Franz Stuck, ab 1906 Ritter von Stuck (* 23. Februar 1863 in Tettenweis, Landkreis Passau, Niederbayern; † 30. August 1928 in München), war ein deutscher Zeichner, Maler und Bildhauer des Jugendstils und des Symbolismus.
Franz von Stuck: Selbstbildnis im Atelier (1905)
Leben
Geburtshaus von Franz von Stuck in TettenweisDie Sinnlichkeit, um 1891
Franz Stuck war Sohn eines Dorfmüllers. Er besuchte von 1878 bis 1881 die Königliche Kunstgewerbeschule München, wo er von Ferdinand Barth ermutigt wurde, anschließend bis 1885 seine künstlerische Ausbildung an der Akademie in München fortzusetzen.[1] Er war zuerst als Zeichner erfolgreich. Schon während seiner Schulzeit lieferte er Illustrationen für Zeitschriften.
Franz-von-Stuck-Statue in Tettenweis, geschaffen von Dominik Dengl
Während des Studiums entstanden humoristische Zeichnungen und Entwürfe für das Kunstgewerbe. Über München hinaus wurde der gerade zweiundzwanzigjährige Künstler 1882 mit seinen Allegorien- und Emblementwürfen für den Verlag Gerlach & Schenk in Wien bekannt, einem Mappenwerk, an dem auch andere junge Künstler wie Max Klinger und Gustav Klimt mitarbeiteten. In einer weiteren Sammlung des gleichen Verlags, Karten und Vignetten, setzte Stuck 1886 seine geistreichen Entwürfe klassischer Bildaufgaben erfolgreich fort.[2]
Faun mit Rhyton (1886)
Populär wurde Stucks Name durch eine Reihe von Karikaturen für die Zeitschrift Fliegende Blätter, für die bereits Ferdinand Barth gearbeitet hatte, von dessen Stil der junge Stuck sich auch anregen ließ. Um 1887 begann er mit der Ölmalerei zu experimentieren.
1892 gründete Stuck mit Wilhelm Trübner in Opposition zu den etablierten Künstlern die „Münchner Sezession“. Dennoch wird er zusammen mit Franz von Lenbach und Friedrich August von Kaulbach zu den Münchner Malerfürsten gezählt. Dies ist eine äußerliche Bezeichnung, denn in künstlerischer Hinsicht war Stuck in den 1890er Jahren Gegenpol zu Lenbach in der Auseinandersetzung, die in der Gründung der „Münchner Secession“ gipfelte. Im Münchner Verein für Original-Radierung, welcher der Secession nahestand, war er in jenen Jahren ebenfalls Mitglied.
Kämpfende Amazone (1897), Bronze, früher in Carinhall, heute in Eberswalde
Ab 1895 war Stuck Professor an der Akademie und unterrichtete unter anderem Wassily Kandinsky, Paul Klee, Josef Hengge, Georges Kars, Paul Stollreither und Heinrich Strieffler. Er entwarf im Auftrag des Kölner Schokoladeproduzenten Ludwig Stollwerck Sammelbilder für Stollwerck-Sammelalben, u. a. die Serie „Die Musen“ für das Stollwerck-Sammelalbum No. 4 von 1899.[3]
1897 wurde von Whistler die International Society of Sculptors, Painters and Gravers in London gegründet, Stuck war eines der Mitglieder. 1903 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des
Deutschen Künstlerbundes[4] und als Jurymitglied auch zum erweiterten Vorstand des DKB. Auf der ersten, noch von der „Münchener Sezession“ ausgerichteten Künstlerbund-Ausstellung von 1904 war Stuck mit vier großen Ölgemälden vertreten.[5]
Prinzregent Luitpold verlieh ihm am 9. Dezember 1905 das Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone. Damit verbunden war die Erhebung in den persönlichen Adelsstand und er durfte sich nach der Eintragung in die Adelsmatrikel am 2. Januar 1906 „Ritter von Stuck“ nennen. 1912 erhielt er das Komtur zu diesem Orden.
1906 war Stuck auch Gründungsmitglied des Deutschen Monistenbundes.[6] 1914 unterzeichnete Stuck die Erklärung des Manifests der 93, die sich gegen alliierte Gräuelpropaganda wandte.
Ende Februar 1919 war Stuck während der Münchener Räterepublik für einige Tage Geisel der revolutionären Rotgardisten.[7] Gefangen in der Münchner Vorstadt Haidhausen traf er dort auf den Chirurgen Ferdinand Sauerbruch, der den Eisner-Attentäter Anton von Arco in München medizinisch versorgt hatte (Später gehörte Stuck zum häuslichen Umgang der Eheleute Sauerbruch).[8]
Tilla Durieux als Circe, um 1912/1913
Von Arnold Böcklin angeregt, bevorzugte Stuck schwebend-unwirkliche Darstellungen aus dem Reich der Fabel und allegorische, symbolhafte Gestaltungen wie Die Sünde (1893) und Der Krieg (1894; beide Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München). Viele seiner oft großformatigen Werke zeichnet eine lasziv-erotische Atmosphäre aus. Stucks Darstellungen von häufig nackten weiblichen oder männlichen Körpern, z. B. Der Kampf ums Weib (1905; Eremitage, St. Petersburg) trafen in Anbetracht der biederen Moralvorstellungen seiner Zeit auf eine ungewöhnlich starke Rezeption.
Beispielhaft für Stucks Vorstellungen eines Gesamtkunstwerks ist seine 1898 vollendete und durch das Bauunternehmen Heilmann & Littmann errichtete Villa an der Prinzregentenstraße in Bogenhausen mit selbstgeschaffenen Möbeln und Plastiken. Für diese Leistung wurde er 1928 kurz vor seinem Tod mit dem Ehrendoktortitel der Technischen Universität München ausgezeichnet. Heute ist die Villa Stuck ein Museum; die Wiedereröffnung erfolgte im März 2005 nach dreizehnjähriger Planungs-, Bau- und Restaurierungstätigkeit.
Stuck wurde lange Zeit als Repräsentant des Münchner Jugendstils gesehen. Das hat auch bewirkt, seine Villa später mit Sitz des „Jugendstil-Vereins Franz von Stuck“ als ein Jugendstil-Museum zu führen. Der Kunsthistoriker und zwischenzeitliche Leiter des Museums, Alexander Rauch, hat erstmals durch die 1992 in Passau, München, Wien, Aschaffenburg usw. gezeigte Ausstellung Franz von Stuck die eigentliche große Bedeutung Stucks als Künstler des Symbolismus erkannt und herausgestellt. Dies hatte eine gänzliche höhere Neubewertung seines Wirkens zur Folge. Vor allem die späteren Werke der 1920er Jahre – zuerst weit weniger beachtet – wurden dadurch als bedeutende Schöpfungen des deutschen, speziell Münchner Symbolismus erkannt. Der Katalogtext[9] analysiert auch die gesamte Einrichtung und deren Bildfolge als ein raffiniertes Inszenarium symbolistischer Ideen, in die biographisch-persönliche Elemente mit esoterisch-antiken Ideen verwoben sind.
Franz von Stuck starb im Alter von 65 Jahren.
Grabstätte
Die Grabstätte von Franz von Stuck befindet sich auf dem Münchner Waldfriedhof (Grabnr. 95-W-16).[10]
Familie
Franz von Stuck war der Stiefvater des Flugpioniers und Rennfahrer Otto Lindpaintner. Sein einziges leibliches Kind, Franziska Anna Marie-Louise, genannt Mary (1896–1961), stammte aus einer Liebesbeziehung mit Anna Maria Brandmaier (1875–1944). Mary wurde 1904 mit Billigung des Prinzregenten von ihrem Vater Franz von Stuck und dessen Ehefrau Mary, verw. Lindpaintner (1865–1929, Eheschließung am 15.März 1897) adoptiert. Sie verehelichte sich 1917 mit dem damals 31-jährigen Konsul und Bauunternehmer Albert Heilmann.
Schätzpreise
Für Ölgemälde von Stuck wurden im Rahmen internationaler Kunstauktionen auch schon Schätzpreise von bis zu 1,2 Millionen Dollar genannt.[11]
Werke (Auswahl)
Die Sünde (1893)Franz von Stuck: Luzifer, um 1890Stucks Plakat für die VII. Internationale Kunstausstellung München (1897)Tilla Durieux als Circe (1912)Sisyphus (1920)Porträt Josef Albert Amann jr. (1916)
1889: Goldmedaille im Glaspalast, für das Gemälde Der Wächter des Paradieses
1897: Goldmedaille auf der Dresdner Kunstausstellung
1900: Goldmedaille auf der Pariser Weltausstellung
1924: Geheimrat
1926: Mitglied der königlichen Akademie der Bildenden Künste in Stockholm (1926)
1928: Dr. Ing. e. h. der Technischen Hochschule München
Literatur
Lexika, Nachschlagewerke
Eva Chrambach:Stuck, Franz Xaver von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S.612–614(Digitalisat).
Vera Losse:Stuck, Franz von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 11, Bautz, Herzberg 1996, ISBN 3-88309-064-6, Sp. 114–118.(Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive)
Hans-Michael Körner (Hrsg.): Große Bayerische Biographische Enzyklopädie. De Gruyter Saur, Berlin / New York 2005, Reprint 2010, S. 1921–1922
Ulrich Zangenfeind:Stuck, Franz von. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0792-2, S.764 (Digitalisat).
Allgemein
Heinrich Voss: Franz von Stuck (1863–1928). Werkkatalog der Gemälde mit einer Einführung in seinen Symbolismus. Prestel, München 1973, ISBN 3-7913-0337-6.
Franz von Stuck und seine Schüler: Gemälde und Zeichnungen. Stuck-Jugendstil-Verein, München 1989, ISBN 3-923244-09-6.
Alexander Rauch: Symbolismus zwischen „Paradies“ und „Sünde“ – Das Werk des Künstlers und seine Villa. In: Die Villa Stuck in München, Inszenierung eines Künstlerlebens. Hrsg. Bayerische Vereinsbank München. München 1992, S. 24–72.
Alexander Rauch: Zum Werk des Symbolisten Franz von Stuck (1863–1928). In: Franz von Stuck. Ausstellungskatalog, Museum Moderner Kunst Passau (Gerwald Sonnberger) mit Beitrag von Eva Heilmann (Das plastische Werk). Passau 1993 (Weitere Stationen Wien, München, Aschaffenburg, Amsterdam etc.).
Eva Mendgen: Franz von Stuck 1863–1928. „Ein Fürst im Reiche der Kunst“. Taschen, Köln 1994, ISBN 3-8228-8953-9.
Jo-Anne Birnie Danzker u.a. (Hrsg.): Franz von Stuck und die Photographie. Inszenierung und Dokumentation. Prestel, München 1996, ISBN 3-7913-1657-5 (Ausstellungskatalog).
Jo-Anne Birnie Danzker (Hrsg.): Franz von Stuck. Die Sammlung des Museums Villa Stuck. Bearb. von Barbara Hardtwig. Edition Minerva, Eurasburg 1997, ISBN 978-3-932353-09-3 (Ausstellungskatalog).
Claudia Gross-Roath: Das Frauenbild bei Franz von Stuck. VDG, Weimar 1999, ISBN 3-89739-070-1.
Jo-Anne Birnie Danzker (Hrsg.): Die Villa Stuck. Hatje Cantz, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1897-4.
Franz von Stuck – Lucifero moderno. Ausstellungskatalog Mart Trento. Skira, Mailand 2006.
Agnes Husslein-Arco und Alexander Klee (Hg.): Sünde und Secession. Franz von Stuck in Wien. Hirmer Verlag, München 2016, ISBN 978-3-7774-2693-8.
Zu einzelnen Werken
Thomas Blisniewski: „Mit glühenden Augen lockt das nackte Weib“ – „Die Sünde“ Franz von Stucks im Wallraf-Richartz-Museum. Fondation Corboud. In: Kölner Museums-Bulletin. Berichte und Forschungen aus den Museen der Stadt Köln. 1. 2004, S. 22–33.
Marlies Giebe, Andreas Dehmer: Große Inszenierung. Franz von Stuck „Das verlorene Paradies“ und sein Rahmen. In: Dresdner Kunstblätter. 57 (2013), Heft 2, S. 20–27
Franz von Stuck und seine Schüler. Besprechung der Ausstellung in Langenargen (13. April bis 12. Oktober 2014), auf der Website von SWR2
Einzelnachweise
Franz von Stuck. In: Nathalia Brodskaïa: Symbolismus. Sirrocco/Art of Century Collection, London 2007, ISBN 978-1-84484-416-6, S.180 f.
Andreas Strobl: Il disegno come quadro. Stuck disegnatore. In: Franz von Stuck – Lucifero moderno. Ausstellungskatalog Mart Trento. Skira, Mailand 2006, S. 43–47.
Detlef Lorenz: Reklamekunst um 1900. Künstlerlexikon für Sammelbilder. Reimer-Verlag, Berlin 2000.
Ausstellungskatalog X. Ausstellung der Münchener Sezession: Der Deutsche Künstlerbund (in Verbindung mit einer Ausstellung erlesener Erzeugnisse der Kunst im Handwerk). Verlagsanstalt F. Bruckmann, München 1904 (S.31: Stuck, Franz, München. Katalognr. 151–154: Susanne, Die Gratulantin, Olga, Spanische Tänzerin).
Heiko Weber: Monistische und antimonistische Weltanschauung. Eine Auswahlbibliographie (= Ernst-Haeckel-Haus-Studien. Bd. 1.) Berlin 2000, ISBN 3-86135-480-2. S. 21.
Ferdinand Sauerbruch, Hans Rudolf Berndorff: Das war mein Leben. Kindler & Schiermeyer, Bad Wörishofen 1951; zitiert: Lizenzausgabe für Bertelsmann Lesering, Gütersloh 1956, S. 247–250, 288.
Alexander Rauch: Symbolismus zwischen „Paradies“ und „Sünde“ – Das Werk des Künstlers und seine Villa. In: Die Villa Stuck in München, Inszenierung eines Künstlerlebens. München 1992.
Franz Schiermeier: Waldfriedhof München, Übersichtsplan der Grabmäler, 2021, ISBN 978-3-948974-07-7 Titel auf Verlagsseite
Bericht in der FAZ vom 2.November 2014 über die Versteigerung einer Version der Sünde bei Sotheby’s in New York Sünde: Ein Traum. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2.November 2014 (faz.net).
Equipo de Desarrollo de la Dirección de Sistemas | Secretaría de Gobierno de Cultura:Batsheba (Betsabé).Abgerufen am 8.Juni 2020.
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