Jean-Baptiste Camille Corot (* 16. Juli 1796 in Paris; † 22. Februar 1875 ebenda) war ein bedeutender französischer Landschaftsmaler. Er ist einer der Hauptvertreter der Schule von Barbizon.
Camille Corot, Fotografie von Nadar
Leben
Camille Corot stammte aus gutbürgerlichen Verhältnissen. Seine Mutter war eine erfolgreiche Modistin. In Paris geboren, lebte er zunächst bei einer Amme auf dem Land. Nach dem Besuch eines Pariser Pensionats besuchte er das Gymnasium in Rouen und absolvierte eine Lehre als Tuchhändler. In dieser Zeit wohnte er bei der Familie Sennegon[1] in Bois-Guillaume, mit der sein Vater befreundet war. Der Sohn des Hauses heiratete später Corots Schwester Annette Octavie.[1] Mit 26 Jahren gab er die ungeliebte Geschäftstätigkeit auf und schlug die Künstlerlaufbahn ein. Seine frühesten erhaltenen Werke sind kleinformatige Landschaftsbilder vom August 1822.[1] Danach wurde er Schüler von Jean-Victor Bertin, einem Hauptvertreter der klassischen Landschaftsmalerei. 1825 reiste er nach Rom und malte für drei Jahre in der Campagna Romana. Zurück in Paris, bezog er ein Atelier in der Rue Voltaire. Er begab sich auch auf Fußreisen durch Frankreich, die Niederlande und die Schweiz. Ab 1827 nahm er regelmäßig am Pariser Salon teil.
Vor allem in seinem späteren Leben widmete Corot einen großen Teil seiner Aufmerksamkeit wohltätigen Zwecken. Seinen enormen kommerziellen Erfolg, den er unter anderem durch ein ausgeklügeltes Vermarktungskonzept seiner Werke vergrößerte, setzte er in ein breit gefächertes soziales Engagement um. Im künstlerischen Milieu vermittelte Corot jüngeren Kollegen Aufträge. Seine wohl bedeutendsten Schüler waren Berthe Morisot und Camille Pissarro. Mehrfach spendete er große Summen für die Armen von Paris. 1872 kaufte Corot ein Haus für den mittellosen und inzwischen erblindeten Honoré Daumier. 1875 spendete er der Witwe von Jean-François Millet 10.000 Francs, damit diese den Unterhalt ihrer Kinder bestreiten konnte. Außerdem unterstützte Corot einen Kinderhort in der Rue Vandrezanne in Paris.[2]
1846 wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt, 1867 zum Offizier. Zuletzt lebte Corot unter Nummer 56 der Pariser Rue du Faubourg Poissonnière. Corot blieb unverheiratet und kinderlos. Germain Bazin schrieb 1942: „Er hatte es nicht nötig, in Fleisch und Blut weiterzuleben und dem dunklen Triebe zu folgen, der allen Menschen gemeinsam ist“. Seine sterblichen Überreste wurden auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise beigesetzt.
Leistung
Brücke bei Narni
Corot fand in Italien zu seiner Landschaftsmalerei mit freier, aber straffer Komposition und gedämpfter Farbigkeit, die er nach 1850 zu einer reinen Stimmungsmalerei weiterentwickelte. Er war einer der Hauptvertreter der Schule von Barbizon, der u. a. auch Théodore Rousseau, Charles-François Daubigny und Jean-François Millet angehörten. In seinen späten Jahren war er als Père Corot die Vaterfigur der Pariser Kunstszene und galt als der führende Landschaftsmaler Frankreichs. Zu seinen Zeitgenossen zählen William Turner und John Constable. Neben der Landschaftsmalerei schuf Corot auch Frauenbildnisse. Er entdeckte und förderte das Malermodell Emma Dobigny.
Camille Corot gehört zu den weltweit am meisten gefälschten Künstlern. Dies liegt zum einen an seiner Großzügigkeit: Er verschenkte und vererbte viele seiner Bilder, ohne Aufzeichnungen darüber anzufertigen. Einige Bilder überließ er auch befreundeten Künstlern, denen er erlaubte, Kopien davon anzufertigen. In seinen späten Jahren, als er zu Ruhm gekommen war, versammelten sich arme Künstlerfreunde um ihn, denen er zu Hilfe kam, indem er in seinem Atelier Variationen ein und desselben Motivs anfertigen ließ. Auch mit seinen Signaturen nahm er es nicht immer genau. Er ließ eigene Werke unsigniert, überarbeitete Werke von Kollegen und zeichnete sie auf deren Bitten hin mit seiner Signatur. Andererseits zeichneten Kunsthändler Werke von ihm mit ihrer Signatur.[3] Nach dem FAZ-Kunstkritiker Niklas Maak habe Fernand Léger im Alter gestanden, um Geld zu verdienen, „fünfundzwanzig falsche Corots“ gemalt zu haben.[4] Corot soll einmal gespottet haben: „Von 1500 Bildern, die ich gemalt habe, befinden sich 3000 in Amerika.“[5]
Corots enorme Produktivität und die Vielfalt seines Stils trugen dazu bei, dass Fälschungen mitunter schwer zu erkennen sind. Seine Popularität unter US-amerikanischen Kunstsammlern trug dazu bei, dass sie sich rasch und weit verbreiteten.[3]
Werke
Die Brücke von MantesRom, Blick von den Farnese-GärtenFlorenzLa Vire à Saint-Lô
Brücke von Narni – Augustusbrücke über die Nera (Paris, Musée du Louvre), 1826, Öl auf Leinwand, 34 × 48 cm
Colosseum und Farnese-Gärten in Rom (Paris, Musée du Louvre), 1826, Öl auf Leinwand, 30,5 × 48 cm
Die Albanerin (L’Albanaise) ausgestellt in New York im Brooklyn Museum
Forum und die Farnese-Gärten in Rom (Paris, Musée d’Orsay), 1826, Öl auf Leinwand, 28,8 × 50,4 cm
La Zingara (Paris, Musée du Louvre), 1865–70, Öl auf Leinwand, 54 × 38 cm
Rast unter Weiden am Wasser (Paris, Musée du Louvre), 1865–70, Öl auf Leinwand, 45 × 60,5 cm
Jeune femme aux puits, bisher Otterlo, Kröller-Müller-Museum, 1865–1870
Agostina, die Italienerin (Washington, National Gallery of Art), 1866, Öl auf Leinwand, 138,6 × 95 cm
Erinnerung an Marissel (Paris, Musée du Louvre), 1866, Öl auf Leinwand, 55 × 42 cm
Frau mit Margeriten (Budapest, Ungarische Nationalgalerie), 1868–70, Öl auf Leinwand, 78 × 58 cm
Die Frau mit der Perle (Paris, Louvre), 1868–70
Lesende Frau (New York, Metropolitan Museum of Art), 1869–70, Öl auf Leinwand, 54,3 × 37,5 cm
Landschaft bei Castelgandolfo (Paris, Musée du Louvre), um 1870, Öl auf Leinwand
Glockenturm von Douai (Paris, Musée du Louvre), 1871, Öl auf Leinwand, 46,5 × 38,5 cm
Erinnerung an Coubron (Budapest, Ungarische Nationalgalerie), 1872, Öl auf Leinwand, 46 × 55,3 cm
Pastorale – Souvenir d’Italie (Glasgow, Corporation Art Gallery), 1873
Straße in Sin-Le-Noble (Paris, Musée du Louvre), 1873, Öl auf Leinwand, 60 × 81 cm
Teich von Ville-d’Avray (Rouen, Musée des Beaux Arts), 1873, Öl auf Leinwand, 43 × 80 cm
Frau in Blau (Paris, Musée du Louvre), 1874, Öl auf Leinwand, 80 × 51 cm
Inneres der Kathedrale von Sens (Paris, Musée du Louvre), um 1874, Öl auf Leinwand, 61 × 40 cm
Homer und die Hirten (Museum in Saint-Lo), 1845
Ausstellungen
2004 Sehnsucht Italien. Corot und die frühe Freilichtmalerei 1780-1850. Hrsg. Felix Baumann (Hrsg.) Baden, Museum Langmatt. Ausstellungskatalog Braus, Heidelberg 2004. ISBN 3-89904-104-6
2012 Camille Corot. Natur und Traum. Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle. Ausstellungskatalog, Kehrer, Heidelberg 2012. ISBN 978-3-86828-332-7
Diederik Bakhuÿs, et al.:A City for Impressionism – Monet, Pissarro, and Gauguin in Rouen (catalogue). Hrsg.: Laurent Salomé. 1. Auflage. Musée des Beaux-Arts de Rouen/Skira Flammarion, Rouen/ Paris 2010, ISBN 978-2-08-124399-6, S.192.
vgl. Tinterow, Gary u.a. (Hg.): Corot. New York 1996, S. 270ff.
Camille Corot: Briefe aus Italien. Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1924.
Dario Durbé u.a.: Corot und die Schule von Barbizon. Pawlak, Herrsching 1988, ISBN 3-88199-430-0-
Peter Galassi: Corot in Italien. Freilichtmalerei und klassische Landschaftstradition. Hirmer, München 1991, ISBN 3-7774-5490-7.
Jean Leymarie: Corot. Biographisch-kritische Studie. Skira-Klett-Cotta, Genf 1980, ISBN 3-88447-049-3.
Vincent Pomarède: Corot. Flammarion, Paris 1996, ISBN 2-08-012123-5.
Mariantonia Reinhard-Felice (Hrsg.): Corot. L'Armoire Secrète. Eine Lesende im Kontext. Hirmer, München 2011, ISBN 978-3-7774-3421-6 (Ausstellungskatalog)
Alfred Robaut. L'Œuvre de Corot, catalogue raisonné et illustré précédé de l'Histoire de Corot et de ses œuvres par Étienne Moreau-Nélaton, 4 Bde. und Register-Bd., Floury, Paris 1905.
Leonhard Saint-Michel: Corot und seine Welt. Gondrom, Bayreuth 1981. ISBN 3-8112-0216-2.
Yvon Taillandier: Corot. Flammarion, Paris 1990, ISBN 2-08-011554-5.
Germain Bazin: Corot. Wolfgang Krüger Verlag, Berlin, Druck: Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co., Altenburg/Thür. 1942
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