Josef Ebnöther (* 7. Mai 1937 in Altstätten) ist ein Schweizer Maler,[1][2] der von der Farbfeldmalerei, vom Informel[3], von der lyrischen Abstraktion[4] und vom abstrakten Expressionismus beeinflusst ist.[5][6]
Ebnöthers Schweizer Bürgerort ist Oberriet im Kanton St. Gallen.[5]
Ab 1951 absolvierte Ebnöther eine Lehre als Schriftenmaler sowie als Maler. Aus dieser Zeit sind verschiedene Ornamente und Malereien an Fassaden, an Giebeln und an hölzernen Fensterläden von alten Fachwerkbauten in seiner Geburtsstadt Altstätten noch heute zu finden.[7]
Von 1959 bis 1964 besuchte er Kurse an der Kunstgewerbeschule St. Gallen. In den Jahren von 1965 bis 1966 nahm er an den Seminaren für Form und Farbe bei Jürg Schoop, Diogo Graf und Fredi Kobelt in St. Gallen teil.[5] Immer wieder zwischen 1962 und 1965 unterbrach Ebnöther seine Ausbildung und seine Studienreisen durch Aufenthalte in Paris für Kursbesuche an der Académie de la Grande Chaumière sowie, 1964, an der dortigen École des Beaux-Arts für den figurativen Zeichenunterricht.
Anschließend begann ab 1965 seine Tätigkeit als freischaffender Künstler.[7] Ab 1969 folgten Ausstellungen im In- und Ausland,[5][8] so 1972 zusammen mit dem Maler Kurt Wolf und den beiden Bildhauern Max Oertli und Jakob Engler[9] oder ab 1978 in Davos in der Galerie von Iris Wazzau, einer frühen Förderin des Künstlers.[6]
Zwischen 1956 und 1980[6][7] unternahm Ebnöther viele Studienreisen innerhalb von Europa und nach Afrika. Seine Reisen führten ihn nach Italien, nach Frankreich in die Bretagne und in die Provence, nach Marokko, Spanisch-Sahara, Mauretanien sowie mehrmals nach Griechenland. Aufgrund dieser Reisen entstanden in der frühen Phase seines künstlerischen Werdeganges zahlreiche gegenständliche als auch abstrahierte Bilder mit entsprechenden Motiven aus diesen Regionen.[6][10]
Im Jahr 1979 stellte die Kantonsschule Trogen den Film Der Maler Josef Ebnöther und seine Umgebung vor, und der St. Galler Bruno Zaugg fertigte 1990 über ihn eine Dokumentation in Form eines Videos an.[5] Weitere fünf Filme über den Künstler und sein Œuvre wurden in den folgenden Jahren bis 2017 gedreht.[2]
In den Jahren 1992 und 1993 oblag ihm die Seminarleitung des Kunstraumes Dornbirn in Österreich.[5] In der Südschweiz im Tessin hatte Ebnöther bis zu den Jahren 2017/18 mehrere Arbeitsaufenthalte in der Villa der Fondazione Richard e Uli Seewald in Ronco sopra Ascona.[11]
Die Kunstwerke von Ebnöther werden in vielen in- und ausländischen Museen und Galerien gezeigt. Er nimmt an diversen internationalen Kunstmessen teil und hat früh für seine künstlerischen Arbeiten Auszeichnungen und Ehrungen erhalten.[5]
Schon ab 1977 erfolgte eine gemeinsame Ausstellung mit dem Schweizer Künstler und Stahlplastiker Silvio Mattioli. Im Laufe der Jahrzehnte folgten weitere gemeinsame Kunstveranstaltungen.[12] Etwa seit 1999 arbeitet Ebnöther immer wieder mit der Schweizer Lyrikerin Elsbeth Maag in verschiedenen Kunstprojekten zusammen.[6] Im Jahr 2006 wurden in Zürich Werke nur von den beiden Künstlern Joseph Beuys und Josef Ebnöther in einer gemeinsamen Ausstellung gezeigt.[13] 2017, zum 80. Geburtstag des Künstlers, veranstaltete dieser eine Ausstellung zusammen mit anderen internationalen Künstlern wie Robert Schad, Hans Thomann, Herbert Albrecht oder Armin Göhringer im Kulturraum Jung Rhy in Altstätten.[14] Für die Fasnacht 2019 seiner Geburtsstadt entwarf der Künstler die Jubiläumsplakette für die Röllelibutzen.[15]
Josef Ebnöther gilt als bodenständig, naturverbunden und zurückhaltend, liebt nicht die Menschenmassen oder den großen Auftritt.[3][16] «Er bleibt wortkarg, wenn er über sein Werk spricht.»[17] Ebnöther lebt und arbeitet in seinem Haus mit angeschlossenem Atelier in Altstätten, hoch oben im Ortsteil Lüchingen, mit Blick über das St. Galler Rheintal.
Sein gleichnamiger Sohn Josef Ebnöther (* 1956), bekannt und gerufen unter dem Namen Pli Ebnöther, ist als Bildhauer ebenfalls künstlerisch tätig.[18][19]
Bei Ebnöthers erstem öffentlich bekannten Ölgemälde Italia aus dem Jahr 1956 sprach der Museumsdirektor Roland Scotti von einer «Inkunabel».[6] Bei dieser Strandszene sei alles da, «was den Künstler die nächsten, nun fast fünfzig Jahre beschäftigen wird: Die Elemente Wasser, Erde, Luft, vielleicht gar das Feuer im brandigen Meer; ..»[6] Das Bild ist figürlich gemalt, doch erste Bildreduktionen sind bemerkbar. Gleiches gilt für Ebnöthers Ölgemälde Rheintal oder Wald jeweils aus dem Jahr 1957.[6]
Es folgten die Jahre der weiteren künstlerischen Ausbildung und der mühevollen Weiterentwicklung. Der Museumsdirektor Dieter Ronte formulierte in der Nachbetrachtung den Begriff des «Ausschwitzens» der verschiedenen Kunstrichtungen auf dem Weg zu Ebnöthers eigenständiger Formen-, Zeichen- und Farbsprache: «Er hat seinen Kubismus ausgeschwitzt; seine Dekonstruktivismen verpackt, seinen Jackson Pollack, als Gott Abstraktion erfahren, um dann zu seinem selbstspezifischen Formenvokabular zu finden. .. es waren Überwindungen nötig. Stolpersteine wie .., Ferdinand Hodler, .., Nicolas de Staël .. oder Clifford Still mussten übersprungen werden.»[10]
In dieser Lebensphase entstanden ebenfalls Bilder, die Anklänge an die Farbfeldmalerei zeigen, wie Komposition, 1964, Öl auf Leinwand. Ebnöther malte gleichfalls figürliche oder kubistische Porträts und Stillleben, Aktzeichnungen und Aktgemälde sowie erste gegenständliche Landschaftsbilder als Lithographien und Aquarelle.[5][10] Zu dieser Zeit sah Ebnöther im Werk von Mark Rothko eines seiner künstlerischen Vorbilder.[7]
Ungefähr ab dem Jahr 1965[10] wurden die Bilder in Ebnöthers Frühwerk immer stärker «formal reduziert und zu farbintensiven Flächen abstrahiert.»[5] Dies gilt gleichfalls für seine Landschaftsbilder vom Rheintal, von Davos, vom Säntis-Gebirgszug, für seine Landschaftsbilder, die während seiner Studienreisen durch Europa und Afrika entstanden sind, sowie für seine Bilder von Menschen und Personengruppen in dieser Zeit. Im Frühwerk sowie zeitlich auch noch später malte er des Öfteren seine Ölgemälde auch auf Jute und mischte Sand in seine Farben.[6][13] In dieser Lebensphase nahm Ebnöther immer seltener den Pinsel zum Malen in die Hand, sondern arbeitete häufig schon mit Malspachteln und Malmessern. Außerdem entstanden erste Farblithographien und Gouachen.[5]
Nach der Errichtung seines Hauses 1971 inspirierte Ebnöther wiederholt die Aussicht über die sich öffnende Talung des Rheins. Es entstanden zahlreiche Bilder dieser Landschaft mit dem Titel Rheintal, zum Teil im Bildtitel versehen mit dem Hinweis auf die jeweilige Jahreszeit. Dazu beobachtete er genau die Veränderungen in der Natur im Zyklus der Jahreszeiten.[17] «Ebnöther liebt den Herbst und den beginnenden Winter. Diese Zeit bedeutet ihm Ruhe und In-sich-gekehrt-Sein, die Jahreszeit hat etwas Endzeitartiges, erfüllt mit der Hoffnung auf einen Neubeginn.»[17]
Abstrahierte und abstrakte Werke mit den Bildtiteln Weg oder Herbst sind bei Ebnöther weitere häufig anzutreffende Bildtitel, denen man über alle Jahrzehnte seit den 1960er-Jahren immer wieder in seinem Œuvre begegnet.[7][20] Es existieren diverse weitere abstrakte Bilder von ihm mit entsprechenden Variationen dieser beiden Bildtitel, wie Dunkler Weg, Der Weg, Chemin nocturne, Weg hin und zurück, Paysage d'automne oder Pluie d'automne.[2][10]
Seit 1967 bekommt Ebnöther in Europa von privaten, von öffentlichen sowie von kirchlichen Auftraggebern eine Vielzahl von Auftragsarbeiten immer wieder zugesprochen.[6] Es handelt sich nicht nur um Ölgemälde, sondern auch um große Holz- und Stahlreliefs, Mosaikbilder, Wandteppiche und um Glasfenster.[5]
Unter den Auftragsarbeiten waren in den Jahren 2019/20 künstlerische Arbeiten im Zusammenhang mit der Ökumenischen Bibelwoche in Deutschland.[21] Zuvor hatte Ebnöther in den Jahren von 1992 bis 1993 den künstlerischen Entwurf aller Glasfenster der Kirche St. Josef in Kempen bei Düsseldorf gestaltet. Dabei nehmen die gesamten Glasfenster eine Fläche von 220 m² ein. Deren Herstellung hat die Glasmanufaktur Derix realisiert – wie häufig ebenfalls für andere Künstler.[10] Bei diesem Kunstprojekt lernte Ebnöther den Bildhauer Ulrich Rückriem kennen und schätzen, der ihn bezüglich seiner vielen folgenden Tisch-Bilder nachhaltig beeinflusst hat.[5]
Das Tisch-Motiv als «.. weit gespanntes Symbol von Kommunikation, Geborgenheit und Opferstätte prägt die Bilder eines ganzen Jahrzehnts (Landschafts-Tisch, 1992; Tisch, 1996). Bis heute nehmen religiöse Motive beziehungsweise deren subjektive Neuinterpretation einen wichtigen Stellenwert in Ebnöthers Werk ein (Wandgestaltung Friedhof Lüchingen, 2001; ..).»[5] In diesen Kontext fallen gleichfalls seine vielen abstrakten Karfreitag-Ölgemälde seit 1985 bis heute auf, auch wenn Ebnöther keine dogmatischen Kirchenbilder malt noch fromm im übliche Sinne ist.[5][6]
In seinem Bürgerort in der katholischen Kapelle im Riet ist das Motiv Weg gleichfalls auf einem seiner Bilder zu finden: Maria Wegbegleiterin. Es handelt sich dabei um eines seiner zehn abstrakten Votivbilder, gemalt für diesen Wallfahrtsort Rietkapelle.[22] Im Kanton Solothurn, in der evangelisch-reformierten Kirche in Dornach, tragen die von Ebnöther künstlerisch gestalteten Glasfenster den Titel Der Weg zum Licht.[10]
In noch späteren Lebensphasen, etwa seit Mitte der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre,[10] verarbeitete Ebnöther dann seine Landschaftsbeobachtungen, Sinneseindrücke, Emotionen, Gedanken, Alltagssituationen, menschlichen Begegnungen und Gegenstände aus der Natur in Bildern, deren endgültigen Entstehungsprozess er nicht mehr erläutern kann. Seine abstrakten Bilder mit radikal aufgelösten Formen und Farbkompositionen sowie zusätzlich mit gestischen Chiffren[7][23] sind abhängig von Impulsen und Stimmungen, «die Bildaussage wandelt sich permanent – und wird auch am Ende, wenn Ebnöther letzte Farbmomente tupft, offen gehalten.»[6]
«Seine Arbeitsweise besticht durch einen kraftvollen Duktus. Zunächst werden in vielen Farbschichten Flächen, von oft tiefer, durchscheinender Wirkung aufgebaut ...»[24] Dann – insbesondere gegen Ende seines Malprozesses – bearbeitet Ebnöther häufig die noch frische Farbe auf der Leinwand eines Bildes partiell mit heftigen, spontanen und unbewussten Gesten. Dazu hinterlässt er meist mit der Spitze seines Malmessers oder mit stumpfen Bleistiften auf der Leinwand reliefartige Spuren und Zeichen.[3][5] Er selbst bezeichnete sich wegen seiner unbewussten gestischen Malerei in Teilbereichen seiner Bilder einmal ironisch und fälschlicherweise als «Maler des Informel».[3]
Bei der Kontemplation über seine abstrakten Bilder mit gestischen Zeichen in dieser Lebensphase des Künstlers helfen unterscheidende Bildtitel wie zum Beispiel Begegnung, Farbenfest, Frühling, Herbstzeit, Erwachen, Aufbruch, Gedankenorte, Seelenfenster, Garten, Zartes, sich finden, glückliche Tage oder Farbraum. Gleiches gilt bei Triptychons mit den Titeln Drei Formen, Rote Gefühle, Im Zentrum des Geschehens oder Hoffnung und für andere Begriffe.[5][6]
Die Bildtitel werden vom Künstler in der Regel erst im Nachhinein mühsam bestimmt und gehen häufig auf die ursprüngliche, flüchtige Bildkonzeption zurück, auch wenn am Schluss des Malprozesses davon kaum noch etwas im Bild erkennbar ist. Er hadert deshalb mit seinen Bildtiteln, weil für ihn eigentlich die Betrachter seiner Kunst zu eigenen Gedanken kommen und sich darin frei fühlen sollen.[6]
Das Spätwerk von Josef Ebnöther ist nach seiner überstandenen Herzoperation im Jahr 2017 noch nicht abgeschlossen. Er arbeitet weiter an seinem Œuvre.[11]
Ebnöther hat sich immer geweigert, in eine der Schubladen der Kunstwissenschaft gepresst zu werden.[6] Er ist seinen eigenständigen künstlerischen Weg gegangen, hat eine eigene künstlerische Position eingenommen, ohne diese jedoch offensiv zu verkünden.[17] In den Jahrzehnten seines künstlerischen Wirkens ist er nie den Modeströmungen der Malerei hinterhergelaufen.[10]
«Seine Malerei sucht nach dem Ursprünglichen und Elementaren und verweist auf das unbewusst Vorhandene, auf seelische Kräfte. Bei der Charakterisierung seiner Kunst drängt sich der Begriff des Mystischen auf.»[5] Der Museumsdirektor Gert Ammann drückt es so aus: «Ebnöthers Oelbilder sind Meditationsbilder.»[25] Oder noch anders ausgedrückt: «In seinen Arbeiten prallt alles aufeinander, fast rücksichtslos, brutal, sozusagen aus einem Urstrom heraus formuliert, der sich weigert, Gesetzmäßigkeiten zu folgen.»[6]
Für Josef Ebnöther ist seine Art der Malerei ein Akt der Freiheit.[7]
Personendaten | |
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NAME | Ebnöther, Josef |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Maler |
GEBURTSDATUM | 7. Mai 1937 |
GEBURTSORT | Altstätten |