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Uli Bohnen (* 9. Februar 1948 in Mönchengladbach; † 23. März 2022[1] in Eschweiler) war ein deutscher Kunsthistoriker, Kunsttheoretiker, Ausstellungsorganisator, Fotograf und Sammler. Er forschte zu der nach dem Ersten Weltkrieg in Köln gegründeten Künstlervereinigung Gruppe Progressiver Künstler. Seine Dissertation zu diesem Thema erschien 1976, und 1978 fanden von ihm vorbereitete und von Katalogen begleitete Ausstellungen über Franz W. Seiwert und Hans Schmitz im Kölnischen Kunstverein statt. 1982 gab Bohnen im DuMont-Verlag die Schriften von Otto Freundlich heraus. Bis zu seiner Emeritierung lehrte Uli Bohnen als Professor für Kunstgeschichte und Ästhetische Theorie an der Fachhochschule Darmstadt (heute Hochschule Darmstadt).

Uli Bohnen (2019)
Uli Bohnen (2019)

Leben


Von 1958 bis 1965 erhielt Uli Bohnen in Mönchengladbach Kunstunterricht bei Otto Coenen. Nach seinem Abitur (1967) studierte er ab 1968 Kunstgeschichte, Philosophie und Allgemeine Rhetorik in Tübingen und in Berlin. Im Anschluss an seine Promotion im Jahr 1977, die er mit der Auszeichnung „magna cum laude“ abschloss, war Uli Bohnen als Lehrbeauftragter und Gastprofessor an in- und ausländischen Hochschulen tätig. 1992 wurde er als Professor auf Lebenszeit an die Fachhochschule Darmstadt berufen. Er lebte und arbeitete in Eschweiler, wo er auch im März 2022 im Alter von 74 Jahren starb.


Forschung


Uli Bohnen (Hrsg.): Franz W. Seiwert. Leben und Werk. Braunschweig 1978.
Uli Bohnen (Hrsg.): Franz W. Seiwert. Leben und Werk. Braunschweig 1978.

Bereits während seines Studiums forschte Uli Bohnen zu der Kölner Gruppe Progressiver Künstler (1918–1933) um Franz W. Seiwert und Heinrich Hoerle. Er kontaktierte die noch lebenden Mitglieder und Freunde und betrieb Grundlagenforschung zu deren Werk. Seine Ergebnisse publizierte Uli Bohnen in zahlreichen Büchern und Aufsätzen; auch kuratierte er Ausstellungen zum Thema.

Im Rahmen seiner Recherchen beschäftigte sich Bohnen auch mit der Identität und dem Werk von B. Traven.[2] Seine Arbeit ist ein essentieller Baustein in der Forschung. So beleuchtete er erstmals die Verbindung zwischen Traven (Ret Marut) und F. W. Seiwert.[3]

Des Weiteren forschte Uli Bohnen intensiv zu den Werken des Malers Otto Coenen und des Bildhauers Otto Freundlich. Er legte Werkverzeichnisse an, gab Schriften heraus und organisierte Ausstellungen. Ob eine Ausstellung gut ist, hängt für Bohnen nicht unbedingt nur von der Qualität des oder der Künstler ab, sondern auch „vom Grad der intellektuellen Auseinandersetzung“.[4] Die von ihm kuratierte Ausstellung „Transparenz – Transzendenz“ lobte David Galloway als „a handsome, provocative show“.[5]

Anstatt sich den großen, längst in der Kunstgeschichte etablierten Künstlern zu widmen, war ihm an der Förderung von Künstlern der Moderne gelegen, die von der kunstwissenschaftlichen Forschung eher unberücksichtigt geblieben sind, wie Elfriede Stegemeyer, Hans Schmitz oder August Tschinkel.


Lehrtätigkeit



Fotografie


Seit den 1970er-Jahren ist Uli Bohnen auch als künstlerischer Fotograf tätig. Klaus Honnef schreibt: „Mit den Bechers [teilt er] die Konzentration auf einen Themenkomplex, mit [Martin] Parr die bisweilen beißende Sicht und mit [Richard] Misrach das Engagement.“[6] Wichtige Themenbereiche im fotografischen Werk von Bohnen bilden einerseits religiöse Motive und andererseits die Spuren, die der Realsozialismus in Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Litauen, in Polen oder auch der DDR bis Kuba hinterlassen hat. So dokumentiert er seit den 1990er-Jahren den gesellschaftlichen Wandel vor allem in Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Dabei interessieren ihn insbesondere die Widersprüche und Kuriositäten aus kulturhistorischer Sicht. Man könnte Bohnens Fotos als Zeugnisse eines 'alternativen Tourismus' eigener Art bezeichnen. Uli Bohnen selbst spricht von „fotografischen Vergegenwärtigungen“.[7]

„Durch seine Arbeitsweise zeigt Uli Bohnen, dass nicht die fotografische Technik, die durch moderne Innovationen und perfekte Kameras sowieso gewährleistet wird, sondern Gestaltungswille, initiiert durch eine Weltanschauung, die weiß, was sie reflektieren und zeigen will, zu wirkungsvollen Bildern führt.“[8] Bazon Brock ergänzt: „Das Bohnensche Bild kritisiert die rationalistische Auffassung, man könnte sich als moderner Zeitgenosse nach Belieben oder Opportunität entweder auf die symbolische Repräsentation der Welt oder die bloße Verkörperung von sozialen Rollen oder auf die Fressorgien von Inkarnationen beschränken.“[9] Unter dem Titel „Paradise L´Ost“ zeigten die Kunsthalle Barmen und die Stiftung Bethe in Wuppertal-Barmen 2006 eine Auswahl von Bohnens Bildern. Der Ausstellungskatalog erschien im Verlag Hatje Cantz. In seiner Rezension schrieb Michael Klein-Reitzenstein: „Der Bedeutungswechsel der Dinge, die Veränderungen in ihrem Umfeld und die Wandlung in der Rezeption durch die Bevölkerung haben Uli Bohnen interessiert. In oft doppelbödigen und mehrschichtig konstruierten Bildern zeigt er dem Betrachter mit kritisch-ironischem, manchmal auch sarkastischem Blick, wie diese Dinge im Laufe weniger Jahre profanisiert und/oder kommerzialisiert wurden.“[10]


Sammlungen


In den frühen 1990er-Jahren begann Uli Bohnen mit dem Aufbau einer umfangreichen Sammlung von Socialistica, also Objekten mit gestalterischem Bezug zum Sozialismus. Die Stücke stammen aus Ländern wie der VR China, der ehemaligen UdSSR und anderen Ländern Osteuropas und Kuba. Die ältesten entstanden 1919, die jüngsten etwa um 2006. „Zwar besitzt Uli Bohnen viele Stalins in unterschiedlicher Verpackung, Aufmachung und Funktion, doch bedeutet das, so betont er, nicht, dass er Stalin verehre,“ erläuterte Hannelore Hippe in einem Radio-Feature.[11] Einige Exponate präsentierte Uli Bohnen 2001 und 2002 in Ausstellungen in Charleroi.[12] und Aachen[13] Auch sammelt er Ethnografica (vor allem aus Afrika). Echtheitsmerkmal der Socialistica ebenso wie im Fall der Africana ist, dass sie im rituellen Gebrauch waren.


Schenkungen


Als Schenkung sind zahlreiche Fotografien und das Negativarchiv von Uli Bohnen in den Bestand der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur eingegangen. Zur Schenkung gehört darüber hinaus ein großes Konvolut von Dokumenten und von Bohnens Korrespondenz.[14][15]

Außerdem erfolgten Schenkungen aus Bohnens Kunstsammlung an das Rheinische Landesmuseum in Bonn. Dem Afrikahaus in Sebnitz überließ das Ehepaar Bohnen/Laugs eine großzügige Schenkung afrikanischer Artefakte.


Eigene Ausstellungen



Einzelausstellungen (Auswahl)



Gruppenausstellungen (Auswahl)



Kuratierte Ausstellungen (Auswahl)



Veröffentlichungen



Bücher und Ausstellungskataloge (Auswahl)



Aufsätze und Katalogbeiträge (Auswahl)




Commons: Uli Bohnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Traueranzeige, faz.net
  2. KÜNSTLER: Gruß Dir Hochverräter. In: Spiegel Online. Band 4, 23. Januar 1978 (spiegel.de [abgerufen am 11. Oktober 2019]).
  3. Wulf Herzogenrath im Gespräch mit Peter Moritz Pickshaus. Bielefeld, Essen, Köln und vieles andere mehr. Die 1970er und 80er Jahre. Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2019, S. 49.
  4. Annette Bosetti: Kunst ist für mich wie eine Art Knoten im Taschentuch. Dr. Uli Bohnen: Ausstellungsmacher. In: Aachener Nachrichten. Sonderbeilage Ludwig Forum, 26. Juni 1991.
  5. David Galloway: Mixing Art and Exhibitionism. In: International Herald Tribune. 3. August 1991.
  6. Klaus Honnef: Uli Bohnens fotografische Reisen durch verlorene Welten. In: Uli Bohnen. Paradise L´Ost. Ausstellungskatalog. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2006, S. 9.
  7. Klaus Honnef: Uli Bohnen – Sammlerkünstler. In: Uli Bohnen. Kollektion. Ausstellungskatalog. Galerie S., Aachen 2002, S. 7.
  8. Martha Laugs: Uli Bohnen. Fotograf. In: Uli Bohnen. Kollektion. Ausstellungskatalog. Galerie S., Aachen 2002, S. 18.
  9. Bazon Brock: Der Konstellationenschöpfer. Uli Bohnen als Künstler und Sammler. In: Uli Bohnen: Paradise L´Ost. Ausstellungskatalog. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2006, S. 28 (bazonbrock.de).
  10. Michael Klein-Reitzenstein: Menschen – Eine Spurensuche. In: Freelens #24. Hamburg 2. Quartal 2007.
  11. Hannelore Hippe: Das Schlüsselbein des Heiligen Severin. Reliquiensammler in Ost und West. Feature. mdr Kultur / Radioredaktion SFB und ORB, 27. Oktober 2001.
  12. Position à la Peripherie II. Kunst aus Ostbelgien. Bâtiment Provincial Solvay (Université du Travail Paul Pastur), Charleroi/Belgien 2001.
  13. Uli Bohnen: Kollektion. Galerie S., Aachen 2002.
  14. Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur – Schenkung Uli Bohnen. Abgerufen am 11. Oktober 2019.
  15. Dazu zählen Archivmaterialien zu Franz Wilhelm Seiwert, Heinrich Hoerle, Hans Schmitz, Gerd Arntz, Otto Freundlich, August Tschinkel, Gottfried Brockmann, Franz Pfemfert u. a. ebenso wie zu Elfriede Stegemeyer, Otto Coenen und Raoul Ubac. Hinzu kommen dokumentarische Fotos, die Bohnen im Zuge seiner Recherchen über Ret Marut (= B. Traven). in Mexiko gemacht hat sowie ein komplettes Exemplar der extrem seltenen, noch in Deutschland von Marut herausgegebenen revolutionären Zeitschrift „Der Ziegelbrenner“, an der Seiwert mitgearbeitet hat.
Personendaten
NAME Bohnen, Uli
KURZBESCHREIBUNG deutscher Kunsthistoriker, Kunsttheoretiker, Ausstellungsorganisator, Fotograf und Sammler
GEBURTSDATUM 9. Februar 1948
GEBURTSORT Mönchengladbach
STERBEDATUM 23. März 2022
STERBEORT Eschweiler



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