Im Jahr 1969 wurde der Brunnen im Park am Fernsehturm, der anstelle des im Zweiten Weltkrieg zerstörten und danach abgerissenen Marienviertels entstand, zwischen Marienkirche und Rotem Rathaus neu aufgestellt.[5] Zuvor hatten der Bildhauer Hans Füssel und die Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer ab 1967 eine Restaurierung der Figuren ausgeführt.[6] Die neue Brunnenschale besteht aus rotem Jawlensker Granit (Region Transbaikalien), die Außenstufen aus grauem Granit. Seit der Neuaufstellung wurde er – den historischen Standort leugnend – Neptunbrunnen genannt.


Abmessungen und Beschreibung


Gesamtansicht aus der Luft
Gesamtansicht aus der Luft

Der breiteste Durchmesser der Vierpass-Brunnenschale beträgt 18 Meter; sie besteht aus rotem poliertem Granit. Das Mittelteil bis zum Scheitel Neptuns ist 8,50 Meter hoch und bis zum Dreizack 10 Meter.

Im Zentrum der Brunnenschale steht ein Felssockel, umgeben von Meerestieren wie Hummern, Krebsen, Fischen und Polypen sowie wasserspeienden Meer- und Flusstieren: Seeschildkröte, Seehund, Krokodil und Schlange. Putten spielen mit dem nassen Element und vier wasserspeiende Tritonen nach Art der Zentauren tragen eine große Muschelschale mit der kraftvollen Gestalt des antiken römischen Meergottes Neptun. Das Zeichen seiner Macht, den wogenstillenden Dreizack, hat er über die linke Schulter geworfen, den rechten Arm auf den Schenkel gestemmt. Vier Wassertiere im Becken speien ebenfalls Fontänen zum Zentrum der Anlage hin. Alle Figuren sind aus Bronze gegossen und durch eine künstliche hellgrüne Patina hervorgehoben.[7]

Allegorien

Auf dem Rand der Schale sitzen vier Frauengestalten als Personifikationen der vier großen Ströme Preußens, ergänzt durch Charakteristika der jeweils durchflossenen Landschaften:


Standortdiskussion


Neptunbrunnen auf dem Schloßplatz (um 1900)
Neptunbrunnen auf dem Schloßplatz (um 1900)

Im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt Forum wird darüber diskutiert, den Neptunbrunnen an seinen ursprünglichen Standort auf dem Schloßplatz zu versetzen. Befürworter einer Versetzung argumentieren mit der Ausrichtung des Neptunbrunnens auf die Fassade des Schlosses, die Mitte des Schloßplatzes und die Achse der Breiten Straße. Zu ihnen gehören unter anderem Wilhelm von Boddien (Chef des Fördervereins Berliner Schloss), Stefan Evers (baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion),[8] Wolf-Dieter Heilmeyer (ehemaliger Direktor der Antikensammlung Berlin), Klaus von Krosigk (stellvertretender Landeskonservator a. D.),[9] Bernd Wolfgang Lindemann (Kunsthistoriker), Manfred Rettig (ehemaliger Chef der Stiftung Berliner Schloss),[10] Lea Rosh (Publizistin), Franco Stella (Architekt des Humboldt-Forums), der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin,[11] das Bürgerforum Berlin,[12] die Gesellschaft Historisches Berlin[13] sowie die Stiftung Zukunft Berlin.[14] Im November 2015 gab der Bund zehn Millionen Euro für die Versetzung des Neptunbrunnens frei.[15] Um eine Versetzung der Brunnenanlage zu ermöglichen, wurde im Sommer 2020 eine Fernwärmeleitung am Schloßplatz umverlegt.[16]

Im Mai 2020 erklärte sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) für die Versetzung auf den Schloßplatz bereit, wenn das Konzept für einen Ersatz am bisherigen Ort steht.[17] Im August 2021 sprach sich auch seine spätere Amtsnachfolgerin Franziska Giffey (SPD) für die Rückkehr des Neptunbrunnens zum Schloßplatz aus. „Er gehört zum Schloss“, sagte sie bei einer Diskussion über die Zukunft der Stadtmitte.[18]

Kritiker einer Versetzung argumentieren dagegen mit der Gestaltungsfunktion des Neptunbrunnens auf dem Rathaus­vorplatz. Auch der rot-rot-grüne Senat von Berlin spricht sich für einen Verbleib des Brunnens an seinem heutigen Standort aus.[19] Andreas Otto, der baupolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, schlägt alternativ eine Kopie des Neptunbrunnens auf dem Schloßplatz vor.[20] Im Mai 2021 teile die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mit, dass „kongenial zu den hochwertig kopierten Schlossfassaden“ auch ein „gleichartig gestalteter Brunnen als qualitätvolle Replik“ auf dem Schloßplatz möglich, jedoch bisher weder beschlossen noch finanziert sei.[21]

Laut einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Mai 2017 sprechen sich 47 % der Berliner (bundesweit 49 % der Befragten) für eine Versetzung des Neptunbrunnens an seinen ursprünglichen Standort auf dem Schloßplatz aus. 37 % befürworten einen Verbleib am heutigen Standort auf dem Rathausvorplatz.[22]


Sonstiges



Literatur




Commons: Neptunbrunnen (Berlin) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Hermann Müller-Bohn: Die Denkmäler Berlins in Wort und Bild. Ein kunstgeschichtlicher Führer. Spaeth, Berlin 1905, S. 6 f.
  2. Der Omphalos und der Neptunbrunnen, Förderverein Berliner Schloss e.V., 14. September 2016
  3. Der Neptunbrunnen. (PDF; 5,9 MB) Gesellschaft Berliner Schloss e.V.; abgerufen am 25. Dezember 2012
  4. Esther Sophia Sünderhauf (Hrsg.): Begas. Monumente für das Kaiserreich. Eine Ausstellung zum 100. Todestag von Reinhold Begas (1831–1911). Sandstein, Dresden 2010, ISBN 978-3-942422-15-4, S. 225.
  5. Thomas Topfstedt: Städtebau in der DDR 1955–1971. VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1988, ISBN 978-3-363-00364-2, S. 78.
  6. Esther Sophia Sünderhauf (Hrsg.): Begas. Monumente für das Kaiserreich. Eine Ausstellung zum 100. Todestag von Reinhold Begas (1831–1911). Sandstein, Dresden 2010, ISBN 978-3-942422-15-4, S. 366.
  7. Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-I. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 37 ff.
  8. Isabell Jürgens: Neptunbrunnen soll wieder vor dem Stadtschloss stehen. (morgenpost.de [abgerufen am 12. Mai 2018]).
  9. ghb-online.de
  10. Manfred Rettig: Der Neptunbrunnen gehört vor das Schloss. Polemik des Fördervereins Berliner Schloss; abgerufen am 30. Juni 2015.
  11. Kultur: Verein will Neptunbrunnen vor dem Stadtschloss. In: Die Welt. 12. Februar 2013 (welt.de [abgerufen am 12. Mai 2018]).
  12. planungsgruppe-stadtkern.de
  13. Isabell Jürgens: Der Kampf um den Wiederaufbau von Berlins Mitte. (morgenpost.de [abgerufen am 12. Mai 2018]).
  14. Stiftung Zukunft Berlin will den Meeresgott an historischem Ort. In: Berliner Woche. (berliner-woche.de [abgerufen am 5. September 2018]).
  15. Isabell Jürgens: Bund stellt Mittel bereit: Neptunbrunnen soll wieder vor dem Stadtschloss stehen. In: morgenpost.de, 13. November 2015, abgerufen am 5. März 2016.
  16. Berliner Extrablatt Nr. 94, S. 50
  17. Kiek mal an! Optiker Fielmann spendiert 13 Schloss-Bäume. Abgerufen am 31. Mai 2020.
  18. Diskussion der Stiftung Zukunft Berlin zum Thema „Wie geht es weiter mit der Berliner Mitte?“ am 17. August 2021 im Roten Rathaus (YouTube)
  19. Ulrich Paul: Katrin Lompscher: Neptunbrunnen am jetzigen Standort gut aufgehoben. In: Berliner Zeitung. (berliner-zeitung.de).
  20. Mike Wilms: Abgefahrene Idee: Grüne wollen Neptunbrunnen klonen. In: Berliner-Kurier.de. (berliner-kurier.de [abgerufen am 12. Mai 2018]).
  21. Schriftliche Anfrage Nr. 18/27584 vom 12. Mai 2021
  22. Umfrage: Hälfte der Berliner ist gegen Einheitsdenkmal. Neptunbrunnen und Rossebändiger sollen laut Umfrage zurück. (bz-berlin.de [abgerufen am 4. Juni 2017]).
  23. Gisela Heller: Neuer märkischer Bilderbogen: Reporterin zwischen Havel und Oder. Verlag der Nation, Berlin 1986, ISBN 978-3-373-00113-3, S. 358.

На других языках


- [de] Neptunbrunnen (Berlin)

[es] Fuente de Neptuno (Berlín)

La fuente de Neptuno (en alemán: Neptunbrunnen) de la ciudad de Berlín se encuentra en el parque entre la iglesia de Santa Maria (St. Marienkirche) y el "Ayuntamiento Rojo" (Rotes Rathaus), en el distrito Mitte ("centro") de la ciudad. Fue realizada por el escultor Reinhold Begas.[1]

[ru] Нептун (фонтан в Берлине)

Фонта́н «Непту́н» (нем. Neptunbrunnen) находится в центре Берлина между церковью Мариенкирхе и Красной ратушей.



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2024
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии