Johann Wilhelm Schirmer (* 7. September 1807 in Jülich; † 11. September 1863 in Karlsruhe) war ein deutscher Landschaftsmaler und Grafiker der Düsseldorfer Schule.
Johann Wilhelm Schirmer (vor 1864)Johann Wilhelm Schirmer in seinem Atelier, „Campagna Romana mit Äquadukt Aqua Claudia“ malend, Illustration von Henry Ritter in Schattenseiten der Düsseldorfer Maler, 1845
Leben und künstlerische Entwicklung
Johann Wilhelm Schirmer war der zweitälteste Sohn des Jülicher Buchbinders Johann Gottlob Schirmer (1763–1826) und dessen Frau Wilhelmine Johanna Christina Schirmer, geborene von Breitschwert (1768–1841).[1] Sein jüngerer Bruder war der weniger bekannte Landschaftsmaler und Fotograf Philipp Schirmer.[2] In seiner Kindheit erlebte Schirmer die Belagerung von Jülich (1814), die er später in seinen Lebenserinnerungen schilderte. Zwischen 1821 und 1824 absolvierte Schirmer eine Buchbinderlehre in der väterlichen Werkstatt und in der Werkstatt von Johann Melchior Severin in Düsseldorf.[3] Daneben begann er mit autodidaktischen Malstudien und besuchte seit 1826 die Kunstakademie Düsseldorf. Dort wurde er Schüler von Wilhelm Schadow und Heinrich Kolbe. Unter dem Einfluss Carl Friedrich Lessings, mit dem er einen „Landschaftlichen Komponierverein“ pflegte, bildete Schirmer sich zum Landschaftsmaler aus.
Seit 1834 als Hilfslehrer und ab 1839 als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie tätig, gilt Schirmer neben Lessing als der bedeutendste Gründer der Düsseldorfer Schule der Landschaftsmalerei („Schirmer-Schule“). Bis Anfang 1839 bewohnte Schirmer Zimmer im Düsseldorfer „Friedrichsbad“ an der Goltsteinstraße, bevor er an die Pfannenschoppenstraße (Klosterstraße) zog.[4][5] 1836 bereiste er die Niederlande. Eine Reise in die Normandie, die er auf Einladung von Camille Saglio 1836 unternommen hatte, veranlasste ihn, die von ihm eingeschlagene Richtung einer mehr auf die Zeichnung Gewicht legenden Darstellung zu verlassen und die Betonung von Farbe und Tonwirkung zu intensivieren. Ausdruck dieser Stiländerung, die ab 1838 sichtbar wurde, waren Bilder wie Herbstlandschaft, Wetterhorn oder Jungfrau in der Schweiz. Seine Italienreise im Jahr 1840 führte ihn in die eher stilisierende und idealisierende Richtung der Landschaftsmalerei, oft mit biblischen Motiven. 1842 heiratete er Emilie von Bardeleben. Von 1833 bis zu seinem Tod war er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin, Sektion für die Bildenden Künste.[6]
1854 wurde er durch den Prinzregenten und späteren Großherzog FriedrichI. zum ersten Direktor der neu gegründeten Karlsruher Kunstschule berufen, verkaufte sein Haus in der Pfannenschoppenstraße 35 (Klosterstraße)[7] in Düsseldorf und zog nach Karlsruhe. Hier wirkte Schirmer unter anderem als Lehrer von Hans Thoma, Rudolf Epp und Anton von Werner.
In seinem Spätwerk überwiegen religiöse Themen, während seine letzten Bilder keiner bestimmten Richtung mehr angehören. Sie sind der allgemeine Ausdruck für Stimmungen oder Gedanken und zeigen schon fast einen impressionistischen Stil.
Schirmers druckgraphisches Werk, rund 30 Blatt, ist wenig bekannt und wissenschaftlich bearbeitet. In seiner Jugendzeit bis in die 1840er Jahre war sie für den Künstler von großer Bedeutung. Er bevorzugte die Radierung, beschäftigte sich aber auch mit der Lithographie. 1829 entstand in Düsseldorf seine erste Radierung Die betende Nonne. 1847 wurde sein Mappenwerk Acht landschaftliche Originalradierungen veröffentlicht, das aus Blättern verschiedener Zeiten besteht.
Er gilt neben August Weber als einer von zwei „Idealisten“ der Düsseldorfer Schule.[8]
Ihm zu Ehren wurde sein Name Ende der 1890er Jahre an der Schauseite der Düsseldorfer Kunstakademie eingemeißelt. Ausstellungen der letzten Jahre betonten erneut Schirmers Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert.
Hauptwerke
Meeresbrandung mit fernen Schiffen, 1836, Staatliche Kunsthalle KarlsruheSüdtiroler Haus unter Kastanien, 1839/1840, Museum im Weimarer StadtschlossHeranziehendes Gewitter in der römischen Campagna, 1858, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Waldkapelle, 1829, Wallraf-Richartz-Museum Köln
Grotte der Egeria, 1829, Museum der bildenden Künste Leipzig
Meeresbrandung mit fernen Schiffen, 1836, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Herbstlandschaft, 1838
Das Wetterhorn, 1838
Südtiroler Haus unter Kastanien, 1839/1840, Museum im Weimarer Stadtschloss
Die Lebenserinnerungen des Johann Wilhelm Schirmer. Bearbeitet von Paul Kauhausen. Verein Linker Niederrhein, Krefeld 1957
Sonderausstellungen
„Johann Wilhelm Schirmer – Vom Rheinland in die Welt“. Verbundausstellung vom 24. April 2010 bis zum 16. Januar 2011 in Düsseldorf, Neuss, Jülich, Bonn, Bergisch Gladbach und Königswinter
Städtische Galerie Villa Zanders, Bergisch Gladbach: „Die multiplizierte Natur“. Schirmer und die Druckgraphik
Literatur
Friedrich von Weech:Schirmer, Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band31, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S.312–315.
Marcell Perse (Hrsg.): Natur im Blick. Die Landschaften des Johann Wilhelm Schirmer. Bestandskatalog Jülich. Jülich 2001, ISBN 3-934176-05-4.
Siegmar Holsten (Hrsg.): Johann Wilhelm Schirmer in seiner Zeit: Landschaft im 19. Jahrhundert zwischen Wirklichkeit und Ideal. Erschienen anlässlich der gleichnamigen Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und dem Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen. Kehrer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 3-925212-51-5.
Birgit Jooss: Johann Wilhelm Schirmers Reisetagebuch nach Italien. In: Heinz Peter Brogiato, Klaus-Peter Kiedel (Hrsg.): Forschen – Reisen – Entdecken – Lebenswelten, in den Archiven der Leibniz-Gemeinschaft. Halle 2011, S. 140–141.
John Nicholls: Der Gemäldezyklus der biblischen Landschaften nach Johann Wilhelm Schirmer im Rathaus Bergisch Gladbach, Bergisch Gladbach 2010.
Marcell Perse: Pistolenschuss zum Mittagessen. Die wandernden Maler um Johann Wilhelm Schirmer in Altenahr, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2019, Ahrweiler 2018, 290 Seiten, S. 165–170
Johann Wilhelm Schirmer. Vom Rheinland in die Welt (zweibändiger Ausstellungskatalog Düsseldorf, Neuss, Bergisch Gladbach). Michael Imhof, Petersberg 2010, Band 1: Katalog, hrsg. von Marcell Perse, Bettina Baumgärtel, Irene Haberland, Uta Husmeier-Schirlitz, Elmar Scheuren und Wolfgang Vomm. ISBN 978-3-86568-486-8; Band 2: Autobiographische Schriften, hrsg. von Gabriele Ewenz, ISBN 978-3-86568-544-5.
John Nicholls: Der Gemäldezyklus der biblischen Landschaften nach Johann Wilhelm Schirmer im Rathaus Bergisch Gladbach, Bergisch Gladbach 2010.
Rudolf Theilmann: Schirmer und die Düsseldorfer Landschaftsmalerei. In: Wend von Kalnein (Hrsg.): Die Düsseldorfer Malerschule. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1979, ISBN 3-8053-0409-9, S. 130–144.
Andrea Tietze:Schirmer, Johann Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S.9f.(Digitalisat).
Kurt Wanner: Johann Wilhelm Schirmer und seine «gesegnete» Reise über den Splügenpass im Sommer 1853 In: Bündner Monatsblatt, Heft 5, 2011, doi:10.5169/seals-398964#422, S. 353–370.
Das Friedrichsbad in Düsseldorf (…) sind in demselben die von Herrn Professor Schirmer bewohnten Zimmer vom 1. April ab an einen einzelnen Herrn zu vermiethen. In: Düsseldorfer Zeitung (No. 78), vom 20. März 1839 (uni-duesseldorf.de)
Königl. Kunst-Academie. Schirmer, Professor, Pfannenschoppenstraße. In: Adreßbuch für den Regierungsbezirk Düsseldorf 1842/43 (uni-duesseldorf.de)
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